Ritzen und Selbstmorddrohungen bei 15jähriger

Hallo miteinander,

meine Tochter hat eine Klassenkameradin (ca. 15 J., 9. Klasse Gymnasium), die sich oft bei ihr ausweint. Die Mädchen sind eigentlich nach Angaben meiner Tochter nicht befreundet, aber meine Tochter zeigt eben viel Verständnis und hört der Klassenkameradin ausgiebig zu. Die Klasse wurde letztes Jahr aufgrund der Sprachkombination neu gebildet, die Mädchen kennen sich also noch nicht so lange.

Die Klassenkameradin (ich kürze jetzt ab mit K.) ritzt sich wohl sehr intensiv und äußert immer wieder drastische Selbstmorddrohungen. In fast allen Pausen geht sie zur Toilette und weint. Sie ist in der Klasse ein Außenseiter, etwas linkisch und insgesamt eher ruhig. Die Probleme liegen angeblich beim Elternhaus (nach außen hin ist das okay, wie es „intern“ ist, sieht man ja nicht), ihre Eltern sind angeblich kühl und gleichgültig.

Die Lehrer bemerken entweder nicht, wie schlecht es dem Kind geht, oder wissen nicht, was sie tun sollen. Eine einzige Lehrerin redet wohl ab und zu mit K., kann ihr aber nicht helfen.

Angeblich ist K. in psychologischer Behandlung, aber sie sagt, das helfe ihr gar nicht. Ob sie Medikamente bekommt und wie die Diagnose lautet, weiß meine Tochter nicht.

Die Vertrauenslehrerin der Schule kann man nicht einschalten, denn sie ist die Klassenlehrerin und ein ziemlicher Problemfall (keiner weiß, wieso diese unsägliche Lehrerin Vertrauenslehrerin werden konnte, aber das ist ja hier nicht das Thema). Sie hat wohl schon in ihrer Eigenschaft als KL mit K geredet, aber das Gespräch war so, dass K. ihr nur noch aus dem Weg geht.

Meiner Tochter geht es zur Zeit selbst nicht so gut *seufz*. Dazu nimmt sie jetzt die Sorge um das Mädchen sehr mit, seit einigen Wochen weint sie oft, weil sie ihr einfach nicht helfen kann. Sie hat große Angst, dass K. sich umbringt und sie das nicht verhindern konnte.

Ich finde es an sich gut, dass meine Tochter sich um andere Menschen sorgt. Wir brauchen dringend Tipps in zwei Richtungen:

  1. Wie kann man K helfen ?

  2. Wie kann meine Tochter sich innerlich trotzdem so weit distanzieren, dass sie nicht selbst noch mehr seelisch abrutscht ?

Falls es eine Rolle spielt: Dem Mädchen geht es seit etlichen Wochen, eventuell schon seit Monaten, so schlecht.

Danke für eure Tipps und Gedanken !

Viele Grüße
Insel

Hi Insel,

…Wir brauchen dringend Tipps in zwei Richtungen…

Du bist sehr in Sorge um deine Tochter, das kann ich gut verstehen. Möchte auch deine Tochter Tipps oder ist das jetzt eher dein Wunsch?

  1. Wie kann man K helfen ?

Mädchen K muss Hilfe wollen. Es klingt brutal, doch ohne diesen eigenen Wunsch kannst Du nicht viel tun.
In dem Alter wissen Jugendliche oft sehr gut über professionelle Hilfsangebote Bescheid. Leider heißt das nicht automatisch, dass sie diese auch nutzen werden/wollen. Da fühlt man sich als sorgender Beobachter schnell hilflos. Und ist es leider auch oft.

  1. Wie kann meine Tochter sich innerlich trotzdem so weit distanzieren, dass sie nicht selbst noch mehr seelisch abrutscht ?

Es scheint etwas an der Problematik zu sein, dass auch deine Tochter persönlich berührt.
Bitte, versteh mich richtig, das heisst nicht, dass deine Tochter das Gleiche tun wird.
Wenn ihr beiden miteinander ansonsten gut und locker quatschen könnt (und das ist in dem Alter nicht unbedingt Standard, trotzdem okay), macht das. Redet über eure Sorgen und Ängste. Ohne Druck. Lass Deine Tochter überlegen, welche Alternativlösungen ihr einfallen.

Liebe Grüße an Euch, Sonja

Hallo,

falls die Freundin sich „ritzt“ und Suicidgedanken hat, sollte Deine Tochter darauf bestehen, dass diese Freundin sich behandeln lässt.

Die Beschreibung sieht nach einer Borderlinestörung aus und dafür gibt es Fachkliniken.

Mach Deiner Tochter klar, dass sie der Freundin vermutlich nicht selbst helfen kann (Borderliner klammern oft und vermeiden so wirkliche Hilfe von Fachleuten), sondern ihre Hilfe darin besteht, von der Freundin als „Freundschaftsleistung zu verlangen“, sich fachgemäß behandeln zu lassen - oder den Kontakt abzubrechen.

