Hallo,
vielen Dank für Deine Mühe und Deine Antwort.
Gerne doch.
Wenn ich das nun richtig verstanden habe, führen also auch
Elektroden am Nerv zum Muskel mit stärker werdenden
Einzelreizen zu einer stärkerern Kontraktion des Muskels, weil
wohl mehr Motoneuronen und somit motorische Einheiten gereizt
werden (bis letztendlich das Maximum erreicht ist). Ist das so
richtig?
Mit dem Ausdruck „stärker werdende Einzelreize“ bin ich noch nicht so recht einverstanden. Reizt man einen Nerv, so wird dieser lokal depolarisiert. Die Stärke der lokalen Depolarisation ist proportional zur Reizstärke. Solange die Stärke der lokalen Depolarisation „unterschwellig“ bleibt, wird nach Ende des Reizes die Membran wieder repolarisiert und der Reiz ist „vergessen“. Erst nach „überschwelliger“ Reizung öffnen in der Membran des Neurons spannungsabhängige Kanäle, welche letzlich ein Aktionspotential (AP) erzeugen, die Größe des AP ist eine feste, für den Zelltyp charakteristische Größe, die in ihrer Größe eben nichts mehr mit dem ursprünglichen Reiz zu tun hat. Erst ein AP sorgt dafür, dass die Acetylcholin-Vesikel im Axon-Ende des Neurons mit der präsynaptischen Membran an der motorischen Endplatte verschmelzen und so den Transmitter freisetzen, der an der postsynaptischen Membran der Muskelzelle an Ligandenabhängige Kanäle bindet, die bei Öffnung die postsynaptische Membran depolarisieren. Aus hier gilt wieder: die Depolarisation ist solange lokal, bis sie überschwellig wird und dann spannungsabhängige Kanäle öffnen, wodurch dann ein AP entsteht.
Wenn du mit „Einzelreiz“ ein AP meinst, dann bleibt dessen Stärke konstant. Es gibt nicht verschieden starke APs. Ein AP ist eine „Alles-oder-Nichts“-Antwort.
Wenn du hingegen den äußeren Reiz meinst (zB. die an Elektroden angelegte Spannung), dann erzeugt der eine stärkere lokale Depolarisation, die in schnellerer >Folge in APs übersetzt wird. Hier haben wir es also mit einer Frequenzmodulation zu tun. Die Stärke des angelegten Reizes wird in die Frequenz von APs übersetzt.
Betrachtet man ein einzelnes Neuron, inverviert das eine Muskelzelle, und diese bekommt bei stärkerer Reizung pro Zeiteinheit mehr APs ab. Bei jedem eingehenden AP öffnen in der Muskelzelle Ca-Kanäle, die zytoplasmatische Ca-Konzentration steigt kurz an und sorgt dafür, dass die Aktin-Myosin-Bindestellen freigesetzt werden, woruf hin der Querbrückenzyklus beginnt. Ein AP setzt nicht alles Ca frei und sorgt so auch nicht dafür, dass alle Myosin-Köpfe eine freie Bindungstelle vorfinden. Die Rückführung des Ca (haupts. ins Endoplasmatische Retikulum) dauert etwas. Kommt kurz nach dem ersten AP ein weiteres AP hinzu, so ist im Zytoplasma immer noch Ca und ein Teil der Myosinköpfe ist immer noch gebunden (übt also Kraft aus), und jetzt kommt weiteres Ca hinzu. Dadurch können mehr Myosinköpfe binden und die Gesamt-Karft erhöht sich. Die Frequenz von APs wird im Muskel also wieder in Kraft übersetzt.
Noch eine andere Frage: wenn ein ermüdeter Muskel gereizt
wird, wird der Schwellenwert später erreicht als bei einem
frischen Muskel, oder? Und der Tetanus dagegen bei einer
niedrigeren Reizfrequenz als beim frischen Muskel?!
Ermüdet heißt doch, dass der Sprit alle ist. Das hat auf den Schwellenwert keinen Einfluß. Die spannungsabhängigen Kanäle in der membran brauchen zum Öffnen keine Energie. Ist die Spannung groß genug (eben „überschwellig“), so öffnen sie. Dann strömen die Ionen passiv durch und depolarisieren die Membran bis aufs Aktionspotential. Alles das braucht keine Energie sondern läuft praktisch passiv ab. Ganz ander aber die Wiederherstellung des Ruhepotentials. Die braucht Energie, denn hier müssen all die Ionen wieder „gegen den Strom“ gepumpt werden. Diese Repolarisation kann sich verlangsamen, wenn zu wenig Energie da ist. In der Muskelzelle bedeutzt das auch, dass das Ca weniger Schnell wieder ins ER zurückgepumpt werden kann, so dass tatsächlich schon mit einer niederfrequenten Folge von APs praktisch alle Myosinköpfe in die Bindung getrieben werden können.
LG
Jochen