Schwierige Kids im Hort

Hallo!
Seit kurzem arbeite ich in einem Kinderhort mit Grundschülern. Eigentlich läuft alles gut soweit nur ein, zwei Kinder machen mir Probleme. Eigentlich geht alles von einem Jungen aus. Der Junge ist an sich ein kluges Köpfchen, aber sozial etwas daneben.

Er beachtet kaum Regeln und hört überhaupt nicht auf mich. Ich erkläre ihm die Regeln in einem ruhigen und freundlichen Ton und er schreit mich an, dass alles unfair sei und rennt raus, verprügelt andere Kinder oder stiftet sie zum „Ausrasten“ an. Wenn ich ihn frage, was er denn unfair findet, dann kann er das gar nicht artikulieren. Die Kids bekommen bei uns auch genügend Möglichkeiten ihre Energie abzubauen, indem sie toben und spielen dürfen, aber das scheint ihm nicht zu reichen.
Auch auf andere Erzieher/innen hört er nicht. So wie ich schon mitbekommen habe, trichtert ihm seine Mutter wohl ein, dass alle Lehrer und Erzieher blöd sind und er sich nichts gefallen lassen soll.
Er lügt auch ständig. Wenn er zb etwas kaputt gemacht hat oder ein Kind gehauen hat (was eigentlich täglich vorkommt), dann schwärzt er andere Kinder, häufig sogar seine Freunde, an.
Von meinen Kollegen kommt immer nur ein „der Junge ist eigentlich nicht tragbar/ wir müssen der Familie wohl kündigen“.
Ich kann mich damit aber nicht zufrieden geben. Vielleicht sind hier ja irgendwelche Erziehungsexperten, Erziehungsberater/Psychologen, die mir Tipps geben können. Gibt es eine Möglichkeit, wie man den Jungen kriegen könnte? Vielleicht auch ohne die Mutter? Weil ich bezweifle, dass wir die Mutter mit ins Boot holen können.

Hat der kleine ADS? Klingt zumindest alles danach. Dagegen helfen Tabletten. Ist allerdings wieder so ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite kommt der Junge runter, auf der anderen Seite sind die Tabletten wie Drogen anzusehen.

Wenn du das durchziehen möchtest, viel Glück. So wie du erzählst, stehst du ziemlich alleine da. Nachher macht er dich psychisch auch noch kaputt. Oder aber er geht auf dich los. Das wären für mich zu viel Risiko. Du kämpfst dazu noch gegen deine Kollegen, u. den Eltern. Dafür wären mir meine (noch) gesunden Nerven zu schade.

Hallo Jana,
nach deiner Beschreibung zu urteilen, hat der Junge wenig Erfahrungen mit Konsequenzen gemacht, weil er die Einhaltung von Regeln strikt verweigert. Wie du schreibst, versuchst du dich ihm mehr oder weniger ruhig und liebevoll zu nähern, was nicht fruchtet. Ich denke, dass dieser Junge Halt und Orientierung benötigt, klare Ansagen, kurz knapp formuliert mit wenig Kommentar, damit er sich einstellen kann. Die Regeln müssten, da er sich der Erklärung verweigert vielleicht sichtbar gemacht werden ,irgendwie kreativ, wenn er noch nicht lesen kann, denn du schreibst nichts darüber, wie alt er ist, aber im Hort wird er wohl noch nicht lesen können. Wenn solche Regeln irgendwo deutlich gemacht wurden (nicht im Gespräch…), dann ist die zweite Instanz die Konsequenz. Diese muss er erfahren als logische Konsequenz und nicht als Strafe. Logisch meint, dass seine Handlung derart mit einer Konsequenz belegt sein muss, dass sie im direkten Zusammenhang mit dem ungehörigen Verhalten steht. Also, wenn er ein Kind schlägt, dann muss er für dieses Kind etwas Gutes tun, ihm etwas bringen oder sich entschuldigen oder Ähnliches. Diese Maßnahmen können auch mit allen Kindern besprochen werden, vielleicht haben diese auch Ideen. Die Konsequenzen müssen allerdings regelmäßig und konsequent eingehalten werden, sonst lernt er nichts daraus!
Dann braucht er sicherlich auch LOB für Das, was er toll macht, wenn auch nur geringfügig, aber es gibt bestimmt etwas, das er auch mal gut macht. Vielleicht nützt es etwas, wenn ein LOB-Kalender aufgehangen wird, wo sichtbar wird, was ihm gelingt. Und bei dem, was du beschreibst über ihn, wird das sehr schwer sein, dennoch denke ich, dass du seiner Art gemäß das Lob sehr weit unten ansetzen kannst, wo es für andere Kinder vielleicht noch gar nicht gelten würde.
Meiner Meinung ist sein Verhalten eine dringende Botschaft… ihn auszuhalten, so wie er ist… Er ist offenbar gewöhnt negative Zuwendung zu bekommen in Form von Schimpfen und Abwehr und macht immer mehr Unfug, um endlich gesehen zu werden.
Vielleicht gelingt es dir, ihn zu sehen oder etwas zu erkennen hinter seiner Wut und der Aggression…
…dann könntest du auch eine oder 5 Wutminuten oder so in der Art zulassen, die aber nach der abgelaufenen Zeit wieder vorbei sein muss.