Mit Grüßen vom Vieux

Links zum Thema SVV
Hallo Insel,
wenn auch weniger zum Thema Suizidalität,
so aber doch zumindest zum Thema SelbstVerletzendesVerhalten… können die Links zu einer ähnlichen Frage vielleicht etwas informieren, vielleicht findet das Mädchen hier auch direkt Hilfe zur Selbsthilfe: /t/svv/5068150/2
Gruß Finjen

Hallo,

was die Freundin betrifft, würde ich an deiner Stelle zuerst zur „einzigen Lehrerin“ gehen und mit ihr sprechen (möglicherweise ist sie über unerwartete Unterstützung froh und sie hat sicherlich mehr Möglichkeiten und Anlaufstellen als du), dann zu den Eltern (ein persönliches Kennenlernen ist gelegentlich hilfreich), und wenn alles nicht hilft, zum Jugendamt.

Was deine Tochter betrifft: Würde ich mich (unabhängig von irgendwelchen Diagnosen) nach den Ratschlägen von Vieux richten. Halte deine Tochter möglichst weit außen vor und sage ihr, dass du dich darum kümmerst.

Hab Mut und unternimm etwas. Du hast eindeutige Anzeichen erkannt. Und belass es bitte nicht bei Postings in Foren. Denk an die Mädels.

Gruß
Der Franke

Ich lese viele Einträge aber äußere mich ganz selten um nicht zu sagen so gut wie nie dazu. Deine Schilderung haben mich total aufgewühlt, da ich vor nicht so langer Zeit in einer ähnlichen Situation war, ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich erfuhr das in meinen Augen ein glückliches Kind sich ritzt, fand auch keine Erklärung und bekam auch keine. Habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um kurzfristig einen Termin bei einem Jugendpsychologen zu bekommen und darauf bestanden daß wenigstens ein Gespräch stattfinden soll, daraus wurden dann auch einige bis das Kind selber gesagt hat es sei nun genung. Hast du schon mal daran gedacht dich mit den Eltern des Mädchens in Verbindung zu setzen, wissen sie um den Zustand ihres Kindes und daß sich das Mädchen deiner Tochter anvertraut hat. Ich denke die Eltern sind die ersten Ansprechpartner bevor man Lehrer oder andere Leute hinzuzieht. Egal ob Eltern als kühl oder gleichgültig bezeichnet werden, vielleicht ist dies garnicht der Fall. Zu deiner zweiten Frage, du hilfst deiner Tochter ja schon, in dem du dich mit ihren Problemen beschäftigst und mit soviel Rückenwind, wird sie auch diese bedrückende Phase durchstehen.

Hallo,

warum hat hier bisher noch keiner das Jugendamt empfohlen?
Hier kann man sich ebenso Rat und Hilfe holen.
Lehrer sind hier zumeist überfordert, die SozPäds bei den Jugendämtern sind für genau solche Situationen geschult.

Die Schule würde auch lediglich das Jugendamt einschalten.

Man kann sich beim Jugendamt melden, die wollen den Namen des Meldenden erfahren, man kann aber verlangen, daß man gegenüber der anderen Familie anonym bleibt, was auch immer sehr sorgsam eingehalten wird.

Grüße
miamei

Hallo Insel,
ersteinmal heißt es nicht, dass jedes Mädchen, dass sich ritzt gleich eine Borderlinestörung haben muss.
Sich zu ritzen ist zz. leider eine Modeerscheinung von vielen Mädchen. Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass man eine psychische Erkrankung ausschließen kann.

Zu deinen Fragen:

  1. Du schreibst, dass K. in psychologischer Beratung ist. Das ist ja schonmal was und dort sitzen die Professionellen (sollten zumindest). Wenn du noch weiterhin Sorge hast, kannst du dich mit Sicherheit auch dieser Lehrerin anvertrauen.

Aber ich würde auf KEINEN FALL mich mit den Eltern von K. in Verbindung setzen!!! Erstens verlierst du (und deine Tochter) dadurch nicht nur du das Vertrauen zu dem Mädchen, sondern evtl. auch das deiner Tochter. Und zweitens weißt du nicht, was da auf dich zukommen kann. Dies sollte Aufgabe von jemandem sein, der dafür ausgebildetet ist.

Du kannst versuchen selbst mit K. zu reden, ihr deine Sorge mitteilen und ihr anbieten, zusammen zu einer (anderen) Beratungsstelle oder zum Jugendamt zu gehen.
Du (zusammen mit deiner Tochter?) kannst dir aber auch selbst Hilfe bei einer Beratungsstelle oder dem JA suchen. Ist manchmal sinnvoller als in einem Internetforum.

Zu 2.
Stärke deiner Tochter den Rücken! Rede mit ihr, lass sie nicht alleine. Gib ihr Mut und frage sie nach ihrer eigenen Betroffenheit. Du musst ihr keine Lösung für ihre Freundin bieten. Reden alleine hilft oft schon.

