Sfz, sf, rinf

Hallo Forum,

bislang konnte mir noch keiner meiner Klavierlehrer schlüssig den Unterschied zwischen den verschiedenen Akzentbezeichnungen erklären. Bei vielen Komponisten sieht man auch nur einen Typus (plus das Artikulationszeichen „>“), aber Beethoven verwendet alle Möglichkeiten (sfz, sf, rf/rinf, fp, >, ^), und er muss sich doch was dabei gedacht haben, wann er welchen Akzent niederschrieb.
Nur was?

Liebe Grüße
Immo

Hallo.

Ich schreib nur mal ganz kurz meine Ansicht:

Praktisch kein Komponist, geschweige denn Herausgeber war/ist wirklich konsequent mit den Zeichen. Beethoven vielleicht am ehesten, aber auch da gibt es interne Abweichungen, und die Zeichen drücken auch nicht das aus, was vielleicht ein Anderer damit ausdrücken will…

Letztendlich ist es doch gerade das, was für den Musiker spannend ist, die speziellen Ausdrücke eines Werkes für sich herauszufinden. Jeder Musiker entwickelt (hoffentlich) seine eigene Idee, was ein sf, ein > usw. in einem einzelnen Werk bedeuten kann. Im Idealfall sind die Noten (vom Komponisten und/oder Verleger) so gut, dass diese Idee konsequent verfolgt werden kann. Beim nächsten Werk - vielleicht sogar derselbe Komponist, Verlag, … - kann man diese Idee ziemlich sicher nicht 100% übernehmen.

Als Musiker sollte man an Musik auch nicht zu wissenschaftlich rangehen.

Ach, könnte man über all das nicht Stunden und Tage nachdenken, und käme immer auf andere Ideen?! Schöne Sache wenn man Musik ernst nimmt… oder lieber nicht zu ernst??

Grüße,

BB

Hi Immo,

ich finde die Antwort von BB gut, dass ein Musiker die Bedeutungen der Akzente für sich selbst rausfindet. Ich habe es zugegebenermaßen noch nie hinterfragt, aber für mein Gefühl liegen die Unterschiede der verschiedenen Akzentuierungen darin: fp ist sozus. für mich die größte/längste, aber auch am wenigsten scharfe Betonung, meist über einem vollen, möglicherweise recht langen Akkord, nach dem eine völlig anders geartete Melodie weitergeht. fp betont sozusagen den Unterschied zwischen den Charakteren am meisten.
Im Gegensatz zum > oder ^, die ja oft auf mehreren Tönen hintereinander stehen, Oktaven bspw., und für mich v.a. für eine markante Oberstimme sorgen (wobei ich gefühlsmäßig den > wieder schärfer ansetze als den ^).
Und sf und sfz ist ja das gleiche und in meiner Wahrnehmung etwas zwischen den beiden o.g.: kürzer als fp, länger und größer und möglicherweise schärfer als >.
„rinf“ hieß in meinem Unterbewusstsein immer „reinfurzen“ und ehrlich gesagt traf es das immer ganz gut :smile: Irgendwie größer, weicher, voluminöser als sfz.
Natürlich ist nicht klar, ob Beethoven das genauso gemeint hat, aber sowas wird man sowieso nie wissen. Für mich haben die Zeichen einfach für sich eine gewisse Ausstrahlung, bzw. bin ich es gewohnt, die einen tendenziell in diesem, die anderen in jenem bestimmten Umfeld zu sehen.

Gruß
Judith

Hi Judith,

ich fand Deine Ausführungen sehr interessant, vor allem, weil ich es fast umgekehrt mache: „rinf“ ist für mich (auf einer vereinfachten Skala) der schwächste Akzent, dann kommt >, fp, sf, ^, und der stärkste ist sfz (was ich in meinen Kompositionen noch mit sffz oder sfffz steigere).

Natürlich ist nicht klar, ob Beethoven das genauso gemeint
hat, aber sowas wird man sowieso nie wissen.

