Schwarzarbeit wirklich so schlimm?

Servus Experten,

heute morgen in der S-Bahn hatte ich gerade die Überlegung, ob Schwarzarbeit wirklich sooo schlimm für die Volkswirtschaft ist.

Wir kennen ja alle die Aussagen wie „Milliardenausfälle bei den Steuereinnahmen“, „Gefährdung von Arbeitsplätzen“ etc.

Der Finanzminister spricht regelmäßig von Verlusten von 70 Mrd. die dem Staat dadurch angeblich entstünden.

Nun frage ich mich, ob dies wirklich stimmt, oder man sich hierbei die Sache „schön rechnet“.

Denn ist Schwarzarbeit, zumindest in seiner „klassischen“ Form (also der Handwerker um die Ecke und nicht Busseweise polnische Schwarzarbeiter auf dem Bau), nicht sehr ähnlich mit Entwicklungen wie „Regiogeld“ und „Tauschkreisen“?

Fördert „klassische“ Schwarzarbeit nicht auch die regionale Wirtschaft und hilft evtl. sogar diese zu stabilisieren?

Durch den kleinen Raum, in dem die „klassische“ Schwarzarbeit jeweils durchgeführt wird, bleiben die getätigten Geschäfte doch in der Region, statt ins Ausland oder in Finanzmarkttransaktionen abzuwandern. Wird dadurch nicht evtl. sogar der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland entgegengewirkt?

Rechnet der Finanzminister außerdem nicht falsch, wenn er für seine Berechnungen annimmt alle in Schwarzarbeit verrichteten Arbeiten würden offiziell versteuert und angemeldet werden?

Ich kann mir vorstellen, dass mindestens ein Drittel der Schwarzarbeiten dann gar nicht erst durchgeführt würden (also keine Steuereinnahmen oder Sozialabgaben), ein weiteres Drittel in Eigenregie (also mit Hilfe von Freunden und Bekannten) von statten ginge (also ebenfalls keine Steuereinnahmen oder Sozialabgaben), und wahrscheinlich ein weiteres Drittel der Arbeiten zumindest aufgeschoben würde (also weniger Steuereinnahmen oder Sozialabgaben, weil seltener durchgeführt).

Wie viele Bauvorhaben z.B. würden ohne Schwarzarbeit gar nicht erst bzw. einfacher, seltener oder erst zeitverzögert realisiert?

Und wie viele Menschen würden gerade im Niedriglohn-Sektor arbeitslos, wenn man die Schwarzarbeit sofort abschaffen würde?

Also wäre es doch durchaus denkbar, dass effektiv die Arbeitslosenzahlen sogar steigen würden, wenn es gelänge die Schwarzarbeit vollständig zu bekämpfen, oder?

Somit müsste der Staat ohne Schwarzarbeit evtl. sogar mit höheren Belastungen seitens der Sozialausgaben rechnen, oder?

Und wird das in der Schwarzarbeit erwirtschaftete Geld nicht schneller dem Konsumkreislauf wieder zugeführt, als wenn es keine Schwarzarbeit gäbe?

Ein Schwarzarbeiter hat ja mehr Geld zur Verfügung, welches er direkt in Konsumgüter umsetzen kann und, da es sich in der Regel um Geringverdiener handelt, vielleicht sogar sofort wieder ausgeben muss.

Somit fließen dem Staat doch über Mehrwertsteuer etc. indirekt dann doch wieder Steuereinnahmen zu, oder?

Wurde das alles mal untersucht und wirklich objektiv

  • Steuerverluste auf der einen Seite und Steuermehreinnahmen auf der anderen Seite
  • Verluste bei den Sozialabgaben auf der einen Seite und mögliche Mehrbelastung der Sozialversicherung durch erhöhte Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite
  • Destabilisierende Effekte aufgrund von Wettbewerbsvorteilen und regional stabilisierende Effekte aufgrund von regionaler Förderung der Wirtschaft
    etc. gegeneinander aufgerechnet?

Und zuletzt: Ist vor diesem Hintergrund der Aufwand überhaupt gerechtfertigt, den der Staat bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit betreibt?

Sollte der Staat vielleicht primär nur die „Schwarzarbeit im großen Stil“ bekämpfen und „klassische private Schwarzarbeit“ aufgrund der genannten Effekte ignorieren?

Gruß,
Sax

Hallo,

erstmal die Antwort: Ja, ist so schlimm.

