Schaltzeit von Elektromagneten

Wie schnell „magnetisiert“ bzw. „entmagnetisiert“ sich ein Elektromagnet?
Strom breitet sich ja mit annähernder Lichtgeschwindigkeit aus - trifft das dann auch auf den Elektromagneten zu?
Baut sich das magnetische Feld - sobald Spannung in der Spule vorhanden ist - ebenfalls mit Lichtgeschwindigkeit auf, bzw. verschwindet es auch wieder mit Lichtgeschwindigkeit sobald die Stromspannung weg ist?
Oder gibt es da eine „Nachlaufzeit“ - sprich, der Strom ist weg, die Magnetfelder sind noch für XY ms vorhanden.

Moin!
Was ist „Stromspannung“?
Ja, Strom breitet sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aus, aber nur in einem einfachen (idealen) Leiter.
Eine Spule besitzt eine Induktivität.
Nun überlege, was mit dem Magnetfeld passiert, wenn du Strom durch die Spule schickst.
Und was macht dieses Magnetfeld wiederum in der Spule?

ja klär mich mal auf - kenne mich da nicht damit aus?!

Hallo @Baumi1276,
wenn du an einer Spule „plötzlich“ eine konstante Spannung anlegst, entsteht das Magnetfeld da, wo du es brauchst, aus mehreren Gründen erst mit Verzögerung.

  1. Die Spule stellt der von außen angelegten Spannungsänderung einen induktiven Widerstand entgegen, ihre Selbstinduktivität. Das hat zur Folge, dass der Strom nicht „plötzlich“ mit voller Stärke fließt, sondern sich exponentiell einem konstanten Wert annähert. Der Exponentialfaktor hängt dabei vom ohmschen Widerstand R und vom induktiven Widerstand L der Spule ab. Bei der Berechnung trennt man den ohmschen Widerstand vom induktiven Widerstand und behandelt die beiden als Reihenschaltung.
  2. Es braucht natürlich eine gewisse Zeit, bis das elektrische Feld überhaupt erst einmal durch die gesamte meterlange Spule gekommen ist. Das Signal breitet sich aber in etwa mit der Lichtgeschwindigkeit aus.
  3. Das Magnetfeld breitet sich im Raum um die Spule mit Lichtgeschwindigkeit aus. Bei Antennen ist das wichtiger als bei Elektromagneten, weil man auf größere Abstände kommt. Dann arbeitet man deswegen mit dem retardierten Potential, welches diese zeitliche Verzögerung berücksichtigt. Das geht im Prinzip natürlich auch mit Spulen und Elektromagneten.

In der praktischen Anwendung ist nach meiner Vermutung der erste Punkt entscheidend für die Zeitverzögerung.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

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Gerne, aber ich mache ungern für jemanden die Hausaufgaben. @Der_Namenlose hat ja schon was dazu geschrieben (sein Punkt 1.)
Verstehst du das mit der Selbstinduktion?

Nicht alle Fragesteller beziehen sich auf eine Hausaufgabe @Bernd54
Ich brauche auch keine wissenschaftliche Erklärung wie ich das berechne o.ä. (was ja für eine Hausaufgabe vom Vorteil wäre).

Eine einfache Fragestellung:
Breitet sich das Magnetfeld eines Elektromagneten genau so schnell auf (bzw. ab) wie der Strom durchfließt?
Die Antwort darauf hat mir @Der_Namenlose nun gegeben. DANKE dafür!

Interessant wäre noch wie lange diese Verzögerung ungefähr dauert. Sprechen wir hier von Sekunden oder Millisekunden?

Das wäre für mich insofern interessant, da ich zur Vereinfachung eines Herstellungsprozess in einer Firma eine Idee von mir verwirklichen möchte - dazu bräuchte ich aber einen Magnetismus der sich innerhalb von 5 Millisekunden ein/ausschalten lässt.

Ich habe auch schon gelesen, dass sich der Aufbau des Magnetismus mit einem Elektromagneten mit Wechselstrom schneller auf/abbaut als mit Gleichstrom?!

Das wären für mich die interessanten Infos.

