Wäre es falsch zu schreiben: Sie stammen aus dem Sudetenland? Muss man korrekterweise schreiben: Sie stammen aus dem ehemaligen Sudetenland.
Ähnlich wie bei der DDR. Sie stammen aus der DDR/aus der ehemaligen DDR.
Sowohl die DDR als auch das Sudetenland gibt es heute ja nicht mehr. Also müsste man doch immer „ehemalig“ davor setzen, oder?
Ich brauch das für ein Vorwort für ein Buch und bin grad total unsicher.
Immer, wenn ich „ehemalige“ DDR höre oder lese, frage ich mich besogrt, wo denn nun die gegenwärtige sein mag. Da es keine gibt, ist die Begriffsdifferenz zwischen " DDR" und „ehemalige DDR“ gleich Null. Was stellt sich der Sprecher also unter einer „ehemaligen“ DDR vor und wogegen grenzt er diese ab?
Wenn ich über meine ehemalige Wohnung rede, habe ich ja eine gegnwärtige.
Beim Sudetenland ist es anders, das gibt es ja noch. Da kann man also schon denklogisch nicht aus dem „ehemaligen“ Sudetenland kommen. Um es auf die Spitze zu treiben: Ebensowenig kann man logisch richtig sagen, man befinde sich im ehemaligen Osten Berlins. Der Osten Berlins ist ja auch noch da.
Sagte der Obdachlose… Und wenn ich über meine ehemalige Frau rede habe ich gegenwärtig auch eine und bin kein Single?
Mein Vater lebt nicht mehr.
Ist es jetzt mein ‚ehemaliger‘ Vater?
Gruß Achim
Danke für eure Antworten.
„Ehemalig“ heißt meiner Meinung nach nicht anderes als dass es früher mal existiert hat und heute nicht mehr. Da muss es nichts Heutiges oder Gegenwärtiges geben. Mein ehemaliger Freund ist einer, der heute nicht mehr mein Freund ist. Unabhängig davon ob ich heute einen Freund habe oder nicht.
Der Vorschlag „damalig“ zu verwenden, gefällt mir sehr gut.
@_Achim Das ist meiner Meinung nach was ganz anderes. Er ist ja immer dein Vater, auch wenn er tot ist. Das „ehemalig“ bezieht sich nicht darauf, ob er am Leben ist oder nicht, sondern auf die Beziehung. Denn das Wort „Vater“ drückt eine Beziehung aus. Du könntest das so sagen, wenn er heute nicht mehr dein Vater wäre. Aber da man die Vaterschaft nicht auflösen kann, macht das keinen Sinn.
Die offizielle Bezeichnung hieß damals: Reichsgau Sudetenland.
Jetzt brauchst du nur noch zu suchen, von wann bis wann der Reichsgau bestand.
Fällt das Geburtsdatum einer Gruppe die du mit „Sie“ bezeichnest in dieses Spanne, kannst du in dem Vorwort für das Buch schreiben: Sie stammen aus dem Reichsgau Sudetenland.
Servus,
ganz genau so ist es mit der DDR: Die hat ihr Staatsgebiet von der Gründung bis zur Auflösung nicht verändert (oder gab es mal technische Begradigungen an der polnischen oder der tschechischen Grenze? Die wären belanglos.). Wenn man heute von der DDR spricht, ist damit bereits eindeutig geklärt, worum es geht, und es ist überflüssig, weiteres zu bechreiben.
Anders ist es mit dem Tagungszentrum im ehemaligen Zisterzienserkloster: Hier ist es notwendig, zu beschreiben, dass im selben Gebäude nicht gleichzeitig ein Tagungszentrum und ein Zisterzienserkloster untergebracht sind.
Dass die DDR häufig mit dem Attribut „ehemalig“ versehen wird, ist schlicht dem Wunsch geschuldet, wieder und wieder zu unterstreichen, wer im Kampf der Systeme der Sieger und wer der Besiegte war.
Schöne Grüße
MM
Wenn jemand sagt ehemaliger Osten, mein er natürlich den ehemaligen Osten der DDR in Berlin. Wenn es ein Land noch gibt, wird das Wort ehemalig natürlich zum Malheur, hinfällig, Versprecher, unwissend. Ehemalig sagt nur etwas aus über die Vergangeheit und ist ein Füllwort, das sich mit einer oder mehrer Erinnerungen verknüpft, wohlmöglich auch um sich selbst Zeit zu geben zum vorstellen oder dem Gesprächspartner. Und man wendet das Wort an, wenn man selbst noch eine Gegenwärtige Vorstellung von einem Ort hat. Ich sage ja auch damals als Kind, oder ehemals als Kind. Es ist vergangen, aber ich habe noch eine Gegenwärtige Vorstellung davon, um genauer zu differenzieren, nutze ich das Wort damals oder früher oder ehemals etc. um nicht meine Erinnerung im Gegenwärtigen zu sehr im Gegenwärtigen Zustand zu spüren, bzw. dann als Kind dazustehen. Mit ehemalige DDR ist es das gleiche, in meiner momentanen Vorstellung ist ein präsentes Bild, um mich aber davon abzugrenzen gebe ich den Bild das Adverb bzw. das Attribut der Vergangenheit, da das Bild daher stammt. Es dient für die Sprachgenauigkeit im Zusammenhang mit eigenen befindlichen Abgrenzungen der Vergangenheit. Wenn es jemand sagt, sollte man sich nicht Klugbesserisch verhalten, sondern den jenigen diese kleine Differenzierung gönnen, die er in seinem inneren trifft. Wie Wörter wie eigentlich. Viele fühlen sich davon angegriffen, aber jeder hat das innere Recht für seine Differenzierung. Das Wort wohlmöglich ist auch so eine Differenzierung, die man sich selbst gibt, um sich Türchen offen zu halten. Wenn Menschen sowas nicht kapieren, dann nur weil Ihnen der hang zur Subtilität fehlt. Dennoch ein schönes Thema.
