Schrektraumhafte Dichtung, Kafka, Definition

Ich suche verzweifelt nach einer Definition für schrecktraumhafte Dichtung an Hand von Franz Kafkas Werk „der Prozeß“ oder auch „die Verwandlung“. Ich denke ich habe schon eine Vorstellung davon, möchte mich allerdings nochmal vergewissern, vielleicht weiß ja jemand genaueres.
Bedanke mich schon einmal für eure Antworten!

hi

Ich suche verzweifelt nach einer Definition für
schrecktraumhafte Dichtung an Hand von Franz Kafkas Werk „der
Prozeß“ oder auch „die Verwandlung“. Ich denke ich habe schon
eine Vorstellung davon, möchte mich allerdings nochmal
vergewissern, vielleicht weiß ja jemand genaueres.

Wie lautet denn Deine Vorstellung? Nur damit wir eine Vorstellung haben, wie wir Deine Vorstellung noch präzisieren können.

Gruß
Edith

Ich denke eben, dass mit Schrecktraumhaft eben Alptraumhaft gemeint ist und es eben diese Angst vor der Schuld ist. Da dem Leser ja fast verborgen bleibt, ob Josef K. sich, dass alles nur einbildet oder eben wirklich passiert.
Das traumhafte manifestiert sich finde ich auch im Gericht, da es wie ein Traum nicht greifbar ist usw.
Ich denke man hat nun eine Vorstellung wie ich mir den Begriff ungefähr ausgelegt habe.

Hallo

Wo und in welchem Zusammenhang hast du denn den Begriff „schrecktraumhafte Dichtung“ gehört?

Hi,

Ich suche verzweifelt nach einer Definition für
schrecktraumhafte Dichtung an Hand von Franz Kafkas Werk

Das „schrecktraumhafteste“ Werk von Kafka ist für mich das:
http://de.wikipedia.org/wiki/In_der_Strafkolonie

Einen Begriff für diese Art Literatur kenne ich auch nicht. Wobei der Traum in den von Dir genannten Werken ja das ist, was wir gemeinhin als Alptraum bezeichnen. Nur ist es eben kein Traum, der in diesen Werken beschrieben wird, sondern ein zur Realität gewordener Alptraum.

Gruß,
Anja

Lieber Kafkaleser,

ich könnte jetzt googeln oder in der Stach-Biografie suchen, wo ich das Wort in welchem Zusammenhang gelesen habe. Aber vielleicht ist es besser, es einmal so zu versuchen:

Ich denke als Kafkaliebhaber (sonst würden Sie sich doch nicht so bemühen - oder ist es für ein Refarat? - geht ja auch beides:wink: sind Ihnen ja Kafkas Probleme mit seinem sozialen Umfeld (Vater, Verlobte) und (ob nun als Ursache, Wirkung oder - eher wahrscheinlich - in Wechselwirkung) mit seinem eigenen Wesen und seiner Rolle in der Gesellschaft bekannt.

Das ist natürlich der Humus für man muss wohl sagen alle seiner Meisterwerke. Wie so oft, ist eben der autobiografische Hintergrund (offen oder auch ganz versteckt) der beste Nährboden für Meisterwerke!

Und, das wissen nicht nur die Traumforscher, sondern wir selbst aus eigener Erfahrung, Probleme des Lebens gehen in unsere Träume ein. Wir verarbeiten sie in unseren Schlafträumen, wo sie mal offener, mal versteckter/symbolischer auftreten und damit vielleicht auch - zumindest versuchsweise - aufgearbeitet werden und sie gehen in unsere Wachträume ein und auch in merkwürdige Zwischenwelten, wie zum Beispiel „Klarträume“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Klartraum

Und, da gebe ich Ihnen voll und ganz recht, seine Bücher, wie die Verwandlung (hier sehr offensichtlich), aber auch der Prozess erinnern uns sehr an solche Albträume.