Noch ein paar Fragen:
Wieso glaubst du, geht es deiner Tochter zur Zeit nicht so gut? Ist das vielleicht eine ganz andere Baustelle.
Kennst du die Freundin deiner Tochter persönlich?
Oder redet deine Tochter von sich selbst?
Hat sich deine Tochter auch schon geritzt? (Keine Panik, das tun außergewöhnlich viele Mädchen und mittlerweile auch Jungs.)
Gibt es noch andere Freunde?

LG
Stefan

an alle:
Hallo miteinander,

erst einmal danke an alle, die bisher geantwortet habe - und bitte, wer noch Ideen hat, her damit, auch wenn es konträre Ansichten dazu gibt.

Mir ist wichtig, dass ich nichts gegen den Willen meiner eigenen Tochter unternehme, denn ich denke, dann würde ich ihr Vertrauen verlieren. Ich werde mit ihr die verschiedenen Varianten noch einmal in Ruhe durchsprechen. Momentan ist die Tendenz dahingehend, dass wir das Mädchen zumindest mal zu uns einladen. Sie war noch nie bei uns, die Mädchen sind ja auch nicht befreundet, daher weiß ich gar nicht, wie sie reagieren wird.

Die Eltern des Mädchens zu kontaktieren scheidet vermutlich aus. Das habe ich meiner Tochter schon früher vorgeschlagen, aber sie meint, dann würde sie das Vertrauen der Klassenkameradin verlieren, außerdem glaubt sie ihr, dass die Eltern so kalt sind (wobei ich ihr schon sage, das KANN sein, muss aber nicht, Pubertierende haben ja oft Probleme mit den Eltern).

Darauf hinzuwirken, dass meine Tochter sich einfach ohne weiteres Eingreifen distanziert, geht gar nicht. Erstens würde meine Tochter da gar nicht mitmachen, zweitens ist das kein Weg, den ich selbst befürworte.

Jemand hat gefragt, wie es bei meiner Tochter selbst aussieht. Meines Wissens ritzt sie sich nicht, sie ekelt sich eher vor Blut. Allerdings hat sie als hochbegabtes ADS-Träumerchen auch so ihre Probleme mit Übersensibilität, und sie hat eine Neigung zu depressiver Verstimmung, dazu kommt momentan ein schwerer Konflikt mit dieser Klassenlehrerin. So grob umrissen: Klassenlehrerin ist so eine pseudofreundliche Psychotante, die den Eltern gegenüber ständig ungefragt betont, dass wir uns ja alle lieb haben, aber regelmäßig mit Gegenständen wirft, die Klasse übel beschimpft und - weil sie oft Kopfschmerzen hat - sehr häufig sowieso nur Stillarbeit ansetzt. Das alles ist in der Schule natürlich bekannt, aber in höheren Klassen wehrt sich da niemand mehr, die Kinder müssen irgendwie durch. Für mein Sensibelchen, das sehr unter Ungerechtigkeit und dieser extremen Verlogenheit und Unberechenbarkeit der Klassenlehrerin leidet, ist die Situation sehr schwer zu ertragen.

Dazu kommt eben die Pubertät und jetzt noch seit längerem die selbstmordgefährdete Schulkameradin. Wobei es schon ein bißchen typisch für meine Tochter ist, andere Sorgendkinder „anzuziehen“, das war schon immer so, ist ja auch ein an sich positiver Charakterzug.

Nochmals danke, und auch wenn’s 'ne Weile dauert, ich melde mich wieder.

Viele Grüße
Insel

hi,

zu1:

hilfe hat sie anscheinend psychotherapeutisch schon, du solltest das gespräch mit der lehrerin suchen, persönlich, und deinen eindruck mitteilen und danach fragen, was die schule zu tun gedenkt, auch schulleitung fragen und darüber im gespräch einen protokollzettel scheiben, das wirkt besonders bei beamten wunder. stellt dich das nicht zufrieden, informiere das jugendamt und gib hinweis auf die not einer jugendlichen, damit hättest du verantwortung gezeigt (und auch deiner tochter vorbild gegeben, dass da, wo man selbst nicht mehr helfen kann, obwohl man sehr bemüht ist, helfer hinzukommen müssen). auch das direkte gespräch mit den eltern von K. ist natürlich eine option. anrufen und mitteilen, dass sie sehr besorgt sind und schauen, was der eindruck ist.

zu 2:
deine tochter braucht eine unterstützung durch deine erklärung, dass man wie o.g. vorgehen muss und durch lob, dass du toll findest, wie sehr sie sich für ander einsetzt und das das eine wertvolle menschlich eigenschaft ist. teile ihr aber mit, dass es dabei die wichtigste grundregel zu beachten gilt: wer für ander stark sein will, muss selbst gut für sich sorgen! wenn man merkt, dass die probleme der anderen einen schwach machen, geht´s ja nicht mehr…also nur soviel geben, wie man gut begen kann, irgendwann aber eine grenze ziehen und zwar diplomatisch, kanst du ihr das vermitteln? nicht einfach.