Hallo,
ich würde das Problem eher darin sehen, dass das Paar merkwürdige Ansprüche an den Umgang miteinander zu stellen scheint. Der Anspruch, stets wissen zu wollen, was der andere denkt, hat eine Menge mit Kontrolle zu tun. „Offenheit“ ist da nur das Deckmäntelchen, das drüber gehängt wird.
Kontrollbedürfnisse wiederum resultieren nicht selten aus der Unsicherheit, nicht „gut genug“ für den Partner zu sein. Und damit liegt es beinahe in der Natur der Sache, dass die Kenntnis über Gedanken, die genau diese Ängste bedienen, die Unsicherheit verstärken, statt zu mindern.
Der Partnerin genügt die Absprache zur gegenseitigen Treue nicht. Sie möchte auch Kontrolle über die Phantasien und Gedanken ihres Partners haben, weil sie zu glauben scheint, damit jede Gefahr im Ansatz bekämpfen zu können. Ihre Forderung danach, die Gedanken zu verändern, zeigt dies nach meiner Einschätzung recht deutlich.
Ich persönlich halte solche Spielchen für ziemlich beziehungsfeindlich. Jeder Mensch muss denken dürfen, was er möchte, ohne sich einer „Gedankenpolizei“ aussetzen zu müssen, die möglicherweise noch behauptet, das Ganze habe mit Liebe zu tun.
Deshalb: Der „Denkende“ behalte seine Gedanken für sich und kommuniziere das auch so. Das löst vermutlich erst mal heftigen Widerstand aus, weil ein Kontrollinstrument verloren geht. Möglicherweise hilft aber die Ankündigung, dass die Alternative dann auch sein könnte, nicht mehr die Wahrheit zu sagen - sprich: Einfach zu behaupten, man denke nicht mehr an andere.
Phantasien bereichern das Sexleben. Ob man sie immer teilen muss, sollte man sich gut überlegen. Im geschilderten Fall würde ich sehr dazu raten, es nicht mehr zu tun, da es ganz offensichtlich zur Kränkung führt, die ja gar nicht beabsichtigt ist.
Schöne Grüße,
Jule