Seefahrt

Liebe/-r Experte/-in,

mein Sohn hat als frischgebackener Nautiker eine Stelle als Offizier auf einem unter zypriotischen Flagge fahrenden Tanker angenommen und mir kurzerhand „das ganze finanzielle Zeug“ übertragen. Dass das Gehalt „brutto für netto“ kommt, ist ja schon seltsam genug, aber nun schlage ich mich mit der Frage seiner sozialen Absicherung herum. Ich wäre froh und dankbar, wenn mir jemand einen Tipp geben könnte, wie es sich mit der Kranken- und Unfallversicherung an Bord verhält, wie und ob er sich für die Zeit zwischen den Fahrten (privat?) absichern kann und/oder ob es irgendwelche amtlichen oder privaten Stellen gibt, die in diesen Fragen seriös beraten können.

Ganz herzlichen Dank, freundliche Grüße und natürlich: „Guten Rutsch“!

Elke

Hallo Elke,

mal kurz sagen ob der Sohn bei einer deutschen Reederei angestellt ist, die nur ihre Schiffe ausgeflaggt hat?

mfg
steffen

Hallo Steffen,

den Vertrag hat er mit einer Gesellschaft auf Zypern, die „Tanker Management“ betreibt, jedoch „for account and on behalf of the Owner of the Vessel“, und dies ist eine Ltd., über die ich gar nichts in Erfahrung bringen kann. Eine Homepage haben sie nicht und auch nur fünf Google-Treffer, wovon einer „Zypern“ als Firmensitz hinter dem Namen angegeben hat. Das klingt sicher seltsam - aber sie zahlen das Gehalt, allerdings auch wieder über diese Managementgesellschaft. Ob da im Hintergrund womöglich ein deutscher Reeder sitzt (über solche Fälle, die ja auch steuerrechtlich interessant und brisant sind, habe ich schon gelesen), ist schlicht nicht feststellbar.

Nochmals vielen Dank und viele Grüße,
Elke

Elke,

naja, das ist die Regel heutzutage. Eigentümerverhältnisse sind äusserst diffus und verworren, doch in den allermeissten Fällen nichts illegales oder dubioses. Ich kann nur raten, den pünktlichen Eingang der ersten Heuern zu beobachten. Im Falle von Verzögerungen der überweisungen sofort die Notbremse ziehen und auf eigene Kosten die Heimreise antreten.

Zu deiner Frage: es besteht grundsätzlich Unfallversicherung für die Zeit des Heuervertrages, d.h. die Behandlungskosten von Verletzungen etc, die während der Zeit an Bord erlitten wurden, werden übernommen. Wenn sich aber die Behandlung über die Heuervertragszeit hinaus erstreckt, wird es schon kritisch.
Ich empfehle also zusätzlich eine freiwillige Krankenversicherung und Rentenversicherung abzuschliessen. Knappschaft Bahn-See sowie See-Krankenkasse wären eine gute Wahl. Dein Sohn sollte da ja bereits versichert sein, denn er hat sicherlich Bordpraktika während der Studienzeit hinter sich.
Man muss auch die Option einer Berufsunfähigkeitszustatzversicherung in Erwägung ziehen. Da am besten mal beraten lassen, denn Seemänner sind Ausnahmefälle.
Arbeitslosenversicherung gibt es nicht. Wenn der Sohn auf Urlaub ist, sollte er sich allerdings wieder arbeitslos melden. Reine Formsache, um später Ansprüche aufs ALG geltend zu machen. Ist der Urlaub zu ende, wieder abmelden per Postkarte ans Arbeitsamt.
Ansonsten sollte er sich auf seinen Job freuen, es gibt nichts schöneres, als unbehelligt vom deutschen Fiskus durch die Welt fahren zu können.

Wenn du noch weitere Fragen hast, stehe ich gerne zur Verfügung.

mfg
steffen

Hallo Steffen,

herzlichen Dank für die prompte Antwort! Sie hilft mir wirklich weiter, vor allem der Hinweis auf die ja eigentlich schon vorhandene Versicherungsbeziehung durch die Praktika während der Studienzeit, an die ich gar nicht gedacht hatte. Ich werde die genannten Stellen im neuen Jahr gleich mal anfunken.

Viele Grüße und „happy new year“,
Elke

Ihr Sohn hat einen Vertrag. Aus diesem müsste hervor gehen, dass er an Bord unfallversichert ist. Er bekommt sein Geld netto, für die Kranken- und Renten - Versicherung hat er selber zu sorgen.
Für alle Detailfragen wenden Sie sich am Besten an die Seekasse (Versicherungsträger für alle Seeleute)in Hamburg: Hauptverwaltung, Reimerstwiete 2, 20457 Hamburg, Tel 040 - 36137-0
Mit freundlichn Grüssen I. Maahz, Kapitän i.R.

Hallo Elke,
Das kommt auf die Reederei an. Ist es eine Deutsche? Ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Cypern gibt es nicht. Dein Sohn ist grundsätzlich steuerpflichtig, es sei denn, er hat sich in Deutschland abgemeldet und hat einen ständigen Wohnsitz z.B. aud Cypern. Näheres Oberfinanzdirektion Hamburg.
Manche deutschen Reeder, die ihre Schiffe unter ausländischer Flagge fahren lassen, versichern Ihre Leute (ohne Arbeitslosenversicherung).
Bitte setze Dich umgehend mit der Seeberufsgenossenschaft in Hamburg in Verbindung. Die wissen mehr.
Gesundes neues Jahr,
Reinhardt