Schwerbehinderte erst nicht und dann doch eingeladen!

Hallo,

eine schwerbehinderte Person bewirbt sich auf eine Stelle im ÖD. Die Person erhält eine Absage. Die Person fragt schrifltich nach den Absagegründen und verweist auf die Schwerbehinderung. Darauf erhält die Person dann doch eine Einladung zum VG. Die Bewerbungsfrist war nach Einladung bereits 2,5 Wochen abgelaufen. Eingestellt werden soll/te zum 1.5. Das VG ist jetzt allerdings erst am 6.5.

Sicherlich ist das mit den Daten so gang und gäbe, weil nach Ablauf der Bewerbungsfrist infragekommende Bewerber sortiert und zu VGn eingeladen werden müssen und zum ausgeschriebenen Einstellungsdatum sind diese VGs und die abschließende Auswahl ohnehin nicht zu schaffen? Immerhin hatte man als Bewerber nach Stellenveröffentlichung ca. 2,5 Wochen Zeit, sich zu bewerben.

Allerdings wird die Person das Gefühl nicht los, jetzt „nur“ eine Einladung zum VG erhalten zu haben, weil sie schwerbehindert ist. Die Aufgabenschwerpunkte und das Profil sind mehr als erfüllt. Entsprechende Berufserfahrung ist vorhanden. Bezahlung erfolgt „nur“ nach E EG 5. Darüber hinaus ist es ja im ÖD wiederum gang und gäbe, eine bereits intern besetzte Stelle, dennoch öffentlich ausschreiben zu müssen.

Was ist also eurer Meinung nach, von dem o. g. Vorgehen zu halten?

Gruß

Terence Spencer

Hallo Terence,

ausgehend von meinem AG würde ich jetzt mal sagen, dass die Schwerbehinderung vll. „übersehen“ wurde. Wir laden grundsätzlich alle Schwerbehinderten ein, sofern aus der Bewerbung ersichtlich.

Das mit dem Datum würde ich nicht überbewerten. Verschiebungen passieren schließlich auch, wenn der „Wunschkandidat“ noch Kündigungsfristen usw. einhalten muss.

Am „zweifelhaftesten“ finde ich jedoch, dass bereits bekannt ist, dass die Stelle bereits intern besetzt ist.

Meiner Meinung nach ist das für alle externen Bewerber unfair. Teilweise wird jedoch in den Ausschreibungen darauf verwiesen (z. B. in Berlin ist das üblich), dann sollte man gründlich abwägen ob eine Bewerbung wirklich Mühe lohnt und die Entäuschung am Ende nicht überwiegt.

Allerdings muss ich auch sagen, dass interne Bewerber, auch wenn sie schon auf der Stelle sind, oft schlecht vorbereitet zu Vorstellungsgesprächen erscheinen. (So nach dem Motto: Ich mach das jeden Tag, ich kann alle Fragen beantworten)

Da es nun also doch einen Termin zum Gespräch gibt heißt es gut vorbereiten und überzeugen!

Zum Thema der Eingruppierung ist sicher eine EG 5 nicht der Brüller, aber im ÖD geht´s nach den Tätigkeitsmerkmalen. Sofern die Entgeltordnung etwas anderes vorsieht als die EG 5 wäre eine entsprechende Überprüfung später mal sinnvoll!

Nun viel Erfolg beim Vorstellungsgespräch!

