Schönheitsbehandlungen Krebspatienten

Hallo liebe Experten, ich betreibe seit kurzem einen Schönheitssalon in Spanien, der mit den neuesten Technologien arbeitet: Kavitation, Kryolipolyse, dauerhafte Haarentfernung mit E-Light, Pressotherapie, Permanent Makeup, Vibrationsplattform, diverse Massagen, Mani/Pedi, Radiofrequenz bipolar und tripolar, Mikrodermabrasion, Ultraschall-Peeling, Licht-Therapie, galvanische Hautbehandlung und mehr.

Meine Frage ist, welche dieser Behandlungen für Krebspatienten geeignet sind.
Ich habe mich bei verschiedenen Quellen erkundigt (u.a. der behandelnde Arzt einer Kundin mit Lungenkrebs und Metastasen im Kopf) und der meinte vom Hals abwärts ist alles erlaubt. Meine höchst ausgebildete Kosmetikerin sagt ganz genau das Gegenteil, nämlich das gar keine Behandlung möglich wäre, außer Mani/Pedi. Im Internet konnte ich gar nichts dazu finden.

Jetzt habe ich eine andere Kundin, die in einer Krebsstation aushilfsweise arbeitet (keine Krankenschwester, sondern hilft mit der Administration) und die meinte, dass die Patienten höchst interessiert an Permanent Makeup sind.
Ich lebe in Spanien und habe keinen Arzt meines Vertrauens, den ich fragen könnte.
Ich wäre unsäglich dankbar über jede Antwort, die mir Klarheit verschaffen kann. Falls es Fragen zu den einzelenen Behandlungen gibt, freue ich mich, sie zu beantworten.
Herzlichen Dank,
Elisabeth

Sehr geehrte Frau Elisabeth,
für kosmetische Behandlungen gibt es überhaupt keine Kontraindikationen. Warum auch? Natürlich sollen Sie nicht an offenem Geschehen arbeiten, aber das ist ja wohl selbstverständlich. Ansonsten können Sie alles anwenden.
Gutes Gelingen
Axel Bumb
www.axelbumb.de

Sehr geehrter Herr Axel
vielen Dank für Ihre rasche Antwort. Man soll die Presotherapie nicht machen, da dabei die Lymphen aktiviert werden, und das soll bei Krebspatienten kontraproduktiv sein, da es wie eine extrastarke Lympfhdrainage ist. Und die Lymphe sind doch irgendwie das Hauptthema bei Krebs. Oder kommt das auf den Krebs an? Ich habe das soeben rechercheirt und wieder nur gegensprüchliche Aussagen gefunden.
Verzeihen Sie bitte, wenn ich Sie nochmals um Anwort bitte. Ich möchte unter gar keinen Umständen den Zustand meiner Klientin verschlechtern aus Unwissenheit.
Ich habe auch schon in Erwägung gezogen, dass der behandelnde Arzt mir schriftlich mitteilen soll, welche Behandlung gemacht werden darf. In Spanien ist das alles nicht so einfach.
Herzlichen Dank für Ihre Geduld,
Elisabeth

Das Problem ist deutlich komplexer als man vielleicht denken würde.

  1. Krebs ist ja nicht gleich Krebs - will heißen, es gibt Patienten, die haben Tumore von Organen (wie z.b. Schilddrüse und Jodsalze überhaupt nicht gut) die reagieren ganz anders als Patienten mit Tumoren anderer Organe (Lungenkrebs - Inhalationen extrem gefährlich).
  2. Das Stadium ist sehr entscheidend - jemand ohne Absiedelungen müssen Sie viel genauer anschauen als jemanden mit Absiedelungen die nicht mehr heilbar sind (da dürfen Sie viel mehr machen - weil der potentielle Schaden der angerichtet werden kleiner ist). Jemand mit Absiedelungen, der aber noch geheilt werden kann ist am Risikoreichsten, muss er doch alle Möglichkeiten ausschöpfen die möglich sind. Eine Komplikation, die eine Therapie verzögert, kann tödlich enden.
  3. Zeitpunkt der Krebserkrankung - jemand der noch in der Chemotherapie steckt darf oft keine Produkte erhalten die über Niere oder Leber verstoffwechselt werden, das interagiert mit der Chemo (wird stärker bis zur akuten Vergiftung oder unwirksam!). Alles was mit der Haut zu tun hat ist während Chemo gefährlich, die ist dann besonders empfindlich und darf keiner Strahlung ausgesetzt werden, da sie keine Heilungsmöglichkeiten hat und sofort offen sein kann und dann eine potentiell tödliche Infektion eintreten kann. (bei Nagelmaniküre möglich mit kleinsten Verletzungen des Nagelbettes!!!).
    Gleichzeitige Strahlentherapie ist da im bestrahlten Bereich ähnlich.

