Rettung aus Seenot

Hallo,

angeregt durch eine Dokumentation über den Untergang des DDR-Tankers Böhlen 1976 habe ich einige Fragen zu den „Formalitäten“ von der Bergung eines Schiffes oder Schiffbrüchigen aus Seenot.

Im Film wird gesagt, dass der Kapitän der Böhlen anfangs eine angebotene Bergung durch ein anderes Schiff gegen Entgelt abgelehnt hat (Ist auch im Wikipedia-Artikel dazu nachzulesen).

Gibt es denn festgelegte Tarife zur Rettung aus Seenot? Wenn ja, wie sehen die aus, wonach richten die sich? Gibt es eine Verpflichtung zur Hilfeleistung auf See, zB wenn man ein SOS empfängt, muss man einschreiten, darf sich aber anschließend nach irgendwelchen Richtsätzen finanziell schadlos halten?

Wie kann sich der interessierte Laie das vorstellen?

Vielen Dank für Aufklärung!

Jerry

Hallo !

Sind Besatzungsmitglieder an Bord, bekommt der
Berger einen vorher, mit Lloyds ausgehandelten Bergelohn.
Ist niemand mehr an Bord, gehört dem Berger alles.

Trotzdem stehen alle, Berger, Verunglückter und Reeder zu jeder
Zeit mit der Versicherung (Lloyds) telefonisch in Verbindung.
Die Bergebedingungen werden auf dem Weg zum Havaristen ausgehandelt.

Da hält sich niemand schadlos!!!
Wer unter solchen Bedingungen Leben rettet, sein eigenes aufs
Spiel setzt, muß auch belohnt werden. Das Rote Kreuz macht auch nichts
umsonst.

Bei dem DDR-Schiff ging es rein politisch zu. Das war eine politische
Lösung. Hatte nichts mit der normalen seefahrt zu tun.

mfgConrad

Hallo, Panther,
ohne jetzt in eine große Erläuterung der internationalen Seerechtsabkommen usw eintreten zu wollen:

Grundsätzlich ist die Rettung von Leben vorrangig und verpflichtend.

Die Bergung von Schiffen und Ladung wird zwischen der Reederei (dem Kapitän des Havaristen in deren Vertretung) und dem Berger ausgehandelt. Häufig kommt eine Vereinbarung auf der Basis von „Lloyds Open Form“ zustande, bei der der Grundsatz gilt „No Cure No Pay“ (d.h. Bergelohn gibt es nur bei Erfolg). Der Bergelohn wird nachträglich von einem Schiedsgericht festgelegt.

Gruß
Eckard

Bergungsschlepper sind rein professionelle Retter, welche sich bewußt in gefährlichen Gegenden stationieren. Z.B. in La Coruna, in der Biscaya. Dort sind sie dann schnell beim Havaristen, wenn dieser in der Biscaya Probleme hat.
Dabei kann es oft zu regelrechten Wettfahrten zwischen diesen Schleppern kommen.
Da von Menschenliebe zu reden, ginge wohl zu weit. Sämtliche Besatzungsmitglieder des beauftragten Schleppers sind am Bergelohn
beteiligt.

Da von Menschenliebe zu reden, ginge wohl zu weit. Sämtliche
Besatzungsmitglieder des beauftragten Schleppers sind am
Bergelohn
beteiligt.

Hi Conrad,

in diesem Zusammenhang n paar Fragen

stimmt es, dass der Bergelohn davon abhängt, wer wessen Bergeleine aufnimmt?
und dass der Bergelohn rd. die Hälfte des Wertes des Schiffes incl. Ladung beträgt?
und wenn DAS der Fall ist, wieso läuft dann n Tanker auf die Shetlands oder n Containerschiff aufs Solent ohne dass Jemand „hilft“, es geht doch um ne richtige Menge Geld.

