Schiffe in der Wüste, Lösung und Kommentar
Liebe Rätselnde,
Wir haben es mir einem Fall zu tun, bei dem man sein Denken nur testen kann, wenn man den Fall nicht kennt. Wer so allgemeingebildet um die Austrocknung und Versteppung von Binnengewässern ist, dass er die Tragik des ausgetrockneten Aralsees kennt, der braucht ein anderes Rätsel. Wird kommen.
Ich breite hier jetzt mal eine Denkwanderung durch die üblichen „Fachbegriffe“ aus, mit denen die Elemente, die im Spiel sind, beschrieben werden. Eine etwas „engstirnige“ Wanderung durch scharfkantige Begriffslandschaften.
Wie kommen die Schiffe in die Wüste?
Diese Frage ist in der Logik des Alltagsverstandes richtig und in der Logik des Falles falsch gestellt. Normalerweise bleibt eine Wüste, wo sie ist, und Schiffe fahren herum. Zwar nicht in Wüsten, aber herum.
Also empfiehlt sich ein Experiment mit der Umkehr der Begriffslogik im Sinne einer "Provokation“:
Provokation Nr. 1
Schiffe bleiben wo sie sind. Das ist in diesem Fall leider das Problem und nicht die Lösung.
Also Provokation Nr. 2
Wüsten fahren umher.
Realitätsanpassungsschritt 1 für Provokation Nr. 2:
Wüsten fahren nicht, bei denen heißt das, was mit „fahren“ falsch bezeichnet ist anders. Also Experten fragen: Wie heißt das, wenn eine Wüste fährt? Experte darauf: Sie meinen „wandert“. Antwort: Vielen Dank und Tschüß.
Wüsten wandern also, gelegentlich. Wohin denn so? Diese Frage würde zu weit führen. Wohin müssten sie denn wandern, damit Schiffe in ihnen zu liegen kommen? (Danach kann man wirklich keinen Experten fragen, sonst kommt man sofort in die Klapse) Also muss man selber drauf kommen. Wüsten müssen dorthin wandern, wo Schiffe sind, damit Schiffe in ihnen zu liegen kommen. Soviel Intuition muss einfach sein. Sonst: Kreativitätskurs machen!
Ähm, wo sind Schiffe? Peinliche Frage. In welchen Wassern müssten Schiffe dümpeln, dass eine Wüste zum Wasser wandern kann.
Wir begegnen einer logischen Brandmauer unserer Sprache. Denn: Ans Wasser, würde nicht reichen, das wäre nur eine Versandung der Uferlandschaft. So käme kein Schiff in keine Wüste. Ins Wasser unterstellt Kräfteverhältnisse zwischen Sand und Wasser, bei denen die Schiffe im Wasser bleiben können und nur etwas mehr Sand unter das Kielwasser kriegen.
Also wieder Kreativität:
Normal ist: Wasser schlägt Sand sprachlogisch, wenn Sand in das Wasser kommt. Deshalb wieder eine Provokation: Sand schlägt Wasser.
So gibt es denn so etwas? Wieder Experten fragen:
Wasserexperte: Sand versinkt im Wasser und Schluss.
Wüstenexperte: Sand versinkt im Wasser und Schluss.
Verzweiflung. Wut. Zorn.
Ein Experte erbarmt sich. Was wollen Sie denn herausfinden?
Jetzt hängt alles von der Formulierung ab: Ich will doch nur wissen (Bescheidenheit, könnte als Angriff auf das Fachwissen missverstanden werden) wieso irgendwann Sand ist, wo vorher Wasser war.
Zwei Fehler. „Sand“ und „wieso“ sind ungünstig (was ist denn das für eine Kategorie?) formuliert.
Sprachcomputer anwerfen und Analogien auswerfen lassen. Statt wieso? Wann? fragen, statt nach Sand nach Wüste fragen.
Also Neue Frage: Wann ist plötzlich irgendwo Wüste, wenn vorher Wasser da war? Sandexperte: Na wenn das Wasser versickert. Wasserexperte protestiert. Mein wertvolles Wasser versickert nicht einfach so in ihrem läppischen Sand. Streit. Viele böse Worte fallen, aber auch ein kluges: Sonne. Nur die Sonne lässt das Wasser weichen. Sonst lässt der Wasserexperte nicht mit sich reden. Also Sonne. Hitze. Was müsste geschehen, damit sich am Wasserpegel was verändert; denn wir haben es ja mit einem Zustand zu tun, der Resultat von Veränderung ist.
