Hallo Nocra,
- Besteht das Leben aus einer Reihe von Zufällen oder gibt es
eine Übergeordnete Macht, die das Leben beeinflusst oder
bestimmt?
An eine übergeordnete Macht glaube ich eher nicht. Viele Ereignisse im Leben sind zufällig: sie finden ohne unser bewußtes Zutun statt, treten von außen in unser Leben und involvieren uns. Wenn es einschneidende Erlebnisse sind, müssen wir sie irgendwie verarbeiten. Sie sind dann Teil unseres Lebens geworden, unabhängig davon, ob wir das wollten oder nicht.
- Denkt sich der Mensch Schicksal aus?
Ja. Es gab Experimente, mit denen herausgefunden wurde, daß Menschen Geschichten, an die sie sich nur lückenhaft erinnern, vervollständigen. Sie erfinden irgendwelche Details hinzu, um die Lücken auszufüllen, und das ist ihnen gar nicht bewußt. Es gibt auch optische Täuschungen, wo man unvollständige Figuren unwillkürlich vervollständigt, und man kann z. B. in Tapetenmustern allerhand Gestalten sehen. Die werden im Gehirn aus den Teilen der Muster gebildet. Strukturen zu entdecken, und notfalls hinzuzudenken, scheint ein Grundbedürfnis zu sein. Der Begriff „Schicksal“ ist ein Versuch, in die (vielleicht bloß zufälligen) Ereignisse im Leben eine Struktur oder einen „Sinn“ zu interpretieren.
- Gibt es in der Biographie eines Menschen festgelegt
Zeitpunkte/regelmäßige Gesetzmäßigkeiten?
Ich glaube nicht, daß es streng festgelegte Zeitpunkte gibt, aber es gibt sicher einen unbewußten biologischen Lebensplan, der sich mit der Evolution entwickelt hat. Und einen zweiten inneren Lebensplan (oder Ensemble von mehr oder weniger unbewußten Glaubenssätzen), der individuell ist und aus der persönlichen Lebensgeschichte, vor allem der Kindheit herrührt. Das Leben wird dann schwierig, wenn beide Lebenspläne zueinander im Widerspruch stehen (z. B. „ich möchte Kinder“ = Teil des biologischen Lebensplans vs. „ich werde nie einen Partner finden“ = individueller Glaubenssatz).
Grüße,
I.