Schiff gekidnappt

Hallo,
wie ist die Übernahme des Schiffes eigentlich erfolgt? Wurde der Kapitän höflich gebeten, Kurs auf Malta zu nehmen?
War einer der Flüchtlinge selbst in der Lage, das Ruder zu übernehmen? Wurde der Steuermann, Kapitän oder sonstwer bedroht?
Der ZON-Artikel klingt mir doch ein wenig zu blauäugig:


Er nahm die etwa 100 Migranten auf und wollte seinen Weg in Richtung Tripolis fortsetzen. Das war jedoch das Schlimmste, was sich die Migranten vorstellen konnten: zurück ins Bürgerkriegsland Libyen. Sie rebellierten und nahmen Kurs auf Malta
Nahmen Kurs auf Malta? Was passierte dazwischen?
Etwas deutlicher schon hier:

Als die Geflüchteten hörten, dass sie nach Libyen zurückgebracht werden sollten, sollen sie den Kapitän gezwungen haben, den Kurs Richtung Malta zu ändern.

Wie auch immer die Besatzung gezwungen wurde, den Kurs zu ändern: Darf man das goutieren? Sympathiebekundungen der Presse scheinen mir bei einem solchen Handeln unangebracht.
Verbietet sich ein Asylanspruch hier nicht von selbst?

Gruß
rakete

Meines Erachtens nicht.

Es gibt dazu die Parallelen der Flugzeugentführungen aus (vorwiegend kommunistischen) Nichtdemokratien zwecks Flucht ins nettere Ausland. Da waren, falls ich mich richtig entsinne, sofort entsprechende Strafverfahren anhängig.

Im konkreten Fall der Schiffsentführung (falls es nicht nur höfliche Verbalüberzeugung war) muss daher auch ein Strafverfahren eröffnet werden. Wobei hier nur die tatsächlichen Täter belangt werden können und nicht auch Tatunbeteiligte. Ist sicher juristisch sehr diffizil, hier abschliessend gerecht zu unterscheiden.

Eine Folge wird das anderenfalls haben: Deutlich mehr Kapitäne werden künftig einfach weiterfahren und aus Rücksichtnahme auf die eigene (selbst, Mannschaft, Schiff) Sicherheit höchstens noch einen Funkspruch an die Küstenwache absetzen.

Gruß
vdmaster

Dir scheint der Begriff „Verzweifelungstat“ gänzlich unbekannt zu sein.

https://de.wiktionary.org/wiki/Verzweiflungstat

Im Übrigen stand in beiden Artikeln, dass es Verhaftungen gab.
Die praktische Durchführung der Kursänderung willst du wissen?
Schau dir mal die „ungeheuren Abmessungen“ dieses Schiffs an:

Ich glaube fast, dass es bei 108 Verzweifelten an Bord keiner besonderen Bedrohung bedarf.
„Malta, nach Malta! Sonst passiert was!“ - das dürfte bereits reichen.

Ein Verfahren gab es da sicher. Wenn niemand verletzt wurde, waren die sicher auch bald wieder draußen, was mir trotz kalten Krieges nicht sympathisch war. Unterschätzt wird auch die Traumatisierung der Geiseln, die es wohl immer gibt.

Das ist dann meist der Part der Anwälte. Die Verzweiflung eines bedrohenden Kaperers, Entführers, ist neben der seiner eigenen Opfer nachrangig zu betrachten.

Du hast recht. Meist noch unterstützt durch die waagerecht geführte Fingergeste am eigenen Hals entlang.

Gruß
rakete