Schwingelalgen/Schmieralgen-Problem

Hallo!

In meinem Aquarium ca. 45 Liter Nettoinhalt vermehren sich expolosionsartig Schmieralgen -> unter dem Mikroskop zweifelsfrei indentifiziert.

Im Becken sind nur 6 Zwerggarnelen. Es ist ungefiltert, und wird nur durch eine Strömungspumpe bewegt. Beleuchtung mit 2x15 Watt T8. Füttern tu ich gar nicht.

Ich finde allerdings die Ursache nicht so richtig.

Wasserwerte:

Temp.: 23°C
Nitrit: 0
Nitrat: ca. 25 mg/l
pH: um 7
GH: > 21
KH: 15

Ich vermute ja mal, dass es an dem vielen Nitrat im Leitungswasser liegt oder vielleicht an der extremen Härte des Wassers.

Wass soll ich tun? Hornkraut oder so was einsetzen, um das Nitrat zu reduzieren oder das Wasser weicher machen?

Sagt mir doch mal bitte eure Vorschläge.

Danke

Moin,

Ich vermute ja mal, dass es an dem vielen Nitrat im
Leitungswasser liegt oder vielleicht an der extremen Härte des
Wassers.

Schmier- bzw. Blaualgen oder richtiger Cyanobakterien reagieren sehr sensibel auf einen Wasserparameter, den du nicht untersucht hast, nämlich den Phosphatwert. Ist der sehr hoch, können sie sich explosionsartig vermehren. Hast du irgendein nährstoffhaltiges Bodensubstrat etc. eingebracht, das Phosphat abgeben könnte?

Wass soll ich tun? Hornkraut oder so was einsetzen, um das
Nitrat zu reduzieren oder das Wasser weicher machen?

Pflanzen als Nährstoffverwerter und Konkurrenten sind wirklich eine gute Möglichkeit, die mir einfällt, um die Blaualgen natürlich zu kontrollieren. Ich habe Wassernabel, Hornkraut oder Entengrütze in meinen Garnelenbecken. Außerden solltest du kurze Beleuchtungszeiten einhalten (10 h reichen) und direkten Sonneneinfall vermeiden. Die Pflanzen kommen bei deiner starken Beleuchtung gut mit kurzen Beleuchtungszeiten klar. Algen kommen zwar mit wenig Licht aus, vertragen aber aufgrund ihrer geringen ‚Speicherkapazität‘ keine zu kurzen Beleuchtungszeiten (ich denke, dies trifft noch verstärkt auf Cyanobakterien zu).
Außerdem regelmäßig Wasser wechseln (aber auch nicht zu viel, vielleicht wöchentlich 20%) und die Schmieralgen, derer du habhaft werden kannst, mechanisch entfernen. Eine Strömungspumpe halte ich für kontraindiziert, weil du damit die Blaualgen vermutlich noch aktiv im Becken verteilst. Garnelen brauchen keine Strömungspumpe.

Ein wenig an den Wasserwerten zu schrauben, kann vielleicht auch nicht schaden. Cyanobakterien stellen eigentlich meist recht hohe Ansprüche an ihren Lebensraum und es könnte durchaus sein, dass sie sich von selbst verziehen, wenn du Härte und pH etwas nach unten fährst. Ich habe GH7 und pH6 in meinen garnelenbecken und die Garnelen kommen klar damit. Nur schlagartig umstellen sollte man nicht.

Gruß, Jesse

Hm!

Ok. Danke für die Meinung. Gibts vielleicht Leute die andere Gedanken zu dem Thema haben?

Also pH bin ich schon am schrauben, hab heute CO2 angehängt. Es hängen auch 2 Efeututensenker im Becken --> gegen Posphat. Mein Bodensubstrat gibt keine Phosphate ab.

Zu der Strömungspumpe. Wenn ich keine Algen habe, kann die ja auch nichts verteilen, das ist ja das Ziel^^. Außerdem brauchen meine Muscheln Strömung.

Dann hab ich gleich noch mal ne Frage.

Mein Zoohändler wollte mir heute weiß machen, dass ein Filter Nitrat speichert, bzw. vernichtet. Ich habe nämlich keinen, da ich ja nichts füttere und somit keine Nitrate eintrage. Der Filter baut doch nur Stoffwechselprodukte ab und um, um sie in die Kreisläufe wieder zurückzuführen oder liege ich falsch in der Annahme?

lg markus

Mein Zoohändler wollte mir heute weiß machen, dass ein Filter
Nitrat speichert, bzw. vernichtet. Ich habe nämlich keinen, da
ich ja nichts füttere und somit keine Nitrate eintrage. Der
Filter baut doch nur Stoffwechselprodukte ab und um, um sie in
die Kreisläufe wieder zurückzuführen oder liege ich falsch in
der Annahme?

