Hallo,
Wie kommt man dazu zu sagen, dass sqrt(D/m) die Frequenz einer Schwingung ist.
(Kreisfrequenz…) Nein, das ist natürlich weder eine Sache zufälliger Entdeckung noch irgendeiner Konvention, sondern dieser Sachverhalt wird zwanglos jedem zuteil, der die DG (Differentialgleichung)
m \ddot{x} + D x = 0
löst. Es ist eine gewöhnliche, homogene, lineare DG mit konstanten Koeffizienten. Wie in der Analysis gezeigt wird, führt der Ansatz x(t) = eλt (mit i. a. mehreren und komplexen Lambdas) bei jeder DG dieses Typs zum Ziel. Das kannst Du mal selbst probieren. Du wirst als sogenannte charakteristische Gleichung λ2 + D/m = 0 bekommen, und somit für λ die beiden Lösungen +i√(D/m) und –i√(D/m). Damit brauchst Du nur noch die beiden Fundamentallösungen der DG, nämlich e+i√(D/m) t und e–i√(D/m) t zur allgemeinen Lösung zusammenlinearkombinieren: x(t) = A e+i√(D/m) t + B e–i√(D/m) t, worin die Koeffizienten A und B von den Anfangsbedingungen x0, v0 abhängen. Der Realteil von eiωt ist cos(ωt), was eine ungedämpfte harmonische Schwingung mit der Kreisfrequenz ω darstellt. Deshalb ist die Lösung der DG eine ungedämpfte harmonische Schwingung mit der Kreisfrequenz ω = √(D/m).
Soviel dazu. Wem nun auch der eλt-Ansatz noch zu zauberkistenhaft erscheint, findet vielleicht an einem anderen Lösungsweg Gefallen. Er startet damit, die DG mit \dot{x} zu multiplizieren. Der Sinn dahinter enthüllt sich in der Erkenntnis, dass man die dadurch entstehende Gleichung
m:\dot{x}:\ddot{x} + D:x:\dot{x} = 0
interessanterweise auch so darstellen kann:
m \Big(\frac{1}{2} \dot{x}^2\Big)^{.}
- D \Big(\frac{1}{2} x^2\Big)^{.} = 0
oder mit nur einer großen Klammer:
\Big(\frac{1}{2} m \dot{x}^2 + \frac{1}{2} D x^2\Big)^{.} = 0
Das hat Gewicht! Denn wenn die zeitliche Ableitung irgendeines Terms (Klammerinhalt) stets gleich Null ist, dann muss ebenjener Term zeitlich konstant sein:
\frac{1}{2} m \dot{x}^2 + \frac{1}{2} D x^2 = C
mit irgendeiner festen (insbesondere zeitlich unveränderlichen) Konstanten C. Falls der aufmerksame Leser sich fragt, ob in der letzten Zeile etwa gerade der Energiesatz steht: Ja! Das C auf der rechten Seite ist gerade die Gesamtenergie. Damit wäre das „Gewicht“ geklärt.
Wir lösen die Gleichung nach \dot{x}^2 auf, was mit ein paar Umformungen erledigt ist. Ergebnis:
\dot{x}^2 = \frac{D}{m} \Big(\frac{2C}{D} - x^2\Big)
Da x2 ein Längenquadrat ist, muss auch 2C/D eins sein. Wir kürzen das zwecks Schreibarbeitsersparnis mit h2 ab:
\dot{x}^2 = \frac{D}{m} (h^2 - x^2)
\quad\textnormal{mit}\quad
h^2 := \frac{2C}{D}
und anschließendes (hier unproblematisches) Wurzelziehen führt auf
\dot{x} = \sqrt{\frac{D}{m}} \sqrt{h^2 - x^2}
Da \dot{x} die Dimension Länge/Zeit hat und \sqrt{h^2 - x^2} die Dimension Länge, muss \sqrt{D/m} die Dimension 1/Zeit haben. Daher erlauben wir uns, das mit ω abzukürzen, weil eine Kreisfrequenz auch die Dimension 1/Zeit hat. Ob dieses ω tatsächlich eine Kreisfrequenz ist, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht (es wird sich jedoch am Ende herausstellen).
\dot{x} = \omega \sqrt{h^2 - x^2}
\quad\textnormal{mit}\quad
\omega := \sqrt{\frac{D}{m}}
Diese Gleichung erlaubt die Separation der Variablen, d. h. sie lässt sich in der Form f(x) dx = g(t) dt ausdrücken:
\frac{dx}{dt} = \omega \sqrt{h^2 - x^2}
\quad\Rightarrow\quad
\frac{1}{\sqrt{h^2 - x^2}}:dx = \omega:dt
und damit kann die Integration durchgeführt werden:
\int_{x_0}^{x}\frac{1}{\sqrt{h^2 - x^2}}:dx’ = \int_0^t \omega:dt’
Eine Stammfunktion zu 1/√(a2 – x2) ist arcsin(x/a):
\Big[\arcsin\frac{x’}{h}\Big]_{x_0}^{x} = \Big[\omega t’\Big]_0^t
\arcsin\frac{x}{h} - \arcsin\frac{x_0}{h} = \omega t
\frac{x}{h} = \sin\Big(\omega t + \arcsin\frac{x_0}{h}\Big)
Darauf kannst Du das Additionstheorem für sin(x + y) anwenden, und kommst damit zusammen mit der Identität cos(arcsin x) = √(1 – x2) auf die vorläufige Lösung:
x(t) = \sqrt{h^2 - x_0^2} :\sin(\omega t) + x_0 \cos(\omega t)
(Schnell die Probe machen: Ist x(0) = x0, wie es sein soll?)
Übrig bleibt die Bestimmung von h. Das geht nicht mit dem x(t)-Term, sondern wir brauchen dazu die Geschwindigkeit v(t). Sie ergibt sich durch Ableiten von x(t) zu
v(t)
= \dot{x}(t)
= \sqrt{h^2 - x_0^2} :\omega \cos(\omega t)
- x_0 \omega \sin(\omega t)
und das kannst Du nach √(h2 – x2) auflösen:
\sqrt{h^2 - x_0^2}
\frac{v(t) + x_0 \omega \sin(\omega t)}{\omega \cos(\omega t)}
gilt für alle t, also insbesondere auch für t = 0:
… = \frac{v_0 + x_0 \omega \sin(0)}{\omega \cos(0)}
= \frac{v_0}{\omega}
Nach dem Ersetzen der Wurzeln in den obigen vorläufigen x(t) und v(t)-Ausdrücken steht die finale Lösung da:
x(t) = x_0 \cos(\omega t) + \frac{v_0}{\omega} :\sin(\omega t)
v(t) = v_0 :\cos(\omega t) - \omega x_0 \sin(\omega t)
\textnormal{mit}\quad \omega = \sqrt{\frac{D}{m}}
Und damit ist glasklar bewiesen, dass das Ding ungedämpfte harmonische Schwingungen mit der Kreisfrequenz ω = √(D/m) vollführt 
Gruß
Martin