Reitunterricht

Hallo,

ich versuche mich kurz zu fassen, es wird mir nicht gelingen, also komm ich einfach möglichst schnell zur Sache.
Ich nehme seit ein paar Monaten Reitunterricht. Im Erwachsenenalter. Ich bin 27. Sehr lange (jedenfalls für mein „Gefühl“) war ich nur an der Longe, mittlerweile bin ich von der Longe weg und reite Bahnfiguren im Schritt und Trab, ab und an gibt es ein paar halbherzige und unkoordinierte Galoppversuche im Zirkel. Da ich menschlich mit meiner Reitlehrerin nicht klarkomme, habe ich heute meine erste Reitstunde bei einer anderen Lehrerin und in einem anderen Reitstall gehabt. Und leider war dieser möglicherweise menschlich etwas annehmbarer, aber ein paar Fragen haben sich mir mit so einer Vehemenz aufgedrängt, dass ich diese jetzt klären muss. Also schreibe ich dies hier.

Ich vermisse beim Reitunterricht sehr die Theorie. Ich glaube ich bin ein sehr kognitiver Lerntyp, davon abgesehen habe ich es ja aber auch mit einem lebenden Wesen zu tun, dem ich nicht weh tun will. Aber es wirkt so, als würde dem Reiter nur wenig Theorie vermittelt. Bis heute weiß ich nicht, wie ich ein Pferd anhalten muss, denn einerseits soll ich es nicht mit den Zügeln tun, andererseits soll ich es mit den Zügeln tun. Irgendwie wird mir nichts erklärt. Es heißt ich müsse es fühlen. Das hätte ja am Anfang ein Zufall sein können mit der einen Lehrerin, aber nach dem Versuch heute mit einer anderen Reitlehrerin, wage ich zu fragen, ob das vielleicht immer so läuft, und man sich Theorie eben in Büchern zusammenliest.
Ich weiß nicht, ob es mir gelingt die Problematik zu umreißen.

Generell stelle ich mir in letzter Zeit die Frage, ob diese Art von Reitunterricht mich weiterbringt. Ich meine, ich will keine Turniere reiten, ich will einfach nur reiten, aber ich will es schon gut und richtig machen, statt mich stupide in unterschiedlichen Gangarten auf einem Pferderücken zu halten. Und selbst wenn es 2 Mal die Woche eine halbe Stunde wäre (was sicher auch immer noch wenig ist), ist es so wenig Reit"erfahrung", und immer öfter beschleicht mich das Gefühl ich bräuchte ein Pferd oder zumindest ein Pflegepferd, um einfach viel mehr auf einem Pferd sitzen zu können, viel mehr auch für mich zu arbeiten, statt in einer halben Stunde einem Lehrer gehorchend Bahnfiguren zu reiten. Aber ist es nicht viel zu früh für mich für ein Pflegepferd? Ich kann nicht mal richtig galloppieren.
Es fühlt sich für mich wie ein Teufelskreis an. Richtige Fortschritte kann ich in den letzten Wochen nicht sehen, aber Fortschritte sind nötig um so gut zu werden, dass ich glaube ein Pflegepferd wäre machbar.
Was sind eure Erfahrungen, was ist euer Expertenwissen zu diesem Thema? Mache ich mir unnötige Gedanken und sollte einfach stupide weiter Reitunterricht nehmen, selbst wenn er irgendwie in meinen Augen nur wenig bringt. Wenig Theoriewissen und im Grunde etwas, das ich ohne Lehrer genau so gut könnte? Ich meine, wenn ein Lehrer einem die Dinge nicht erklärt, sondern nur Bahnfiguren reiten lässt, ist es das wofür man bezahlt? Überbewerte ich Theorie? Überbewerte ich Gespräche mit meinem Reitlehrer, in denen er mir Dinge erklärt?
es ist so, dass einem ja nur Dinge zugerufen werden, in der Halle sind ja echte Gespräche nicht möglich. Überschätze ich echte Gespräche? Oder habt ihr anderen Reitunterricht kennengelernt.
ich muss einfach wissen, ob ich falsche Vorstellungen vom Reitunterricht habe, oder ob ich an die falschen Reitlehrer komme.

Ich wäre euch sehr dankbar für eure Hilfe. Für jeden mir weiterhelfenden Kommentar.

