Sendung vor die Tür gelegt - wer haftet?

Hallo zusammen!

Folgendes fiktives Beispiel:

Ein Bewohner nimmt für seinen Nachbarn eine Sendung an und legt ihm diese vor die Tür, welche danach gestohlen wird.

Der Nachbar wendet sich daraufhin an den Händler und stellt einen Nachforschungsauftrag, um in Erfahrung bringen zu können, ob für die Annahme auch tatsächlich eine Unterschrift geleistet wurde. Der Händler bittet um Geduld und lässt sich vom Kunden eine eidesstattliche Erklärung unterzeichnen.

Nach ein paar Tagen erreicht diesen folgende Nachricht:

“**Da in den AGB des Versanddienstleisters D*L deutlich beschrieben steht, dass eine Nachbarschaftsabgabe zulässig ist, kann der Versanddienstleister nicht in Haftung genommen werden.

Auch wir als Händler müssen Ihnen leider mitteilen, dass keine Erstattung oder Ersatzlieferung erfolgen kann. Die Zustellung ist nachweislich erfolgt und das Paket an den Nachbarn übergeben worden.

Bitte setzen Sie sich mit Ihrem Nachbarn in Verbindung. Der Sachverhalt muss zwischen Ihnen geklärt werden.

Weitere Schritte von unserer Seite aus können nicht unternommen werden."**

Würde heißen: Ware zwar nicht erhalten, Geld dennoch weg!

Es wurde lediglich ein ähnlicher Abliefernachweis als Datei angehängt, wie dem Kunde per Mail angekündigt wurde-ohne Unterschrift!

Wenn die AGB’s die Abgabe an Dritte hergeben, dann ist der Händler den Vertrag eingegangen aber muss gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass diese beim Empfänger ankommt?

Wie soll das juristisch passen???

Welche weiteren Schritte wären in diesem Beispiel ratsam?

Doch. Die Ware hat jemand erhalten. Der Bewohner, der stellvertretend für den Kunden die Ware angenommen hat. Damit ist der Übergang vom Händler via Transporteur zum Kunden vollzogen. Was dann der Nachbar mit der Ware macht, liegt weder im Einflussbereich des Händlers, noch des Transporteurs.

Man tritt an den Nachbar wegen Schadenersatzes heran. Schließlich hat er sich dafür entschieden, die Ware für viele sichtbar, offen, ungeschützt abzulegen. Oder gab es dafür vielleicht eine Vereinbarung zwischen dem Kunden und seinem Nachbarn?

Grüße
Pierre

Edit und Korrektur: durch den Link von @X_Strom einen Beitrag unter diesem wurde mir die Falschheit meiner Aussage bewusst. Ich bitte um Entschludigung.

Aber nicht an den Käufer.
Somit befand sich die Ware noch auf dem Versandweg und die Gefahr für den „zufälligen Untergang“ ist nicht auf den Käufer übergegangen.

Lies § 475 BGB - Einzelnorm

Ich gehe vom Regelfall aus:

  • Verbrauchsgüterkauf
  • Der Händler hat Versanddienstleister beauftragt
  • Der Nachbar wurde vom Käufer nicht als Ersatzempfänger benannt.
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Da bin ich anderer Auffassung.

Die hier auch:

Ich inzwischen auch. @Schnee_Eule ich bitte um Entschuldigung.

Der Händler haftet für den Transport bis zum Verbraucher. Sofern der Händler (wie im Fernabsatz üblich) den Versanddienstleister für diese Aufgabe aussucht. Er könnte auch einen suchen, der ausschließlich persönliche Übergaben macht.
Siehe den Link von @X_Strom

Was passiert aber mit dem Nachbarn? Der Händler kann diesen parallel(!) in Haftung nehmen, da der Nachbar seine Obhutspflicht mindestens fahrlässig vernachlässigt hat. Siehe den Link von @X_Strom, Kapitel III.

Damit das erfüllt sein kann, müsste er vom Kunden als Stellvertreter benannt worden sein. Und zwar von niemand anderem. Der Händler kann sich an den Nachbarn wenden, mit Erfolg, falls dieser nachweislich das Paket bekommen hat. Aber solange der Kunde nicht kundgetan hat, dass das Paket dort abgegeben werden darf, schuldet im Verhältnis gewerblicher Verkäufer privater Kunde der Händler die Ware bzw. hat keinen Anspruch auf den Kaufpreis, ggf. Rückerstattung desselben.

