Scheinselbstständigkeit - wer darf klagen?

Guten Tag!

Nehmen wir folgenden Sachverhalt an:
A arbeitet auf freiberuflicher Basis für das Unternehmen X und bestreitet aus diesem Vertragsverhältnis den Großteil seines Einkommens. Nach den arbeitsrechtlichen Regelungen würde dies den Tatbestand der Scheinselbstständigkeit erfüllen. Die Frage ist: Wer hat ein Interesse daran, diese Scheinselbstständigkeit rechtlich / gerichtlich feststellen zu lassen mit allen daraus resultierenden Konsequenzen?

Wichtig hierzu:
Freiberufler A will den aktuellen Zustand beibehalten. Steuern und Sozialversicherungsbeträge werden von ihm korrekt und vollständig bezahlt.

Wer könnte gegen die Scheinselbstständigkeit gerichtlich vorgehen und aus welchem Grund?

Freiberufler A will den Zustand erhalten.
Unternehmen X? Mit dem Risiko, SV-Beiträge für die Vergangenheit nachzuzahlen?
Das Finanzamt? Obwohl es alle Steuern korrekt bekommen hat?
Die Krankenkasse? Obwohl auch hier alle Beiträge vollständig gezahlt worden sind?
Die Rentenversicherung? Auch wenn die Beiträge komplett von Freiberufler A bezahlt worden sind?

Wer hat ein Interesse, die Scheinselbstständigkeit arbeitsgerichtlich festzustellen mit den entsprechenden Folgen für Freiberufler A  (Verlust des Auftrages) und für das Unternehmen X (Nachzahlung der AG-Anteile für die SV - obwohl die Beiträge bereits durch Freiberufler X gezahlt worden sind?).

Schon mal vielen Dank für jede Meinung!

Beste Grüße
Heinrich

Hi!

… ein Link.

VG
Guido

Hallo,

das Problem mit der Scheinselbstständigkeit ist in der Praxis, dass sich die Bezahlung an einem Angestellten orientiert und der „Arbeitnehmer“ faktisch gar nicht die Möglichkeit hat alle Sozialabgaben korrekt zu zahlen, Krank zu sein, mal in den Urlaub zu fahren.

Daher kommen diese „Arbeitnehmer“ früher oder später auf die Idee ihre fehlende soziale Absicherung einzufordern.
Diese „Arbeitnehmer“ melden sich nach ihrer „Kündigung“ dann auch ganz selbstverständlich beim Arbeitsamt und beantragen ALG I.
…und das bekommen Sie auch, nachdem der „Arbeitgeber“ die Beiträge nachgezahlt hat.

Sollte der Freiberufler allerdings tatsächlich wie ein solcher agieren/bezahlt werden und nur zufällig 100% dauerhafte Auslastung mit nur einem Kunden haben, wird das vermutlich nie ein Problem.

MfG Frank

Habe mir den Link angeschaut - und bin verwirrt.

Zum Fallbeispiel:
Der Freiberufler A zahlt seine Steuern korrekt, er zahlt seine Krankenkasse korrekt (um es zu verdeutlichen: Er zahlt in eine Private Krankenkasse inkl. Pflegeversicherung ein), er zahlt einen mit der Rentenversicherung fest vereinbarten Beitrag zur Rentenversicherung ein. Der Freiberufler hat nicht vor, seinen Status zu verändern.
Wer hat ein Interesse daran, hier arbeitsrechtlich einzugreifen? Der Arbeitgeber, um sich abzusichern (was eine Beendigung des Auftragsverhältnisses nach sich ziehen würde)? Die Sozialversicherungen (obwohl sie die vollen Beiträge bekommen)? Das Finanzamt?

Hallo

Habe mir den Link angeschaut - und bin verwirrt.

Wieso, darin wird deine Frage doch beantwortet:

„Die Fra­ge nach der so­zi­al- und ar­beits­recht­li­chen Ein­ord­nung ei­nes Er­werbstäti­gen ist oft nicht leicht zu be­ant­wor­ten und kann da­her ein Streit­punkt sein. Sie wird re­gelmäßig erst im Kon­flikt­fall ge­stellt, bei­spiels­wei­se bei ei­ner Kündi­gung oder wenn die Kran­ken­kas­se im Rah­men ei­ner Be­triebs­prüfung auf An­halts­punk­te für ein Beschäfti­gungs­verhält­nis stößt und da­her ein Fest­stel­lungs­ver­fah­ren ein­lei­tet.

Hier sind noch zwei wichtige Merkmale eines Arbeitsverhältnisses aufgeführt, und die Tatsache, dass der Scheinselbständige auch zu seinem Glück gezwungen werden kann:

„Ist der ver­meint­lich freie Mit­ar­bei­ter in Wahr­heit in den Be­trieb sei­nes Auf­trag­ge­bers ein­ge­glie­dert und ver­rich­tet er nach des­sen Wei­sun­gen sei­ne Ar­beit , liegt ein Ar­beits­verhält­nis und ein so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ges Beschäfti­gungs­verhält­nis auch dann vor, wenn die Ver­trags­par­tei­en das nicht wol­len

Wer hat ein Interesse daran, hier arbeitsrechtlich einzugreifen?

Ich stelle mir vor: In erster Linie der Arbeitgeber, dem es ziemlich viel Ärger einbringen kann. Und vielleicht irgendein übereifriger Bürokrat, wenn ihm was auffällt.

Ansonsten gilt natürlich: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Viele Grüße

Der Freiberufler A zahlt seine Steuern korrekt,

Tut er nicht.
Vergleiche mal die Grundfreibeträge.

er zahlt seine
Krankenkasse korrekt

Tut er nicht.

(um es zu verdeutlichen: Er zahlt in eine
Private Krankenkasse inkl. Pflegeversicherung ein),

Eben - er wäre aber vermutlich in einer gesetzlichen Kasse PFLICHTversichert, was vermutlich teurer wäre.

er zahlt
einen mit der Rentenversicherung fest vereinbarten Beitrag zur
Rentenversicherung ein.

Eine fest vereinbarte Summe würden die meisten pflichtersicherten Arbeitnehmer vermutlich auch gerne zahlen.

Wer hat ein Interesse daran, hier arbeitsrechtlich
einzugreifen?

Der Zoll, die Sozialversicherungen, das Finanzamt, die Allgemeinheit - suche Dir was aus!

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