Hallo Cylinder,
die Antwort auf diese Frage ist wirklich sehr komplex. Ich kann versuchen das Thema anzureißen, würde aber empfehlen, dass Sie sich einen qualifizierten Hundetrainer ins Haus holen, der Ihnen in ein Paar Trainingseinheiten erklären kann, was Ihr Hund benötigt.
In erster Linie suchen Hunde Führung. Sie benötigen Menschen die ihnen einen Rahmen stecken in dem sie sich entspannt bewegen können. So einen Rahmen steckt man ggf. auch mal durch deutliche Ansagen.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten nicht nur einen Hund sondern mehrere, die sich vom Verhalten der Hündin gestört fühlen würden. Wie würden diese sich verhalten? Sie würden es entweder ignorieren oder sie würden ihr kurz vermitteln, dass jetzt Feierabend mit dem Krach ist. Keiner würde trösten. Trösten kennen Hunde nicht. Trösten ist wie Lob! Mit jedem Trösten verstärken Sie das störende Verhalten. Sie sagen Ihr, wenn Sie sie streicheln, bemitleiden, trösten: „Ja, ich verstehe dich und sehe das genauso wie du. Machst du fein!“
Sie gehen davon aus, dass Lilly geschlagen wurde. Ich würde vielmehr davon ausgehen, dass Lilly nicht viel kennengelernt hat. Keine oder kaum, wenn dann immer die selben „fremden“ Menschen. Sie wird sicher nicht groß am Alltag des „Züchters“ teilgenommen haben. Stellen Sie sich vor, Sie wachsen bis zu Ihrem 10 Lebensjahr in einem kleinen Häuschen im Wald auf. Sie kennen Mama, Papa, vielleicht noch einen Förster. Sie kennen weder Großstadtverkehr, noch Kinderscharen, noch Supermärkte, kein Geschrei, kein Gehupe. Mit 10 Jahren holen sie wildfremde Menschen ab und verbringen Sie in die Frankfurther Innenstadt. Können Sie sich ein bißchen vorstellen, was für einen Stress Lilly hat? Diese Leute, die Sie abholen, nehmen Sie zwar mit, glauben aber, sie täten Ihnen einen Gefallen, wenn sie Sie machen lassen, was Sie möchten. Niemand begleitet Sie durch die Stadt und zeigt Ihnen alles, niemand bringt Ihnen die HZivilisation „bei“, man möchte, dass Sie Ihre Freiheit genießen. Glauben Sie, sie könnten sie genießen? Oder würde sie Ihnen Angst machen, weil es viel zu viel ist? Glauben Sie nicht auch, Sie würden krampfhaft versuchen an den Personen „festzuhalten“ und sie nicht wegzulassen, die sie abgeholt haben? Die einzigen Personen, die Ihnen evtl. etwas Sicherheit vermitteln? So ungefähr gehts Lilly! Schlechte Erfahrungen sind meisten zwar nicht schön, aber man kann sie „überschreiben“, wie einen Film auf der Festplatte. Gar keine Erfahrungen sind viel schlimmer. Denn da herrscht ein Vakuum und niemand kommt da mehr ran.
Sie können nur Sicherheit vermitteln. Und dafür müssten Sie erstmal verstehen lernen. Sie alle!
Lilly braucht einen klaren Rahmen in dem sie sich bewegen darf und der hat nichts mit Vermenschlichung zu tun. Harmonie, Geborgenheit und Vertrauen entstehen ausschließlich wenn man bereit ist, Konflikte, wie auch immer sie geartet sind, anzugehen, klare Grenzen aufzuzeigen und Ruhe zu vermitteln.
Mit jedem Betüddeln, Streicheln etc. verstärken sie Lillys Verhalten und somit wird es jedes Mal ausgeprägter. Sie verstärken ihre Angst!
Sie haben vielleicht schon eine gute Idee, nämlich mit einer klaren Ansage dem Hund vermitteln was er lassen soll!
Wir Menschen tendieren dazu, den Hunden zu sagen, was sie tun sollen: Sitz! Platz! Fuss! Und bekeksen das Ganze dann auch noch.
Hunde untereinander sagen sich nur, was sie lassen sollen. Das ist viel stressfreier! 1. Gibt es insgesamt weniger Dinge, die man nicht darf, als die, die man darf und 2. ist das der benannte klare Rahmen, den sich jeder Hund wünscht.
Allerdings tendieren wir Menschen zu einer weiteren Sache: Wir SAGEN es dem Hund! Der Hund aber ist kein Ohrentier. Er ist ein Nasen- und Augentier. Hunde vermitteln sich, was sie wollen und was sie nicht wollen durch Körperlichkeit - wenn nötig! Sie können nicht reden. Es ist nicht fair, es dem Hund zu SAGEN. So können Fehler passieren, weil der Hund uns nicht versteht und dann sind wir wieder wütend.
Ich kann und möchte Ihnen nicht sagen, wie genau Sie bei Lilly eingreifen sollten. Denn es geht nicht um eine massive Verunsicherung. Es geht nur darum, dem Hund zu sagen LASS DAS, ohne ihn unnötig zu verunsichern. Dafür müsste ich Lilly gesehen haben. Nur so könnte ich abschätzen, was für Lilly angebracht ist und was nicht!
Bitte holen Sie sich einen guten Trainer ins Haus. Tun sie es für Lilly, um ihr ein schönes Leben und vor allem ein hundgerechtes Leben zugestalten.
Ich kann die Trainer von Canis Kynos sehr empfehlen. Sie haben eine sehr fundierte Ausbildung und wissen wovon sie reden. Frei von irgendwelchen Methoden!
Wenn Sie einmal hier: http://www.canis-kynos.de/studium-canis-absolventen… schauen. Dort finden Sie die Trainer eingetragen. Ich hoffe es ist auch einer für Sie dabei!
Sollten Sie aus der Nähe von Osnabrück, Kassel, Berlin, Gevelsberg, Flensburg, Nordstemmen oder Hildesheim kommen, sind dort auch ausgebildete Trainer von uns (Hundeverhaltenszentrum Canisterra) zu finden und können Ihnen selbstverständlich ebenso qualifiziert weiterhelfen.
Wärmstens empfehlen kann ich auch das Buch: Hunde brauchen klaren Grenzen von Michael Grewe.
Sollten Sie noch Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jennifer Gutmann