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Und da frage ich mich:
Greift hier Hanlon’s Razor? Kann der gewerbliche Online-Händler wirklich so dumm sein, dass er das Prinzip „Du bis verantwortlich dafür, dass die Ware beim Kunden (und nirgendwo sonst) ankommt“ nicht versteht? Oder ist es doch Boshaftigkeit?

Ich würde ihm eine Chance geben und schreiben: „Wie Sie mir freundlicherweise bereits bestätigten, ist die Zustellung nachweislich nicht an mich erfolgt. Leider haben Sie einen Versanddienstleister beauftragt, der auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Empfängers Pakete an Nachbarn ausliefert. Sie hätten ja auch DHL anweisen können, dass die Lieferung an den Empfänger persönlich zu erfolgen hat (Punkt 4 Absatz 3 der AGB von DHL).
Teilen Sie mir doch bitte bis zum 02.10.25, ob Sie mir die Ware liefern können oder mir den gezahlten Betrag zurückerstatten möchten.“

Und wenn dann keine positive Nachricht kommt geht man zum Anwalt.

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Ich verstehe die AGB von DHL bzgl. dieser Frage wie folgt.

„Wir dürfen das Paket auch an Nachbarn abgeben, sofern weder der Absender noch der Empfänger diesem Vorgehen ausdrücklich schriftlich widersprochen haben“.

So ist - denk ich - auch der Vorschlag von @X_Strom zu verstehen: Dem Händler ist durchaus zuzumuten, dass er sich mit den AGB des von ihm beauftragten Transportunternehmens auseinandersetzt. Der Händler hat nun bewusst darauf verzichtet, DHL ausdrücklich mitzuteilen, dass das Paket nur an den Empfänger ausgehändigt werden darf. Und da man dem Händler außerdem zumuten kann, sich über die hier geltenden Rechtsvorschriften zu informieren (die z.B. in oben genanntem link Paket beim Nachbarn verloren – muss der Händler ersetzen? erläutert sind), kann man subsummieren, dass der Händler freiwillig und bewusst das Risiko eingegangen ist, dass die Ware verlorengeht, bevor sie in den tatsächlichen Gewahrsam des Empfängers übergeht. Daher ist der Gefahrenübergang noch nicht erfolgt, und der Händler muss den Schaden ersetzen.

Vollzitat aus den AGB (Hervorhebungen von mir)

4. Leistungen von DHL
(1) DHL befördert die Sendungen zum Bestimmungsort und liefert sie dort an den
Empfänger ab. (…)

(2) DHL nimmt die Ablieferung („Zustellung“) durch dokumentierte Aushändigung
an den Empfänger oder an einen durch schriftliche Vollmacht des Empfängers
ausgewiesenen Empfangsberechtigten („Empfangsbevollmächtigter“) vor.
Sendungen an Empfänger in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Haftanstalten,
Gemeinschaftsunterkünften, Krankenhäusern) können an eine von der
Leitung der Einrichtung mit dem Empfang von Sendungen beauftragte Person
(„Empfangsbeauftragter“) zugestellt werden. Satz 1 und Satz 2 gelten nur, soweit
nichts Anderweitiges, wie z. B. Lagerung in einer Filiale/Paketshop, Zustellung durch
Ablage an einem vereinbarten Ort oder durch Einlegen in eine DHL Packstation, mit
dem Empfänger bzw. Empfangsbeauftragten vereinbart wurde und der Absender
keine entgegenstehende Weisung erteilt hat. Sendungen, die aufgrund der Weisung
des Absenders nur an den Empfänger persönlich abzuliefern sind, werden außer dem
Empfänger selbst nur einem von ihm hierzu schriftlich besonders Bevollmächtigten
ausgehändigt.
Sendungen, die mit einer Identitätsprüfung verbunden sind, werden
nur an den Empfänger persönlich gegen besondere Identifikation ausgehändigt.
Pakete, deren Abmessungen und vereinbarte Services (Zusatzleistungen) dies
erlauben, können auch durch Einlegen in eine für den Empfänger bestimmte und
ausreichend aufnahmefähige Einrichtung am Bestimmungsort (Hausbriefkasten),
nicht jedoch in ein Postfach, abgeliefert werden.

