Rückkehr aus der PKV in die GKV beim Wechsel

Guten Morgen,
angenommen, ein Selbstständiger unter 55 wechselt am 01.10. von der Selbständigkeit zur Nichtselbstständigkeit und will dies nutzen, um aus diversen Gründen nach über 20 Jahren wieder in die GKV zu wechseln.
In diversen Foren heisst es „Selbstständige können in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, wenn sie die Selbstständigkeit aufgeben und anschließend in einem Angestelltenverhältnis mit einem Bruttoverdienst unter der Jahresentgeltgrenze arbeiten,“
Fragen dazu:

  1. Welche Grenze gilt in diesem Fall, die allgemeine oder besondere?
  2. Wie wird bei einem Wechsel mitten im Jahr, oder wie hier im letzten Quartal gerechnet?
  3. Was zählt zum Jahresenteglt? Beispiele wären Zuschüsse zur VWL, Direktversicherungsumwandlungen, Essenszuschüsse, Dienstwagen?
    Gibt es noch etwas zu beachten, was ich vergessen habe zu fragen. Also Erkenntnisse aus eigener erfahrung in ähnlichen Fällen.
    Danke Euch Allen
    M

Guten Tag,

für den Fall das, dass Thema noch aktuell ist.

Grundsätzlich gilt: Wer Angestellter ist und zwischen 400,01 EUR und 49.500 EUR (2011) Brutto verdient ist pflichtversichert!
Dieses gilt mit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses.

Unter besonderen Umständen kann eine Familienversicherung im Rahmen der GKV erfolgen.

Zum regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt gehören das laufend gezahlte Arbeitsentgelt und einmalig gezahlte Bezüge. Wenn ein Arbeitnehmer nebeneinander mehrere Beschäftigungen ausübt, sind für die Feststellung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts die Arbeitsentgelte aus allen Beschäftigungen zusammenzurechnen.

Zum regelmäßigen Jahresarbeitsarbeitsentgelt zählen alle Arten von Arbeitsentgelt. Es kommt nicht darauf an, ob ein Rechtsanspruch darauf besteht oder auf welcher Grundlage das Arbeitsentgelt gezahlt wird. Nicht angerechnet werden Zahlungen, die steuer- und beitragsfrei geleistet werden können.

Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt.

Vergütungen für Überstunden gehören nicht zum regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt und sind daher bei der Berechnung außer Betracht zu lassen. Feste Pauschbeträge, die als Abgeltung für Überstunden regelmäßig zum laufenden Arbeitsentgelt gezahlt werden, müssen aber zum regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt dazugerechnet werden.

Bei schwankendem Arbeitsentgelt ist für eine vorausschauende Betrachtung eine gewissenhafte Schätzung des zu erwartenden Arbeitsentgelts vorzunehmen. Für einen Stundenlohnempfänger wird das monatliche Entgelt nach folgender Formel ermittelt:
Stundenlohn x individuelle wöchentliche Arbeitszeit x 52 Wochen / 12 Monate

Schwankendes Einkommen (z.B. Provisionen)
Auch hier hatte das BSG entschieden (BSG 3 RK 61/57 vom 20.12.1957) danach sind schwankende Einkommen im Wege der Schätzung zu ermitteln. Berechnet wird dies in dem das bekannte Einkommen des laufenden Monats, das für die folgenden 11 Monate zu erwartende Einkommen hinzugerechnet wird. Diese Schätzung muss sehr sorgfältig unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Mitarbeiters zu erfolgen. Wenn der Arbeitgeber alle voraussichtlich zu erzielenden Einkünfte berücksichtigt und dabei zu dem Ergebnis kommt, dass die JAEG überschritten wird, dann wird der Mitarbeiter versicherungsfrei. Diese Feststellung der Versicherungsfreiheit bleibt solange bestehen, bis sich die Schätzungsgrundlage verändert. Dies gilt auch, wenn das tatsächliche Einkommen unter der JAEG liegt. Das tatsächliche Einkommen welches von der Schätzung abweicht kann nach einer RVA-Entscheidung (RVA Nr. 2518 amtl. Nachr. 1919,289) die Beurteilung der Versicherungspflicht nur für die Zukunft beeinflussen

Ferner gibt es beim Wechsel zwischen PKV und GKV folgendes zu beachten respektive zu klären:

  • PKV rechtzeitig in Kenntnis setzen und Bescheinigung der GKV einreichen sonst müssen die Beiträge weiter geleistet werden

  • Sehen die Vertragsbedingungen evtl, vor, dass der gültige Schutz in eine Zusatzversicherung gewandelt werden kann

Ich hoffe ich konnte Ihnen helfen

Bei Rückfragen oder Unklarheiten stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit persönlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Timm Picker

Hallo Timm
Donnerwetter, was für eine umfangreiche und umfassende Antwort!
Danke+Danke+Danke!!
Doch eine Frage ist mir noch unklar, nämlich = Wie wird bei einem Wechsel mitten im Jahr, oder wie hier im letzten Quartal gerechnet?
Also mal angenommen,

