Schulabschluss 'versägt' - was nun?

Mein Sohn (wird bald 17) hat gerade seinen Schulabschluss total in den Sand gesetzt. Er zählt „eigentlich“ zur Gruppe der Hochbegabten (IQ 135) und lernt Dinge so „im Vorübergehen“. Es gab aber folgende Probleme:

  1. psychische Erkrankung des Vaters - mein Sohn lernt in diesem Zusammenhang seit Jahren, dass es sowieso keinen Zweck hat, sich um etwas zu bemühen, da es dann doch anders kommt als geplant.

  2. Trennungssituation - mein Mann und ich trennen uns sozusagen „auf Raten“, durch seine psychische Erkrankung geht nichts voran und besteht seit ca. einem Jahr ständig eine unklare Situation.

  3. heftige Pubertät mit „minimaliatischer Arbeitsweise“

  4. Die Interessen meines Sohnes decken sich leider nicht mit den Interessen allgemeinbildender Schulen, so dass er in den Hauptfächern noch nie wirklich gute Noten hatte, und in seinen „Spezialfächern“ nicht richtig zum Zuge kam

Er war zum Schluss total deprimiert, stand nicht mehr aus dem Bett auf (Ein Kinder- und Jugendpsychiater war mit im Spiel und verhinderte zumindest, dass er auch noch Strafe zahlen musste wegen versäumtem Schulbesuch).

Ergebnis: Hauptschulabschluss 9. Klasse

Er hat ein Ziel: Er will IT-System-Elektroniker werden, am Liebsten wäre er auf das IT-College in Paderborn gegangen, aber dafür reicht das Geld nicht.

Der offizielle Weg: Berufsgrundschuljahr - HSA 10A oder Realschulabschluss erwerben, dann weitersehen, er ist noch 2 Jahre berufsschulpflichtig. Ich fürchte, dass ihn das noch weier „runter zieht“. Aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung kenne ich den Kreis der Schüler im Berufsgrundschuljahr recht gut.

Alternative Wege, z.B. Vorbereitung per Fernkurs auf eine Externenprüfung oder Besuch der Abendrealschule mit Praktikum tagsüber, scheitern an den Altersvoraussetzungen und der Berufsschulpflicht.

Privatschule können wir uns nicht leisten.

Hat vielleicht noch jemand eine zündende Idee, mit der wir die zwei Jahre Berufsschulpflicht so organisieren können, dass sie meinen Sohn seinem Ziel näher bringen und für ihn endlich mal zu einem Erfolgserlebnis werden?

Gruß
Heike

Hallo Heike,

es gibt ja auch schulische Ausbildungen, die zum Realschulabschluss führen. Allerdings war die Anmeldefrist im Frühjahr.
Nun habe ich es so verstanden, dass dein Sohn in diesem Sommer mit der Schule fertig ist. Dann hat er ein Jahr „Lücke“ und ist trotzdem (Berufs)schulpflichtig, also muss eine Übergangslösung gefunden werden. Im Normalfall werden Kurse (1-3 Mal wöchentlich) an der Berufsschule angeboten, damit die Jugendlichen ihrer Schulpflicht nachgehen können. Ob das jedoch so optimal für ihn ist…

Darf ich mal ganz vorsichtig fragen, warum ihr erst jetzt nach einer Lösung sucht und nicht schon 1 - 1 1/2 Jahre vor dem Verlassen der Schule? Der Leistungsabbruch wird sich ja nicht erst in den letzten 6 Monaten gezeigt haben…
Hat er schon Beratungsangebote genutzt?

Gruß
Tato

Hallo Tato,

erstmal danke für die Antwort.

