Hallo,
eigentlich hab ich es schon hundert mal gehört, aber wenn ich so darüber nachdenke verstehe ich eigentlich gar nicht was Rosa Luxemburg mit „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ meinte. Kann mir jemand diesen Satz erklären?
Hallo,
eigentlich hab ich es schon hundert mal gehört, aber wenn ich so darüber nachdenke verstehe ich eigentlich gar nicht was Rosa Luxemburg mit „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ meinte. Kann mir jemand diesen Satz erklären?
Guten Tag,
ich sehe es so:
Das Maß an Freiheitlichkeit, das eine Gesellschaft für sich in Anspruch nimmt, kann man überprüfen, indem man sich anschaut, wie dort mit denen umgegangen wird, welche diese Gesellschaft ablehnen.
(Fast) jeder Staat bezeichnet sich als freiheitlichen Rechtsstaat, ob das standhält zeigt der Blick auf den Umgang mit den Kritikern des Systems.
Kann man natürlich auch auf Einzelpersonen übertragen…
Hi,
oder anders:
„JEDER hat seine eigene WAHRHEIT!“
VG, René
oder Voltaire
Zitat von ihm: Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen.
Gruß
Elke
Hallo,
Gutenabend tilaka,
was Rosa Luxemburg mit „Freiheit ist immer die Freiheit des
Andersdenkenden“ meinte.
Damit ist gemeint, dass man Meinungen tolerieren muss die komplett abweichen von der eigene und/oder gängige Meinungen. Zudem muss man darauf beharren, dass die eigene Meinung ebenso toleriert wird.
Gruss: Ge-es
oft missverstanden
Hallo Tilaka,
da der Satz aus dem Zusammenhang gerissen zitiert wird, versteht auch niemand, worum es Luxemburg ging. Eben nicht um Freiheit, Toleranz und Demokratie, sondern allein um die Diskussionsfähigkeit innerhalb der eigenen Partei. Sie wandte sich gegen die totalitäre Stoßrichtung Lenins in Russland innerhalb der (späteren) KPdSU.
Es ist recht interessant zu sehen, wie eine Vorkämpferin des Kommunismus damit zu einer angeblichen Vorkämpferin der Demokratie uminterpretiert wird. Ein eigenes Kapitel für sich im großen Buch der historischen Irrtümer.
Gruß,
Andreas
Hallo Andreas,
da der Satz aus dem Zusammenhang gerissen zitiert wird,
versteht auch niemand, worum es Luxemburg ging.
da mag etwas dran sein, auch wenn „niemand“ übertrieben ist - die Anfrage hier belegt dies.
Eben nicht um
Freiheit, Toleranz und Demokratie, sondern allein um die
Diskussionsfähigkeit innerhalb der eigenen Partei.
Diese Aussage ist hingegen ein deutliches Zeichen dafür, dass Du da keine Ausnahme bist - dass Du vielmehr noch deutlich mehr daneben liegst als jeder andere hier.
Sie wandte
sich gegen die totalitäre Stoßrichtung Lenins in Russland
So weit richtig …
innerhalb der (späteren) KPdSU.
… und so weit falsch.
Daher ist auch dies:
Es ist recht interessant zu sehen, wie eine Vorkämpferin des
Kommunismus damit zu einer angeblichen Vorkämpferin der
Demokratie uminterpretiert wird. Ein eigenes Kapitel für sich
im großen Buch der historischen Irrtümer.
nichts als billige Polemik. Offensichtlich kennst Du den ‚Zusammenhang‘ gar nicht. Wie man problemlos sehen kann, wenn man das Zitat mal wirklich nicht aus dem Zusammenhang reisst sondern Luxemburgs ‚Die russische Revolution‘ und ihre dortige vernichtende Kritik der Politik Lenins und Trotzkis etwas ausführlicher zitiert:
_Es kam nicht nur Abschaffung der wichtigsten demokratischen Garantien eines gesunden öffentlichen Lebens und der politischen Aktivität der arbeitenden Massen in Betracht: der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts, ohne die alle Gegner der Sowjetregierung vogelfrei geworden sind. […] Hingegen ist es eine offenkundige, unbestreitbare Tatsache, daß ohne freie, ungehemmte Presse, ohne ungehindertes Vereins- und Versammlungsleben gerade die Herrschaft breiter Volksmassen völlig undenkbar ist.