Aber Danke - ihr habt mir schon einmal ein kleines Stück geholfen.

LG

Ja, weil das Magnetfeld vom Strom abhängig ist.
Wenn der Strom zu fließen beginnt, baut sich das Magnetfeld auf. Dabei induziert es in der Spule eine Spannung, die dem Stromfluss entgegengesetzt wirkt. Die wiederum bremst den Strom, so dass das ganze zeitverzögert abläuft.
Wie schnell das ganze abläuft hängt von der Induktivität der Spule ab. Größenordnung bei üblichen Spulen im ms Bereich.
Wird der Strom abgeschaltet kehrt sich der Prozess um. Durch den jetzt offenen Stromkreis entsteht eine hohe Induktionsspannung, die sich in einem Funken am Schalter auswirkt. Falls elektronische Schaltelemente verwendet werden, müssen diese ausreichend spannungsfest sein oder durch geeignete Bauelemente geschützt werden (Dioden, Varistoren…).
Wie groß wäre denn dein angedachter Magnet?

Oh, solche Sachen habe ich ewig nicht berechnen müssen…

Aber ist es am Ende nicht so, dass man zum schnellen Schalten vor allen Dingen eine geringe Induktivität haben möchte und diese zu dem Qudrat der Windungszahl proportional ist, während die Feldstärke zu Stromstärke und Windungszahl proportional ist?

Dann wäre es für einen schnell schaltenden Elektromagnete doch besser, wenn man mit niedrigen Windungszahlen und hohen Strömen arbeitet.

Danke Bernd!
Ich bräuchte einen kleinen Elektromagneten mit ca. 5kg. Zugkraft den ich alle 12ms für ca. 5ms eingeschaltet haben müsste.
Dabei stellen sich mir (als Laie) eben folgende Fragen:

  1. ist diese kurze Ein/Ausschaltzeit des Magnetfeldes überhaupt möglich
  2. wäre hier ein Elektromagnet mit Gleich- oder Wechselstrom von nöten?
  3. wie verändert sich das Magnetfeld eines Elektromagneten mit Wechselstrom? Bei Gleichstrom ist die Nord-Süd-Ausrichtung leicht erklärt. Wie sieht es bei Wechselstrom aus? Das habe ich über Dr. Google noch nicht gefunden. Habe ich bei Wechselstrom ebenfalls immer eine konstante Nord-Süd-Ausrichtung?

Fragen über Fragen :slightly_smiling_face:

Sprichst Du von einem Elektromagneten mit „Eisenkern“?
Gugel mal nach Ferri~/Ferromagnetismus.
Bei Gleichstrom ginge das magnetische Feld schnell in Sättigung und bildet die 2 magnetischen Pole. Die physikalischen Auswirkungen sind natürlich etwas verzögert/träge.

Bei Wechselstrom ist dieses ständig in Bewegung, so funktionieren u.A. Trafos.

Gruß & bleib’ neugierig :slightly_smiling_face:
K.

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Danke Kudo!
Das lese ich auch immer wieder mit der verzögerten Wirkung; nur - von welcher Maßeinheit sprechen wir da? Mit einer geringen Verzögerung der Lichtgeschwindigkeit in Millisekundenbereich könnte ich leben - mit einer Verzögerung von 0,5 Sek wäre das ein Problem - dann kann ich meine Idee / mein Projekt vergessen.
Deswegen mal fragen bevor ich den Versuch starte…

Mittlerweile ist mir klar, dass das Magnetfeld eine gewisse Zeit braucht um sich aufzubauen - doch Zeit ist in diesem Fall wirklich relativ…

Bei einem kleinen Elektromagneten mit 5kg Kraft (mit Eisenkern)… was braucht der ca. an Zeit bis sich der Magnetismus auf und abbaut? 1 Millisekunde? 1 Sekunde? … ungefähr…

Hallo @Baumi1276,
für die Größenordnungen kannst du erst eimmal verwenden, dass Licht für 30cm gerade mal eine Nanosekunde braucht, also ein Tausendstel einer Mikrosekunde und ein Millionstel einer Millisekunde und ein Milliardstel einer Sekunde.

