Hallo,
Ein Raumschiff startet vom Planeten A in Richtung Planet B. Da
es unendlich viel Energie hat, reist es mit 90% Lichtgeschwindigkeit.
unendlich viel Energie hat es sicher nicht, braucht es aber auch nicht. Sagen wir einfach: Dank seiner leistungsstarken Triebwerke kann das Raumschiff 0.9 c erreichen.
Relativ zueinander aber kann die Geschwindigkeit nicht 1,8
fache Lichtgeschwindigkeit sein, sondern höchstens einfache
Lichtgeschwindigkeit.
Richtig. Hier muss man zwei Dinge sehr genau auseinanderhalten, nämlich zum einen 1.8 c als Ergebnis der Rechnung 0.9 c –(–0.9 c) und zum anderen die Relativgeschwindigkeit der Raumschiffe. Erstmal verbietet Dir natürlich niemand, einfach die Differenz 0.9 c – (–0.9 c) = 1.8 c zu bilden. Das darfst Du zwar tun, aber es hat keine physikalische Bedeutung! Das Resultat ist nicht die Relativgeschwindigkeit der beiden Raumschiffe, d. h. diejenige Geschwindigkeit, die das eine Raumschiff für einen Astronauten im anderen Raumschiff hat, und umgekehrt (genaugenommen sind das sogar erstmal zwei verschiedene Geschwindigkeiten. Damit der Geschwindigkeitsbegriff aber grundsätzlich Sinn macht, müssen diese beiden Geschwindigkeiten betragsgleich sein. Das ist die sogenannte „elementare Relativität“: Wann immer ich Deine Geschwindigkeit zu x messe, musst Du meine zu –x messen. Dieses Prinzip entspricht natürlich auch unserer Alltagserfahrung, muss aber auch für relativistische Geschwindigkeiten seine Gültigkeit behalten.)
Zurück zur Relativgeschwindigkeit. Wie gesagt ist die Rechnung 0.9 c – (–0.9 c) = 1.8 c „erlaubt“ und ihr Ergebnis 1.8 ist auch mathematisch richtig, nur spuckt sie Dir nicht den tatsächlichen Wert der Relativgeschwindigkeit der Raumschiffe aus, weil sie nicht zu diesem Problem passt. Die „richtige Rechnung“ dafür ist die sogenannte Einsteinsche Geschwindigkeitsaddition. Dabei ist diese Bezeichnung sehr unglücklich gewählt, denn es ist gerade keine Addition im Sinne des Plus- bzw. Minuszeichens. Man sollte sie also eigentlich besser „Einstein-Geschwindigkeitsverrechnung“ nennen. Für Deine beiden mit 0.9 c fliegenden Raumschiffe ergibt sich als Relativgeschwindigkeit dann der korrekte Wert 2 · 0.9 c/(1 + 0.92) ≈ 0.994475 c. Wie Du siehst, bewegen sich die Raumschiffe relativ zueinander erwartungsgemäß schneller als 0.9 c, aber nicht überlichtschnell.
- weil die Zeit langsamer verläuft? Läuft sie denn ungleich,
wenn man andere Bezugspunkte nimmt? Einmal einen Stern und
einmal das sich nähernde andere Raumschiff.
Ja, so ist es, und die Zeitverlangsamung ist der tiefere Grund, warum man die Geschwindigkeiten nach der komplizierten Einstein-Formel ausrechnen muss, wenn das Ergebnis stimmen soll.
- wie ist das mit einem externen Beobachter? Auf Planet C
steht ein schnelles Teleskop und ein Neugieriger sieht das
Raumschiff A, das von rechts nach links fliegt, misst dessen
Geschwindigkeit mit 90% Licht. Er sieht aber auch das andere
Raumschiff B und misst dieselbe Geschwindigkeit, nur eben von
links nach rechts. Zumindest der Neugierige auf Planet C
müsste eine relative Geschwindigkeit der beiden Raumschiffe
zueinander mit 1,8 Licht messen…??
Nein, C kann nur die Relativgeschwindigkeit der Raumschiffe zu sich selbst messen, also die 0.9 c und –0.9 c. Die Relativgeschwindigkeit der Raumschiffe zueinander können nur die Astronauten in den Raumschiffen messen.
Jetzt stellt sich natürlich noch die Frage, warum man in unserer Alltagswelt ja offensichtlich doch unbeschwert mit Geschwindigkeitsdifferenzen und -summen rechnen kann, ohne dass sich irgendwelche Fehler dabei bemerkbar machen. Die Antwort ist: Die Geschwindigkeiten unserer Alltagswelt sind so klein gegen c, dass die Abweichungen von den wahren Relativgeschwindigkeiten niemandem auffallen, weil sie dann äußerst gering sind. Strenggenommen rechnen wir aber in der Tat immer falsch, wenn wir Geschwindigkeiten addieren oder voneinander subtrahieren.
Gruß
Martin