Römische Rechtsprechung

Ich hoffe ihr könnt mir helfen: Was sind Kaisergericht und Senatsgericht in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. in Rom?
Ich hoffe auf leicht verständliche Antworten.

Vielen Dank
Bosse

Hallo Bosse!

Ich hoffe ihr könnt mir helfen: Was sind Kaisergericht und
Senatsgericht in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. in Rom?
Ich hoffe auf leicht verständliche Antworten.

Das Senatsgericht war der Nachfolger des Volksgerichts aus republikanischer Zeit. In den Wirren der Endzeit der Republik war diese Institution völlig entartet und mißbraucht worden. Augustus richtete es als Senatsgericht wieder ein - es gehört damit zu der Reihe von Massnahmen, mit denen Augustus seine Rolle als Alleinherrscher in einem republikanischen Rahmen zu präsentieren versuchte.
Für alle wirklich wichtigen Streitfragen war natürlich der Kaiser/principus zuständig. Respektive das Kaisergericht.

Vg
Christian

Ich hoffe ihr könnt mir helfen: Was sind Kaisergericht und
Senatsgericht in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. in Rom?

Im Verlauf der Herausbildung der Prinzipatsordnung in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts u.Z. wurde der Senat (als Körperschaft, nicht zu verwechseln mit dem senatorischen Stand!) zunehmend mit rechtprecherischen Befugnissen ausgestattet. Während Oktavianus/Augustus hier noch verhältnismäßig zurückhaltend war, spielte das sog. Senatsverfahren (genauer: ‚extraordinaria cognitio‘) vor allem unter Tiberius eine wichtige Rolle. Wie die Bezeichnung schon andeutet, handelte es sich um eine ausgesprochene Sondergerichtsbarkeit.

Politisches Motiv war dabei vor allem, den Anschein einer Verfolgung der Senatsaristokratie durch den Princeps zu vermeiden und die Senatsaristokratie in die Rechtsprechung des neuen Systems mit einzubinden. So wurde die Körperschaft des Senats als gerichtliche Instanz vor allem (neben Repetunden-/Amtsmißbrauchsverfahren) für die Verfolgung von ‚crimen maiestatis‘ (Staatsverbrechen) eingesetzt; gestützt auf die noch aus republikanischer Zeit stammenden ‚lex Cornelia de maiestate‘ und ‚lex Julia de maiestate‘. Vor allem war dies natürlich der Fall, wenn die Täter bzw. Verdächtigen aus Reihen der Senatsaristokratie stammten. Ein weiterer Vorteil lag darin, dass der Senat in verschiedener Beziehung nicht an das geschriebene Gesetz gebunden war, sondern sowohl bei der Tatbestandsdefinition als auch bei der Festsetzung des Strafmaßes rechtsschöpferisch tätig werden konnte. Der Senat war damit als Rechtsprechungsinstanz sehr flexibel, wenn auch nach unserem heutigen Rechtsempfinden die Vermischung gesetzgeberischer und rechtsprecherischer Funktionen eine erhebliche Rechtsunsicherheit bedeutete.

Das Kaisergericht entwickelte sich aus der Funktion des Princeps als höchster Appellationsinstanz (die sich wiederum aus der ‚tribunicia potestas‘, der Tribunatsgewalt, ableitete) vor allem unter Claudius, der eine besondere Vorliebe für die Rechtsprechung besaß und zunehmend Verfahren von politischer Bedeutung direkt (also unter Umgehung einer Erstinstanz) an sich zog. Das Kaisergericht war im Vergleich mit dem Senatsverfahren völlig ungebunden (über dem Recht stehend), da hier zusätzlich auch keine feste Verfahrensordnung und kein fester Gerichtsort galt und die Verfahren überdies nicht öffentlich waren. Die Willkür des Princeps war einzig durch die aus den Reihen des Senats gewählten 20 Beisitzer (das ‚consilium‘) etwas eingeschränkt, bei deren Auswahl der Princeps allerdings frei entscheiden konnte.

Empfohlene Lektüre: Karl Christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit, C.H.Beck-Verlag, ISBN 3-406-36316-4 Buch anschauen

Freundliche Grüße,
Ralf