Salpeter

Hallo, hab das Archiv schon durchforstet, aber das passende nicht gefunden.
Aus einigen alten Rezepten rund ums räuchern hab ich als wesentliche Zutat meist Salpeterlösung gefunden. Es geht va. um Räucherpapier bei Asthma, Räucherkegel oder auch um diese Fix-brenn-Räucherkohle (ok die kann man auch kaufen, aber selber machen hat was).
Da ich in Chemie eine Niete war und bin, frag ich mich nun, wie mach ichs (bzw. wag ich mich wahrhaftig daran).
Bekommen tu ichs beim Apotheker, soweit ist klar, notfalls auch von meinem speziellen, der mir so ziemlich alles besorgt…
In einigen Esoterik-Räucherforen, Steinzeitfeuermachern oder Foren von knallkiddies hab ich festgestellt, dass man es wohl ohne größere Probleme bekommt (und war darüber etwas irritiert, denn man könnte damit ja wenn man wollte auch ganz andere Sachen anfangen…)doch wirklich zuverlässige Tipps von „echten“ Chemikern hab ich nicht gefunden, ausser eben wieder für den professionellen Umgang, womit ich dann auch wenig anfangen kann.
Muss ich dabei irgendetwas bedenken, wenn ich mir das Zeug ins Haus pur hole und verarbeite (ausser dass ich alles brennbare fernhalte)? Wie siehts mit der Entsorgung von überschüssiger Salpeterlösung aus?
Ausserdem ist mir aufgefallen, dass diese Räucherkohle auch in Shishas verwendet wird, was ja mit meinem Räuchervorhaben vergleichbar wäre, ist also bezüglich potentiellem Einatmen irgendwas zu bedenken (ok ist zwar der Sinn bei Räucherpapier, aber nicht alle Arzneien von vor 100 Jahren sind auch wirklich heute noch vertetbar). Ich würde das ganze vermutlich unter freiem Himmel machen, da es eher der Demonstration alter Arzneiformen dient und Räucherungen (bisher pur mit Massen an getrocknetem) sich bei Museumsnächten immer gut machen zum BesucheraufdenParkplatzlocken.
Und ist es wirklich dasselbe wie Pökelsalz, das kann dann ja nicht wirklich gefährlich sein, oder? Obwohl letztens ist hier in der Nähe eine Räucherkate abgebrannt und der Brand sollte nicht aus dem Reetdach gekommen sein (Schießpulver im Schinken??)
Ok, sollte nur zur Verdeutlichung meiner nicht vorhandenen Alltagschemiekenntnisse sein. Solche Gedanken kamen mir wirklich beim Lesen von Wiki und Co zu Salpeter.
Also erbitte ich leicht verständliche Infos.
Schöne Grüße Susanne

Liebe Susanne,

ich denke es ist kein großes Berufsgeheimnis, wenn ich Dir verrate, daß „Salpeter“ der Trivialname bzw. Namensbestandteil von Nitraten ist. Also von Salzen der Salpetersäure. Dabei dürfte hier vor allem das Kaliumnitrat KNO3 gemeint sein.
Das ist nun nicht der Stoff, mit dem man ganze Städte auslöscht (zumindest nicht in haushaltsüblichen Mengen), aber so ganz harmlos ist es gewiß nicht. Bitte lies erst das hier:
http://www.chemikalienlexikon.de/cheminfo/knitrat.htm
Wie Du gelesen hast gilt das für den trockenen Stoff. Die wäßrige Lösung ist zunächst deutlich harmloser. Aber: Wenn Du kleckerst kann die Lösung irgendwo eindringen und wenn dann das Wasser verdunstet bleibt das KNO3 feinstverteilt zurück, was Brandgefahr bedeuten kann.
Daher ja auch die Verwendung mit Papier: man tränkt ein gut saugfähiges Papier mit der Lösung, läßt das Wasser verdunsten und hat ein Papier, das nach leichtem Erhitzen von selbst weiterglimmt oder sogar brennt.
Viel wichtiger ist m.E. die Angabe „S 41“ ganz unten auf dem SDB: Explosions- und Brandgase nicht einatmen". Ich würde mir sehr gut überlegen, ob ich diese Substanz (wie alle anderen Nitrate auch!) für Räucherwerk verwenden will. Zumindest in geschlossenen Räumen würde ich das nicht gerne tun.
Die medizinische Anwendung im Bereich Asthma halte ich für mindestens Scharlatanerie und rate DRINGENDST davon ab.