(3) DHL darf Sendungen, die nicht in der in Absatz 2 genannten Weise abgeliefert
werden können, an einen Ersatzempfänger abliefern. Dies gilt nicht für Sendungen,
die aufgrund der Weisung des Absenders nur an den Empfänger persönlich
abzuliefern und/oder mit einer Identitätsprüfung verbunden sind. Ersatzempfänger
sind:

1. in den Räumen des Empfängers anwesende Angehörige des Empfängers und
andere dort anwesende Personen, sowie
2. Hausbewohner und unmittelbare Nachbarn des Empfängers, sofern
• den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme
der Sendungen berechtigt sind;

• DHL den Empfänger unverzüglich mittels physischer oder elektronischer
Mitteilung (z. B. Benachrichtigungskarte, E-Mail) an die dafür von ihm
vorgesehene Empfangseinrichtung (Hausbriefkasten bzw. elektronisches
Postfach) über die Sendungen und die Person des Ersatzempfängers
(Name und Anschrift des Hausbewohners bzw. Nachbarn) informiert;
und der Absender – soweit zulässig – keine entgegenstehende Weisung
erteilt und auch der Empfänger gegenüber DHL durch Mitteilung in
Textform eine derartige Ablieferung nicht untersagt hat.

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Das muss man wohl bejaen.

Du solltest nicht davon ausgehen, dass die Servicemitarbeiter irgendwie rechtlich geschult sind oder eine Person im Rückgriff haben die Auskunft geben könnte.

In den meisten Fällen agieren Servicemitarbeiter eher als “Botschaftsüberbringer” zwischen Kunde und Dienstleister. (Mitarbeiter gibt Frage des Kunden an den Dienstleister. Dessen Antwort wird an den Kunden weitergereicht). Da kommt keiner auf die Idee, dass der Dienstleister zwar vertragsgemäß und rechtlich korrekt gehandelt hat, man als Verkäufer aber weitere Pflichten hat.

Gegen diesen Passus klagt die Verbraucherzentrale gerade

Allerdings geht es hier ja um das Verhältnis Händler - Kunde.

Ich kann mir übrigens nicht vorstellen, dass DHL mit diesem Passus durchkommt. Man hat als Kunde ja irgendwie überhaupt kein Verhältnis zum Versanddienstleister.

Wie in dem Link beschrieben, geht es aber nur darum, was DHL unter „Nachbar“ versteht. Das ist schon lange Thema (vgl. OLG Düsseldorf: Paketdienst darf Pakete nicht an Nachbarn zustellen / AGB-Klausel unwirksam - Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt)

DPD und Hermes haben das schon seit einiger Zeit in ihren AGB klar definiert, DHL noch nicht (bei den Anderen kenne ich nicht den aktuellen Stand). Bei DHL kommt es ja auch in dörflichen Gegenden vor, dass der Kunde aufgefordert wird in die zig Kilometer entfernte Stadt zur Packstation zu fahren.

Ansonsten muss der Empfänger die Nachbarschafts-Anlieferung nicht akzeptieren. Theoretisch kann es ja auch sein, dass er mit seinem Nachbarn spinnefeind ist.

Gegenüber Auftraggeber, Versender und Empfänger ist der Transport-Dienstleister weiter schadensersatzplichtig, bis der Empfänger die Ware übernommen hat (wobei er den Zeitpunkt schwer nachweisen kann).

Auch den Nachbarn trifft keine Schadensersatzpflicht, soweit kein Vorsatz vorliegt.

In Sumne sehe ich nur zweit Dinge sind:

  • Der Liefertermin gilt ggü. dem Auftraggeber als erfüllt.
  • Der Nachbar hat eine Herausgabepflicht. (Wobei das auch „interessant“ werden kann, wenn der Nachbar es übergeben haben will und der Empfänger davon nichts weiss)

Die Transport-Dienstleister akzeptieren das auch inzwischen so (was aber auch daran liegen kann, dass wir als Großversender agieren, der eine Verneinung nicht so einfach akzeptiert)

Ich gehe davon aus, dass es sehr davon abhängt, wieviel „Publikumsverkehr“ an der Tür vorbei kommt.

BTW: Ein bisschen liesst sich der Satz so, als wäre die Tür gestohlen worden

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Stelle ich mir etwas müham vor…

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OT der Mod hat angefangen!

zumal sie sicher verschlossen war. Kann man ohnehin nicht weiter verwenden.

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Die gestohlene Tür :grin:

Ich finde es schade, mir jetzt schon wieder vorstellen zu müssen, dass sich mehrere Leute umfangreich mit der Frage beschäftigt haben, aber man wieder wieder einmal kein Update erhalten wird, was nun hinten dabei herauskam.

Lass uns ein paar Tage warten! Jetzt ist Wochenende - fast kein Händler hat seine Hotline besetzt. Vielleicht meldet sich @Schnee_Eule im Laufe der Woche.

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War doch nur eine fiktive Frage, also nichts ernstes.

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