Vielleicht kommt die eine Idee, nachdem du das gelesen hast oder du hast eine Idee, wie du das eine oder andere umsetzen kannst.
Möglicherweise ist seine Impulsivität aber auch ein ADHS-Syndrom. Da könntest du den Eltern raten, dass er ärztlich untersucht wird, um diese Diagnose wirklich untermauern zu können.

Das ist auf die Schnelle das, was ich dir dazu schreiben kann. Gerne kannst du dich wieder mit mir in Verbindung setzen um das eine oder Andere ausführlicher zu besprechen.

Bei deinen Bemühungen um den Jungen wünsche ich dir alles Gute
herzliche Grüße
Elisabeth

Hallo Jana,

mir scheint, dass Ihr auf den Jungen keinen ausreichenden Einfluss haben könnt, falls und solange die Mutter ihm tatsächlich „eintrichtert“, dass Ihr Idioten seid. Aus Loyalität zu seiner Mutter und weil er - ich nehme an, er ist Erstklässler - noch in einem Alter ist, in dem er alles, was seine Mutter sagt, für absolute Wahrheit hält, könnte er sich gar nicht anders verhalten, selbst wenn er den Vorteil davon einsehen könnte. Ich vermute, die Mutter ist allein erziehend und der Junge hat nicht viel Erfahrung darin, dass erwachsene nahe Bezugspersonen unterschiedliche Ansichten und Verhaltensweisen haben können und bestimmte Anpassungs- und Aushandlungsprozesse im Alltag notwendig sind.

Deshalb erscheint mir ein Gespräch mit der Mutter unerlässlich. In diesem solltest Du (gemeinsam mit einer Kollegin) zunächst das Verhalten des Jungen neutral beschreiben und erklären, welche Folgen dieses Verhalten für den Jungen im Hortbetrieb hat. Bleib dabei erstmal bei den unbestreitbaren Tatsachen, betone auch, dass es sich um solche handelt, nicht um Spekulationen oder Beschuldigungen. Frage die Mutter, wie sie sich dieses Verhalten erklärt, ob sie glaubt, dass sie irgendeinen Einfluss darauf hat. Versuche mit ihr zu erarbeiten, was sie tun kann, um den Hortplatz zu erhalten. Frag sie, was sie von Euch erwartet.

In der Kürze und ohne den Jungen zu kennen, ist es mir unmöglich, passgenauere Ratschläge zu geben. Habt Ihr keine Institutionenberatung oder Supervision?

Viel Erfolg wünscht

Katie

Vielen Dank für deine Antwort, Elisabeth.
Das was du geschrieben hast mit dem „aushalten so wie er ist“, da könnte was dran sein! Ich habe das Gefühl, dass er zu Hause gerne übersehen wird, wenn er nichts anstellt.
Ich werde deine Tipps die nächste Zeit über mal anwenden.
Liebe Grüße

Hallo Katja,
er ist jetzt gerade in die dritte Klasse gekommen.
Wir suchen schon seit längeren das Gespräch mit der Mutter. Leider kommt von ihr nur ein „in den nächsten 4 Wochen hab ich keine Zeit“ oder wenn wir sagen, sie soll uns einen Termin nennen, dann sagt sie einen Termin und kommt dann nicht. Er wird auch immer von seiner großen Schwester abgeholt.
Leider haben wir keine Supervision :frowning:.
Danke für deine Ratschläge
LG