Wir kennen ja alle die Aussagen wie „Milliardenausfälle bei
den Steuereinnahmen“, „Gefährdung von Arbeitsplätzen“ etc.

Der Finanzminister spricht regelmäßig von Verlusten von 70
Mrd. die dem Staat dadurch angeblich entstünden.

Fest steht, dass Steuereinnahmen fehlen. Weiterhin würden legale Arbeitsplätze entstehen, wenn die Arbeiten regulär durchgeführt würden.

Denn ist Schwarzarbeit, zumindest in seiner „klassischen“ Form
(also der Handwerker um die Ecke und nicht Busseweise
polnische Schwarzarbeiter auf dem Bau), nicht sehr ähnlich mit
Entwicklungen wie „Regiogeld“ und „Tauschkreisen“?

Nein, denn der Schwarzarbeiter wird mit Geld bezahlt, das auch außerhalb der Gruppe, die Regiogeld akzeptiert und auch außerhalb des Tauschkreises, gültig ist.

Fördert „klassische“ Schwarzarbeit nicht auch die regionale
Wirtschaft und hilft evtl. sogar diese zu stabilisieren?

Durch den kleinen Raum, in dem die „klassische“ Schwarzarbeit
jeweils durchgeführt wird, bleiben die getätigten Geschäfte
doch in der Region, statt ins Ausland oder in
Finanzmarkttransaktionen abzuwandern. Wird dadurch nicht evtl.
sogar der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland
entgegengewirkt?

Wenn mir mein Nachbar „scharz“ mein Auto repariert und ich die notwendigen Teile im Internet bestellt habe (weils es dort billiger ist), wo ist dann die regionale Wirtschaft? Die Werkstatt zwei Straßen weiter hat jedenfalls nichts davon.

Rechnet der Finanzminister außerdem nicht falsch, wenn er für
seine Berechnungen annimmt alle in Schwarzarbeit verrichteten
Arbeiten würden offiziell versteuert und angemeldet werden?

Wenn das seine Grundannahem ist, ist die Rechnung richtig. Selbst die hälfte des so errechneten Verlusts ist viel.

Ich kann mir vorstellen, dass mindestens ein Drittel der
Schwarzarbeiten dann gar nicht erst durchgeführt würden (also
keine Steuereinnahmen oder Sozialabgaben), ein weiteres
Drittel in Eigenregie (also mit Hilfe von Freunden und
Bekannten) von statten ginge (also ebenfalls keine
Steuereinnahmen oder Sozialabgaben), und wahrscheinlich ein
weiteres Drittel der Arbeiten zumindest aufgeschoben würde
(also weniger Steuereinnahmen oder Sozialabgaben, weil
seltener durchgeführt).

Wie viele Bauvorhaben z.B. würden ohne Schwarzarbeit gar nicht
erst bzw. einfacher, seltener oder erst zeitverzögert
realisiert?

Wo ist deine Datenbasis?

Und wie viele Menschen würden gerade im Niedriglohn-Sektor
arbeitslos, wenn man die Schwarzarbeit sofort abschaffen
würde?

Woher weißt du das?

Also wäre es doch durchaus denkbar, dass effektiv die
Arbeitslosenzahlen sogar steigen würden, wenn es gelänge die
Schwarzarbeit vollständig zu bekämpfen, oder?

Somit müsste der Staat ohne Schwarzarbeit evtl. sogar mit
höheren Belastungen seitens der Sozialausgaben rechnen, oder?

Und wird das in der Schwarzarbeit erwirtschaftete Geld nicht
schneller dem Konsumkreislauf wieder zugeführt, als wenn es
keine Schwarzarbeit gäbe?

Ein Schwarzarbeiter hat ja mehr Geld zur Verfügung, welches er
direkt in Konsumgüter umsetzen kann und, da es sich in der
Regel um Geringverdiener handelt, vielleicht sogar sofort
wieder ausgeben muss.

Somit fließen dem Staat doch über Mehrwertsteuer etc. indirekt
dann doch wieder Steuereinnahmen zu, oder?

Ein Denkfehler. Würde die Arbeit regulär versteuert, würde das eine Mehreinnahme für den Staat bedeuten. Würde sie nicht duchgeführt, weil der Auftraggeber es sich dann nicht leisten könnte, würde der Auftraggeber mehr Geld zur Verfügungn haben, das er verkonsumiert. Die Mehrwertsteuer usw. kann also in jedem Fall generiert werden.

