Bedeutungsloses politisches Glaubensbekenntnis
Die Zeiten ändern sich nunmal und die mangelnde
Sprachkompotenz zeigen wohl eher diejenigen, die nicht in der
Lage sind, sich korrekt auszudrücken.
Warum es „gesunder Menschenvestand“ sein soll, dem Zuhörer die
Interpretation des Gesagten zu überlassen, statt sich gleich
korrekt auszudrücken, wenn die Sprache dies wie im Deutschen
ermöglicht, wird wohl dein Geheimnis bleiben.
Ich habe jetzt bereits zweimal erläutert, weshalb es keineswegs inkorrekt ist, sich in der Mehrzahl der Fälle allein des generischen Maskulinums zu bedienen und auf zusätzliche -innen zu verzichten. Und ich habe bisher nicht die Spur eines Arguments gehört, weshalb das eventuell nicht richtig sein könnte.
Im übrigen wird es, glaube ich, höchste Zeit einzugestehen, dass es bei diesem Thema überhaupt nicht darum geht, unsere Sprache „korrekt(er)“ zu gestalten, sondern schlicht darum, mit dem Vehikel der Sprache ein politisches Zeichen zu setzen und jedermann zu jeder Zeit und an jedem Ort daran zu erinnern, dass es Männer und Frauen gibt - ohne Rücksicht darauf, ob das im Einzelfall passend ist, das irgendwen interessiert oder das sonstwie nötig oder wenigstens nützlich ist.
Diese Methode ist auch durchaus nicht neu; schon im alten Rom hat man sein politisches „mission statement“ bisweilen jedem immer und überall sprachlich auf die Nase gebunden, ganz gleich ob das irgendwer wissen wollte oder ob es in den Zusammenhang paßte oder nicht. Allerdings wollte der Römer, den ich meine, nicht die Frauen fördern, sondern Karthago zerstören: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam …
Vor diesem Hintergrund muß man sich wohl damit abfinden, dass die Erwartung, sich mit sachlichen Sprachargumenten gegen ein politisches Glaubensbekenntnis durchzusetzen, kaum gerechtfertigt ist. Nichtsdestotrotz sehe ich nicht ein, weshalb man Dinge, die durchaus einen Wert haben, - nämlich Klarheit, Zugänglichkeit und Verständlichkeit von Texten - unreflektiert opfern sollte, um ein Zeichen zu setzen, das lästig und (jedenfalls rechtlich) völlig funktionslos ist und mit Blick auf die wirklich wichtigen offenen Baustellen bei der Verwirklichung gleicher Chancen für Männer und Frauen (gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, usw.) auch weitgehend wirkungslos sein dürfte. Das gilt umso mehr, als es so viele andere - weniger lästige, aber in ihrer öffentlichen Wahrnehmbarkeit vergleichbare - Möglichkeiten gibt, sich ähnlich nutzlos für diese Sache zu engagieren. Mit Autoaufklebern zum Beispiel. Ein Herz für Tiere hatten wir schon, ein Herz für Kinder auch, warum nicht mal ein Herz für unterrepräsentierte Frauen?
Immerhin kann man sich, wenn man mal wieder ein wenig sprachlich „ge-gender-mainstreamed“ hat, mit dem guten Gewissen zurück lehnen, irgendwas Gutes für die Frauen an- und für sich getan zu haben. Wo sonst kann man derart anstrengungslos für sich in Anspruch nehmen, für die gute Sache eingetreten zu sein. Ich hoffe, Du siehst mir nach, dass mein Respekt denen gehört, die wirklich etwas bewegen, und nicht den religiös verblendeten Formal-, Sofa-, Feierabend- und VHS-Emanzen, die mit flammendem Schwert durch die Sprachlandschaft ziehen, um unsere schöne Sprache zu verunstalten.