Hallo Michael
- Meines Wissens gelten als Synapomorphien der Säugetiere
Milchdrüsen und Haarkleid, außerdem ein heterodontes Gebiss.
Für die ersten beiden Merkmale gibt es wohl kaum fossile
Belege und das dritte ist meiner Ansicht nach nicht eindeutig
genug. Wann klassifiziert man also ein fossiles Lebewesen als
„Säugetier“?
Milchdrüsen und Haarkleid lassen sich, wie Du sagst nicht ohne weiteres nachweisen. Das älteste sicher nachgewiesene Fell eines Säugetiers stammt aus der Kreide. Anhand der Knochen kann man Sägetiere charakterisieren durch:
- Heterodontie
- Zahnwechsel
- sekundäres Kiefergelenk
- Änderung der hinteren Unterkieferknochen zu Ohrknöchelchen
- Promontorium (Knochenaufwölbung am Gehöhr)
- Perioticum
- zwei getrennte Foramina für N. facialis und N. vestibulocochlearis
- Orbita und Temporalhöhle gehen ineinander über
usw…
Probleme:
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Um Dein Fossil zu Kategorisieren, mußt Du es erst mal haben. Dummerweise sind die Zähne von Säugetieren im Mesozoikum überaus selten. Funde eindeutiger Knochen sind weitaus seltener. Ich weiß nicht genau, wieviele Säugetierskelette es weltweit aus Trias und Jura zusammen gibt, ein Dutzend erscheint mir da trotzdem eine hohe Zahl.
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Der Fund muß so erhalten sein, daß er die geforderten Merkmale zeigen kann. Ein Skelett ohne Kopf ist da nicht besonders hilfreich. Trotzdem sucht man im Vergleich Gemeinsamkeiten zu finden und mit bekannten Funden zu vergleichen, wo wir bei Problem 1 wären.
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Die Größe der meisten Säugervorfahren ist äußerst gering. Man glaubt gar nicht, wie unglaublich schwer es ist, Knochenstrukturen auf einem versteinerten Schädel zu erkennen, wenn derselbe grade mal einen Zentimeter lang ist. Dadurch kommen viele Fehleinschätzungen zustande.
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Die Lage eines Fossils im Gestein kann einen in den Wahnsinn treiben. Mal liegt es schief, dann ist es verdrückt und die Proportionen stimmen nicht mehr. Meist ist es komplett zerfallen und jeder Knochen darf einzeln rekonstruiert werden.
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Sowenig Funde wie es gibt, so viele Meinungen gibt es. Wenn man in diesem Bereich veröffentlicht, wird man garantiert gelesen. Und natürlich vertreten einige Wissenschaftler ihre Meinungen auch manchmal etwas wehementer als nötig.
- Wann trennten sich die Entwicklungslinien von Monotremata
und Theria?
Tjaha und schon sind wir mitten drin in der Dikussion. Es fängt damit an, daß einige Autoren die Gruppe Monotremata als paraphyletisch ansehen, und daß es Schlägereien darum gibt, ob es sich um drei oder fünf rezente Arten handelt. Sicher nachgewiesen sind Monotremata ab der oberen Kreide, aber ein unsicherer Fund aus dem mittleren Jura scheint dahin zu gehen. Wenigstens die Multituberculata sind ab dem oberen Jura gesichert. Nur gehören die jetzt zu den Theria oder bilden sie eine Schwestergruppe?
…
- Bei Wikipedia werden sowohl für die Marsupialia als auch
für Placentalia 125 Mio. Jahre BP als ältester Zeitpunkt des
Auftretens genannt. Was waren die Theria davor? Und warum
trennt man die Taxa danach?
Ich meine mich zu erinnern, daß hier die ältesten Vertreter der Theria gefunden wurden, muß aber gestehen, daß ich das noch mal nachschauen muß.
- Wenn Placentalia und Beuteltiere tatsächlich gleichzeitig
entstanden sind, verstehe ich nicht, warum Beuteltiere
überhaupt so lange überleben konnten und Australien erobern
konnten, bevor es sich vom Rest Gondwanas trennte und bevor
Plazentatiere dorthin gelangen konnten.
Tja, warum denn eigentlich nicht? Beuteltierreste finden sich überall auf der Welt noch bis ins Neogen rein, auch in Europa! Und wenn man sich die derzeitige Ausbreitung des Opossums anschaut - die sind für manche heimischen Tiere eine richtige Konkurrenz. Außerdem ist es immerhin denkbar, daß Beuteltiere die uraustralischen Plazentatiere verdrängt haben könnten. Mit den Monotremata haben sie es ja auch geschafft.
viele Grüße
Andreas
p.s. Wenn Du ein wenig darin selber forschen willst - im Räth-Grenzbonebed (aufgeschlossen in Tübingen) kann man Zähne von Thomasia antiqua finden, wenn auch SEHR SELTEN. Inzwischen kennt man auch einen etwas besser erhaltenen Schädel aus England und weiß, daß die Gattung Haramya lediglich die Oberkieferzähne von Thomasia sind. Diese Gattung gilt als die älteste bekannte, als echte Säugetiere anzusprechende Gattung in Baden-Württemberg.