Schwerter & Material

Hallo Fachleuts,

den langen Schwanz „Schwertkämpfer“ habe ich mit Interesse gelesen.
Als echter Fachmann scheint sich ja hier Herbert heraus zu kristallisieren :wink:)
Ich bin nun absoluter Laie. Vor längerer Zeit habe ich beiläufig etwas über damalige Schmiedetechniken gelesen. Daraus ergeben sich für mich zwei Fragen.

  1. Um härtbaren, aber trotzdem elastischen Stahl zu erzeugen, haben die damaligen Schmiede Eisen mit Stickstoff angereichert. Dazu wurde bereits geschmiedetes Eisen fein gerieben und unter das Hühner / Gänsefutter gemischt. Während der Verdauung reicherte sich das Eisen dann mit Stickstoff an. Die Hühnerkacke wurde dann eingesammelt und das darin enthaltene Eisen ausgewaschen, eingeschmolzen und weiterverarbeitet.
    Da keinerlei theoretische Kenntnisse über Metallurgie im neuzeitlichen Sinn vorhanden waren, kann das also keiner Planung entstammen.
    Eine Erklärung für mich wäre - Materialknappheit und die Beobachtung, das die frei herumlaufenden Hühner auch in der Schmiede herumpicken und damit Eisenkrümel futtern, die wieder zurückgewonnen werden können. Also sozusagen ganz moderne Einstellung :wink:)

Meine Frage nun : Wie kommen Menschen auf diese krumme Idee der Anreicherung?

  1. Um härtbaren aber trotzdem elastischen Stahl zu bekommen benötigt man besondere Legierungsbestandteile. Damalige Schmiede verfügten nicht über das theoretische Wissen, um gezielt diese Legierungen herstellen zu können. Viel entstand aus praktischer Erprobung / Erfahrung sowie Zufall. Stähle für hochwertige Waffen bekamen nur die besten Schmiede (Waffenmeister?) zur Verarbeitung. Diese fertigten dann daraus auch nur die hochwertigen Waffen berühmter Persönlichkeiten, die sich diese sündhaft teueren Schwerter leisten konnten. Fast alle Waffen der damaligen Kaiser und Könige in Europa sowie die Waffen der hochstehenden Persönlichkeiten im vorderen Orient wurden alle aus dem selben Stahl geschmiedet.

Erst nach 2000 hat man die Quelle des mittelalterlichen, hochwertigen Stahls gefunden. Es war eine Eisengrube in Indien, die über arabische Länder bis Afrika / Europa ihr Erz, eingeschmolzen in Puk-Form, geliefert hat. Bis die Grube vor etwa 200 - 300 Jahren erschöpft war und diese hochwertigen Waffen nicht mehr hergestellt werden konnten.

Dieses Material wurde allerdings nicht nach Japan eingeführt. Die Japaner entwickelten dann notgedrungen wegen der fehlenden Stahlqualitäten ihre bekannten Falztechniken, um ebenfalls extrem hochwertige Schwerter herzustellen. Diese Techniken wurden auch hier für „minderwertige“ Legierungen verwendet.

Nun meine Frage . Wie konnten vor mehr als 1000 Jahren solche speziellen Handelsrouten für nur einen einzigen Zweck entstehen? Also es muss doch Menschen in Indien gegeben haben, die die Möglichkeiten dieses Eisenerzes einschätzen konnten. Obwohl die ortsansässigen Bewohner von Eisen und Waffenherstellung keine Ahnung hatten. Alles Zufall?

Über dieses Thema habe ich als Laie nur nebenbei gelesen und mir nicht die Quellen gemerkt. Könnte u.a. ein Bericht mit Namen der Wissenschaftler im Spiegel gewesen sein. Zu der Zeit waren aber in mehreren Publikationen Abhandlungen zu lesen.

