Selbstheilungskräfte des Marktes Arbeitslosigkeit

Hallo,

ich hab eine Frage zu den Selbstheilungskräften des Marktes in der klassischen Ökonomie. Ich finde tausend Erklärungen, aber keine, die das mal an nem konkreten Beispiel durchspielt, weswegen ich mir nicht sicher bin, ob ichs richtig verstanden habe. Kann hier mal jemand drüber gucken?

Also Arbeitslosigkeit steigt -> Löhne steigen -> Erhöhung der Kaufkraft -> Steigerung der Nachfrage -> Produktionserhöhung -> Arbeitsplätze werden wieder stärker nachgefragt

Kann man das so vereinfacht sagen?
Warum ist die Rechnung in der Weltwirtschaftskrise in der 30er Jahren nicht aufgegangen? Überall steht nur, dass sie nicht aufgegangen ist und die Selbstheilungskräfte nicht ausgereicht haben, aber warum war das so?

Vielen Dank schonmal, ich hoffe auf klärende Antworten :smile:

Hallo!

Also Arbeitslosigkeit steigt -> Löhne steigen -> Erhöhung der
Kaufkraft -> Steigerung der Nachfrage -> Produktionserhöhung
-> Arbeitsplätze werden wieder stärker nachgefragt

Kann man das so vereinfacht sagen?

Natürlich nicht!

Wenn Arbeitslosigkeit steigt, fallen die Löhne gemäß der Theorie logischerweise, weil das Arbeitsangebot höher ist als die Arbeitsnachfrage.

Damit erübrigen sich deine weiteren Fragen erstmal.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

OK danke erstmal, also:

Arbeitslosigkeit steigt -> Löhne fallen -> Mehr Arbeiter können eingestellt werden -> Arbeitslosenzahl sinkt wieder

So richtig?

Warum hat es damals nicht funktioniert?

Arbeitslosigkeit steigt -> Löhne fallen -> Mehr Arbeiter
können eingestellt werden -> Arbeitslosenzahl sinkt wieder

So passts.

Warum hat es damals nicht funktioniert?

Z.B. weil obiges ergänzt werden kann/muss durch: sinkende Löhne -> geringere Kaufkraft -> geringer Güternachfrage -> Arbeitslosigkeit steigt

Ansonsten ist die Wirklichkeit halt komplexer als so ein simples Modell.
Gründe der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahren waren das Platzen einer riesigen Börsen- und Kreditblase, der weltweite Preisverfall auf den Rohstoffmärkten, vielleicht auch falsches staatliches ‚Krisenmanagement‘ mittels Protektionismus, und 1000 Faktoren mehr, die da zusammenspielten.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Alles klar, vielen Dank!

Hallo,

es gibt darauf zwei Antworten:

der klassische Liberale würde argumentieren, dass es eben keinen freien Markt gab, welcher hätte heilen können.

Die neo-liberalen (etwas anderes, als was die Linkspartei darunter versteht) haben die Konsequenz gezogen, dass der Staat als Schiedsrichter (z.B. Kartellrecht), und in seltenen Ausnahmen auch als Mitspieler eingreifen muss. Das nennt sich dann soziale Marktwirtschaft. Lies mal dazu Röpke oder Müller-Arnack oder eben Ludwig Erhard.

Gruß,
Andreas

Arbeitslosigkeit steigt -> Löhne fallen -> Mehr Arbeiter
können eingestellt werden -> Arbeitslosenzahl sinkt wieder

So passts.

Warum hat es damals nicht funktioniert?

Z.B. weil obiges ergänzt werden kann/muss durch: sinkende
Löhne -> geringere Kaufkraft -> geringer Güternachfrage ->
Arbeitslosigkeit steigt

Die Betrachtung ist soweit schon ganz gut, nur die monetäre Seite fehlt noch. Also: Steigt die Arbeitslosigkeit durch ein Absinken der Investitionen dann wird die Kreditnachfrage einbrechen. Dadurch sinkt der Zins. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. sinkender Zins führt zu höheren Investitionen, mehr Beschäftigung und der Zins geht wieder hoch (neo-klassisch) oder
  2. weniger Investitionen erfordern weniger Ersparnis und das Einkommen passt sich an, sprich die Arbeitslosigkeit steigt permanent (keynesianisch).

Konkret ist die Frage folgende: Viele Menschen sind arbeitslos (USA, Spanien, etc.) und würden zu relativ geringen Löhnen arbeiten. Sie würden auch konsumieren, wenn sie denn Arbeit hätten. Stellen die Unternehmen nun ein und die Marktsignale waren erfolgreich, oder bleibt es wie es ist und der Markt hat versagt? Als Marktsignale gelten hier die theoretische Nachfrage, die noch-Arbeitslose entwickeln würden wenn sie einen Job hätten, und der niedrige Zins, der eigentlich zu Investitionen führen sollte. Menschen reagieren auf Anreize, wie es so schön heißt.

Keynes hat gezeigt, dass in einer großen Finanzkrise diese Signale unterdrückt werden können (muss aber nicht), wenn etwa die Unternehmen, der Staat oder die Haushalte Schulden abbauen statt Gewinn zu maximieren. Dann kommt es zu einem stabilen Gleichgewicht mit Unterbeschäftigung. An dieser Stelle muß die Investition stabilisiert werden um die Beschäftigung wieder zu erhöhen. Keynes hat übrigens niemals „deficit spending“ gefordert, so wie es häufig behauptet wird. Nichtsdestotrotz ist dies die am ehesten denkbare Variante der Stabilisierung von Investitionen. In dieser Krise hat man ja gesehen, dass die Politik die Banken „aufgefordert“ hat Investitionen anzukurbeln. Viel gebracht hat es nicht, denn es gibt wohl momentan auch nicht viele Investoren (hier sind nicht Finanzinvestoren gemeint).

Große Depressionen kommen übrigens häufiger mal vor. In dem Buch „Great Depressions of the Twentieth Century“ von Prescott/Kehoe werden ein paar Beispiele vorgestellt, u.a. Lateinamerika in den 1980ern und Japan in den 1990ern.

Hi, danke für deinen ausführlichen Beitrag.

Eine Sache hat mich jedoch verwirrt und zwar hast du gesagt, dass Keynes nie Deficit Spending gefordert hätte. Hast du dafür belege/Quellen? Ist es nicht unlogisch, einen eigenen Weg aus der Krise zu entwickeln, aber dann die Umsetzung nicht zu fordern?

In Bezug auf die Bekämpfung von (langfristiger) Arbeitslosigkeit sah Keynes eine Sozialisierung der Investitionstätigkeit (socialisation of investment) vor (General Theory, Buch VI). Das hat nichts mit Umsetzung/Weg aus der Krise zu tun, es ist nur eine konkrete Lösungsstrategie.