Trauer ist ein Gefühl, das Dich packt und nicht mehr losläßt.
Es bestimmt Dein ganzes Leben von morgens bis abends. Da hast
Du keine Möglichkeit, noch einen anderen Gedanken zu denken.
Du mußt in manchen Beziehungen „funktionieren“ - das schaffst
Du auch seltsamerweise. Und hast dabei immer das Bewußtsein
der Verlassenheit, der Einsamkeit, des Alleinseins.
Hallo Rolf,
weil du Pfarrer bist, wage ich es, dir meine Erfahrung zu berichten zum Thema trauern. Ich hatte 1999 meinen Mann verloren nach 25 Jahren Ehe. Wir waren allerdings darauf vorbereitet, es kam nicht überraschend. Vorher wusste ich nicht wie sich das anfühlt, wenn Menschen davon berichten, sie „fallen in ein schwarzes Loch“. Trotz sehr bewussten Umgangs mit dem Ende meines Mannes fiel ich tatsächlich hinein, als ich allein wieder zu Hause saß, und wusste da: Aha, so ist das. Man ist wie gelähmt. Das habe ich eine Stunde lang durchlebt, verstand nun Menschen, die so etwas durchmachen und konnte es nur bejahen.
Nach der Stunde sagte ich mir, das ist nun genug, die Erfahrung ist gemacht, und bat Gott, mich wieder heraus zu holen. Ob er es wirklich tut oder mein Vertrauen, dass er es kann, ist ja egal. Innerhalb Minuten war es vorbei, die Lähmung ging weg, ich konnte weiter machen. Aber die Trauer selbst hielt ziemlich genau ein Jahr an, während sie sich in Schüben abschwächte. Ich befasste mich in dieser Zeit sehr mit dem Thema Sterben, und es tat mir gut. Ich habe die neuen Gefühle nicht abgelehnt. Es stärkte sehr mein Mitgefühl mit dem Menschsein an sich.
Ich finde es so verkehrt nicht, auch in guten Zeiten mal solche Gedanken zu haben. Niederschläge gehören zum Leben. Als Christ lebst du im Kirchenjahr, in dem die Gläubigen durch das Mitfühlen des Leben Jesu geführt werden und so eine Menge darüber lernen, wie mit dem Auf und Ab des Schicksals umgegangen werden kann. So kann man sich rituell mit existenziellen Problemen und vor allem deren Lösungsmöglichkeiten beschäftigen. Es stärkt das Grundvertrauen ins Leben an sich. Wer das ohne Glauben an einen Gott tun will, braucht dieses Vertrauen auch, wenn er seelisch gesund bleiben will. Wenn er meint, keine Seele zu haben, geht er zu Branden. : )
(Ist das teuer, Branden?)
Schönen Gruß, Geris