Mit ratlosem Gruß gefragt.
Tom

Hallo Tom,

Nun meine Frage . Wie konnten vor mehr als 1000 Jahren solche
speziellen Handelsrouten für nur einen einzigen Zweck
entstehen?

bist Du sicher, daß auf diesen Handelrouten nur dieses eine Produkt gehandelt wurde?
Es gab schon vor Jahrtausenden von Jahren Handelsbeziehungen über weite Strecken, um z.B. Feuerstein zu transportieren http://de.wikipedia.org/wiki/Feuersteinstra%C3%9Fe oder auch Salz http://de.wikipedia.org/wiki/Salzhandel#Europa .
Die Seidenstraße http://de.wikipedia.org/wiki/Seidenstra%C3%9Fe z.B. gab es schon lange vor Christi Geburt. Lapis wurde vor tausenden von Jahren aus Afghanistan nach Ägypten und weiter transportiert. Etcpp.
Das da auch Erz oder Halbzeuge gehandelt wurden, ist doch nur folgerichtig.

Also es muss doch Menschen in Indien gegeben haben,
die die Möglichkeiten dieses Eisenerzes einschätzen konnten.
Obwohl die ortsansässigen Bewohner von Eisen und
Waffenherstellung keine Ahnung hatten. Alles Zufall?

Wie kommst Du auf das schmale Brett?
Alexander hat Schmiede aus Indien entführen lassen, weil sie so gut waren.

Gandalf

Hi Gandalf,
auf diesem Gebiet bin ich Laie und Dein Argument ist sehr stichhaltig. Habe einfach nicht daran gedacht ;-((

Wie kommst Du auf das schmale Brett?
Alexander hat Schmiede aus Indien entführen lassen, weil sie
so gut waren.

Da habe ich jetzt wieder etwas gelernt. Vermutlich haben die dann auch gleich ihr wertvolles Erz auf der Seiden- und / oder Salzroute mit verladen bzw. den Gewürzhändlern mitgegeben.

Gibt es für die andere Frage auch so eine einfache Erklärung?

Hallo Ratloser,

Vermutlich haben die
dann auch gleich ihr wertvolles Erz auf der Seiden- und / oder
Salzroute mit verladen bzw. den Gewürzhändlern mitgegeben.

Ich glaube, dass es umgekehrt war: Die Händler haben das Eisen gerne gekauft, weil sie es anderswo mit Gewinn absetzen konnten.

Gruß
Jörg Zabel

Ich bin leider auch nicht der Experte in Schmiedetechnik sondern im Verwenden der fertigen Produkte.

Dass alle guten Schwerter nur mit Stahl aus EINER Quelle geschmiedet wurden kann ich mir schlecht vorstellen. Zuerst einmal müsste man die Zeit definieren - das Mittelalter ging ja um die 1000 Jahre lang.

Wir hatten in Europa hervorragende Stahllieferanten. Eisenbarren waren Handelsware und wurden auch rege gehandelt aber von Indien zu uns? Indien war bekannt für seinen Wootz was ein Schmelztiegeldamast ist. Ich kann mir vorstellen, dass Wootz gehandelt wurde allerdings kenne ich keine europäische Klinge aus Wootz. Es ist im nachhinein auch schwer genau festzumachen woher das Eisen kam aus dem eine Klinge geschmiedet wurde. Ich höre diese These hier jedenfalls das erste Mal und bin skeptisch.

Das die Schmiede mit sehr vielen Dinge experimentiert haben stimmt schon. Die Schmiedetechnik war ja in Europa schon sehr früh sehr hoch - immerhin haben wir gut 1000 Jahre vor den Japanern die Schmiedetechniken verwendet für die sich die Japaner heute feiern lassen.

Mehr kann ich dazu leider nicht sagen - aber ich kenne Leute, die sich besser auskennen. Wenn Du willst frage ich die mal - soll ich?

schöne Grüße

Herbert

Ich bin leider auch nicht der Experte in Schmiedetechnik
sondern im Verwenden der fertigen Produkte.

Na, da sollte ich Dir besser nicht begegnen …
Wie ich schon sagte, dieses Thema fand ich als beiläufige Lektüre sehr interessant. Allerdings habe ich mich nicht näher damit beschäftigt. Bei meiner Suche bin ich zumindest bei einem der Artikel wieder fündig geworden
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,448…
Wenn meine Erinnerung nicht täuscht, waren weitere Beschreibungen in einem amerikanischem Wissenschaftsmagazin veröffentlicht.

