Schlafgemach dem Gast anbieten?

Hallo,

ich habe schon wieder eine Frage zum Mittelalter :smile:

Wieder kam was in einem Roman vor, und ich würde gerne
wissen, ob das tatsächlich so Sitte war.

Der Roman heisst Loreley und spielt im Mittelalter, geht
aber auch etwas in Richtung Fantasy.
Dort wird eine „Sitte“ beschrieben, dass der Burgherr
als Gastgeber seinem Gast sein eigenes Schlafgemach
anbietet. Also Burgherr und Gast teilen sich das Bett.
Falls es eine Burgherrin gewesen ist, hatte der edle
Ritter sein Schwert in die Bettmitte gelegt, damit nichts
passiert.

Tatsache oder Erfindung?

Viele Grüsse
Merit

Hallo,

ich habe schon wieder eine Frage zum Mittelalter :smile:

Immer her damit.

Wieder kam was in einem Roman vor, und ich würde gerne
wissen, ob das tatsächlich so Sitte war.

Der Roman heisst Loreley und spielt im Mittelalter, geht
aber auch etwas in Richtung Fantasy.
Dort wird eine „Sitte“ beschrieben, dass der Burgherr
als Gastgeber seinem Gast sein eigenes Schlafgemach
anbietet.

Hier weiß ich von einer Entsprechung aus der klösterlichen Praxis: Ranghöherer Besuch wurde im Schlafzimmer des Abtes einquartiert und dufte damit im bestmöglichen Bett des Klosters schlafen. Der Abt zog für die Zeit in eine normale Mönchszelle oder in den allgemeinen Schlafsaal.

Also Burgherr und Gast teilen sich das Bett.
Falls es eine Burgherrin gewesen ist, hatte der edle
Ritter sein Schwert in die Bettmitte gelegt, damit nichts
passiert.

Das halte ich für eine phantasievolle Erfindung. Die Umzugslösung leutet mir auch für Burgherren viel eher ein.

Zweifellos wird die eine oder andere Burgherrin auch Gäste ins Bett geholt haben, aber dann wohl aus gewissen Gründen :wink:

Hi Merit,

ich bin kein Mittelalterexperte, aber ich vermute mal das die „Burgherrnkoje“ nur dann freigemacht wurde, wenn der Gast einen gleichen oder höheren Stand hatte, als der Gastgeber.

Zusammen mit dem höher gestellten Gast wurde wohl kaum übernachtet, es sei denn der Gast wünschte dies. Kann ich mir vorstellen.

Ich erinnere mich gelesen zu haben das ein französischer König mit seiner Frau und Mätressen auf Reisen war, in einer eher heruntergekommenen Burg Halt machten für die Nacht und der überforderte Burgherr alle in seinem Schlafzimmer einquartierte. Nur die (schwangere) Königin lag im Bett, alles andere schlief auf dem Boden.

Gruß
Helena

VERMUTUNG zum zweiten Teil:
Hallo zurück,

Falls es eine Burgherrin gewesen ist, hatte der edle
Ritter sein Schwert in die Bettmitte gelegt, damit nichts
passiert.

Das kommt mir doch bekannt vor…, richtig, guckst du z.B. hier:

http://gutenberg.spiegel.de/grimm/maerchen/bruder.htm

im unteren Teil des Textes.

Tatsache oder Erfindung?

Ich sach mal: Ansichtssache! Ich vermute, dass dein Autor sich das aus einem Märchen abgekupfert hat.

So long

MainBrain

Servus!

Falls es eine Burgherrin gewesen ist, hatte der edle
Ritter sein Schwert in die Bettmitte gelegt, damit nichts
passiert.

Das kommt mir doch bekannt vor…, richtig, guckst du z.B.
hier:

http://gutenberg.spiegel.de/grimm/maerchen/bruder.htm

Mir kommt´s auch bekannt vor: http://gutenberg.spiegel.de/gvstrass/tristan/trist00…
Tristan und Isolde werden von König Marke gefunden - gemeinsam in einem Bett schlafend, aber mit Tristans Schwert zwischen sich. Tristan - gemeinsam mit Isolde auf der Flucht vor Marke - hatte diese Vorsichtsmassnahme gewählt, falls sie von Marke entdeckt werden. Nun ist Marke - der die beiden des Ehebruchs verdächtigte (den sie auch begangen haben) - wieder überzeugt, seine Gattin zu Unrecht verdächtigt zu haben.

Wohl der Ursprung der „ritterlichen Tradition“, aber wie alle „ritterlichen Traditionen“ wohl eher hehres Vorbild als alltägliche Praxis.