Wie heißt, das, was sich da verändern müsste überhaupt? Jahre rastloser Ungewissheit. Begrifflose Verlorenheit Dann gibt ein Wort das andere: Erst Wetter … dann Klima.
Zum Klimaexperten. Was passiert in ihrem Fach, das Wasser manchmal verschwindet und Wüste dorthin kommt, wo das Wasser war? Dieser lächelt milde. Mein Freund, das ist eine lange Geschichte mit komplexen Wirkungsfaktoren.
Lange Geschichte anhör, anhör, anhör…
Wasserstände sinken und sinken und sinken. Kreative Phantasie setzt im Halbschlaf ein: Der Wasserstand ist weg. O.k. Aber dann hätten wir Meeresboden statt Wüste. Die Schiffe liegen ja nicht auf dem Meeresboden, sondern in der Wüste.
Urlaubsreif. Komplett urlaubsreif. Palmen, Meer, Strandkörbe, zu viele Kieselsteine und Muscheln, tut an den Füssen weh. Badeschuhe kaufen? Nein! Potthässlich sind die Dinger. Streit mit der Kurverwaltung. „Wenn sie so empfindlich sind, dann müssen sie zu einem Sandstrand fahren.“ Das Wort bleibt hängen. Sandstrand, Sandstrand. Woraus besteht der Meeresboden, wenn der Strand aus Sand besteht und man hoffen kann, sich auch im seichten Wasser nicht die Füße zu ruinieren?
Experiment. Kühner Selbstversuch am Sandstrand. Das Resultat: der Meeresboden besteht aus Matsche. Kinder spielen damit rum. Bauen Burgen, die sie sich kaputt machen und dann zanken sie sich. Ein Kind plärrt ohne das seine Burg kaputt gemacht wurde. Er hat gestern nicht noch einmal gegossen, sagt der Vater. Und da ist die Burg eingebröselt. Die Ruine sieht aus wie Sand. Heureka! Matsch verwandelt sich über Nacht in Sand, wenn man abends nicht noch mal gießt. Wenn der Matsch eine Burg was jedenfalls. Und der Matsch ist nichts anderes als Meeresboden, denn Meeresboden ist Matsch!
Tiefe hallizunatorische Phase. Meeresboden ist Matsch, Matsch wird zu Sand. Sand ist Wüste. In der Wüste liegen Schiffe. Wasserpegel sinken, sie sinken auf null. Schiff liegt auf null, äh auf dem Matsch, äh, Meeresboden.
Peng, das ist es. Das Schiff war schon immer in der Wüste, nur hat man das nicht gesehen, weil es Wasser unter dem Kiel hatte die ganze Zeit. Schiffe sind nämlich eigentlich Wüstenschiffe mit Kielwasser. In letzter Konsequenz sind sie Wüstenschiffe. Und keine wasser schiffe, wenn man den dingen wirklich auf den Grund geht. Und wenn der Wasserspiegel sinkt, dann kommen wir den Dingen auf den Grund, dann erkennen wir das Wüstenschiff im Schiff.
Erhabenes Selbsterlebnis in kosmischen Ewigkeiten. Die Dinge gehen ineinander über sind nicht mehr getrennt. Eins werden mit der Natur. Aufgehoben sein in der Schöpfung. Meditation. Doch dann:
Aufwachen. Lösung aufschreiben. Wasserpegel sinkt unter Schiffskiel auf null. Schiffskiel bohrt sich in Matsch, wegen Schwerkraft. Matsch trocknet aus, weil er nicht über Nacht gegossen wurde. Matsch wird daher bröselig und gibt Schiffskiel keinen Halt mehr. Schiff kippt um und liegt auf dem Sand. Viel Sand ist Wüste, viel Sand war, weil viel Matsch war. Und viel Matsch war, weil viel Wasser war. Viel Wasser wars, weil Schiff drin sein konnte und war.
Damit zu den Experten. Denen den Marsch blasen. Die darauf völlig gelangweilt: Das Phänomen Binnengewässeraustrocknung und Wüstenwanderung sei längst bekannt. Kalter Kaffe, alter Hut.
Na haben Sie eine Ahnung! Wissen Sie wer mir sagen konnte, wie Schiffe in die Wüste kommen? Eben!. So sieht es nämlich aus.
Schönes Meditieren
Thomas