Mehr kann ich dazu leider nicht sagen - aber ich kenne Leute,
die sich besser auskennen. Wenn Du willst frage ich die mal -
soll ich?

Klar, Infos sind immer interessant.
Jörgs Bemerkung unten ist ebenfalls logisch.
LG
Tom

Hallo Gandalf,

das ist ja nun so gar nicht mein Gebiet, ich denke aber, dass der Preis pro Gewichtseinheit bei Seide, Lapislazuli oder Salz deutlich über dem von Eisen liegt. Der Transport von Eisen könnte sich also schlicht nicht gelohnt haben. Und Erz wird mit Sicherheit nicht transportiert worden sein.

Ralph

Hallo Ralph,

ich denke aber, dass
der Preis pro Gewichtseinheit bei Seide, Lapislazuli oder Salz
deutlich über dem von Eisen liegt.

bei Seide und Lapis gebe ich Dir sicher recht, aber wie kommst Du darauf, daß Eisen deutlich billiger war als Salz?!
Die Herstellung von Eisen war ein zeit-, energie- und arbeitsintensiver Prozess und Eisen war für die Herstellung von Werkzeugen und Waffen unabdingbar.

Der Transport von Eisen
könnte sich also schlicht nicht gelohnt haben.

Wie gesagt, Eisen war im Mittelalter ein Hightechprodukt und sicher keines im Tiefpreisbereich. Daher war der Transport sicher lohnend.

Und Erz wird
mit Sicherheit nicht transportiert worden sein.

Da könntest Du recht haben.

Gandalf

Hallo Fragender,

ich bin definitiv kein „Fachleut“, aber interessierter Laie (mein Onkel hat Schmied gelernt und hat als solcher lange gearbeitet).

Da keinerlei theoretische Kenntnisse über Metallurgie im
neuzeitlichen Sinn vorhanden waren, kann das also keiner
Planung entstammen.

Nur weil keine "theoretische Kenntnisse über Metallurgie im

neuzeitlichen Sinn vorhanden waren" bedeutet das nicht das die Kenntnisse derer die damals ihren Lebensunterhalt damit verdienten nicht besser war.

z.B. erinnere ich mich an eine Doku über die Kelten (ich meine es waren die Kelten), ud über deren Metallbearbeitung. Es gelang den Meisterhandwerkern damals z.B. Kupfertöpfe aus einem Stück herzustellen, mit einer so gleichmässig dünnen Wandstärke das unsere heutigen Handwerker dies mit allen Maschinen und „theoretischen Kenntnissen über Metallurgie im neuzeitlichen Sinn“ nicht nachmachen können.
Könnte es vielleicht sein das sich Wissen nicht immer nur aufbaut über die Jahrhunderte, sondern auch verlorengeht?
Und… kochst Du hier und da mal?
Wenn Du Pfeffer oder Salz hinzufügst schmeckt es manchmal besser. Warum? Hast Du von den chemischen Vorgängen die da ablaufen genaue Kenntnisse?

Nun meine Frage . Wie konnten vor mehr als 1000 Jahren solche
speziellen Handelsrouten für nur einen einzigen Zweck
entstehen? Also es muss doch Menschen in Indien gegeben haben,
die die Möglichkeiten dieses Eisenerzes einschätzen konnten.

Vielleicht gab es ja auch hiesiger Händler die in Indien unterwegs waren und das Potential dieser Handelsware erkannten?

Obwohl die ortsansässigen Bewohner von Eisen und
Waffenherstellung keine Ahnung hatten. Alles Zufall?

Sicher das die ortsansässigen Bewohner von Eisen und Waffenherstellung keine Ahnung hatten? Haben die mit Knüppeln und Steinen gegeneinander Krieg geführt / gekämpft? Oder gibt es auch in Indien in der Gegend um die Metallminen herum Waffenhersteller, Werkzeughersteller etc.? Waren wir Europäer wirklich die einzigen die Metall verarbeitet haben?

Bis dann mal wieder

Bianca