Gruß
BeLa

Hallo Bela, keine Panik, ich wills ja auch nicht medizinisch anwenden, das Räucherpapier gegen Asthma ist ein uraltes Rezept, so 100J. oder so, damals wurde es eben angewendet, relevant ist dabei nur die Kräutermischung, die bei Asthma helfen sollte und die ich eben einarbeiten möchte. Und Räucherungen sind eben ein noch halbwegs mögliches Mittel für „Experimentelle Medizingeschichte“, im Vergleich zur „experimentellen Archäologie“, die ja auch gerne in Museen zur Belustigung eingesetzt wird.
So eine Räucherung setzt eben primär "Wohl"gerüche frei, während eben Experimente mit Elektrotherapie (allenfalls ein paar Showeffekte mit dem Funkeninduktor, aber bei den alten Dingern die wir haben ist da eine bestimmte Wetterlage Vorraussetzung, damits klappt), Theriak und andere Arzneien verbieten sich von selbst (mal abgesehen: woher Vipernfleisch nehmen? selbst das Opium ist da das kleinere Problem), derzeit war ich auf der Suche nach dem Originalmarzipanrezept, als das Zeug noch als Hertzzucker verkauft wurde, na und da es für Kinder sein soll werd ich eben sowohl die Meerzwiebel, als auch Muskat und Nelken weglassen müssen, allenfalls noch das Kapaunfleisch blieb übrig, aber da werd ich wohl kein Kind zu bekommen. Na sparsam dosierter „guter“ Zimt und Rosenwasser müssen wohl reichen. Also wirds doch eher die modernere Variante, da bin ich also durchaus offen.

Mich irritierte aber eben auch das mit dem „Brandgase nicht einatmen“ (ok wenn eine Lagerhalle abfackelt ist das klar, aber auch in den Minimengen.)Denn es wird ja diese in Salpeter getränkte Räucherkohle verkauft, sogar zur Verwendung in Shishas
http://www.amazon.de/Z%C3%BCndkohle-R%C3%A4ucherkohl…
und auch die kleinen Räucherkegel für Erzgebirgige Räuchermännchen dürften Salpeter zum gleichmäßig abglimmen beinhalten.
Oder nimmt man da heute was anderes? Wie gesagt, ich bin für moderne Dinge offen, wenns drum geht Gesundheitsgefahren auszuschließen. Oder ist es nur eine Sache der Dosierung. Ich mein beim Papier werd ich es weglassen können oder ätherisches öl statt Kräutersud nehmen, aber für Räucherstäbchen oder Kegel oder Kohle etc pp. brauch ich ja schon einen „Brandbeschleuniger“, sofern ich es nicht zur sofortigen Verwendung vorbereite und auch da mit Ätherischem Öl arbeiten kann. Aber die ÄO haben auch haptisch wenig eindrucksvolles, das Kräuter stampfen usw. ist eben auch wichtig, auch wenns eher für Erwachsene sein soll.
Schöne Grüße und Dank schon Mal
Susanne

MOD: Überflüssiges Vollzitat gelösht.

Liebe Susanne,

ich bin mir nicht recht sicher, ob ich Dich richtig verstehe.
Anscheinend ist eine medizinische Wirkung nicht angestrebt, das beruhigt schon mal sehr. Wenn Du wüßtest, was hier bisweilen für gefährliche Spinnereien propagiert werden, vor allem aus der Eso-, Homöopathie- und Heilpraktikerecke. Da warnt man lieber einmal zuviel als zuwenig.
Du willst alte Heilmethoden zu Vorführungszwecken nachstellen?
Dann würde ich mir über ein paar wenige Gramm Nitrat auch keine Gedanken machen, wenn weder Du noch dein Publikum größere Rauchmengen gezielt einatmen sollen. Bedenke bitte: Sehr viel von dem, was man früher für heilsam hielt ist heute unter Xn, Xi oder gar T eingestuft.
Und nur weil es „natürlich“ sprich: pflanzlich ist, muß es weder gesund noch ungefährlich sein.

Zu den Räucherkegeln und Anzündern für Shishas: Hier ist sicher auch ein Oxidationsmittel im Einsatz, fraglich ist nur: welches? Und sind auch noch Inhibitoren und Moderatoren dabei, die die Verbrennungsgeschwindigkeit regulieren? Nur mit Kohle und Oxidationsmittel kann das schnell zu einer neuen Frisur führen…

Zu ätherischen Ölen weiß ich nur, daß ich diese ganze „Duft“-Stinkerei mit Kerzen und Öllampen hasse wie die Pest. Ich kriege davon Halskratzen, Husten und Kopfschmerzen.

Gruß
BeLa

Moin Bela,

ich bin mir nicht recht sicher, ob ich Dich richtig verstehe.
Anscheinend ist eine medizinische Wirkung nicht angestrebt,
das beruhigt schon mal sehr. Wenn Du wüßtest, was hier
bisweilen für gefährliche Spinnereien propagiert werden, vor
allem aus der Eso-, Homöopathie- und Heilpraktikerecke. Da
warnt man lieber einmal zuviel als zuwenig.

