Rückzahlungen v. Einmalzahlungen Rechtslage?

Hallo liebes Expertenteam!

Folgender Sachverhalt:
Mitarbeiter X arbeitet seit mehreren Jahren in einem mittelständischen Unternehmen mit ca. 20 Mitarbeitern. Das Unternehmen wächst rapide, allerdings wächst auch die Unzufriedenheit der Mitarbeiter. Die Geschäftsführung dieser Firma hat sich deshalb was sehr Nettes ausgedacht. Zweimal im Jahre 2012 wurden Prämien in Form von Einmalzahlungen ausgeschüttet. Den jeweiligen Lohnabrechnungen lag beide Male (die letzte Prämie wurde zum 31.10.2012 bezahlt) ein ununterschriebener Zettel dabei mit folgendem Wortlaut:
" Die Firma XXX leistet eine Einmalzahlung als Belohnung für die Arbeitsleistungen und die Förderung der Betriebstreue. Die Einmalzahlung ist eine freiwillige Leisutng, auf die selbst bei wiederholter Auszahlung kein Rechtsanspruch besteht. Die Einmalzahlung ist zurück zu zahlen, wenn das Arbeitsverhältnis auf Grund von Eigenkündigung des Arbeitnehmers, die nicht auf einem wichtigen Grund beruht, auf Grund von Kündigung des Arbeitgebers, die auf wichtigem Grund beruht oder auf Grund Aufhebungsvertrages bzw. gerichtlichen Vergleiches der vor dem 31.10.2013 endet." (Zitat Ende)

Arbeitnehmer X ist leider trotz der Zahlungen mit seinem Arbeitsplatz nicht mehr ganz glücklich und zieht einen Stellenwechsel in Betracht.

Jetzt die Frage: Muss er das Geld wirklich wieder zurückbezahlen? Wie gesagt, es handelt sich lediglich im einen der Lohnabrechnung beigefügten „Fresszettel“ der nicht einmal von einem Mitglied der Geschäftsleitung unterschrieben ist. Hat so etwas dann Gültigkeit?

Auf die Antworten freue ich mich sehr!

Grüße Naima

Hallo,

dann müsste die Sonderzahlung schon 2 Monatsgehälter oder mehr erreichen.

Tut sie das?

VG
EK

Hallo,

die Einmalzahlung entspricht in etwa einem Monatsgehalt.

Grüße
Naima

Hallo,

die Bindungsfrist ist damit unwirksam.

http://www.ramom.de/rechtsthemen.html?start=58

Man kann also ausscheiden, ohne zurückzahlen zu müssen.

Das wird der Betrieb aber ggf. anders sehen und beim Ausscheiden herumzicken mit Zeugnis oder einfach das letzte Gehalt mit der Gratifikation voll verrechnen, soll AN doch erstmal klagen.

VG
EK

Hallo nochmal,

vielen lieben Dank für Ihre Antwort.
Gerne habe ich den Link verfolgt und versuche das ganze jetzt nochmal Revue passieren zu lassen.

In dem geschickten Link steht u.a.:

„Zusätzlich kann vereinbart werden, dass Sonderzahlungen, wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld an den Bestand des Arbeitsverhältnisses über ein gewisses Datum während des laufenden Jahres hinaus geknüpft sind. Vorschüssig geleistete Gratifikationen können unter dem Vorbehalt der Rückzahlung gestellt werden, für den Fall dass das Arbeitsverhältnis im laufenden Jahr ein gewisses Datum nicht erreicht oder aber auf Grund vom Arbeitnehmer zu vertretender fristloser Kündigung des Arbeitgebers oder eigener Kündigung des Arbeitnehmers beendet wird.“

Das wurde zwar gemacht, aber es wurde nicht vertraglich vereinbart, wie im ersten Satz des Linkes: „Die Vereinbarung von Gratifikationszahlungen oder Provisions- bzw. Tantiemezahlungen und sonstigen Zusatzzahlungen muss im Vertrag verbindlich erfolgen.“

Also zusammenfassend ist es nicht wirksam, eben weil dies nicht vertraglich vereinbart wurde und der beigefügte Zettel mit dem Satz keine vertragliche Gültigkeit hat. Liege ich in dieser Annahme richtig?

Vielen Dank für die Mühe!

VG Naima

Hallo,

nein, man muss es nicht im Vertrag regeln, man kann es auch einfach zahlen und dazu den Zweck der Zahlung wie geschehen mitteilen.

Ob es überhaupt in dieser Form Gratifikationen mit Mischcharakter geben kann, ist nach einer Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts zweifelhaft.

Sonderzahlung mit Mischcharakter – Abhängigkeit vom Arbeitsverhältnis
Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG:

1. Knüpft der Arbeitgeber bei Bemessung der Höhe einer Sonderzahlung an die erbrachte Arbeitsleistung im Bezugsjahr an, so ist die Zahlung zumindest teilweise Vergütung für geleistete Arbeit.

2. Wird neben der Anknüpfung an bereits erbrachte Arbeitsleistung in der Zusage als Leistungszweck „Honorierung der Betriebstreue“ bestimmt, so handelt es sich um eine Sonderzahlung mit Mischcharakter.

3. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach eine solche Sonderzahlung vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängen soll, steht im Widerspruch zu § BGB § 611 BGB § 611 Absatz I BGB. Sie entzieht dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn und erschwert unzulässig die Ausübung des Kündigungsrechts. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb gem. § BGB § 307 BGB § 307 Absatz I 1 BGB unwirksam.

BAG, Urt. v. 18. 1. 2012 − 10 AZR 612/10 (Vorinstanz: LAG Köln, Urt. v. 20. 1. 2010 − 9 Sa 642/09)

Letztlich kann das dahinstehen, weil die Bindungsdauer schon zu lang ist, selbst wenn es eine reine Gratifikation der Betriebstreue wäre.

VG
EK

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Super! Jetzt kann ich es nachvollziehen. Herzlichen Dank für die ausführlichen Erläuterungen!

LG Naima

Moin,

nochmal für mich zum Verständnis: wenn die Leistung 2 Monatsgehälter nicht übersteigt und im Begleitschreiben nicht ausdrücklich „Honorierung der Betriebstreue“ o. ä. genannt ist, gibt es bei Kündigung keine Grundlage für eine Rückzahlung?

Gruß,

Florian

Hallo,

es wäre besser, mit einem neuen Fall einen neuen Thread aufzumachen.

Nein, die 2 Gehälter beziehen sich auf Bindungen über den 30.06. des Folgejahres hinaus. Wenn eine Bindung nur bis 31.03. bestehen soll (also Rückzahlung bei Ausscheiden bis 31.03.), dann geht das auch bei unter einem Monatsgehalt.

Und nochmal nein, es steht nirgends, dass der Zweck ausdrücklich genannt sein muss, den kann man auch durch Auslegung ermitteln.

Es kann aber dann im Wege der Auslegung dazu kommen, dass Zwecke ermittelt werden, bei denen eine Bindung an die Betriebstreue überhaupt nicht zulässig sind, also Rückzahlungsklauseln bei Ausscheiden nach der Zahlung per se unzulässig.

VG
EK

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