Kafka hat mit Sicherheit viele seiner Probleme auch im Schlaf oder auch (Klartraum) Halbschlaf durchlebt und viele seiner Alltagsprobleme erschienen ihm im Wachzustand selbst so unwirklich, abstrus, belastend und ausweglos wie ein (vielleicht in ganz anderem Zusammenhang) erlebter Albtraum.

Wie gesagt, bei der „Verwandlung“ offensichtlich (die Erwartungshaltung des Vaters und das sich unterordnen der von ihm so geliebten Familie unter sein Joch, waren albtraumhaft), in einem Klartraum wird die Verwandlung in alle Fantasiefiguren und die fast logische Abwendung der geliebten Schwester von dem „Ungeheuer“ fast zum Automatismus, weil sich Fantasie, Unterbewusstsein mit strategischem, bewusstem Denken fast spielerisch leicht verbinden können.

Aber sie sprechen ja besonders das andere Buch von ihm an, „der Prozess“ und da ist Ihre Frage nach „schrecktraumhafter Dichtung“ ein Pfad zu einem vielleicht bisher vernachlässigten Thema: wenn schrecktraumhaft oder albtraumhaft viel mit der selbst erlebten Realität zu tun hat, inwiefern ist dann der Prozess vom Erlebten des Franz Kafka geprägt? Wurde hier nur symbolisch vieles eingearbeitet (darauf wird insbesondere immer wieder hingewiesen) oder doch vieles, was er, Kafka selbst, so oder sehr ähnlich erlebt hat, verwendet (darüber ist überraschender Weise wenig in Besprechungen zu finden).

Ist die Ausweglosigkeit des Josef K. (der Name spricht ja auch schon Bände), die überzeichneten und doch so vorzüglich getroffenen Strukturen/Karikaturen in Arbeitswelt, Staatsmacht, Exekutive und Justiz, nicht zu einem wesentlichen Teil selbst erlebtes in seiner Arbeitswelt (Bearbeiten von Schadensersatzansprüchen gegen Versicherungen). Franz Kafka und die von ihm erlebte Arbeitswelt, vielleicht auch seine Betroffenheit über schlimme Schicksale von Geschädigten (er musste die andere Seite verteten, konnte aber auch für Unfallverhütungsvorschriften kämpfen…) und die Ausweglosigkeit der Opfer, ihr Recht vor Gericht oft nicht durchsetzen zu können, was für sie natürlich wahrhaft albtraumhaft war (und sicher nicht selten in langen Klagebriefen an Kafka zum Ausdruck kam) während er die Interessen der Versicherung vertreten musste und zeitgleich die Ignoranz und das Macht-/Karrierestreben seiner Kollegen und Vorgesetzten erleben musste, denen das Schicksal der Betroffenen vielleicht oft gleichgültig war, solange die Zahlen des Unternehmens bzw die eigenen Profilierungen stimmten. Die Bürokratie nicht zu vergessen…

Es ist bekannt, dass Kafka seinen Job nicht liebte aber vielleicht ist zuwenig bekannt über diese albtraumhaften Wirkungen seiner Berufserfahrung auf ihn und sein Meisterwerk.

hier gibt es m.E. weitere Hinweise zu meiner These

http://www.perlentaucher.de/buch/18056.html

Es bedurfte wieder einmal „negative“ Lebensumstände, in die ein Genie hinein geraten ist, um ihm Stoff für wahrhaft Großes zu liefern!

Es ist neben der Genialität der Sprache und der Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge darzustellen, die entlarvende soziologische, psychologische und philosophische Studie - ein wahres Meisterwerk der Weltliteratur!

Schönen Gruß sendet

ikarusfly

Vielen Dank für die ausführliche Antwort und tiefere Einblicke in die Psyche Franz Kafkas. Du lagst mit deiner Vermutung richtig, dass ich die Definition für ein Referat gebraucht habe, allerdings habe ich dies jetzt schon gehalten :smile: und meine Interpretation hat auch gepasst, allerdings fehlte mir eben das Hintergrundwissen zu Kafka selbst. War trotzdem sehr interessant und werde mich wohl nun auch privat näher mit Kafka und seinen Werken außeinandersetzen.