VG
Christian

2 Like

Hallo Merit,
ich kann es im Moment nicht belegen (habe die Fundstelle nicht im Gedächtnis) - habe es wohl in einer Biographie von Richard Löwenherz gelesen, dass er mit Philippe II. Auguste des öfteren, höfischem Brauch entsprechend gemeinsam in einem Bett nächtigte. Während beide noch Prinzen und nicht aufs Blut verfeindet waren, versteht sich.

Offensichtlich war dies zeitweise tatsächlich als Geste der Höflichkeit üblich - wobei ein gleicher oder etwas höherer Rang des Gastgebers sicherlich Voraussetzung für solch ein ehrendes Angebot war. Groß genug waren die Betten ja. Was nicht hinderte, dass bezüglich der beiden o.g. häßliche Gerüchte aufkamen über das, was dann nachts in besagtem Bett passierte. Wobei allerdings zumindest Richards Homosexualität ohnehin ein offenes Geheimnis war. Jedenfalls war das wohl ein naheliegender Grund, warum diese Art Courteoisie wieder aus der Mode kam …

Gemischt-geschlechtlich ist ein solcher Brauch selbst im lockeren Hochmittelalter sehr schwer vorstellbar. Speziell das mit dem Schwert als ‚Grenzlinie‘ ist - wie schon erwähnt - ein rein literarischer (leicht frivoler) Topos. Ich meine, so etwas außer bei Malory auch im ‚Amadis‘ gelesen zu haben.

Freundliche Grüße,
Ralf

vielen Dank
ich hab selber noch etwas dazu gefunden, leider ohne
Quellen:

_Im frühen Mittelalter waren die Betten groß und breit. Selbst in Ritterburgen schliefen darin mehrere Familienmitglieder, zuweilen dazu ein Gast. War er männlichen Geschlechts und lag er neben der jungfräulichen Tochter des Hausherren, band man dem Mädchen für diese Nacht die Füße zusammen, eine einfache, aber nicht ganz sichere Vorbeugungsmaßnahme.

Heiratete ein Mann von Rang und Namen, mußte er nicht unbedingt anwesend sein. Er konnte einen Stellvertreter schicken, der statt seiner zu der Braut ins Ehebett stieg. Aber in allen Ehren versteht sich, denn er legte dann zwischen sich und der Braut ein Schwert als Grenze. Das Schwert wurde aber nicht immer respektiert. In der Minnedichtung wird von Frauen berichtet, die den Mann dazu verführten, das Schwert beiseite zu legen, wie auch von Männern, die die Markierung überschritten._

http://www.betten-24.de/erotisch.htm

Heiratete ein Mann von Rang und Namen, mußte er nicht
unbedingt anwesend sein. Er konnte einen Stellvertreter
schicken, der statt seiner zu der Braut ins Ehebett stieg.
Aber in allen Ehren versteht sich, denn er legte dann zwischen
sich und der Braut ein Schwert als Grenze. Das Schwert wurde
aber nicht immer respektiert. In der Minnedichtung wird von
Frauen berichtet, die den Mann dazu verführten, das Schwert
beiseite zu legen, wie auch von Männern, die die Markierung
überschritten.

Hallo Merit,
ist es auch nicht wahr, so ist es doch schön erfunden … Ich hatte die Sache mit dem Schwert ja schon einen „literarischen Topos“ genannt, mehr war es wohl auch nie.

Fester Bestandteil der Hochzeitszereminie war das öffentliche Beilager. Das heisst, es fand vor Zeugen statt. Wurde die Ehe ‚per procuram‘, also durch einen Stellvertreter geschlossen, so verabschiedete sich dieser selbstverständlich zusammen mit den Zeugen von der Braut.

Übrigens verabschiedete sich manchmal auch der echte Gatte zu diesem Zeitpunkt. Wenn die Braut noch sehr jung war, wurde gelegentlich im Ehevertrag der Zeitpunkt des Vollzuges der Ehe explizit auf einen späteren Zeitpunkt festgesetzt. In manchen Familien hatte man zwar keine Bedenken, eine Tochter mit 13 oder 14 Jahren zu verheiraten, aber doch, sie in diesem Alter schon einer Schwangerschaft auszusetzen. Gleiches galt natürlich auch für reine Kinderehen, die „per verba de futuro“ geschlossen wurden. Auch solche Ehen konnten - obwohl nicht vollzogen - grundsätzlich nur durch päpstlichen dispens wieder aufgelöst werden.

Freundliche Grüße,
Ralf

2 Like