Hallo,
liest du Tolstoi im Original?
Nein, in der deutschen Ausgabe. (Leider kann ich kein Russisch.) Wie unten beschrieben werden die französischen Passagen als Fussnoten übersetzt. In „Krieg und Frieden“ kommt sehr viel Französisch in der wörtlichen Rede vor, in der „Anna Karenina“ wird auch beschrieben, wie die Kinder zweisprachig, oder fast sogar schon französischsprachig erzogen werden (was Tolstoi übrigens an einer Stelle kritisiert).
War es nicht ähnlich auch in Preussen?
Möglich, da kenne ich mich nicht so aus. Aber laut Tolstoi haben sogar die Soldaten der russischen Armeen untereinander (und dann teilweise auch mit den Napoleonischen Truppen)
fliessend französisch gesprochen und da habe ich bei den Preussen nichts vergleichbares gehört (auch wenn Friedrich der Grosse mit Voltaire kommuniziert haben mag).
Wo Tolstoi, meiner Meinung nach, tatsächlich übertreibt, er
füllt ellenlange Passagen auf Französisch nur um die dann
unten zu übersetzen. Das einmal zu machen wäre doch
ausreichend.
Das wird ein Stilmittel sein, durch das wir auch heute noch nachvollziehen können, wie das Sprachwirrwarr in der täglichen Kommunikation ablief. Mir gefällt das ganz gut. Auch heute gibt es etliche neuere Filme, die das Neben- und Durcheinander verschiedener Sprachen als Stilmittel einsetzen. „Monsoon Wedding“ fällt mir ein und die „Auberge Espanol“ (von der ich gerade die Fortsetzung gesehen habe).
Ich denke nicht, dass es mit französischen Einflüssen im
Englischen vergleichbar ist. Die Franzosen haben die Insel
besetzt, in Russland dagegen war es nicht der Fall und
Napoleon war viel später und nur kurz.
Aber offenbar habe die Russen lange Zeit freiwillig Französisch gesprochen und diese Freiwilligkeit könnte besonders stark wirken.
Mit vielen Grüssen, Walkuerax