Hallo Tato,
erstmal danke für die Antwort.
Zur Vervollständigung vielleicht noch: Mein Sohn hat kein Schuljahr wiederholt, die 10 aber mit Abgangszeugnis verlassen. Er hat nämlich in jedem Halbjahr andere „Fünfen“ gehabt - je nach Stundenplan. Lagen die Fächer überwiegend in den ersten beiden Unterrichtsstunden, kam am Ende „mangelhaft“ heraus, waren sie im nächsten Halbjahr später im Stundenplan, hatte er im gleichen Fach - ohne Nachhilfe oder zusätzliches Lernen - eine „Zwei“, und dafür eine „Fünf“ in den Fächern, die jetzt früh morgens stattfanden. Wie erwähnt: „eigentlich“ fällt ihm der Stoff in den Schoß - wenn es ihm gelingt, am Unterricht teilzunehmen.
Jetzt zu dem, was du schreibst:
es gibt ja auch schulische Ausbildungen, die zum
Realschulabschluss führen. Allerdings war die Anmeldefrist im
Frühjahr.
Welche „schulischen Ausbildungen“ meinst du? Wir haben bisher keine gefunden, bei der man mit dem HSA 9 angekommen wäre.
Nun habe ich es so verstanden, dass dein Sohn in diesem Sommer
mit der Schule fertig ist. Dann hat er ein Jahr „Lücke“ und
ist trotzdem (Berufs)schulpflichtig, also muss eine
Übergangslösung gefunden werden. Im Normalfall werden Kurse
(1-3 Mal wöchentlich) an der Berufsschule angeboten, damit die
Jugendlichen ihrer Schulpflicht nachgehen können. Ob das
jedoch so optimal für ihn ist…
Ich weiß, dass es im Notfall eine Lösung geben wird. Dann wird mein Sohn zu einem berufsvorbereitenden 10-monatigen Lehrgang zugewiesen, der allerdings wirklich nur die Zeit überbrückt, und wahrscheinlich nicht sehr motivierend ist. Nach meiner Kenntnis wird er in einem solchen Lehrgang überwiegend auf lernschwache Mitschüler und sog. „Schulverweigerer“ treffen.
Darf ich mal ganz vorsichtig fragen, warum ihr erst jetzt nach
einer Lösung sucht und nicht schon 1 - 1 1/2 Jahre vor dem
Verlassen der Schule? Der Leistungsabbruch wird sich ja nicht
erst in den letzten 6 Monaten gezeigt haben…
Ehrlich gesagt, haben wir alle - einschließlich der Lehrer - bis vor einem halben Jahr gedacht, dass er noch „die Kurve kriegen“ wird. Es war ja - wie oben beschrieben - kein „allgemeiner“ Leistungsabfall.
Ich persönlich habe, wie ich jetzt feststellen muss, die Flexibilität deutscher Bildungseinrichtungen falsch eingeschätzt und geglaubt, man könnte solche Hindernisse wie fehlende Altersvoraussetzungen (er ist z.B. ein halbes Jahr und drei Wochen zu jung für die Abendrealschule) mit irgendwelchen Anträgen oder Ausnahmegenehmigungen umgehen. Aber da sind wir Deutschen offenbar frustrierend starr…
Hat er schon Beratungsangebote genutzt?
Berufsberatung gab es in der Schule. Diese war nicht im Geringsten hilfreich. Sie führte vielmehr dazu, dass mein Sohn noch deprimierter wurde, da man ihn dort in die „Schulverweigerer“-Gruppe einsortierte und ihm eine entsprechende Schule vorschlug.
Bei Beratungsgesprächen mit den Lehrern - auch mit der Bitte, die schuleigene Sozialarbeiterin einzuschalten - bekam ich die Antwort, sie hätten genügend Schüler mit „richtigen“ Problemen.
Ich habe mich mit der Bezirksregierung Detmold beraten. Dort war man sehr hilfsbereit und hätte vielen Möglichkeiten außerhalb des „normalen Weges“ zugestimmt, wenn die entsprechenden Schulen meinen Sohn aufnehmen würden. Aber das tun sie nicht - Altersvoraussetzungen - siehe oben.
Jetzt habe ich einen Reha-Berater der AfA eingeschaltet, der eigentlich nicht zuständig ist, der mir aber durch meine eigene Berufstätigkeit (berufliche Reha von behinderten Jugendlichen) persönlich bekannt ist. Dieser versteht wenigstens unsere Situation. Hätte ich das mal früher getan…
Daneben haben wir - seit mein Sohn 12 Jahre alt ist - immer wieder in Abständen Beratungsgespräche mit einem Kinder- und Jugendpsychiater, der jetzt zum Schluss bescheinigt hat, mein Sohn habe eine „emotionale Störung“ (aufgrund der jahrelangen familiären Belastungssituation), so dass wir notfalls auch auf eine „Reha-Schiene“ gehen könnten.
Insgesamt bin ich ziemlich frustriert über das immer wieder gehörte „Ein Junge mit einem solchen Potential MUSS doch pünktlich aufstehen und Leistung bringen können - das können alle anderen doch auch.“
Mein Sohn sagt inzwischen resigniert „Reg dich nicht auf. Die wollen mich nicht, das war doch schon immer so…“
Gruß
Heike