Wurde das alles mal untersucht und wirklich objektiv

  • Steuerverluste auf der einen Seite und Steuermehreinnahmen
    auf der anderen Seite
  • Verluste bei den Sozialabgaben auf der einen Seite und
    mögliche Mehrbelastung der Sozialversicherung durch erhöhte
    Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite
  • Destabilisierende Effekte aufgrund von Wettbewerbsvorteilen
    und regional stabilisierende Effekte aufgrund von regionaler
    Förderung der Wirtschaft
    etc. gegeneinander aufgerechnet?

Und zuletzt: Ist vor diesem Hintergrund der Aufwand überhaupt
gerechtfertigt, den der Staat bei der Bekämpfung der
Schwarzarbeit betreibt?

Und dann zahlt niemand mehr Steuern oder nur der Dumme? Willkommen in Griechenland.

Sollte der Staat vielleicht primär nur die „Schwarzarbeit im
großen Stil“ bekämpfen und „klassische private Schwarzarbeit“
aufgrund der genannten Effekte ignorieren?

Wo ist dann die Grenze? Warum soll der eine keine Steuer zahlen, der andere schon. Ich bin z. B. kein Handwerker und versteuere mein gesamtes Gehalt. Warum soll es bei meinen Nachbarn, der Handwerker ist, nicht auch so sein? Oder darf ich dann zum Ausgleich anders Steuern hinterziehen?

Weiter vernachlässigst du den Punkt, dass, wenn alle ehrlich Steuern zahlen würden, die Steuersätze gar nicht so hoch sein müssten. Ich zahle also mehr Steuern, weil andere illegal keine zahlen. Kann ich nicht einsehen.

Zusätzlich ist es für den Staat von existenzieller Bedeutung Steuereinnahmen zu erziehlen, da dies die nahezu einzige Finanzierungsquelle ist. Ohne Steuereinnahemn kann der Staat seinen Aufgaben nicht nachkommen.

M. E. ist es viel wichtiger dafür zu sorgen, dass Steueergelder nicht verschwendet werden.

Niemand zahlt gerne Steuern, aber ohne geht es nun mal auch nicht.

Servus,

danke erst mal.

Wo ist deine Datenbasis?

Woher weißt du das?

Weiß ich nicht, daher war es ja auch als Frage bzw. Gedankenexperiment formuliert.

Jedenfalls können meine Überlegungen nicht sooo falsch sein, da z.B. - wie ich gerade herausgefunden habe - der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider auch bezweifelt, dass die Schwarzarbeit z.B. wirklich Arbeitsplätze gefährdet.

Ein Denkfehler. Würde die Arbeit regulär versteuert, würde das
eine Mehreinnahme für den Staat bedeuten. Würde sie nicht
duchgeführt, weil der Auftraggeber es sich dann nicht leisten
könnte, würde der Auftraggeber mehr Geld zur Verfügungn haben,
das er verkonsumiert. Die Mehrwertsteuer usw. kann also in
jedem Fall generiert werden.

Nun, nach meinen Annahmen ist der Auftraggeber in der Regel wohlhabender, als der Auftragnehmer. Somit muss zwar der Auftragnehmer (z.B. Putzfrau) sämtliches Geld, welches er verdient, in Konsumgütern anlegen, während jedoch der Auftraggeber (z.B. Arzt) das Geld z.B. eher auf der Bank anlegt und somit nicht direkt dem Konsumkreislauf zuführt.

Wo ist dann die Grenze? Warum soll der eine keine Steuer zahlen, der :andere schon. Ich bin z. B. kein Handwerker und versteuere mein :gesamtes Gehalt. Warum soll es bei meinen Nachbarn, der Handwerker :ist, nicht auch so sein? Oder darf ich dann zum Ausgleich anders :Steuern hinterziehen?

Ist das nicht jetzt auch schon so? Wo hört die erlaubte Nachbarschaftshilfe auf und fängt die verbotene Schwarzarbeit an?

Wenn mein Nachbar, der Grundschullehrer ist, mir beim Fliesenlegen hilft, ist das erlaubte Nachbarschaftshilfe. Wenn er zufällig Fliesenleger ist, plötzlich nicht mehr?

Aber natürlich hast Du recht, dass Schwarzarbeit einen großen - ich will es mal „gesellschaftszersetzenden“ Einfluss nennen - haben kann, wenn es dazu führt, dass nur der Dumme ehrlich ist. Dies haftet natürlich allen Formen der Korruption an, zu der ich Schwarzarbeit im weiteren Sinne zählen würde.