Das ist ja eben der Grund, weshalb ich lieber hier noch mal nachfrag, ausser solche alten Rezepten (zB. aus dem Drogistenhandbuch von 18irgendwas) find ich zum Räuchern eben nur aus diesen Bereichen was, und das ist genau das, was ich nicht will. Ok ich treib mich auch mal gern im Esobrett hier rum, für solche Zwecke und Indoor reicht mir aber ne sparsam dosierte Duftlampe oder eine Prise Kraut in eine Kerze.
Hier geht es mir darum, wissenschaftlich (bin Medizinhistorikerin) korrekt outdoor ordentlich Rauch mit Duft zu fabrizieren. Wir hatten sowas schonmal gemacht, aber ohne Beschleuniger nur mit dem puren Kraut, zT. in einem Sieb über einer Flamme oder eben pur angezündet mit ein bisschen Eierkarton und Holzspänen, doch dazu braucht man dann Massen an Kraut bis es anfängt abzubrennen (da waren es Pestkräuter, Rosenblätter, Lavendel und Weihrauch und Myrre als Harze überm Sieb).

Du willst alte Heilmethoden zu Vorführungszwecken nachstellen?

Dann würde ich mir über ein paar wenige Gramm Nitrat auch
keine Gedanken machen, wenn weder Du noch dein Publikum
größere Rauchmengen gezielt einatmen sollen. Bedenke bitte:
Sehr viel von dem, was man früher für heilsam hielt ist heute
unter Xn, Xi oder gar T eingestuft.
Und nur weil es „natürlich“ sprich: pflanzlich ist, muß es
weder gesund noch ungefährlich sein.

Eben, ich weiß, ebenso wie vieles auch nicht für jeden gut ist, und eine Quecksilberschmierkur möcht ich auch niemandem zumuten, doch das Räuchern ist eben ein schönes altes Heilmittel, das noch dazu die Fähigkeit hat, Museumsbesucher auf den hinter dem Haus liegenden Parkplatz zu locken, wo das Programm (Theater, Kinderaktionen etc.) stattfindet.

Zu den Räucherkegeln und Anzündern für Shishas: Hier ist
sicher auch ein Oxidationsmittel im Einsatz, fraglich ist nur:
welches? Und sind auch noch Inhibitoren und Moderatoren dabei,
die die Verbrennungsgeschwindigkeit regulieren? Nur mit Kohle
und Oxidationsmittel kann das schnell zu einer neuen Frisur
führen…

Noch ein Grund weshalb ich bei Feuer immer recht vorsichtig bin, meine Frisur brauch mindestens 6 Jahre zum Nachwachsen :wink:

Zu ätherischen Ölen weiß ich nur, daß ich diese ganze
„Duft“-Stinkerei mit Kerzen und Öllampen hasse wie die Pest.
Ich kriege davon Halskratzen, Husten und Kopfschmerzen.

Die Dosis macht das Gift, ausserdem brennen sie eben und wenn ich eh Duft ins Papier bringen will, werd ichs auch damit mal probieren. Muss mir nur noch was für die Feinverteilung ausdenken, normales Öl als Träger stinkt bestimmt, ein Emulgator zum ins Wasser einrühren riecht dann evtl auch brenzlig, Milch in Wasser mit ÄÖ ist zwar gut für die Badewanne, aber obs im Papier auch taugt, werd ich mal probieren.
Ist ja auch noch nicht akut, Aber Räucherkegel täten mich schon auch interessieren, und da ich auch schon ägyptische Kyphi hergestellt hab, die nicht so schön abbrennen, da die Grundbackssubstanz Rosinen eben noch ordentlich Feuchtigkeit innehaben, wär es dann wohl doch mal den Versuch mit Salpeter wert.
Obwohl, ich glau eher, dass für mich eher das Natriumnitrat das richtige Salpeterige ist, es kommt in den klassichen Kulturräumen Ägypten/Kleinasien vor, während das Kalisalpeter eher in Asien beheimatet ist, auch ein schöner Kulturraum aber für meine Quellen nicht so relevant. Und da selbst im 19Jh. noch Rezepte nach älterer Literatur verbreitet waren, passt es irgendwie besser. ausserdem ist mir so’n Schinkenmachzeug sympatischer als Schwarzpulvermachzeug.
Bestimmt gibts in dem Link von dir auch dazu was :wink:
Meinst du, das das genausogut geht? Ich werd vermutlich die Lösung auch etwas dünner machen, als die „antike“, vorsichtshalber…

Schöne Grüße
Susanne

Tach Susanne,

Hier geht es mir darum, wissenschaftlich (bin
Medizinhistorikerin) korrekt outdoor ordentlich Rauch mit Duft
zu fabrizieren. Wir hatten sowas schonmal gemacht, aber ohne
Beschleuniger nur mit dem puren Kraut, zT. in einem Sieb über
einer Flamme oder eben pur angezündet mit ein bisschen
Eierkarton und Holzspänen, doch dazu braucht man dann Massen
an Kraut bis es anfängt abzubrennen (da waren es Pestkräuter,
Rosenblätter, Lavendel und Weihrauch und Myrre als Harze überm
Sieb).

