Schuldner Lohnsteuer - Übergang auf AG möglich?

Hallo,

eine Frage zum Thema Lohnsteuer.

Prinzipiell ist der Schuldner der Lohnsteuer der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber behält diesre vom Brutto-Arbeits-Lohn ein und führt sie (im Normalfall) an das Finanzamt ab. Nun gibt es aber auch Fälle, in denen das nicht passierte und das FA wollte hinterher vom AN, da er ja Schuldner der LSt ist, immer noch die nicht gezahlte Lohn/Einkommensteuer haben, obwohl der AN diese ja an den AG abgeführt hat.

Gibt es für den AN irgendeine Möglichkeit sich bezüglich dieser „Zwickmühle“ abzusichern? Schließlich kann der einzelne AN nicht überprüfen, ob sein AG die LSt tatsächlich und in voller Höhe abgeführt hat. Gleichzeitig hat der AN aber keine Möglichkeit sich von der gängigen Praxis (einbehalt der LSt durch den AG) auszuschließen. Selbstverständlich kann der AN den AG später in Regress nehmen und Schadenersatz verlangen, aber meistens ist bei diesen Firmen dann ja eh nichts zu holen und der AN kommt in ganz schöne Schwierigkeiten, da er unter Umständen LSt von 2 oder mehr Jahren an das Finanzamt nachzahlen soll (zuzüglich eventuell bereits gezahlter Rückerstattungen).
Dadurch sind bereits AN in die Privatinsolvenz gekommen.

Daher die Frage:
Besteht hierbei die Möglichkeit durch z.B. regelung im Arbeitsvertrag, dass mit Einbehalt der Lohnsteuer vom Bruttoarbeitslohn, die Lohnsteuerschulden auf den AG übergehen. Eine Zession oder Forderungsabtretung laufen ja ähnlich, da wird die Forderung halt an einen dritten abgetreten und muss an diesen gezahlt werden.

Eine Bürgschaft durch den AG bringt wohl nicht viel, denn bei Firmen die die LSt nicht abführen ist eh selten was zu holen (egal ob Bürge oder nicht)
Gibt es also irgendwie eine Möglichkeit durch welcher der AN sich diesbezüglich absichern kann?

Gruß
Stefan

Hallo,

sicher schon so passiert?

Ich habe jetzt schon etliche Berufsjahre auf dem Buckel und die einzige mir bekannte Praxis der Finanzämter ist es, den AG als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen.

Habe noch nie gehört, dass das Finanzamt auch auf den AN zugegriffen hätte. Dürfte durch die Regelungen in der AO zur Haftung der Lohnsteuer nicht gedeckt sein.
Außer natürlich der AN weiß genau um die Nichtabführung des AGs, ist also sozusagen der Komplize des AG.

Gruß
Lawrence

Hi,

Hallo,

sicher schon so passiert?

hätte ich zuerst auch nicht gedacht, habe das aber jetzt im Rahmen einer Fortbildung bezüglich EStG vom Dozenten (Mitarbeiter beim Finanzamt) erfahren

Grundsätzlich sagt er, hat das FA gar keinen Ermessenspielraum hierbei und die Finanzämter wurden diesbezüglich wohl auch vom Bundesrechnungshof gerügt. Der Bundesrechnungshof begründete dies mit § 38 Abs. 4 Satz 4 EStG

Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.

Das FA hat durch diese Formulierung überhaupt keinen Spielraum, da im Gesetzt steht, das Finanzamt HAT dies zu tun, das ist also keine Ermessenentscheidung

Ich habe jetzt schon etliche Berufsjahre auf dem Buckel und
die einzige mir bekannte Praxis der Finanzämter ist es, den AG
als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen.

Richtig, in erster Insatnz schon. Aber nach §38 Abs. 2 kommt das FA, wenn beim AG nichts zu holen ist, zu dir als Schuldner der Lohn/Einkommensteuer unabhängig davon, ob der AG diese schonmal einbehalten hat oder nicht

Habe noch nie gehört, dass das Finanzamt auch auf den AN
zugegriffen hätte. Dürfte durch die Regelungen in der AO zur
Haftung der Lohnsteuer nicht gedeckt sein.

Welche Regelungen im Detail?

Gruß
Lawrence

Gruß
Stefan

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Hallo,

§42d EStG sagt dazu:

"Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,

1.wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat,

2.[1] wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat. [2] Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem Finanzamt unverzüglich mitgeteilt hat."

Der von deinen Profs zitierte § 38 Absatz 4 behandelt meines Erachtens einen absoluten Ausnahmetatbestand und darf nicht wie der Grundfall angewendet werden.

„[1] Wenn der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen oder der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückzubehalten. [2] Soweit der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nachkommt und der Arbeitgeber den Fehlbetrag nicht durch Zurückbehaltung von anderen Bezügen des Arbeitnehmers aufbringen kann, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt (§ 41 a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) anzuzeigen. [3] Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die von einem Dritten gewährten Bezüge (Absatz 1 Satz 3) am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums anzugeben; wenn der Arbeitnehmer keine Angabe oder eine erkennbar unrichtige Angabe macht, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen. [4] Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.“

und vergiss in dem Zusammenhang meinen Einwurf mit der AO.

Gruß
Lawrence

Hi,

§42d EStG sagt dazu:

"Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur
in Anspruch genommen werden,

1.wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig
vom Arbeitslohn einbehalten hat,

Greift ja nicht, da der AG ja die Lohnsteuer vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat, nur nicht ans Finanzamt abgeführt, sondern das wurde halt für andere Dinge verwendet. Lohnsteuer nicht abzuführen ist laut dem Dozenten nicht strafbar. Sie nicht einzubehalten schon aber das hat der AG ja vorschriftsmäßig gemacht.

Der von deinen Profs zitierte § 38 Absatz 4 behandelt meines
Erachtens einen absoluten Ausnahmetatbestand und darf nicht
wie der Grundfall angewendet werden.

Deswegen frage ich ja nach, weil ich auch sehr überrascht war dass der AN einem evtl Fehlverhalten des AG, für welches der AN nichts kann, anscheinend schutzlos ausgeliefert ist. Ich hab beim Dozenten nachgefragt wie man sich dagegen absichern kann und er meinte gar nicht. Selbst wenn du dir von deinem Arbeitgeber den Überweisungsträger mit der Zahlung der Lohnsteuer ans FA zeigen lässt, ist das keine 100%ige Sicherheit , da du ja nicht weißt, ob er tatsächlich 100% der Lohnsteuer an das Fa gezahlt hat. Dafür müsstest du Zugriff auf sämtliche Gehaltsabrechnungen etc haben, was einige evtl haben, aber der normale AN in der Regel nicht

und vergiss in dem Zusammenhang meinen Einwurf mit der AO.

schon geschehen :smile:

Gruß
Lawrence

Gruß
Stefan

Hi,

Lohnsteuer nicht abzuführen ist laut dem Dozenten nicht
strafbar.

naja, aber eine Ordnungswidrigkeit ists schon
§ 380 AO:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig seiner Verpflichtung, Steuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen, nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.

Gruß
S.

das ist richtig aber das juckt den AG in einem solchen falle doch eh nicht mehr … und es befreit auch nicht den AN von seiner Steuerschuld … womit wir wieder bei der Frage wären, wie sich der AN dagegen schützen kann

Servus,

indem er sich auf den von Lawrence zitierten § 42d EStG beruft. Der gilt nicht nur für das FA, sondern auch für den Bundesrechnungshof.

Schöne Grüße

MM