Danke!
LG
Ralf

stimmt es, dass der Bergelohn davon abhängt, wer wessen
Bergeleine aufnimmt?
und dass der Bergelohn rd. die Hälfte des Wertes des Schiffes
incl. Ladung beträgt?
und wenn DAS der Fall ist, wieso läuft dann n Tanker auf die
Shetlands oder n Containerschiff aufs Solent ohne dass Jemand
„hilft“, es geht doch um ne richtige Menge Geld.

Hallo Ralf

Es ist ja nicht immer ein Schlepper in der Nähe und gerade in Küstennähe vertut man sich oft wie schnell z.b. ein Ruderversager zu Grundberührung o.ä. führt. Leider spielt manchmal auch Alkohl eine Rolle. Nich zu vergessen Druck und Schlafmangel.

stimmt es, dass der Bergelohn davon abhängt, wer wessen
Bergeleine aufnimmt?

No cure, no pay! Keine Leine = kein Bergelohn.

und dass der Bergelohn rd. die Hälfte des Wertes des Schiffes
incl. Ladung beträgt?

Nein, der Bergelohn wird von allen Beteiligten ausgehandelt. Oft noch Jahre später.

und wenn DAS der Fall ist, wieso läuft dann n Tanker auf die
Shetlands oder n Containerschiff aufs Solent ohne dass Jemand
„hilft“, es geht doch um ne richtige Menge Geld.

Wieso n Schiff verunglückt, hängt von den Umständen ab. Warum kein Schiff hilft? Nicht jedes Schiff kann helfen. Vor allem nicht schleppen. Es ist schon schwierig genug, mit den Profis der Bergeschlepper eine Schleppleine rüberzubringen. Schlecht ausgebildete „Seeleute“ aus Ostasien oder der Südsee schaffens schon gar nicht.
Stell Dir mal ein großes Containerschiff vor, welches sonst nur geradeaus fährt, das plötzlich Bergeschlepper sein soll!! Unmöglich.

Hallo Conrad,
zunächst vielen Dank

und wenn DAS der Fall ist, wieso läuft dann n Tanker auf die
Shetlands oder n Containerschiff aufs Solent ohne dass Jemand
„hilft“, es geht doch um ne richtige Menge Geld.

Wieso n Schiff verunglückt, hängt von den Umständen ab. Warum
kein Schiff hilft? Nicht jedes Schiff kann helfen. Vor allem
nicht schleppen. Es ist schon schwierig genug, mit den Profis
der Bergeschlepper eine Schleppleine rüberzubringen. Schlecht
ausgebildete „Seeleute“ aus Ostasien oder der Südsee schaffens
schon gar nicht.
Stell Dir mal ein großes Containerschiff vor, welches sonst
nur geradeaus fährt, das plötzlich Bergeschlepper sein soll!!
Unmöglich.

OK, nachvollziehbar! nein, ich bezog meine Frage (oder besser die Beseitigung nahezu vollständiger Unwissenheit) auf „absehbare“ Ereignisse - ich erinner mich an den Tankerunfall vor den Shetlands, DAS ging schon mehrere Stunden vorher über die Ticker, der Tanker war manövrierunfähig und treib auf die Felsen zu …

ist die Personal-Situation an Bord wirklich SO dramatisch? ich dachte, die Seefahrt hätte im Zeitalter der Globalisierung enorm zugenommen? gilt dies nicht für die Ausbildung der Crews? oder nur für die Brückenmannschaft?

LG
Ralf

Hi Ralf (endlich mal ne Name den ich mir merken kann)
danke!
Sauferei? auch auf der Brücke?

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

ist die Personal-Situation an Bord wirklich SO dramatisch? ich
dachte, die Seefahrt hätte im Zeitalter der Globalisierung
enorm zugenommen? gilt dies nicht für die Ausbildung der
Crews? oder nur für die Brückenmannschaft?

Die Seefahrt hat zugenommen! Besatzungsmäßig aber verringert und sehr viel schlechter ausgebildet.