Ich sehe schon, wir sind gar nicht so weit auseinander.
Ein Tip vielleicht zur „Heizquelle“. Wie wäre es, wenn statt richtig brennender Flamme eher eine Glut verwendet würde? So etwas wie Holzkohle?
Vorteile:
In der offenen Flamme verbrennen viele Duftstoffe recht schnell, da sie brennbar und leicht zersetzlich sind. Über die Kohle gestreut haben sie Zeit zu verschmoren und sich langsam zu zersetzen, viele Stoffe bilden sich auch erst bei langsamer Frei- und Zerseztung. Stichworte: Trockendestillation, Hiolzvergasung!
Ein solches Kohlebecken glüht nach dem Entzünden auch recht lange gleichmäßig, braucht also wenig Pflege. Einmal in Gang gebracht kann man grobe Pflanzenteile wie Zweige einfach auf die Ascheschicht legen, wahlweise darüberhängen und herunterlassen. Ist die Glut zu heiß, deckt man sie vorsichtig mit 2-3 mm Sand ab, nicht gänzlich bedecken sondern nur dünn abstreuen!
Idealerweise entzündet man mit einem Heißluftgebläse (600°C), das geht sehr schnell und rauchfrei.

Die Dosis macht das Gift, ausserdem brennen sie eben und wenn
ich eh Duft ins Papier bringen will, werd ichs auch damit mal
probieren. Muss mir nur noch was für die Feinverteilung
ausdenken, normales Öl als Träger stinkt bestimmt, ein
Emulgator zum ins Wasser einrühren riecht dann evtl auch
brenzlig, Milch in Wasser mit ÄÖ ist zwar gut für die
Badewanne, aber obs im Papier auch taugt, werd ich mal
probieren.

Mein Tip:
Mache mal einen Versuch mit Ethanol. Zunächst ein Vorversuch mit Spiritus, aus Kostengründen. Mische in einem kleinen Glas einige ml Spiritus mit einigen Tropfen des ätherischen Öls. Wenn das gut mischbar ist und sich keine Phasen absetzen, dann nimm für das Papier idealerweise reinen Sprit, auch wenn der recht teuer ist. Du bekommst ihn in der Apotheke. Unvergällter Alkohol stinkt nicht so nach.
Sprühe die Mischung auf das Papier, am besten auf unbehandeltes, also ungestrichenes Papier. Gut geeignet sind Löschpapier oder Hygienepapiere. Zum Sprühen kann man einen kleinen Blumenbesprüher verwenden. Lasse an der Luft trocknen. So bekommt man den Wirkstoff feinstverteilt ins Papier.
Geht es mit Ehtanol nicht, dann versuche mal Iso-Propanol.
Muß ich noch auf die Feuergefahr hinweisen? Sollte allgemein bekannt sein, daß man dabei gut lüftet oder gleich im Freien arbeitet. Und daß Rauchen hier noch schädlicher ist weißt Du sicher auch. Natürlich wirst Du alles sorgfältig mit viel Wasser spülen und niemals lösemittelgetränkte Lappen einfach so in den Müll werfen…

Obwohl, ich glau eher, dass für mich eher das Natriumnitrat
das richtige Salpeterige ist, es kommt in den klassichen
Kulturräumen Ägypten/Kleinasien vor, während das Kalisalpeter
eher in Asien beheimatet ist, auch ein schöner Kulturraum aber
für meine Quellen nicht so relevant.

Die Historie ist da nicht so mein Gebiet. Aber ich könnte mir vorstellen, daß beides bekannt war. Immerhin stammt der Name Alkali (und damit das Kalium!) vom al Kalja, dem arabischen begriff für Pflanzenasche. Und Pottasche (K2CO3) kannte man schon in alten Zeiten.

ausserdem ist mir so’n Schinkenmachzeug
sympatischer als Schwarzpulvermachzeug.
Ich werd vermutlich die
Lösung auch etwas dünner machen, als die „antike“,
vorsichtshalber…

Da passiert nix. Wiki schreibt aber etwas interessantes:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kaliumnitrat#Eigenschaften
Wenn du also die Tränklösung heiß bereitest und schnell arbeitest, sparst Du eine Menge Wasser, die dann nicht im Präparat stören! Und NaNO3 ist hygroskopisch, wird also leicht feucht --> brennt schlechter.

Gruß
BeLa