Grüße,

FAHA

Hallo!
Nach §82 SGB IX müssen schwerbehinderte Bewerber von öffentlichen Arbeitgebern zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden, wenn sie für die zu besetzende Stelle nicht offensichtlich ungeeignet sind. Unterbleibt dies, macht der Arbeitgeber sich schadenersatzpflichtig in Höhe von drei Monatsgehältern (§15 AGG). Dieses Versäumnis kann auch nicht dadurch geheilt werden, daß man den betreffenden Arbeitnehmer nachträglich noch zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Der Anspruch ist innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Absage beim Arbeitgeber schriftlich geltend zu machen.
Da gibt es ein einschlägiges Urteil des Bundesarbeitsgerichts:
http://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/personal-ta…
http://www.schwerbehindertenvertretung.uni-wuerzburg…

Das Aktenzeichen des BAG-Urteils, auf das der AN bei seiner Korrespondenz mit dem AG verweisen kann: BAG, Urteil vom 22.8.2013, 8 AZR 563/12

D. h, die schwerbehinderte Person könnte aufgrund der Absage bereits eine Klage gegen den Arbeitgeber auf Schadensersatzzahlung i. H. v. drei Monatsgehältern stellen?

Wäre es in dem Fall kontraproduktiv, wenn die schwerbehinderte Person doch der nachträglichen Einladung Folge leistet?

Wie hoch sind die Chancen, dass die schwerbehinderte Person diese Schadensersatzklage gewinnt?

Anmerkung: die Schwerbehinderung wurde im Bewerbungsschreiben angegeben und eine Kopie des Schwerbehindertenausweises wurde der Bewerbung beigelegt. Die Bewerbung erfolgte per E-Mail, die samt diesem Anhang auch entsprechend belegbar ist.

Welche Ausreden könnten seitens des AGs kommen? „Übersehen“ dürfte doch wohl rausfallen?

Da eine Absage erteilt wurde, ist der Käse für den Arbeitgeber gegessen, sich nachträglich herausreden dürfte schwer sein. Im verlinkten BAG-Urteil versuchte es der Arbeitgeber erfolglos mit „Bürofehler“. Also ab zum Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wie hoch die Chancen sind läßt sich natürlich nicht hier abklären, aber das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Rechtsprechung in dieser Thematik sehr beständig. Obendrein muß beim Arbeitgeber ja auch die Schwerbehindertenvertretung ins Verfahren mit einbezogen worden sein, sobald ein schwerbehinderter Bewerber auftaucht. Ist dies geschehen?

Obendrein muß beim Arbeitgeber
ja auch die Schwerbehindertenvertretung ins Verfahren mit
einbezogen worden sein, sobald ein schwerbehinderter Bewerber
auftaucht. Ist dies geschehen?

Das weiß die schwerbehinderte Person nicht. Spielt das bei einer Klage eine Rolle?

Wenn dies nicht geschehen ist, ist dies ein weteres Indiz für Diskriminierung. Bei Vorliegen einer Bewerbung eines Schwerbehinderten MUSS die Schwerbehindertenvertretung am Auswahlverfahren beteiligt werden, zu den Vorstellungsgesprächen eingeladen werden und wird bei der Auswahl der einzuladenden Kandidaten drauf achten, daß Behinderte berücksichtigt werden. Von daher mal die betreffende Person in der Dienststelle herausfinden und kontaktieren, ob das Verfahren auch in dieser Hinsicht ordnungsgemäß abgelaufen ist. Am entstandenen Schadenersatzanspruch ändert das aber erst mal nichts, solange sich nicht herausstellt, daß Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretung übereinstimmend den Kandidaten für offensichtlich ungeeignet hielten. Und wenn ein Schwerbehindertenvertreter übergangen wurde, bekommt der Arbeitgeber auch aus dieser Richtung noch ziemlichen Ärger…

Das herausfinden dürfte weniger ein Problem sein, aber dann wohl am besten auch per E-Mail, also nachweislich kontaktieren? Und dann fragen, ob alles ordnungsgemäß stattgefunden hat …?

Die Schwerbehindertenvertretung dürfte, müsste dann ja auch wahrheitsgemäß antworten?

