Rolle d.Individuums im elisabethan. Zeitalter?

Ich bräuchte ein paar Infos zur Rolle des Individuums im elisabethanischen Zeitalter. Ich weiß, dass das Individuum zur Zeit der Renaissance immer stärker in den Vordergrund rückte, was sich auch durch die Verbreitung der Portrait-Malerei, etc. bemerkbar machte. Aber wie war es konkret in England unter Elisabeth I.? Vielen Dank schonmal.

Hallo Nilleb,

deine Frage ist schwer zu beantworten, da das Wort „Rolle“ etwas verwirrt.

Ich denke, der Anfang Deiner Frage lautet: "Welche Rolle spielt die Etablierung eines Individualgedankens in Bezug auf … "… tja, auf was?

Du erwähnst hier die Portraitmalerei.

Ist Deine Frage etwa:

„In wie weit spiegelt sich die Etablierung eines Individualgedankens in den künstlerischen Medien des elisabethanischen Zeitalters wieder?“

…darauf könnte man antworten, oder zumindest Anregungen sammeln.

Evt, formulierst Du noch einem um. Denn noch ist nicht ganz klar, auf welches Fachgebiet sich Deine Frage bezieht (Kunst, Geschichte, Soziologie, Philosophie, Wirtschaft…?). Würde man die Frage ganz schwammig allgemein bentworten, kämen keine verwertbare Fetsstellungen dabei heraus, bis auf die, die Du schon in der Frage eingebaut hast :" Es wurde wichtiger…".

Die allgemeine Frage nach der Entwicklung des Individualgedankens und der Individualmotivation in der Geschichte nach der Antike ist ein wichtiger Punkt, wenn man den Verlauf der gesellschaftlichen Entwicklung, insbesondere im Übergang vom Mittelalter in die frühe Neuzeit, betrachten möchte.

Wenn Du die Frage überarbeitest, will ich gerne versuchen, eine Antwort zu formulieren, wobei ich bei dieser dann gezwungen bin aus Sicht eines Historikers zu denken. Schuster bleib bei d…

Lieber Gruß, Stephan

Also ich beschäftige mich gerade mit dem elisabethanischen Zeitalter im Rahmen einer Prüfungsvorbereitung im Englischstudium, genau gesagt im Bereich cultural studies. Ich habe einige Arbeitsanregungen von der Uni bekommen, so zum Beispiel:
„Warum ist Elizabeth I. (fast) immer als junge Frau mit stets gleichem Gesichtsausdruck dargestellt? Denken Sie an die Rolle des Individuums im 16. Jahrhundert.“

Leider habe ich in der Literatur und auch im Internet dazu nichts finden können…
Ich hoffe das hilft zur Eingrenzung des Problems!?

Also ich beschäftige mich gerade mit dem elisabethanischen
Zeitalter im Rahmen einer Prüfungsvorbereitung im
Englischstudium, genau gesagt im Bereich cultural studies.

Ok, ich werde mal schauen wie ich es formuliere. Bedenke aber, dass ich meinen Abschluss als Historiker gemacht habe und mein Blickwinkel der der Geschichtwissenschaft ist.

Ich habe einige Arbeitsanregungen von der Uni bekommen, so zum
Beispiel:
„Warum ist Elizabeth I. (fast) immer als junge Frau mit stets
gleichem Gesichtsausdruck dargestellt? Denken Sie an die Rolle
des Individuums im 16. Jahrhundert.“

„Die Rolle des Individuums im 16. JHD“ ist ein typisch schwache Aufgabenformulierung der Universität.
Im Gegensatz zum ausgehenden Mittelalter etablierte sich im elis. England die Vorstellung einer perpetualen Fraktalität. Eine endloseWiederspiegelung des großen Ganzen in jedem Einzelnen (Ding, Person…uw.) Der gesamte Kosmos findet sich in jedem noch so kleinen Teil desselben abgebildet. Die christliche Glaubensordnung der Schöpfung und Gott als obersten Lenker wurde sinnbildlich auf den Staat übertragen. Der Herrscher wurde somit im kleineren Rahmen das Abbild Gottes. Der Staat an sich das Abbild der Schöpfung. Das Individuum (biol.) trug somit im Kleinen die gesamte Schöpfung in sich. Im Staat war der Herrscher das idealisierte Abbild Gottes.