Ja, die Filterung ist so eine Sache, was da so alles an Prozessen passiert hängt stark von den Bedingungen im Filter ab. Ein biologisch arbeitender Filter soll stickstoffhaltige organische Substanzen (Proteine, Aminosäuren, Harnstoff, Ammonium) über Nitrit zu Nitrat oxidieren und das Nitrat anschließend zu gasförmigem Stickstoff reduzieren, der dann in die Atmosphäre ausgast. Der erste Prozess ist dabei eine Oxidation und benötigt Sauerstoff, die Reduktion zu Stickstoff ist ein strikt anaerober Prozess und funktioniert nur unter Sauerstoffabschluss. Da im Wasser immer genügend Sauerstoff gelöst ist, funktioniert der Komplettabbau also nur, wenn während des Filterdurchlaufs der Sauerstoff durch die oxidativen Abbauprozesse komplett aufgezehrt wird. Dann können sich in den hinteren, sauerstoffreien Bereichen des Filters Anaerobier ansiedeln, die das Nitrat reduzieren. Dazu muss das Filtervolumen (bzw. die Lauflänge des Wassers durch den Filter) groß genug und die Strömungsgeschwindigkeit klein genug sein, ferner müssen diese Verhältnisse lange genug stabil gehalten werden, damit sich eine geeignete Bakterienfauna etablieren kann. D.h. entweder man verwendet spezielle, luftgetriebene Biofilter oder große bis sehr große Außenfilter mit reduzierter Pumpenleistung und einem vorgeschalteten ‚Schmutzfänger‘, die Standzeiten >1 Jahr schaffen ohne zu verschlammen.

In einem normalen Innenfilter herrschen immer aerobe Verhältnisse und der Abbau geht nur bis zum Nitrat, welches dann über Wasserwechsel entfernt werden muss. Gespeichert wird Nitrat nicht, da es ein lösliches Ion ist und ein Filter filtert mechanisch, sprich er erfasst nur Feststoffe. Es gibt Ausnahmen bei den Filtermaterialien (Aktivkohle, Ionentauscher), die auch lösliche Stoffe speichern. Ein Einsatz im Aquarium rät sich ab nicht an, da die gebundenen Stoffe bei Überladung schlagartig wieder an das Wasser abgegeben werden können. Ansonsten speichert der Filterschwamm eher Dreck, bevor sich dieser zersetzen und Schadstoffe ans Wasser abgeben kann, die dann abgebaut werden müssen. Das ist wohl so die Primärfunktion eines Innenfilters. Er sollte daher auch regelmäßig gereinigt werden.

In einem 45 Liter - Becken mit ein paar Garnelen muss man übrigens auch meiner Ansicht nicht filtern, wenn es eingefahren ist und man wenig füttert. Ich mache das in meinen Garnelenbecken auch nicht. Wenn man nichts einträgt, muss man auch nichts entfernen.

Gruß, Jesse

1 Like

Hallo Jesse.

Ich frage mich gerade, ob bei der Reduktion von Nitrat nicht erst wieder Nitrit entstehen muss.

Wodurch dieser Prozess, wie gewöhnlich alle anaeroben Vorgänge im Aquarium, zumindest vom Potential her, wiederum hoch giftig wäre?

Andererseits, warum braucht man dann überhaupt erst Nitrat?

Gruß, Nemo.

Hallo,

ich frage mich was in diesen „reinen“ Garnelenbecken für Muscheln hausen…

Grübelt Biene

Hallo Biene,

ich frage mich was in diesen „reinen“ Garnelenbecken für
Muscheln hausen…

und wenn wir schon dabei sind uns alles mögliche zu fragen, frage ich mich, was die Muscheln denn fressen, wenn es doch heißt, dass sie regelmäßig jämmerlich in Aquarien verhungern, weil es eben nicht genug Nährstoffe im Wasser hat die sie filtern könnten und man sogar dazu rät sie mittels Futterlösung in der Spritze täglich damit gezielt einzunebeln. :o/

Gruß
M.

Hallo Nemo,

Ich frage mich gerade, ob bei der Reduktion von Nitrat nicht
erst wieder Nitrit entstehen muss.

es gibt bei der Denitrifikation sicher viele Mikroorganismen mit verschiedenen Stoffwechselwegen, die Hand in Hand arbeiten. Laut Wikipedia gibt es einige Bakterien, die prinzipiell Nitrat nur zu Nitrit reduzieren können, um Sauerstoff zu gewinnen. Das Nitrit kann dann unter Luftabschluss von anderen Bakterienstämmen (Pseudomonaden, Flavobacter) bis hinunter zum Stickstoff weiter reduziert werden oder es wird in den aeroben Zonen des Aquariums von anderen Bakterien (Nitrobacter) wieder zu Nitrat veratmet. Es gibt allerdings auch Bakterien, die Nitrat bis runter zum atomaren Stickstoff reduzieren können.