Zur Vervollständigung vielleicht noch: Mein Sohn hat kein Schuljahr wiederholt, die 10 aber mit Abgangszeugnis verlassen. Er hat nämlich in jedem Halbjahr andere „Fünfen“ gehabt - je nach Stundenplan. Lagen die Fächer überwiegend in den ersten beiden Unterrichtsstunden, kam am Ende „mangelhaft“ heraus, waren sie im nächsten Halbjahr später im Stundenplan, hatte er im gleichen Fach - ohne Nachhilfe oder zusätzliches Lernen - eine „Zwei“, und dafür eine „Fünf“ in den Fächern, die jetzt früh morgens stattfanden. Wie erwähnt: „eigentlich“ fällt ihm der Stoff in den Schoß - wenn es ihm gelingt, am Unterricht teilzunehmen.

Jetzt zu dem, was du schreibst:

es gibt ja auch schulische Ausbildungen, die zum
Realschulabschluss führen. Allerdings war die Anmeldefrist im
Frühjahr.

Welche „schulischen Ausbildungen“ meinst du? Wir haben bisher keine gefunden, bei der man mit dem HSA 9 angekommen wäre.

Nun habe ich es so verstanden, dass dein Sohn in diesem Sommer
mit der Schule fertig ist. Dann hat er ein Jahr „Lücke“ und
ist trotzdem (Berufs)schulpflichtig, also muss eine
Übergangslösung gefunden werden. Im Normalfall werden Kurse
(1-3 Mal wöchentlich) an der Berufsschule angeboten, damit die
Jugendlichen ihrer Schulpflicht nachgehen können. Ob das
jedoch so optimal für ihn ist…

Ich weiß, dass es im Notfall eine Lösung geben wird. Dann wird mein Sohn zu einem berufsvorbereitenden 10-monatigen Lehrgang zugewiesen, der allerdings wirklich nur die Zeit überbrückt, und wahrscheinlich nicht sehr motivierend ist. Nach meiner Kenntnis wird er in einem solchen Lehrgang überwiegend auf lernschwache Mitschüler und sog. „Schulverweigerer“ treffen.

Darf ich mal ganz vorsichtig fragen, warum ihr erst jetzt nach
einer Lösung sucht und nicht schon 1 - 1 1/2 Jahre vor dem
Verlassen der Schule? Der Leistungsabbruch wird sich ja nicht
erst in den letzten 6 Monaten gezeigt haben…

Ehrlich gesagt, haben wir alle - einschließlich der Lehrer - bis vor einem halben Jahr gedacht, dass er noch „die Kurve kriegen“ wird. Es war ja - wie oben beschrieben - kein „allgemeiner“ Leistungsabfall.

Ich persönlich habe, wie ich jetzt feststellen muss, die Flexibilität deutscher Bildungseinrichtungen falsch eingeschätzt und geglaubt, man könnte solche Hindernisse wie fehlende Altersvoraussetzungen (er ist z.B. ein halbes Jahr und drei Wochen zu jung für die Abendrealschule) mit irgendwelchen Anträgen oder Ausnahmegenehmigungen umgehen. Aber da sind wir Deutschen offenbar frustrierend starr…

Hat er schon Beratungsangebote genutzt?

Berufsberatung gab es in der Schule. Diese war nicht im Geringsten hilfreich. Sie führte vielmehr dazu, dass mein Sohn noch deprimierter wurde, da man ihn dort in die „Schulverweigerer“-Gruppe einsortierte und ihm eine entsprechende Schule vorschlug.

Bei Beratungsgesprächen mit den Lehrern - auch mit der Bitte, die schuleigene Sozialarbeiterin einzuschalten - bekam ich die Antwort, sie hätten genügend Schüler mit „richtigen“ Problemen.

Ich habe mich mit der Bezirksregierung Detmold beraten. Dort war man sehr hilfsbereit und hätte vielen Möglichkeiten außerhalb des „normalen Weges“ zugestimmt, wenn die entsprechenden Schulen meinen Sohn aufnehmen würden. Aber das tun sie nicht - Altersvoraussetzungen - siehe oben.