Andererseits, gibt es für wohlhabende, die sich Steuer- und Vermögensberater leisten können, viele legale Schlupflöcher, die ein Geringverdiener weder finden, noch sinnvoll nutzen könnte, so dass sich hier auch die Frage nach ausgleichender Gerechtigkeit stellt (aber das ist ein anderes Diskussionsthema).

Gruß,
Sax

Jedenfalls können meine Überlegungen nicht sooo falsch sein,
da z.B. - wie ich gerade herausgefunden habe - der
Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider auch
bezweifelt, dass die Schwarzarbeit z.B. wirklich Arbeitsplätze
gefährdet.

Da er es bezweifelt ist kein Beweis, nicht mal ein Indiez für die Richtigkeit der Annahme. Kann er es auch belegen? Hat wer wirklich ein belastbares Modell, das diese Schlussfolgerung zulässt? Wenn ich bezweifel, dass die Erde eine Kugel ist, wird sie deshalb zur Scheibe?

Nun, nach meinen Annahmen ist der Auftraggeber in der Regel
wohlhabender, als der Auftragnehmer. Somit muss zwar der
Auftragnehmer (z.B. Putzfrau) sämtliches Geld, welches er
verdient, in Konsumgütern anlegen, während jedoch der
Auftraggeber (z.B. Arzt) das Geld z.B. eher auf der Bank
anlegt und somit nicht direkt dem Konsumkreislauf zuführt.

Selbst wenn deine Annahme zutreffen würde, würde sie nichts ändern.
Auch das Anlegen bei einer Bank ist ein Geschäft. Die Bank zahlt Zinsen, die als Einkommen zu versteuern sind. Weiter macht die Bank mit der Einlage auch selbst Gewinn der zu versteuern ist. Außerdem würde das Geld indirekt wieder zu Konsum führen, da es von der Bank für Kredite ausgeliehen würde, die wiederum in den Konsum fließen.

Ist das nicht jetzt auch schon so? Wo hört die erlaubte
Nachbarschaftshilfe auf und fängt die verbotene Schwarzarbeit
an?

Nachbarschaftshilfe hört da auf, wo für die Leistung bezahlt wird.

Wenn mein Nachbar, der Grundschullehrer ist, mir beim
Fliesenlegen hilft, ist das erlaubte Nachbarschaftshilfe. Wenn
er zufällig Fliesenleger ist, plötzlich nicht mehr?

S.o.

Andererseits, gibt es für wohlhabende, die sich Steuer- und
Vermögensberater leisten können, viele legale Schlupflöcher,
die ein Geringverdiener weder finden, noch sinnvoll nutzen
könnte, so dass sich hier auch die Frage nach ausgleichender
Gerechtigkeit stellt (aber das ist ein anderes
Diskussionsthema).

Der Unterschied ist, dass das eine legal ist, das andere nicht. Wenn du ein Problem mit Steuerschlupflöchern hast, ist der richtige Weg, dass du deinen Landtags- oder Bundestagsabgeordneten in den Hintern trittst, dass er die schließt. Oder du gründest eine eigene Partei zur Bekämpfung von Steuerschlupflöchern (und Vermeidung der Verschwendung von Steuergeldern).

Gerechtigkeit ist relativ und subjektiv. Wer vollständige Gerechtigkeit durchsetzen will, wird sich in der Hölle auf Erden wiederfinden.

Hallo,

Auftraggeber (z.B. Arzt) das Geld z.B. eher auf der Bank
anlegt und somit nicht direkt dem Konsumkreislauf zuführt.

das ist nicht richtig. Sparen (ob nun in Aktien, Anleihen oder Guthaben) kommt der Wirtschaft auch wieder zugute, weil nur dadurch eine Finanzierung der Unternehmen und Privatpersonen stattfindet.

Gruß
Christian

Servus,

das ist nicht richtig. Sparen (ob nun in Aktien, Anleihen oder
Guthaben) kommt der Wirtschaft auch wieder zugute, weil nur
dadurch eine Finanzierung der Unternehmen und Privatpersonen
stattfindet.

OK, mein Denkfehler.

Gruß,
Sax

Servus,

Da er es bezweifelt ist kein Beweis, nicht mal ein Indiez für
die Richtigkeit der Annahme. Kann er es auch belegen? Hat wer
wirklich ein belastbares Modell, das diese Schlussfolgerung
zulässt?