Prinzipiell haben Sie bei der unübersichtlichen Anzahl von Krebsarten, Zeitpunkten und Therapie nicht die Chance eine Empfehlung in einer Abhandlung unter 800 Seiten zu bekommem (die auch noch ständig aktualisiert werden müsste).
Juristisch sind Sie haftbar für alle interventionen die sich potentiell auf die Tumorerkrankung auswirken können. Sie dürften somit gut beraten sein, keine Wirkungen ihrer Behandlungen anzupreisen, ohne Angst davor haben zu müssen, potentiell verklagt zu werden (obwohl mir kein Fall bisher bekannt geworden wäre).

Meine Empfehlung (so wirds bei uns gehandhabt): rufen Sie den Arzt an der den Patienten therapiert (mit Zeugen zur Not) und fragen ob Patient XY aktuell mit der Bahandlung Z schaden nehmen könnte. Wenn kein Problem vorliegt, dann ist fast alles erlaubt. Ist gibt nur wenig wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Ein paar Beispiele: Grapefruitsaft ist extrem gefährlich wenn gleichzeitig Medikamente eingenommen werden.
Alle Mineralien die eingenommen werden (Magnesium, Calcium etc.) können erhebliche Probleme bei gleichzeitiger EInnahme anderer Substanzen machen.
Sonnenexposition im Sonnenstudio (kleinste Einstellung) kann unter Chemo oder Strahlentherapie schwerste Verbrennungen der Haut nach sich ziehen. Die Liste an Horrorgeschichten ist leider unendlich lang, deswegen:
Fragen Sie spezifisch für genau den Patienten nach.

Wie schon gesagt, nicht in aktives Geschehen hinein arbeiten. Wenn die Lymphknoten geschwollen sind, lassen Sie sie in Ruhe. Ansonsten werden Sie mit jeder Zuwendung zu Ihren Klienten etwas Gutes bewirken. Die Streuung findet im Blut statt. Das können Sie nicht verbessern oder verschlimmern. Patienten, die in einem so schweren Stadium sind werden wohl nicht zur kosmetischen Behandlung kommen und wenn doch können Sie da auch nichts schlimmer machen. Vertrauen Sie auf den positiven Effekt der Zuwendung und Verschönerung und machen Sie sich keine Gedanken um Krebsgeschehen. Krebspatienten wollen auch nur wie ganz normale Menschen behandelt werden. Wenn Sie Angst haben eine Ihrer Therapien anzuwenden sollten Sie es allerdings unterlassen. Angst ist ein denkbar schlechter Ratgeber.

mfg Axel Bumb

Sehr verehrter Herr Doktor Ahrens,
vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche und informative Antwort.
Sie haben mich in meiner Annahme bestätigt, dass es gewisse Risiken gibt und das die wiederum von der Art des Krebses der Klienten abhängen.
Um den Klienten und mich zu schützen, werde ich jeden Klienten genau informieren, dem behandelten Arzt eine Beschreibung der gewünschten Behandlung zukommen lassen und den Klienten bitten, mir ein schriftliches OK des behandelten Arztes zur Behandlung mitzubringen. Hier in Spanien ist so etwas gang und gebe.
Nicht auszudenken, wenn ich in meiner Unwissenheit eine Verschlechterung der Erkrankung auslösen würde.
Ich bin Ihnen wirklich unsäglich dankbar für Ihre freundliche Hilfe!

Alles liebe und kochendheisse (49 Grad) Grüsse aus Sevilla,
Elisabeth

Herzlichen Dank für Ihre Antwort! Um den Patienten und mich zu schützen, werde ich mir behandelten Arzt das OK mitbringen lassen. Dann kann ich beruhigt zur Tat schreiten.

Grüsse,
Elisabeth

Danke für das Feedback. Der von Ihnen gewählte erscheint mir auch der einfachste.