Ja, mal anmailen und fragen, ob das Verfahren von deren Seite aus ordnungsgemäß abgelaufen ist. Die werden sich schon aus eigenem Interesse dahinterklemmen, wenn da was nicht lief wie es soll, erfahrungsgemäß mögen die so etwas nicht. Unter Umständen kann das Ausschreibungsverfahren deswegen sogar komplett platzen. Wenn sie ins Verfahren einbezogen wurden und hinter der Absage etwas nachvollziehbares steckt, werden sie sich auch äußern. Daneben aber auch einen Termin beim Anwalt machen. (Interessehalber: was für eine Art Institution ist denn betroffen? Kommune, Landes- oder Bundeseinrichtung? Solche Sachen sollten Personaler der öffentlichen Verwaltung eigentlich wissen, da Patzer den Arbeitgeber recht teuer zu stehen kommen können, macht sich in der Peronalakte nicht gut…)

Am besten wäre es dann wohl, wenn die Person eine RSV hat? Ein RA kostet ja auch Geld! Also am besten, sofern vorhanden, der RSV den Sachverhalt schildern und um Kostenzusage bitten?

Es ist eine Agentur. :wink:

Sollte die schwerbehinderte Person jetzt der Einladung folgen oder absagen? Was ist, wenn die Person der nachträglichen Einladung folgt und dann eine (erneute) Absage bekommt? Wenn die Person dann den AG verklagt, könnte dieser ja sagen, dass die Person am VG teilgenommen hat und man da festgestellt hat, dass die Person nicht geeignet ist? Wie sollte die Person die Einladung ablehnen oder den Termin absagen, sodass man ihr das nicht negativ auslegen kann?

Sollte die schwerbehinderte Person jetzt der Einladung folgen
oder absagen? Was ist, wenn die Person der nachträglichen
Einladung folgt und dann eine (erneute) Absage bekommt? Wenn
die Person dann den AG verklagt, könnte dieser ja sagen, dass
die Person am VG teilgenommen hat und man da festgestellt hat,
dass die Person nicht geeignet ist? Wie sollte die Person die
Einladung ablehnen oder den Termin absagen, sodass man ihr das
nicht negativ auslegen kann?

Die Teilnahme ist im Grunde genommen gleichgültig, da der Arbeitgeber die Sache bereits verbockt hat. Das Bundesarbeitsgericht läßt da keine Ausflucht offen, um zu verhindern, daß Arbeitgeber Schwerbehinderten absagen und dann erst auf eine Reklamation hin eine Alibieinladung ergeht. Ich persönlich würde den Termin nicht wahrnehmen unter Verweis auf den angestrengten Schaenersatzanspruch, aber da lieber den Anwalt kontaktieren. Und dessen Honorarfragen vorab abklären, ggf. Beratungshilfeschein besorgen, aber auf dem Gebiet bin ich nun definitiv nicht mehr erfahren…
Hier noch eine Übersicht:
http://www.uni-regensburg.de/verwaltung/medien/dokum…

Zur Vervollständigung:

Die Absage kam 13 Tage nach der Bewerbung. Vier Tage nach der Absage wurde nach den Absagegründen gefragt. Weitere acht Tage später kam die Antwort, dass der entsprechende Personaler erst in der kommenden Woche wieder im Hause ist. Wiederum acht Tage später, erhielt die schwerbehinderte Person nach einem „Klärungsgespräch“ die Einladung.

Fehler ist ‚heilbar‘
Hallo,

nachdem jetzt doch die Einladung ergangen ist, sind Schadensersatzansprüche etc. erst mal nicht gegeben, da der Fehler im Bewerberverfahren (Nichteinladung) heilbar ist, solange noch keine Entscheidung getroffen wurde.
Allerdings sollte der Bewerber in der Tat nachfragen, ob es im Betrieb eine SBV gibt. Falls Ja, müßte der AG u. U. das gesamte Bewerberverfahren neu aufrollen, da die SBV gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX an allen Bewerbergesprächen hätte teilnehmen können. Falls es eine SBV gibt, kommt es u. U. darauf an, wie ernst sie ihren gesetzlichen Auftrag nimmt.