Hallo
das heisst heutzutage immer noch Sudetenland (Sudety), also kann man immer noch sagen, sie stammen aus dem Sudetenland oder sind (ich nehm mal an, es geht um Vertriebene) Sudetendeutsche.
Wenn man sagt „ehemalig“ zb „ehemalige DDR“ dann sagt das nichts darüber aus, dass man zu Zeiten der DDR dort lebten, sondern auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Ein heute geborener Brandenburger lebt auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.
Wenn es etwas nicht mehr gibt, zb Deutschostafrika und man redet von seinen Urgrosseltern, die 1910 dort lebten, dann sagt man „die lebten im damaligen Deutschostafrika“.
Gruss, Sama
Guter Einwand.
Versuchen wir es so:
Die Frau gibt es ja immernoch, das „ehemalig“ bezieht sich auf „meine“. Sofern es sich auf „Frau“ bezöge, müsste man ja mutmaßen, dass sich umgegendert hat.
Von daher ist hier das „ehemalig“ schon anwendbar, finde ich.
Was jemand meint, ist schon klar. Aber das was nicht die Ausgangsfrage. Auch das „ehemalige Sudentenland“ dürfte im Kontext zutreffend verstanden werden.
„Womöglich“?
Als (Steuer)Rechtler habe ich viel mit dem Wort „wohl“ zu tun: „Diese Einkünfte sind wohl nichtsteuerbar.“
Damit wird ausgedrückt, dass zwar keiner so richtig weiß, wie es richtig ist, aber alle denken, dass es so sein müsste. Typische Haftungsvwrmeidung: Man bezieht keine klare Position und belässt das Risiko beim Mandanten.
Aber zurück zum Topic. Was ist denn mit meiner ehemaligen Kindheit?
@Sama, danke für die Antwort. Das wusste ich nicht, dass dieses Gebiet heute noch Sudetenland, bzw. Sudety heißt. Dann ist es ja klar. Dann kann, nein ,muss ich das „ehemalig“ weglassen.
Servus,
wie an anderer Stelle in diesem Thread bereits beschrieben, sind die Sudeten (= Sudety) ein Gebirgszug, aber der Reichsgau Sudentenland war nicht deckungsgleich mit den geografischen Grenzen dieses Gebirges definiert. Hier isser: https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsgau_Sudetenland#/media/File:Sudetenland_Reichsgau_1944_GER.png
Und hier kann man die Sudeten aka Riesengebirge sehen: http://scholaris.pl/zasob/51073
Schöne Grüße
MM
Hallo Enno,
wo wir grad dabei sind:
Wie wäre im gegebenen Beispiel zu verfahren, wenn nicht von Sudetenland, sondern vom „Sudetengau“ die Rede wäre? Der hörte 1945 auf zu sein, hätte also analog zur DDR kein „ehemalig“ verdient, ist aber als Wort eine ehemalige Bezeichnung für das nach dem Ende des Reichsgaus weiterhin bestehende Sudetenland.
Schöne Grüße
MM
Moin,
zieh Dich mit damaliges Sudetenland aus der Affäre, das stimmt auf jeden Fall. Zumindest sprachlich - politisch hatte und hat das Sudetenland viele Väter und viele Bedeutungen.
Geographisch ist das nur der Gebirgszug zwischen der Tschechei und dem damaligen Schlesien, die Nazis - und später die Vertriebenenverbände - haben dafür gleich das ganze Grenzgebiet zwischen der Tschechoslowakei und dem damaligen „Reich“ vereinnahmt.
Gruß Ralf
Nach nochmaligen kotemplatieren: Wenn ich ehemals verwende, dann wie oben schon beschrieben in meinen Text, dann Grenze ich das ganze als Vergangenes ab. Das ist bedingt nötig, wenn ich klar stellen wünsche, das das Thema vorbei ist. Wie viele das hier auch schon erkannt haben. Es spielt nahezu eine Rolle, wie sich das ganze Gegenwärtig verhält. Es geht rein um die abgeschlossene Vergangenheit. Ein Bespiel wäre für die diese Abgrenzung, mit einem Ausländer der keine Ahnung hat und unwissend über die DDR ist, zu sprechen. Er könnte wenn ich sage, die DDR war ein sozial, diktatorischer Staat, fragen und wie ist die DDR heute? Wenn etwas noch keine abgeschlossene Vergangenheit hat, wie eben Vater, der bleibt Vater, dann wirkt das Wort sehr plump und fehl platziert. Wohl, möglich dient das Adverb für sich zu differenzieren und sich selbst Füllworte zu setzten, um Raum zu geben, entsprechend für seinen Dialog Gegenüber, zeit zu geben sich es besser vorstellen zu können. Das ist nämlich sehr höflich.