Hallo JPL,
wer ist / war bitte Dein Analysis-Dozent? Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass es verschiedene Definitionen von Relation geben kann (ein Potsdamer Dozent unterscheidet auch zwischen „Abbildung“ (i.Allg. mehrwertig) und „Funktion“ (eindeutig)), aber eine Definition, die zulässt,
dass man zu einer Teilmenge
mehrere Relationen bilden kann,
ist furchtbar unpraktisch. Die gängige Definition (die man übrigens auch bei Wiki nachlesen kann - ohne dass ich jetzt behaupten wollte, alles, was bei Wiki steht, sei richtig) ist schon die, die Michael genannt hat: Eine Relation ist eine Teilmenge des kartesischen Produktes zweier Mengen.
Damit ist die Relation {(a,b) in N | (a+b)/2 nicht in N} immer dieselbe Relation, egal ob ich sie beschreibe als „a und b stehen in Relation, falls ihre Summe ungerade ist“ oder als „a und b stehen in Relation, falls genau eine der beiden Zahlen gerade ist“.
Jede andere Definition ist deshalb unpraktisch, weil ich entweder künstlich mathematische Objekte einführe, die keine benennbaren Eigenschaften haben (wie würdest Du denn Relation nach Deiner Beschreibung definieren?) oder aber demselben Objekt verschiedene Namen gebe.
Nun ist die geläufige Definition aber alles andere als abwegig oder realitätsfern (obwohl letzteres einen Mathematiker ja nicht wirklich stören würde), und insofern gebe ich jetzt Michael die ersehnte Antwort:
Der weitgefasste Begriff der Relation eignet sich gut für eine Klassifizierung, denn hieran sehe ich, dass Äquivalenzrelationen nichts wesentlich anderes als z.B. Funktionen sind. Man hat also zunächst irgendwelche Mengen, darunter spezielle Mengen, die man „Relationen“ nennt, und darunter gibt es verschiedene Typen.
Dass die Definition auch realitätsnah ist, merkt man spätestens bei Funktionen. Der Kreativität bei der Deutung sind keine Grenzen gesetzt. Ich nehme mal Michaels Beispiel R={(1,2),(2,1),(3,2)}. Das ist schon mal eine Funktion, also ganz einfach zu handhaben: Ich betrachte drei Bahnhöfe in einer Ortschaft, die ich mit 1, 2 und 3 durchnummeriere. Nun gebe ich an, wie viele Bahnlinien am jeweiligen Bahnhof verkehren, und schon habe ich die beschriebene Relation, die man ja auch im Alltag als Relation (zwischen Bahnhof und verkehrenden Linien) bezeichnen könnte.
Anspruchsvoller werden mögliche Anwendungen für Relationen, die keine Funktionen mehr sind. Nehmen wir R’=R u {(3,1)}. Jetzt kann es keine Anzahl verkehrender Bahnlinien mehr sein, aber wir können ja zwei Bahnlinien durchnummerieren, und die Relation gibt nun an, welche Linie an welchem Bahnhof hält.
Was ich mit diesen Ausführungen sagen möchte, ist nicht, dass ich eine Relation erst mit Leben füllen muss, um sie zu einer Relation zu machen (was ja Deiner Definition entgegenkäme, wenn nicht gar entspräche); sondern vielmehr, dass man es kann. Gebt mir eine noch so abenteuerliche Menge und ich nenne Euch ein Beispiel, bei dem genau diese Menge die Situation hervorragend beschreibt. Insofern ist die Definition einer Relation als beliebige Teilmenge eines kartesischen Produktes durchaus naheliegend.
Liebe Grüße
Immo