Lenin sagt: der bürgerliche Staat sei ein Werkzeug zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, der sozialistische zur Unterdrückung der Bourgeoisie. Es sei bloß gewissermaßen der auf den Kopf gestellte kapitalistische Staat. Diese vereinfachte Auffassung sieht von dem Wesentlichsten ab: die bürgerliche Klassenherrschaft braucht keine politische Schulung und Erziehung der ganzen Volksmasse, wenigstens nicht über gewisse enggezogene Grenzen hinaus. Für die proletarische Diktatur ist sie das Lebenselement, die Luft, ohne die sie nicht zu existieren vermag.
„Dank dem offenen und unmittelbaren Kampf um die Regierungsgewalt häufen die arbeitenden Massen in kürzester Zeit eine Menge politischer Erfahrung an und steigen in ihrer Entwicklung schnell von Stufe zu Stufe.“ Hier widerlegt Trotzki sich selbst und seine eigenen Parteifreunde. Eben weil dies zutrifft, haben sie durch Erdrückung des öffentlichen Lebens die Quelle der politischen Erfahrung und das Steigen der Entwicklung verstopft. Oder aber müßte man annehmen, daß die Erfahrung und Entwicklung bis zur Machtergreifung der Bolschewiki nötig war, den höchsten Grad erreicht hatte und von nun an überflüssig wurde. (Rede Lenins: Rußland ist überzeugt für den Sozialismus!!!)
In Wirklichkeit umgekehrt! Gerade die riesigen Aufgaben, an die die Bolschewiki mit Mut und Entschlossenheit herantraten, erforderten die intensivste politische Schulung der Massen und Sammlung der Erfahrung.
Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der „Gerechtigkeit“, sondern weil all das Belehrende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die „Freiheit“ zum Privilegium wird._
Freundliche Grüße,
Ralf
Hallo Ralf,
kann leider erst jetzt antworten und wundere mich etwas über Deine Stoßrichtung. Natürlich geht es um die Partei in Russland, später UdSSR. Was ist daran falsch?
Und auch wenn sie sich gegen Lenin/Trotzki wendet, deren aus Menschenrechtssicht einzig positive Eigenschaft war, dass nach ihnen mit Stalin alles noch düsterer wurde, so bleibt sie doch eine Verfechterin Marx’ und des Klassenkampfes. Was daran positiv sein soll, darfst Du mir gerne ausführlich erläutern.
Sie wollte keine parlamentarische Demokratie! Das genau kritisiere ich. Wenn man die allgemeine Rezeption so hört, könnte man meinen, sie sei eine Gründungsmutter der Weimarer Republik.
Mich stört einfach, dass all die aufrechten Demokraten von Weimar so dem Vergessen anheim fallen, während die Feinde der Republik auch jetzt noch der geballten Aufmerksamkeit des geneigten Publikusm sicher sein dürfen.
Gruß,
Andreas
Hallo Andreas,
Was ist daran falsch?
sorry, aber irgendwie nehme ich Dir nicht ab, dass Du das nicht selbst siehst. Da behauptest Du, das Zitat „Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden“ sei aus dem Zusammenhang gerissen und deshalb verstehe niemand, dass es Rosa Luxemburg
allein um die Diskussionsfähigkeit innerhalb der eigenen Partei gegangen sei.
Irgendwie sagt Luxemburg da doch genau das Gegenteil von dem, was Du behauptest, oder sehe ich das falsch? Und sie sagt genau das, was heute Konsens aller Demokraten ist.
so bleibt sie doch eine Verfechterin Marx’ und des Klassenkampfes. Was daran positiv sein soll, darfst Du mir gerne ausführlich erläutern.
Es geht hier nicht darum, eine Debatte über den Marxismus zu führen - dazu ist hier nicht der richtige Ort - sondern um eine falsche Sachaussage von Dir.
Sie wollte keine parlamentarische Demokratie!
Nein, das wollte sie in der Tat nicht. Keine parlamentarische Demokratie, also keine Parteienherrschaft mit ‚Volksvertretern‘, die nach der Wahl ein paar Jahre lang nur ihrem ‚Gewissen‘ verantwortlich sind, sondern eine Rätedemokratie, wo die Gewählten unmittelbar ihren Wählern verantwortlich und an deren Beschlüsse gebunden sind.
Nun ist hier auch nicht der Ort für eine Grundsatzdebatte parlamentarische Demokratie vs. Rätedemokratie, dazu ist das Thema zu komplex. Aber man möge doch bitte nicht so tun, als sei Demokratie nur als parlamentarische Demokratie denkbar. Nur mal zur Erinnerung - bei Stuttgart 21 bekommen wir derzeit sehr schön vorgeführt, was ‚parlamentarische Demokratie‘ ist. Ein politisches System, das verhindern soll, dass sich das Volk in ‚demokratisch‘ getroffene Entscheidungen einmischt.
Freundliche Grüße,
Ralf