Im Humanismus und der Rennaissance nun erfuhren Kunst und Philosophie eine starke Hinwendung zur Antike. Im Mittelpunkt dieses Umdenkens stand der idealisiert betrachtete Menschen; in Anlehnung an die Antike als symbolisiertes Vorbild als Abbild des Göttlichen. (zB Olympiamythos…usw).

So könnte man in der idelisierten Darstellung Elisabeths den antiken Gedanken des perfekten Individuums als symbolisierter Träger des höchst möglichen Vergleichs mit Gott sehen. Als Leitbild größter Ordnung.

Leider habe ich in der Literatur und auch im Internet dazu
nichts finden können…

Deine Suchbegriffe sollten „Elisabethanisches Weltbild“, Renaissance im Elisabethanischen Zeitalter" und „Kulst und Theater im Elis. ZA“ Oder sogar William SB sein. Da findest Du einiges. Eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Kust der griechischen Antike hilft beim Verständnis.

Ich hoffe das hilft zur Eingrenzung des Problems!?

Ich hoffe um 4:30 morgend nicht all zu viel Müll zu schreiben :wink:

gruß, Stephan

Hallo nilleb,
grundsätzlich wäre hier auf Jacob Burckhardts „Die Kultur der Renaissance in Italien“ zu verweisen. Der zweite Abschnitt gibt einen guten Einblick in die Entstehung dessen, was Burckhardt „das Erwachen der Persönlichkeit nennt“, also auch in die Wurzeln des ‚elizabethan individualism‘. Soll natürlich nur eine Grundlage geben.

Um dann die Kurve zum elisabethanischen England zu kriegen - lies den Essay „Shakespeare and the Stoicism of Seneca“ von T.S. Eliot. Überhaupt ist eine Kenntnis von Eliot’s ‚Selected Essays‘ in Deinem Fach eigentlich unverzichtbar - es wäre kein Fehler, auch die anderen Essays zu lesen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Vielen Dank.
Über das Weltbild im elisabethanischen Zeitalter, so wie du es beschrieben hast, habe ich auch schon einiges gelesen. Mein Ansatzpunkt zum „Individuumsproblem“ war daher ähnlich.
Aussagen wie die folgende ließen sich damit dann aber nicht vereinbaren:"Überhaupt werden in der Renaissance vielfach die Würde und Besonderheit des einzelnen Menschen hervorgehoben; auch hier beginnt ein Bruch mit dem Mittelalter, das mehr von der Idee der kollektiven Glaubensgemeinschaft im Sinne der Mönchsorden bestimmt war.
Es ist eben gerade dieser „Bruch“ der mich verwirrt. Laut elisabethanischem Weltbild (das dem Mittalter ja schon noch näher ist als der Neuzeit) müssten die WÜrde und Besonderheiten des einzelnen ja eine eher untergeordnete Rolle spielen, da der Mensch doch vornehmlich als Teil einer Hierarchie, als funktionierendes Glied einer festen Ordnung und als Mikrokosmus gesehen wurde. Da hat Individualität doch keinen Platz, oder? Bin ich da auf dem richtigen Weg? Aber wenn ja, wann erlangte das Individuum denn Bedeutung in England? Erst nach Elisabeth?
Das ist alles sehr verwirrend… :smile:

Vielen Dank.
Über das Weltbild im elisabethanischen Zeitalter, so wie du es
beschrieben hast, habe ich auch schon einiges gelesen. Mein
Ansatzpunkt zum „Individuumsproblem“ war daher ähnlich.
Aussagen wie die folgende ließen sich damit dann aber nicht
vereinbaren:"Überhaupt werden in der Renaissance vielfach die
Würde und Besonderheit des einzelnen Menschen hervorgehoben;
auch hier beginnt ein Bruch mit dem Mittelalter, das mehr von
der Idee der kollektiven Glaubensgemeinschaft im Sinne der
Mönchsorden bestimmt war.
Es ist eben gerade dieser „Bruch“ der mich verwirrt. Laut
elisabethanischem Weltbild (das dem Mittalter ja schon noch
näher ist als der Neuzeit)

Hmm, da ist viel drin, was nicht ganz zusammengehört.

Zunächsteinmal ist es schwierig das elisabethanische Zeitalter rein chronologisch „nächer“ einer historischen Zeiteinteilung wie Mittelalter oder Neuzeit zuzuordnen und daraus dann Rückschlüsse auf das „wahrscheinlichere“ Verständnis der Zeit zu schließen.

Außerdem gehtst Du dann davon aus, Das Mittelalter oder die Neuzeit festgelegt zu verorten. Gerade die Definitionen, was denn Mittelalter oder Neuzeit genau sind, ist einer schwierigsten Fragestellungen der historischen Forschung. Zudem gibt es keine Übergangsdaten, an denen ein Beginn- oder Endpunkt definiert wäre.

Wann endet das Mittelalter? Gute Frage!

All diese Dinge sind schleichende Prozesse, die ja nach betrachteter Ecke verschieden lange Vorgänge sind. Jede Veränderung bedeutet den Wechsel von etwas Altem zu etwas Neuen. Aber gilt jetzt die Kunst, die Wirtschaft, das Gesellschaftliche System, die Herrschaftlegitimation?

Deshalb bitte nie aus zeitlicher Nähe zu einem mehrere Jahrhunderte dauernden System auf selbverständlichem und überwiegendem Bezug zu diesem schließen, vor allem nicht wenn es eine solange Zeitperiode war, die in sich nahezu zahllose Veränderungen durchmachte.

Wenn Du das Elisabethanische Zeitalter und Weltbild betrachtest solltest Du es erst einmal aus sich selbst heraus beurteilen (Humanismus…usw.) und dann näher historischen Verorten (wie kam Eli auf den Thron…was hängt damit zusammen, Nahe Geschichte Englands) und erst dann längere geschichtliche Zusammenhänge aufbauen (Geschcihtliche Verortung). Das selbe gilt für die lokale Verortung und Färbung.

müssten die WÜrde und
Besonderheiten des einzelnen ja eine eher untergeordnete Rolle
spielen, da der Mensch doch vornehmlich als Teil einer
Hierarchie, als funktionierendes Glied einer festen Ordnung
und als Mikrokosmus gesehen wurde. Da hat Individualität doch
keinen Platz, oder?

Individuum und Platz in einer Hirachie sind kein Gegensatzpaar. Individualismus ist eine Wahrnehmungsfrage. Erkenne ich mein ICH, kann ich mein ICH abgrenzen zu dem mir gegenüber. Ich kann mich selber erkennen als Ind. aber dennoch ganz unten in einer Hirachie sein. (Denke zB an das heutige Millitär). Die Frage nach einer Individualwahrnehmung im Mittelater ist eine schwierige Frage und man muss sich da ganz genau selber ins Gericht nehmen, inwieweit man stark durch Film und Buch moderner Zeit auf den Holzweg der Helden und Schurken Denkweise gelockt wird.