Keine Ahnung, deswegen habe ich ja hier ursprünglich meine Fragen gestellt.

Da fällt mir auf: Du hast bisher zwar immer Belege gefordert, aber keine eigenen geliefert…

Gruß,
Sax

Hi,

was möchtest du belegt haben? Hast du einen konkreten Punkt?

Servus,

Hi,

was möchtest du belegt haben? Hast du einen konkreten Punkt?

Na, z.B. wie viel Prozent der vorher mit Schwarzarbeit erledigten Arbeiten offiziell angemeldet und versteuert werden, wenn man die Schwarzarbeit wirksam bekämpft.

Oder wie viele Arbeitsplätze dadurch geschaffen werden.

Kann auch gerne erst einmal in einer einzelnen Branche sein.

Gruß,
Sax

Hallo,

heute morgen in der S-Bahn hatte ich gerade die Überlegung, ob

Schwarzarbeit wirklich sooo schlimm für die Volkswirtschaft ist.

Wir kennen ja alle die Aussagen wie „Milliardenausfälle bei den Steuereinnahmen“, „Gefährdung von Arbeitsplätzen“ etc.
Der Finanzminister spricht regelmäßig von Verlusten von 70 Mrd. die dem Staat dadurch angeblich entstünden.
Nun frage ich mich, ob dies wirklich stimmt, oder man sich hierbei die Sache „schön rechnet“.

Die erste Frage wäre dann naturgemäß, wie das gerechnet wurde. Wenn es so gerechnet wird, wie Politiker meistens rechnen, dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit „schön“ gerechnet.

Fördert „klassische“ Schwarzarbeit nicht auch die regionale Wirtschaft und hilft evtl. sogar diese zu stabilisieren?
Durch den kleinen Raum, in dem die „klassische“ Schwarzarbeit jeweils durchgeführt wird, bleiben die getätigten Geschäfte doch in der Region, statt ins Ausland oder in Finanzmarkttransaktionen abzuwandern. Wird dadurch nicht evtl. sogar der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland entgegengewirkt?

Naja, wenn die Schwarzarbeiter auch aus der Region kommen und die schwarz arbeiten Lassenden ansonsten ihr Geld im Ausland ausgeben würde, könnte man das bejahen.

Rechnet der Finanzminister außerdem nicht falsch, wenn er für seine Berechnungen annimmt alle in Schwarzarbeit verrichteten Arbeiten würden offiziell versteuert und angemeldet werden?

Also zumindest wäre diese Annahme falsch. Aber wie es nun tatsächlich gerechnet wird, wissen wir ja nicht. Ich frage mich schon allein, woher die genau den Umfang der Schwarzarbeit wissen wollen. Da fängt die Unsicherheit wohl schon an.

Ich kann mir vorstellen, dass mindestens ein Drittel der Schwarzarbeiten dann gar nicht erst durchgeführt würden (also keine Steuereinnahmen oder Sozialabgaben),

Sehr wahrscheinlich. Hinsichtlich des Anteils habe ich aber keine Vorstellung.

ein weiteres Drittel in Eigenregie (also mit Hilfe von Freunden und Bekannten) von statten ginge (also ebenfalls keine
Steuereinnahmen oder Sozialabgaben),

Ebenfalls sehr wahrscheinlich. Viele basteln ja heute schon selbst an Auto, Haus usw. selber rum.

und wahrscheinlich ein weiteres Drittel der Arbeiten zumindest aufgeschoben würde(also weniger Steuereinnahmen oder Sozialabgaben, weil seltener durchgeführt).

Na das gehört dann mit in die erste Kategorie.
Und ganz sicher würde ein Teil der jetzigen Schwarzarbeit dann eben offiziell ausgeführt. Das hast du irgendwie vergessen.
Ich gebe mal ein aktuelles Beispiel. Tausende von Familien haben schon seit Jahren schwarz Menschen aus Osteuropa in ihrem Haushalt beschäftigt. Meist zur Plege von Angehörigen, die eben rund um die Uhr Betreuung und Pflege benötigen. Das fand bisher schwarz statt, weil diese Leute zum Einen gar nicht hier arbeiten durften. Und dank aller Abgaben und Steuern wäre eine offizielle deutsche Kraft auch so teuer gewesen, dass man sie sich zum Anderen auch gar nicht hätte leisten können. Hierfür benötigt man schließlich gut und gerne vier vollzeitbeschäftige Angestellte.
Jetzt nachdem diese Leute hier ohne Weiteres arbeiten dürfen werden sie plötzlich angemeldet.

