Schriftsprache vs.(?) Umgangssprache/Beispiel

Hi ihr Experten der deutschen Sprache,
aus vorhergehendem Thread greife ich die Behauptung? These? auf…(Ich werde ja immer vorsichtiger mit meinen Formulierungen, um nicht um ihrer selbst angegriffen zu werden, dabei geht es mir wirklich nur um „die Sache“!)
…Also: ich nehme die Äußerung (wow, das scheint ungefährlich!) auf, dass „schwul“ ein umgangssprachlicher Begriff sei und nicht der Schriftsprache zugeordnet werden kann. Ich bleibe jetzt bei diesem Begriff als Beispiel. Meine Frage ist folgende: Wer „bestimmt“ eigentlich, was schrift- oder „nur“ umgangssprachlich ist? Welche Macht hat z.B. die Dudenredaktion, die ja auch hier immer wieder als Justitia der Germanisten bemüht wird, ein Wort als schrift- oder umgangssprachlich einzuordnen? Ist es nicht vielmehr so, dass sich aus der Umgangssprache das entwickelt, was irgendwann als Schriftsprache festgeschrieben wird?
Um bei dem Beispiel zu bleiben: „Schwul“ ist für mich sehr wohl ein eigenständiger Begriff, der durch kein mir bekanntes Wort zu ersetzen ist. Homosexuell zu sein heißt noch lange nicht „schwul“ zu sein. Denn das Schwul-sein beinhaltet ein Selbstverständnis, das weit über die Tatsache der homosexuellen Orientierung hinaus geht. „Schwules Leben“ ist für den betroffenen Personenkreis ein genauso definierter Begriff, wie „bürgerliche Familie“ für den/die heterosexuelle/n in ihrem bürgerlichen Ideal. „Schwul“ mag ja für Pubertierende, die sich in ihrer sexuellen Orientierungsphase befinden, auch ein Schimpfwort sein (wurde in dem betreffenden Thread durchaus zutreffend aufgeführt), die gleiche Altersgruppe nimmt ja auch in völliger Unkenntnis der Realitäten den Begriff „Spasti“ in den Mund und lacht sich im Bewusstsein der Provokation dieses Ausdrucks genauso kaputt…
„Schwuchtel“ ist per se auch kein Schimpfwort, auch wenn es gern erniedrigend von Unwissenden verwendet wird. Als „Schwuchtel“ werden in Homosexuellenkreisen diejenigen benannt, die sich überhöht „weiblich“ gerieren (das, was dann in Komödien als „typisch schwul“ vorgeführt wird).
Also nur weil die noch immer vorherrschende Moral behauptet, was normal oder nicht normal zu sein hat, finden längst gebräuchliche Begriffe noch keinen Eingang in die höheren Weihen der dudenmäßig sanktionierten "Schrift"sprache?
Bin gespannt, wie ihr das seht,
gut’s Nächtle,
Anja

Hallo Anja!

Ich glaube Du verwechselst „Schriftsprache“ mit „Standardsprache“.

Schriftsprache bezeichnet im weiteren Sinn die Regeln wie die Laute und Lautverbindungen einer gesprochenen Sprache in Buchstabenschrift wiedergegeben werden.

Die Standardsprache ist hingegen jener Teil der Schriftsprache, der in Wörterbüchern und Grammatiken kodifiziert wird. Wenn „schwul“ im Duden nicht vorkommt, ist dieser Ausdruck zwar nicht Standarddeutsch, aber im schriftlichen Gebrauch kommt er trotzdem vor.

Servus
Hermann

Lieber Herrmann,
datafox schreibt am 16.1. von „Schriftsprache“ - darauf beziehe ich mich ohne etwas zu verwechseln.
Gruß,
Anja