Die Lebensbestrebungen im Mittelalter des christlichen Europas war auf eine Erfüllpflicht hin zum Ziel des Lebens NACH dem Tod ausgerichtet. Die von Gott ausgewählte Art, welches Leben man führt hat den Zweck geprüft zu werden und seinen Platz im ewigen Leben zu bestimmen. Orientierung gab oft das idelisierte Leben und die Lebensregeln der Mönchsgemeinschaften. Das geschah ganz zweckmäßig. Die Klöstergründugen auf heutigen deutschem Gebiet Zb waren auch Wirtschafts- und Wissensstandorte, nicht nur klerikale Zentren. (Lies mal etwas über die Geschichte des Klosters Fulda zB, oder Einhard). Der Platz als Teil eines Kollektivs wurden stark durch die feste Bundung an die Katholische Kirche und deren Hirachie als Instrument der Bewertung des eigenen Lebens reglementiert.

Wie kam es aber zu einer Verschiebung der Wahrnehmung. Zu einer Reformation, zu einer Destabilisierung des Bestimmungsanspruchs der kath. Kirche in Europa und einer Hinwendung zum unabhängigen Wahrnehmungsgedanken, der eher die Erfüllung des diesseitigen Lebens zum Ziel hatte?

Am besten tust Du Dich mal in Thema „katholische Reformation“ um und die Auseinandersetzungen im Europäischen Raum im ausgehenden 16 JHD um. (Schmalkaldischer Bund ftw. Oder Kölner Krieg (auch Truchsessischer Krieg)) Gute Beispiele eines großen Problems dieser Zeit. Die Rechtfertigung der Legitimation von Herrschaft. „Von Gottes Gnaden“ mal genau druchdenken, wenn das Anrecht der Krönung durch einen Stellvertreter Gottes auf Erden in Frage gestellt wird.

Eine der Bestrebungen der neuen protestantischen Kirche ist die Ausrichutng des Glaubens aus sich selbst und eine Abwendung einer Abhängigkeit von institutionellen Kirchenstrukturen in der Bewertung seines Seelenheils. (Ablassproblem bei Luther mal nachschlagen).

Evt. liest Du es schon etwas heraus. Die Auseinandersetzung mit sich selber als berechtigter Glaubensträger ausserhalb einer institutionllen Kirchenstruktur ist ein Grundform indivudeller Wahrnehmung. „Ich glaube“ und nicht: Ich darf an dem Glauben teilnehmen, der von der Kirche vorbestimmt wird…"

Bin ich da auf dem richtigen Weg? Aber
wenn ja, wann erlangte das Individuum denn Bedeutung in
England? Erst nach Elisabeth?

s.o. singulär nicht zu beantworten…^^

Das ist alles sehr verwirrend… :smile:

Ich weiß, aber lass Dich nicht entmutigen. Dein Erkenntnisinteresse ist sehr gründlich.

Ich empfehle Dir aus der Oldenburger Reihe „Einführung in die Geschichtswissenschaft“ die Bände über Reformation und die Frühe Neuzeit".

Bedenke immer, dass Deine Arbeit nicht die eines Geschichtswissenschaftlers werden soll. Verliere Dich also nicht zu sehr im Einzelnen.

Frag gerne weiter.

Gruß Stephan

pS: Ich muss leider los zu einem Termin, deshalb darf jeder die gefundenen Rechtschreibfehler behalten.

nur mal nebenbei…
Hallo Nilleb,
wenn noch von Interesse für Dich: lies doch mal das Tagebuch des Mr. Pepys; das sind die originalen Tagebuchaufzeichnungen eines engl.Gentleman, Beamter der Königin Elizabeths d.I.,aus der elisabethanischen Zeit. Da kannst Du unmittelbar lesen, welche aktive Rolle die Religion, die Musik, das Schauspiel usw. im damaligen bürgerlichen Alltag spielte. Klar: nur den Ausschnitt aus dem eines lebenslustigen elizabethanischen bürgerlichen Gentleman, aber doch sehr anregend! Man fragt sich, ob und wieviel er von den ja auch noch zu Elizabeths Zeiten höchst grausamen Verfolgungen um des Glaubens willen wußte. Oder wissen wollte …

Vielen Dank für die hilfreichen und umfangreichen Antworten und Literaturtipps.
Ihr habt mir schonmal viel weitergeholfen!