  • vorher selbstständig, PKV
  • ab 01.10. Angestellter Probezeit, Monatseinkommen 3900, nach 6-monatiger Probezeit 4500.
    Da das Jahresarbeitsentgelt ja jedes Kalenderjahr neu festgesetzt wird, gehe ich davon aus, daß das Kalenderjahr gilt. In diesem Falle wären also 3900*12 unter der Bemessungsgrenze, und damit versicherungspflichtig.
    Oder gilt hier die Rechnung wie bei schwankendem Arbeitsentgelt?
    Danke vorab
    M

Hallo M,

ach, sehr gern geschehen :wink:

So! :smile:

Die Versicherungsfreiheit für Arbeitnehmer ist seit 01.01.2011 so geregelt, dass die Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in Höhe 49.500 EUR (2011) / 50.850 EUR (2012) nur 1 Jahr vorliegen muss um vom Arbeitgeber für das Folgejahr als freiwillig Versicherter geführt und gemeldet zu werden.

Leider reicht das voraussichtliche JAEG für 2011 in Höhe von 3 x 3.900 EUR = 11.700 EUR nicht aus.
Eine Versicherungsbefreiung vom Anfang der Beschäftigung wäre nur dann möglich, wenn die monatliche Bezugsgröße 1/12 v. 49.500 EUR erreicht würde.

Das geplante JAEG in 2012 (3 x 3.900 EUR) + (9 x 4.500 EUR) = 52.000
Die voraussichtliche Versicherungsbefreiung durch den Arbeitgeber wird per 31.12.2012 erfolgen, da dort erstmals die JAEG 1 Jahr überschritten wird.

Unter Umständen gäbe es ein „Schlupfloch“, wenn das Gehalt nach der Probezeit rückwirkend auf 4.500 EUR angepasst würde und per 31.03.2012 per Märzklausel in das Vorjahr „gebucht“ würde.

Bei Fragen gern melden :wink:

zu 1.)Es gilt die allgemeine JAEG.
zu 2.)Versicherungspflicht tritt sofort ein, außer das monatliche Einkommen liegt über einem 12-tel der JAEG. Wenn durch ERhöhung des GEhalts die JAEG überschritten wird, tritt Versicherungsfreiheit zum Ende des Jahres ein.
Da die Absicht besteht, in der GKV zu bleiben, sollte dies erst nach mehr 12 Monaten geschehen, da sonst die Voraussetzung für die freiwillige Weiterversicherung nicht gegeben ist. Sonst geht es zurück in die PKV ! Also: Gehaltserhöhung erst in 2012 !
zu 3.) Da gibt es umfangreiche Listen, was zählt und was nicht. Google weiß sicher Rat. zB. VWL ja, Direktversicherung durch Umwandlung nein.

P.S.:Wenn es das erste Arbeitnehmerverhältnis überhaupt ist, besteht auch bei zu hohem Gehalt das Recht zur freiwilligen Versichewrung in der GKV !

Gruss

Barmer

Guten Morgen,
mir sagt jetzt mein PKV Versicherungsvertreter, ich könnte als freiwillig Versicherter in die GKV gehen, die mich auch sofort nehmen würden.
Dann wäre der Sprung vollzogen und dann würde man mich auch nicht mehr in eine PKV zurückzwingen?
Das klingt sehr simpel? Ist das so?
Danke
M

Hallo M,

erstmal entschuldige, dass Du so lange warten musstest - ich habe es gerade erst gesehen.

Ich weiß nicht, was Du für einen PKV „Experten“ an deiner Seite hast.

Szenerien:

  1. Es wird unter 1/12 pro Monat der JAEG bei Beginn der Beschäftigung verdient (so wie es der Sachverhalt hergibt) -> Dann PFLICHTversichert

  2. Von Anfang an ist klar, dass die monatliche Bezugsgröße in Höhe von 1/12 der JAEG überschritten wird und dann kann man privat versichert bleiben. Die GKV hat in diesem Kontext keinen Kontrahierungszwang.

  3. Freiwillig GKV versichert sind, in diesem Fall, nur Arbeitnehmer die mindestens 12 Monate über der JAEG verdient haben und das auch nur wenn der Arbeitgeber seiner Obliegenheit, die der regelmäßigen Überprüfung seiner AN auf überschreiten der JAEG, erfüllt und dann den Statuswechsel der zuständigen GKV mitteilt. Ferner sind i. d. R. nur die freiwillig Versichert die vorher GKV pflichtversichert waren.

Eine Rückkehr wie der „Experte“ sie schildert kann nicht garantiert werden, denn neben der GKV müsste die PKV den VN vermutlich Versicherungsjahr unterjährig aus dem Vertrag lassen.

Wenn dir meine Artikel helfen hab ich gegen ein Sternchen nichts :smile:

Viele Grüße
Timm Picker
FELICON