Ich stelle mal ein paar fiktive Zahlen in den Raum: Jemand hat vielleicht eine Spule mit 1000 Wicklungen, von denen jede 10cm lang ist. Dann ist der Draht in der Spule insgesamt 10000cm = 100m lang. Für diesen Weg braucht das Licht 333ns (Nanosekunden), also ein Drittel einer Mikrosekunde. Das würde für deine Anwendungen wahrscheinlich nicht ins Gewicht fallen.

Mit der Spule wird ein Magnetfeld erzeugt, dass irgendetwas festhalten soll. Dieser Gegenstand ist vielleicht nicht weit weg von der Spule. Sagen wir mal, es handelt sich um einen Raum von 30cm, in dem das Feld benötigt wird. Dann braucht das Feld zur Ausdehnung durch diesen Raum eine Nanosekunde. Das fiele für deine Anwendungen wahrscheinlich auch nicht ins Gewicht.

Die oben verlinkte Berechnung liefert das Ergebnis, dass der Strom in der Spule exponentiell gegen den konstanten Grenzwert geht, I(t) = I_0 exp(-Rt/L). Vielleicht möchte man wissen, wie lange es dann dauert, bis der Strom bei 90% des Maximalwertes ankommt. Dazu löst man die Gleichung I(t)=0.9I_0 nach t auf und erhält nach ein paar Rechenschritten t=0.105 L/R. Ob dabei nun Sekunden oder Sekundenbruchteile herauskommen, das hängt von der verwendeten Spule ab. Schaue doch einmal im Katalog nach, was für eine Spule für deine Zwecke sinnvoll sein könnte, und besorge dir aus dem technischen Datenblatt die Werte für R (ohmscher Widerstand) und L (Induktivität). Dann kannst du diese Werte in meine Formel einsetzen und bekommst die Zeit heraus. Wenn du den ohmschen Widerstand in Ohm und die Induktivität in Henry einsetzt, dann bekommst du die Zeit in Sekunden heraus.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

Wenn du eine Spule verwendest, bei der der ganze gewickelte Draht insgesamt, sagen wir mal, zwei Meter lang ist

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Hi!

Wie @Der_Namenlose bereits beschrieben hat, baut sich das Feld exponenziell mit der Zeit auf, wie schnell, hängt im Einzelnen vom Widerstand und der Induktivität der jeweiligen Spule ab. (nebenbei: Es waren Windungen gemeint. Eine Wicklung ist ein wenig was anderes)

Wie schaltest du die Spule wieder aus? Wenn man einfach die Spannung unterbricht, will die Spule den Strom vorerst aufrecht erhalten und erzeugt, wenn das nicht geht, einen Spannungspuls, der dir deine Schaltung zerstören kann. Da setzt man dann eine Freilaufdiode ein, damit der Strom noch weiter fließen kann. Dann fällt das Magnetfeld (fast) genauso schnell wie es beim Einschalten anstieg.

Du darfst mich Krümelkacker nennen, aber es sind Windungen. :grin:

Ups, ich hatte noch nicht bis @sweber gelesen.

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Mach dir da mal keine falschen Vorstellungen.
Die Kraft eines Elektromagneten mit Kern und Anker ist sehr stark vom Luftspalt dazwischen abhängig.
Wie groß wäre denn der Weg, den der Magnet bewerkstelligen muss?

Vielen lieben Dank für die tollen Antworten!
Die Spule wird über ein Relais mit Strom versorgt, welches über einen Laser (Lichtschranken) den Impuls zum Ein/Ausschalten bekommt.
Der Abstand zum Objekt welches der Elektromagnet abstoßen soll beträgt 1-2mm. Das objekt selbst ist leicht magnetisch mit einer konstanten Nord/Süd-Ausrichtung. Danke für den Tipp mit der Freilaufdiode! Denke damit werde ich es mal probieren und anfangen zu planen und suchen.

Herzlichsten Dank!

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wenn es nur ein kurzer Impuls zur Abstoßung sein soll (Sortiermaschine?), dann könnte man auch eine Kondensatorentladung mit einer höheren Spannung in Betracht ziehen.
Lässt sich auch voll-elektronisch realisieren.

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