Jetzt habe ich einen Reha-Berater der AfA eingeschaltet, der eigentlich nicht zuständig ist, der mir aber durch meine eigene Berufstätigkeit (berufliche Reha von behinderten Jugendlichen) persönlich bekannt ist. Dieser versteht wenigstens unsere Situation. Hätte ich das mal früher getan…

Daneben haben wir - seit mein Sohn 12 Jahre alt ist - immer wieder in Abständen Beratungsgespräche mit einem Kinder- und Jugendpsychiater, der jetzt zum Schluss bescheinigt hat, mein Sohn habe eine „emotionale Störung“ (aufgrund der jahrelangen familiären Belastungssituation), so dass wir notfalls auch auf eine „Reha-Schiene“ gehen könnten.

Insgesamt bin ich ziemlich frustriert über das immer wieder gehörte „Ein Junge mit einem solchen Potential MUSS doch pünktlich aufstehen und Leistung bringen können - das können alle anderen doch auch.“
Mein Sohn sagt inzwischen resigniert „Reg dich nicht auf. Die wollen mich nicht, das war doch schon immer so…“

Gruß
Heike

Hallo ich denke das Problem ist va. die IT-Richtung, da zieht es natürlich auch viele hin, für die ein Informatikstudium nicht in Frage kommt. evtl kommt man über die Reha-Schiene oder ein zumindest Kontakte des Rehaberaters zu Betrieben an sowas http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest…
unter Zugangsvorraussetzungen steht dass zumindest Formal kein bestimmter Abschluß vorgeschrieben ist.
http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest…

Vielleicht gibt es aber auch alternative Ausbildungsberufe, die nicht so von Abiturienten überlaufen sind, zB. im Elektrobereich http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest…
http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest…

Zudem kann der Rehaberater evtl etwas dort ermöglichen, wo steht „In der Regel wird ein mittlerer Bildungsabschluß vorrausgesetzt“.
Ich denke doch mal in den IT-nahen Fächern ist er konstant ganz gut (ohne überzeugende Mathe und Physiknoten wirds schwierig, aber ggf kann man auch mehrere Zeugnisse zum vvergleichen mitschicken)

Aber die Abendrealschule ist wirklich nicht das passende, denn dort sitzen eher 30 Jährige, die schon sit Jahren nicht auf einen Grünen Zweeig kommen und nebenher jobben.
Denn nach Abschluß einer Berufsausbildung (also durchaus so eine mit „formal keine schulische Vorbildung vorgeschrieben“) hat man eigentlich die mittlere Reife.

Ich denke wirklich ihr habt nur über eine Betriebliche Ausbildung eine Chance, wo ihr den Chef vorher von Sohnemann überzeugen könnt. Evtl durch ein Praktikum vorab oder eine verlängerte Probezeit.

Spätestens in der Ausbildung muss Sohnemann aber schon etwa gleichzeitig geistig wie körperlich anwesend sein/aufwachen. Aber wenn das Thema endlich reizt, hilft es vielleicht.

Gruß Susanne

Hallo Heike,

ich würde zu einem Praktikum raten. Erstens überbrückt es Zeit, zweitens schnuppert man mal in die Branche rein, drittens verdient man evtl. sogar etwas Geld (zumindest den Fahrtkostenzuschlag) und viertens kann er dann was vorweisen, was er während seiner Wartezeit gemcht hat.
Allerdings: Hochbegabung und emotionale Störung hin oder her - pünktlich sein und was schaffen muss er in jedem Fall! Sonst wird es hier nichts und auch später nichts. Keiner hat nur Rosinen im Leben.

Viele Grüße und viel Glück,

JPL

Kann auch nur zum Praktikum raten. Hatte eine ähnlich Situation mit versägten Abschluss. Hab dann ein Praktikum bekommen und das übers Abrbeitsamt verlängert. So das ich 200 € im Monat bekommen hab. Nannte sich EQJ (Berufsqualifizierendes Jahr)

Da mir das Praktikum Spass gemacht hat und ich mit dem Chef gut klar kamm, hab ich trotz vergeigtem Abschluss den Ausbildungsplatz bekommen. Hab dann mit 2,0 abgeschlossen.