Wie viele Bauvorhaben z.B. würden ohne Schwarzarbeit gar nicht erst bzw. einfacher, seltener oder erst zeitverzögert realisiert?

Bestimmt nicht allzuviele. Dann würde eben anders gebaut. Noch mehr Fertigteilbuden usw.

Und wie viele Menschen würden gerade im Niedriglohn-Sektor arbeitslos, wenn man die Schwarzarbeit sofort abschaffen würde?

Niemand. Wie sollte jemand dadurch arbeitslos werden, weil Schwarzarbeit abgeschafft wird. Der schwarzarbeitende Hartz-IV-Empfänger wäre weiter arbeitslos. Und demjenigen, der bisher einen Job hatte, wird ja dadurch auch nichts weggenommen.

Also wäre es doch durchaus denkbar, dass effektiv die Arbeitslosenzahlen sogar steigen würden, wenn es gelänge die Schwarzarbeit vollständig zu bekämpfen, oder?

Nee. Das sehe ich so nicht kommen. Eher das Gegenteil. Ein paar Schwarzarbeiten würden dann eben angemeldet ablaufen.

Somit müsste der Staat ohne Schwarzarbeit evtl. sogar mit höheren Belastungen seitens der Sozialausgaben rechnen, oder?

Nö.

Und wird das in der Schwarzarbeit erwirtschaftete Geld nicht schneller dem Konsumkreislauf wieder zugeführt, als wenn es keine Schwarzarbeit gäbe?
Ein Schwarzarbeiter hat ja mehr Geld zur Verfügung, welches er direkt in Konsumgüter umsetzen kann und, da es sich in der Regel um Geringverdiener handelt, vielleicht sogar sofort wieder ausgeben muss.

Wenn diese letzte Annahme korrekt ist, dann ja. Geringverdiener haben in der Tat eine höhere Konsumneigung als Vorstandsvorsitzende.

Somit fließen dem Staat doch über Mehrwertsteuer etc. indirekt dann doch wieder Steuereinnahmen zu, oder?

Nur wenn der Auftraggeber ansonsten sein Geld im Ausland ausgegeben hätte. Ansonsten wäre es auf einem anderem Weg in den Kreislauf gekommen. Der Mehrwertsteuer ist es egal, ob sie vom Schwarzarbeiter oder seinem Auftraggeber kommt.

Wurde das alles mal untersucht und wirklich objektiv

  • Steuerverluste auf der einen Seite und Steuermehreinnahmen
    auf der anderen Seite
  • Verluste bei den Sozialabgaben auf der einen Seite und
    mögliche Mehrbelastung der Sozialversicherung durch erhöhte
    Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite
  • Destabilisierende Effekte aufgrund von Wettbewerbsvorteilen
    und regional stabilisierende Effekte aufgrund von regionaler
    Förderung der Wirtschaft etc. gegeneinander aufgerechnet?

Ich vermute mal nein. Das kann man schon aufgrund der sehr unsicheren Datengrundlage nur grob schätzen.

Und zuletzt: Ist vor diesem Hintergrund der Aufwand überhaupt gerechtfertigt, den der Staat bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit betreibt?

Also wenn ich so manchmal die Gerüstschüttler sehe, frage ich mich das auch. Einerseits wurde hier eine Beschäftigung für Leute gefunden, die nichts mehr zu tun haben, aber trotzdem noch bis an ihr Lebensende Anspruch auf Besoldung haben. Da wäre die Frage angebracht, ob die woanders sinnvoller eingesetzt werden könnten. Andererseits verursacht Schwarzarbeit auch Schäden, die hier bisher fehlen. Ich kann hier nur Arten aufzählen ohne eine Vorstellung von den Dimensionen zu haben.
Mir fallen da Arbeitsunfälle ein, die dann normalerweise von der Berufsgenossenschaft gegen Bezahlung beglichen werden, die dafür wiederum Beiträge kassiert und auch ein bißchen dafür sorgt, dass weniger davon passieren. Beim Schwarzarbeiter fällt das den Krankenkassen zu. Nirgendwo wird soviel gepfuscht wie beim Bau. Wenn dort nachher Schäden auftreten sind die nicht versichert und es kann volkswirtschaftlich gesehen mehr kaputt gehen, als durch die Schwarzarbeit gespart wurde.

