RND-Artikelüberschrift korrekt?

Moin,

über den bekannten Moderator Waldemar Hartmann erschien heute im RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) ein Artikel mit folgender Überschrift:

" Sportreporter Waldemar Hartmann vergleicht Gendern mit Vergewaltigung"

Bereits in der Unter-Überschrift und dann weiter im Text steht dann folgendes:

„Er vergleicht in seiner Moderation das Gendern mit einer Vergewaltigung der Sprache.“
„Durch das Gendern werde „die deutsche Sprache vergewaltigt“, sagte er.“

Kann man davon ausgehen, dass die Überschrift inhaltlich richtig ist oder ist sie das nicht. Hat sie die gleiche Aussage wie die ganze Meldung? Wie ist eure Meinung dazu?

Danke und VG,
J~

Quelle: https://www.rnd.de/promis/sportreporter-waldemar-hartmann-vergleicht-gendern-mit-vergewaltigung-YA3AU65MFFDMXI7YDRWJZMVDXY.html

Hallo!

Na ja! „Vergewaltigung“ ist übertrieben und in diesem Kontext deplaziert. Ich überlege die ganze Zeit, welch ein anderes Wort hier geeignet wäre: vielleicht „verzerrt“ wäre viel neutraler, da die Sprache ja ein Spiegelbild der kulturellen, geografischen und geschichtlichen Gegebenheiten eines Landes ist.

Grüße

Moin,
es geht mir explizit nicht um die richtige oder alternative Wortwahl des Herrn, sondern um die korrekte Wiedergabe der Nachrichtenseite.

VG!
J~

Hallo,

laut Wörterbuch-Definitionen wird der Begriff „vergewaltigen“ auch in Bezug auf Sachen verwendet:

Duden - Bedeutung 2:
auf gewaltsame Weise seinen Interessen, Wünschen unterwerfen

das Recht, die Sprache vergewaltigen

DWDS - Bedeutung 2:
einer Sache etw. aufzwingen, das ihr nicht gemäß ist

… wobei diese verkürzte Form in der Überschrift wohl - nicht unbeabsichtigt - zunächst andere Assoziationen erweckt.

Gruß
Kreszenz

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Genau, und da das Wort „Vergewaltigung“ umgangssprachlich eindeutig besetzt ist finde ich die Überschrift in der Verkürzung total daneben und auf BILD-Niveau.

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Moin,

„Laschet ist verbrannt!“
„Laschet ist für diese Bundestagswahl verbrannt!“

Eine völlig andere Aussage bei gleichem Verb. Genau darum ging es mir und drum ist diese Überschrift IMHO auch unlauter. Weil sie ohne Bezug etwas völlig anderes ausdrückt. Mir gefällt der RND immer weniger…

VG
J~

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Finde ich auch. Bei ‚Laschet ist verbrannt‘ wird übrigens jeder sofort stutzig werden und denken, der wird doch jetzt nicht gestorben sein. Da ist dieses Stilmuttel legitim.

Aber beim Ausgangsbeispiel kann es durchaus passieren, dass Leute im Vorbeigehen am Kiosk nur die Überschrift lesen und später dann ihrem Kumpel erzählen: ‚Der Hartmann hat doch nicht mehr alle, der vergleicht jetzt schon Gendern mit sexuellem Missbrauch!‘

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Ich mag deine Frage mal zum Anlass nehmen, so ein Beispiel dafür, wie jemand sich selbst in seiner sprachlichen Inkompetenz selbst bloßstellen kann, unter die Lupe zu nehmen :slight_smile:

Nun ist zwar Waldi nicht gerade der hellste - und erst recht nicht der kompetenteste - Kopf in Sachen Sprachgebrauch und Semantik im Deutschen. Aber der Verfasser (und die RND-Redaktion) ist es ebensowenig! Übrigens hatten ja auch andere Medien genau diese RND-Überschrift wortwörtlich aufgegriffen. Und btw. auch Dieter Hallervorden hatte vor einiger Zeit im selben Kontext mit Ausdrücken heftig ins Klo gegriffen …

Aber mal von vorn:
Daß durch das Gendern - jedenfalls in gesprochener Sprache - der deutschen Sprache „Gewalt angetan“ wird, ist eine Ansicht, die man teilen kann (ich tue das z.B. auch). Es ist eine Bankrotterklärung kommunikativer Skills. Aber das ist hier ja nicht das Thema.

Dafür aber die Vokabel „Vergewaltigung“ zu benutzen, ist zwar - wie @Kreszentia bereits belegte - mit dem Sprachgebrauch kompatibel, aber angesichts der Höchstbrisanz dieses Ausdrucks (* meetoo * und überhaupt die nicht unberechtigte Begründung der Forderung des Genderns) zweifellos ein sprachlicher Missgriff sondergleichen.

Dann aber eine Aussage vom Typ „… ist eine Vergewaltigung der Sprache“ zu einer Aussage „… ist eine Vergewaltigung“ zu verkürzen, ist eine Unverfrorenheit sondergleichen. Der Ausdruck hat eben nicht exklusiv eine sexuelle Konnotation, aber durch die Verkürzung wird genau eine solche erst hergestellt. Es ist - mit dämlich reißerischer Absicht - eine Vergewaltigung der ebenso dämlichen ursprünglichen Aussage.

Soweit zu deiner (@j_tilde) ursprünglichen Frage.

Dann aber zu der noch katastrophaleren sprachlichen (genauer gesagt: kognitiven) Inkompetenz des Artikelautors selbst:
Halten wir fest: Die Aussagen „durch Gendern wird die Sprache vergewaltigt“ und „Gendern ist eine Vergewaltigung der Sprache“ sind semantisch synonym. Eine „ist“-Aussage ist eine Prädikation. Eine Prädikation ist aber etwas völlig anderes als ein Vergleich.

Wenn A sagt „Eichen sind Bäume“ und B dann sagt „A vergleicht Äpfel mit Bäumen“ …
oder wenn Frau A (mit anstrengendem Beruf und 3 Kindern) sagt: „Ich bin auch nur ein Mensch“ und B dann sagt: „Frau A vergleicht sich mit einem Menschen“ …
oder wenn A zu B sagt „Du bist ein Arschloch“ und B dann sagt „A vergleicht mich mich einem Arschloch“ …
dann ist klar: B hat nicht alle Tassen im Schrank.

Und so ist auch klar: Der Autor des o.g. Artikels hat nicht alle Tassen im Schrank.

Wenn man ihm mit der verkürzten Titelzeile ("… vergleicht mit Vergewaltigung") also noch provozierende Absicht unterstellen könnte, eine dämliche Aussage in eine bösartig-abartige Aussage zu konvertieren, so hat er sich selbst mit der komplettierten Aussage „…vergleicht … mit einer Vergewaltigung der Sprache“ in seiner kompletten sprachlichen Inkompetenz erwiesen.

Schönen Gruß
Metapher

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