Hallo Krishna,
also zunächst mal ein wenig was zu meiner Reiterei, damit du vielleicht einschätzen kannst ob meine Erfahrung ausreichend ist :o)
Ich reite seit nunmehr 22 Jahren, wobei meine Anfänge eigentlich vor allem in der Pflege bestanden, bin nämlich seit ich sechs war jeden Tag auf den Ponyhof im Nachbarort gelaufen und hab da viel gearbeitet, viel über Pferdepflege gelernt und wenig auf´m Pferd gesessen, aber wenn hab ich vor allem eins gelernt: oben bleiben! Und ich hab mir jegliches theoretisches Wissen dessen ich habhaft werden konnte angelesen. Danach hab ich in verschiedenen Ställen immer Pflegepferde gehabt, teilweise mit Unterricht, teilweise nur Feld- und Wiesenreiterei, seit nunmehr zwei Jahren reite ich bei nem Bekannten ein Pferd das ich schon von Geburt an kenne, also perfekt! :o)
Irgendwann dachte ich dann auch es sei mal Zeit für Unterricht und wurde ebenso herbe enttäuscht wie du. Meine Erfahrung mit deutschen Reitschulen und –lehrern besagt vor allem, dass hier wenig Wert auf Qualität und Wissensvermittlung gelegt wird. Scheinbar sind viele Leute mit dem reinen „auf einem Pferd Runden drehen“ zufrieden.
Ich will damit gar niemanden kritisieren, die meisten Reitschulen kämpfen eh ums Überleben und 6 Reitschüler in einer Stunde bringen nun mal mehr Geld als 2 und außerdem sind auch private Reitlehrer oft qualitativ nicht besser, wie ich bei meinem letzten Pflegepferd feststellen musste.
Das Problem ist hier wirklich die Spreu vom Weizen zu trennen, denn Privatunterricht ist zum einen sehr teuer und die wirklich guten Lehrer befassen sich selten mit blutigen Anfängern, sondern bringen dann eher die Semiprofis nach vorne.
Am besten wäre, wenn jemand aus deiner Umgebung mit Erfahrung sich deiner annimmt, wohne leider zu weit weg, sonst hätte ich das jetzt hier angeboten, weil du brauchst erst mal vor allem Betreuung statt stupiden Unterricht. Ich finde es übrigens super, dass du selbst sagst dir reicht das Runden drehen in der Bahn nicht, weil das ist für mich auch kein reiten :o)
Vielleicht solltest du mal in Reiterforen gucken ob da jemand in deiner Nähe ist, der qualifizierten Einzelunterricht bietet oder halt bereit ist dir im Privaten auf dem eigenen Pferd was beizubringen. Ein Pflegepferd halte ich persönlich noch für zu früh und bezweifel auch dass jemand sein Pferd einem Anfänger als Pflegepferd anvertraut, wenn doch halte ich persönlich das nicht für wirklich seriös. Ein Pflegepferd heißt nämlich auch Verantwortung für das Tier mittragen und dafür sollte man schon in der Lage sein auch in brenzligen Situationen richtig zu reagieren.
Gut wäre aber für dich immer auf dem gleichen Pferd Unterricht zu haben, bis du etwas sattelfester bist. Also würde ich an deiner Stelle erst mal in der Umgebung nach nem guten Reitstall oder halt ner privaten Möglichkeit suchen, wobei letzteres eher selten ist. Ich weiß nicht inwiefern du dir selbst zutraust nen guten Stall zu erkennen. Ich würde mir auf jeden Fall die Mühe machen, erst mal hinzufahren und mir den Stall anzugucken, nicht direkt ne Reitstunde ausmachen. Viel zeigt sich schon in so Sachen wie Ordnung, Sauberkeit, wird auf Reitkleidung (vor allem Helm) geachtet, haben die Pferde Einzelboxen (Ständerhaltung ist zwar verboten aber leider oft noch Praxis), haben die Pferde passendes Sattelzeug (wenn du weiße Flecken am Widerrist siehst Vorsicht, das bedeutet Satteldruck), wie groß sind die Gruppen die zum Unterricht angeboten werden, etc.
Gibt viele Hinweise, allerdings weiß ich echt nicht ob die nem Anfänger auffallen, aber die Cavallo testet Reitschulen in ganz Deutschland und anscheinend kann man das online auch noch mal nachlesen, vielleicht findest du da ja was passendes.
So ist auch was viel geworden, aber ist auch ein Thema über das man viel reden kann. Wenn du noch Fragen hast, schreib mich einfach an, auf jeden Fall nicht aufgeben, es gibt gute Reitlehrer, aber sie fallen nicht wie Äpfel von den Bäumen ;o)
Hoffe das hilft dir was, wenn nicht einfach noch mal fragen!
liebe Grüße
Piratebride

Hallo, ich finde diese Art von Unterricht, den Sie beschreiben, nicht normal. Es ist aber auch ein Unterschied, ob ich Erwachsenen oder Kindern Reitunterricht erteile. Weil sie unterschiedlich lernen. Erwachsene brauchen mehr Theorie.
Für mich gehört dazu am Anfang auch Theorie über den Umgang mit dem Pferd, das Führen, Putzen etc.

Sie sollten in verschiedenen Ställen einfach beim Anfängerunterricht einmal zuschauen.
Gute Alternativen sind vielleicht Ferienreitkurse, wenn Sie in Ihrer Nähe nichts Passendes finden. Empfehlen kann ich Ihnen z.B. das FS-Reitzentrum in Reken. Hier wird in pädagogischen Schritten und mit gut geschulten Pferden Anfängerunterricht erteilt.

Ich wünsche Ihnen Erfolg bei Ihrer Suche und viel Spaß mit den Vierbeinern.

Hallo Krishna,

ich selbst bin eine erwachsene Freizeitreiterin.

Es ist durchaus notwendig, sich Theoriekenntnisse in Büchern und Gesprächen mit anderen Reitern anzueignen. In manchen Reitställen gibt es auch theoretischen Unterricht.
Aber reiten lernen dauert :smile:

Ein Pflegepferd empfehle ich erst, sobald du wirklich alle Gangarten sicher beherrscht. Das möchte sicher auch jeder Pferdebesitzer.

Also Kopf hoch und nicht die Geduld verlieren.
Schöne Grüße
Evelyn