Sollte der Staat vielleicht primär nur die „Schwarzarbeit im großen Stil“ bekämpfen und „klassische private Schwarzarbeit“ aufgrund der genannten Effekte ignorieren?

Dies scheitert bestimmt schon an der Abgrenzung. Außerdem habe bisher noch nichts von den Gerüstschüttlern im Privathaushalt gehört. Die werden ohnehin erst aufmerksam, wenn es sich um Schwarzarbeit in größerem Stil handelt.
Ich fände in diesem Zusammenhang den Ansatz interessanter Arbeit weniger stark durch Abgaben zu belasten. Denn wenn ich auf die Lohnfortzahlung im Fall von Krankheit, Urlaub und Feiertagen auch noch SV-Beiträge für die KV, RV, PV und AV bezahlen soll und auf alles auch noch 19% Umsatzsteuer draufhaue, dann wird eben die Stunde ziemlich teuer. So teuer, dass sich das viele nicht leisten können und noch mehr nicht wollen, wenn sie dies ihrem eigenen Nettolohn gegenüberstellen. Ich denke mal, dass das der Knackpunkt ist, da Schwarzarbeit ja in der Regel ein sehr arbeitsintensives Geschäft ist. Der Staat sollte also die Anreize zur Schwarzarbeit reduzieren anstatt sie immer weiter zu erhöhen und dann versuchen gegen die Folgen anzukämpfen. Als Ausgleich müßte dann eben die Umsatzsteuer erhöht werden.
Aber das wäre eine so einfache Lösung, dass sie wohl schon allein deshalb auf keinen Fall in Frage kommen kann. Dann eher noch Schwarzarbeitsbekämpfungsarbeitskreise auf Länderebene und eine zentrale Schwarzarbeitsbekämpfungkoordinierungsstelle auf Bundesebene, wo sich dann Leute, die nie in ihrem Leben gearbeitet haben und auch von der Wirtschaft möglichst wenig verstehen, schlaue Gedanken machen können.

Grüße

Servus,

danke für Deine ausführliche Antwort.

Bzgl. dem Punkt Jobverlust bei 100%iger Bekämpfung der Schwarzarbeit, dachte ich in der Tat an die Putzfrau oder die Pflegekraft, die sich nicht arbeitssuchend gemeldet hat und dann nach Wegfall des (Schwarz-)Arbeitsplatzes „arbeitslos“ geworden ist. Oder an den Handwerker, der seine kleine Firma nur über Wasser hält, weil er 30% der Jobs schwarz erledigt und ansonsten zusperren und auch seine Mitarbeiter kündigen muss.

Wenn natürlich der Schwarzarbeiter ohnehin HartzIV bekommt und daneben schwarz arbeitet (was wahrscheinlich die Mehrheit sein dürfte), geht meine Rechnung nicht auf.

Wie Du schon gesagt hast, bereitet auch mir vor allem Bauchschmerzen, dass man bei einer so unklaren Datenlage überhaupt irgend eine Entscheidung trifft und vor allem ohne mit der Wimper zu zucken Zahlen wie 70 Mrd. in den Raum wirft, die locker einen Fehler von +/- 100% aufweisen können.

Wahrscheinlich bin ich diesbezüglich zu sehr Naturwissenschaftler.

Gruß,
Sax

Hallo,

Na, z.B. wie viel Prozent der vorher mit Schwarzarbeit
erledigten Arbeiten offiziell angemeldet und versteuert
werden, wenn man die Schwarzarbeit wirksam bekämpft.

Oder wie viele Arbeitsplätze dadurch geschaffen werden.

zu beiden Punkten habe ich keine konkrete Zahl genannt, ich ich belegen können sollte.

Ich habe nur gesagt, dass wenigstens ein Teil der Arbeiten erledigt werden würde. Dies ist eine Folgerung aus der Annahme, das wenigstens ein Teil der Arbeiten notwendig ist und der Auftraggeber auf sie nicht verzichten kann. Wer ein Auto benötigt um seinen Arbeitsplatz zu erreichen, lässt es reparieren - schwarz oder wenn das nicht geht legal. Ich denke diese Folgerung ist intuitiv einzusehen.

Für die Arbeitsplätze ist es nicht mal wichtig, ob sie die Arbeit ausgeführt wird. Das Geld ist da und wird verkonsumiert (ob direkt oder indirekt über eine Bank). Die erworbenen Güter oder Dienstleistungen müssen bereitgestellt werden wofür Arbeitskräfte benötigt werden. Ich denke auch dies ist sehr leicht einzusehen.