&Tschüß
Wolfgang

Hallo,

nachdem jetzt doch die Einladung ergangen ist, sind
Schadensersatzansprüche etc. erst mal nicht gegeben, da der
Fehler im Bewerberverfahren (Nichteinladung) heilbar ist,
solange noch keine Entscheidung getroffen wurde.

Dies geht allerdings aus den gegebenen Informationen nicht hervor ; üblicherweise werden Absagen ja erst am Ende des Verfahrens gemacht, wenn eine Entscheidung gefallen ist, und nicht bereits nach der Vorauswahl der einzuladenden Bewerber. Schon allein deswegen, um bei Absagen der Eingeladenen eventuell noch Reservekandidaten zu haben.

Es wurde erst abgesagt. „Die Bewerbung hat nicht zum Ziel geführt.“

Erst nach Nachfrage nach den Absagegründen und den Verweis auf die angegebene Schwerbehinderung und einem „Klärungsgespräch“ wurde die schwerbehinderte Person eingeladen.

Das ist doch schon sehr komisch, oder?

Und warum sagt man einer schwerbehinderten Person erst ab und lädt sie dann nach oben Erwähnten doch ein?

Es wurde erst abgesagt. „Die Bewerbung hat nicht zum Ziel geführt.“

Erst nach Nachfrage nach den Absagegründen und den Verweis auf die angegebene Schwerbehinderung und einem „Klärungsgespräch“ wurde die schwerbehinderte Person eingeladen.

Das ist doch schon sehr komisch, oder?

Und warum sagt man einer schwerbehinderten Person erst ab und lädt sie dann nach oben Erwähnten doch ein? … mehr auf http://w-w-w.ms/a5dxn0

Und warum sagt man einer schwerbehinderten Person erst ab und
lädt sie dann nach oben Erwähnten doch ein?

Weil man gemerkt hat, daß man Mist gebaut hat und dies teuer werden kann.

Hallo,

Hallo,

Dies geht allerdings aus den gegebenen Informationen nicht
hervor ; üblicherweise werden Absagen ja erst am Ende des
Verfahrens gemacht, wenn eine Entscheidung gefallen ist, und
nicht bereits nach der Vorauswahl der einzuladenden Bewerber.

Das ist so pauschal nicht richtig. Ich kenne es von meinem und auch anderen Unternehmen, daß bereits nach Vorauswahl Absagen verschickt werden.

Schon allein deswegen, um bei Absagen der Eingeladenen
eventuell noch Reservekandidaten zu haben.

Dafür hat man idR mehr KandidatINNen als notwendig in der Vorstellungsrunde.

Es wurde erst abgesagt. „Die Bewerbung hat nicht zum Ziel
geführt.“

Erst nach Nachfrage nach den Absagegründen und den Verweis auf
die angegebene Schwerbehinderung und einem „Klärungsgespräch“
wurde die schwerbehinderte Person eingeladen.

Das ist doch schon sehr komisch, oder?

Das habe ich ja nicht bestritten

Und warum sagt man einer schwerbehinderten Person erst ab und
lädt sie dann nach oben Erwähnten doch ein?

Schon mal darüber nachgedacht, daß, wo Menschen arbeiten, Fehler gemacht werden ?
Das ist auch bei uns schon vorgekommen (ohne böse Absicht), obwohl ich als SBV meinen Personalern im Nacken sitze. Trotzdem kann auch mal ein Personaler einen schlechten Tag haben und etwas übersehen/überlesen oder in der weiteren Bearbeitung vergessen. Bei elektonischen Bearbeitungsverfahren reicht da u. U. ein vergessenes Häkchen.

Wichtig ist vielmehr, daß jetzt das Verfahren einwandfrei läuft. Meint der AG es ehrlich, wird er Dir auch dazu Auskunft geben - gerade auch was die Beteiligung einer SBV angeht (soweit überhaupt im Betrieb vorhanden).