Die Frage, wie die die Reduktion von Nitrat zu Stickstoff genau abläuft, kann wohl nur ein Biochemiker beantworten, vielleicht geht sie auch ins Philosophische. Die Reaktionen laufen im Zellstoffwechsel ja nicht frei ab, sondern an Cytoplasmamembranen oder den Zellorganellen der reduzierenden Bakterien. Dabei wird auch kein freies Nitrat verstoffwechselt, sondern dieses vorher in organischen Komplexen gebunden, die dann den Ladungstransfer katalysieren. In so eine Reaktionskaskade bleibt das Stickstoffatom vermutlich so lange organisch gebunden, bis alle Reduktionsschritte abgelaufen sind. Es wäre vermutlich nicht ganz korrekt zu sagen, dass als Zwischenstufe Nitrat gebildet wird, wenn dieses niemals als freies Ion vorliegt.

Wodurch dieser Prozess, wie gewöhnlich alle anaeroben Vorgänge
im Aquarium, zumindest vom Potential her, wiederum hoch giftig
wäre?

Die Möglichkeit besteht, wie gesagt. Es gibt Bakterien, die Nitrat nur bis zum Nitrit reduzieren können und dieses freisetzen. Da solche anaeroben Reaktionen aber wegen des geringen damit verbundenen Energiegewinns für die Bakterien sehr langsam ablaufen, wird die Nitrifikation durch aerobe Bakterien, wie Nitribacter, deutlich effizienter und damit schneller ablaufen und evlt. gebildetes Nitrit nach dem Filterdurchlauf, sobald wieder Sauerstoff zur Verfügung steht, vermutlich sofort wieder oxidiert.

Andererseits, warum braucht man dann überhaupt erst Nitrat?

Die Mikroorganismen denken nicht wie Aquarianer, sondern versuchen einfach in der biologischen Nische, die sie besiedeln, zu überleben. Dazu müssen sie für ihren Stoffwechsel Energie gewinnen. Unter aeroben Bedingungen geschieht dies über die Atmung, also über Oxidationsprozesse. So wird beispielsweise Nitrit zu Nitrat oxidiert. Egal ob man dies nun braucht, die Bakterien produzieren es halt als Abfallprodukt der Atmung, so wie wir aus Sauerstoff CO2 produzieren, ohne eine Verwendung dafür zu haben. :smile:

Wird der freie Sauerstoff auf dem Weg in den Tiefen des Filters durch die atmenden Bakterien aufgezehrt, müssen die Keime, die diese anaeroben Zonen bewohnen, andere Tricks anwenden, um Energie zum Leben zu gewinnen. Dies geschieht z.B., indem sie Sauerstoff von einer Substanz auf eine Andere übertragen. Wird bei der Oxidation der zweiten Substanz mehr Energie frei, als zur Reduktion des Nitrates aufgewandt werden muss, bleibt für die Bakterien unterm Strich ein kleiner Energiegewinn, der zum Leben reicht. Was dabei nun gebildet wird, ist den Bakterien aber auch Wurscht. Die einen können halt bis Stickstoff, die anderen nur bis Nitrit.

Gruß, Jesse

Hallo Maja,

ich frage mich was in diesen „reinen“ Garnelenbecken für
Muscheln hausen…

und wenn wir schon dabei sind uns alles mögliche zu fragen,
frage ich mich, was die Muscheln denn fressen, wenn es doch
heißt, dass sie regelmäßig jämmerlich in Aquarien verhungern,
weil es eben nicht genug Nährstoffe im Wasser hat die sie
filtern könnten und man sogar dazu rät sie mittels
Futterlösung in der Spritze täglich damit gezielt einzunebeln.

o/

Ja genau,das schwirrte mir auch dunkel im Kopf rum…sowas mal über Muscheln irgendwo gelesen zu haben…nun ja…;o(

LG Biene

Erst mal vielen Dank für die aufschlussreichen Ausführungen meiner Vorredner.

das mit den Muscheln wird immer kontrovers diskutiert. Ich kann es nur probieren. Momentan ist im Aquarium zumindest mikroskompisch eine sehr hohe Schwebstoffteilchendichte festzustellen. Ob diese natürlich für die Muscheln „3 goldene Körbchenmuscheln“ verfügbar sind, kann ich nicht sagen. Das wird sich rausstellen. Jedoch gibt es auch zahlreiche Berichte von erfolgreicher Muschelhaltung, mal mit Futter, mal ohne zutun.

Doch nun nochmal zum eigentlichen Problem. Ihr haltete also eine Filterung in meinem Becken für nicht unbedingt notwendig.

Ich sollte es als erstmal mit starken Nitratverbrauchern probieren? (Hornkraut is zwar eh schon unterwegs, aber trotzdem)

Hallo Markus.

Nach meiner Erfahrung ist Entengrütze (Wasserlinsen) der stärkste pflanzliche Nitratverwerter, den man kriegen kann.

Damit kommt wirklich jede Woche definitiv etwas aus dem Wasser heraus.
Auch Phosphat, woran der Algenwuchs hauptsächlich liegen dürfte.

Gruß, Nemo.

Vielen Dank für die Tips. Ich hoffe auf gutes Gelingen.^^