Hallo,

Bzgl. dem Punkt Jobverlust bei 100%iger Bekämpfung der
Schwarzarbeit, dachte ich in der Tat an die Putzfrau oder die
Pflegekraft, die sich nicht arbeitssuchend gemeldet hat und
dann nach Wegfall des (Schwarz-)Arbeitsplatzes „arbeitslos“
geworden ist.

O.K. Wenn Du sowas denkst, wäre es hilfreich, wenn Du es dann auch so formulierst, da ansonsten die Mehrheit bei arbeitslos eben an etwas anderes denkt.

Oder an den Handwerker, der seine kleine Firma nur über Wasser hält, weil er 30% der Jobs schwarz erledigt und ansonsten zusperren und auch seine Mitarbeiter kündigen muss.

Das klingt ein bißchen nach einem Rechtfertigungsversuch. Und man macht dabei den Fehler zu übersehen, dass dann die Arbeiten, die der Betrieb bisher offziell gemacht hat, von anderen Firmen übernommen werden oder aber die Firma das ganze auch mit 30% weniger Leuten/Arbeitszeit erledigen könnte. Andersrum argumentiert nimmt dieser Betrieb, weil er sich illegal Wettbewerbsvorteile verschafft anderen Unternehmen aufträge weg, also auch die Arbeitsplätze, die daran hängen.

Wenn natürlich der Schwarzarbeiter ohnehin HartzIV bekommt und daneben schwarz arbeitet (was wahrscheinlich die Mehrheit sein dürfte),

Auch bei Naturwissenschaftler dürften solche Thesen einer kleiner Unterfütterung bedürfen, warum es denn wahrscheinlich so sein dürfte und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist.

geht meine Rechnung nicht auf.

Na zumindest ist sie dann genauso unseriös wie die von Politikern.

Wie Du schon gesagt hast, bereitet auch mir vor allem Bauchschmerzen, dass man bei einer so unklaren Datenlage überhaupt irgend eine Entscheidung trifft und vor allem ohne mit der Wimper zu zucken Zahlen wie 70 Mrd. in den Raum wirft, die locker einen Fehler von +/- 100% aufweisen können.

Also das es sie gibt, ist wohl unzweifelthaft. Das Ausmaß kann der Staat nur schätzen. Interessant wäre eben, worauf sich diese Schätzungen beziehen. Bei Politikern besteht freilich immer die Gefahr, dass sie auf Effekthascherei aus sind und sich Zahlen so zurechtbiegen, wie sie es gerade brauchen.

Wahrscheinlich bin ich diesbezüglich zu sehr Naturwissenschaftler.

Naja. Dazu fällt mir die Diskussion um den Klimawandel ein. Da scheint es auch nicht nur um die reine Naturwissenschaft zu gehen. Dort wird wohl auch je nach Interessenlage mehr in die eine oder andere Richtung geschätzt.
Als Nicht-Naturwissenschaftler beschleicht mich angesichts der Tatsache, dass wir hier in unseren Breitengraden Kohle abbauen können und andererseits aber auch schon Eiszeiten erlebt haben, der Gedanke, dass plötzliche und drastische Klimaveränderungen nichts Besonderes sind.

Wenn man jetzt beim Thema Schwarzarbeit mal davon ausgeht, dass es sie gibt, dann verursacht sie auch Schäden. Und diese bestehen nicht nur aus Einnahmeverlusten. Mir fallen da neben dem (volks)wirtschaftlichen Schäden durch Pfusch auch noch Belastungen der Krankenkassen durch unversicherte (Schwarz)arbeitsunfälle ein. Im dümmsten Fall wird der Schwarzarbeitende krankgeschrieben und sein Arbeitgeber bezahlt dann auch noch Lohnfortzahlung. Der ist dann gleich doppelt gekniffen. Nicht nur dass ihm sein Angestellter in der Freizeit Aufträge wegschnappt, jetzt bezahlt er auch noch Schäden, die dabei entstehen. Ich persönlich sehe daher weniger die proklamierten Einnahmeausfälle als problematisch an, sondern die Wettbewerbsverzerrungen, die dadurch auftreten. Und hier sollte auch angesetzt werden. Allerdings nicht so wie in Deutschland, dass man versucht Symptome zu bekämpfen, sondern indem man eben die Ursachen beseitigt.

Grüße

Servus,

nochmals danke an alle Antworter!

Gruß,
Sax