Aber die Angaben müssen doch eine „Standardübersetzung“ haben. Sicher spielt jeder z.B. auch Bach nach seiner Façon, aber über die barocke Aufführungspraxis ist doch einiges bekannt. Es wäre immerhin spannend, zu verstehen, was da eigentlich im Notentext steht – persönlich interpretieren kann man es dann immer noch.

(In diesem Zusammenhang ist vielleicht das berühmte Cis-Moll-Prélude von Rachmaninoff interessant: Im Notentext stehen derart viele Aufführungshinweise [Tenutostriche, dazu Phrasierungsbögen, die Basstöne mit unterschiedlicher Dauer], dass ich, als ich es einstudierte, auch versuchte, unterschiedliche Angaben unterschiedlich umzusetzen. Ich dachte mir, der Herr Komponist wird sich schon etwas dabei gedacht haben, wenn er über jene zwei Noten einen Bindebogen setzt, über die darauffolgenden jedoch nicht.
Dann höre ich eine Aufnahme, auf welcher er selbst das Prélude eingespielt hat, und – Pustekuchen! überhaupt keine Unterschiede in der Artikulation, viel Stufendynamik, viel Agogik. Aus dieser Aufnahme hätte man kein einziges Artikulationszeichen heraushören können!
Beethoven mag so auch gespielt haben; dennoch finde ich es legitim zu fragen: Was steht da eigentlich, wenn man’s wörtlich nimmt?)

Liebe Grüße
Immo

Hi Immo,

ich fand Deine Ausführungen sehr interessant, vor allem, weil
ich es fast umgekehrt mache: „rinf“ ist für mich (auf einer
vereinfachten Skala) der schwächste Akzent, dann kommt >, fp,
sf, ^, und der stärkste ist sfz (was ich in meinen
Kompositionen noch mit sffz oder sfffz steigere).

Hm, mit „größer“ meinte ich nicht stärker, sondern eher so breiter, umfangreicher, aber nicht unbedingt lauter und schon gar nicht schärfer.
Von der Lautstärke her sähe meine Skala vielleicht so aus: fp, rinf, ^ (der ist bei mir kaum mehr als ein staccato, aber ich bin ihm auch zu selten begegnet bisher), >, sfz/sf.

Quasi von der Dauer her ist meine Skala etwa folgende:
^, >, sfz/sf, rinf, fp.
Das ist aber alles nur beim Klavier so, bei Streichern und Bläsern mag das wieder anders sein.

Dann höre ich eine Aufnahme, auf welcher er selbst das Prélude
eingespielt hat, und – Pustekuchen! überhaupt keine
Unterschiede in der Artikulation, viel Stufendynamik, viel
Agogik. Aus dieser Aufnahme hätte man kein einziges
Artikulationszeichen heraushören können!

Hm. Vielleicht hat er’s nachträglich bearbeitet? Oder beim spielen selbst festgestellt, dass ihm die Artikulation so doch nicht gefiel? Artikulationsanweisungen sind ja sowieso nur ein Vorschlag, und R. selbst muss da ja auch nicht festgefahren sein. Sicher hätte er das Stück zwei Jahre später oder früher (falls es es da schon gab) wieder anders gespielt.

Beethoven mag so auch gespielt haben; dennoch finde ich es
legitim zu fragen: Was steht da eigentlich, wenn man’s
wörtlich nimmt?)

Ich hab zumindest ein bisschen was gefunden zu rinf und sfz:

http://www.koelnklavier.de/quellen/koch/rinforzando…

http://www.koelnklavier.de/quellen/koch/sforzando.html

Gruß
Judith

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Hi Judith!

Quasi von der Dauer her ist meine Skala etwa folgende:
^, >, sfz/sf, rinf, fp.

Meine Skala sieht da so aus: ^, fp, >, sf/sfz/rinf.

http://www.koelnklavier.de/quellen/koch/rinforzando…

http://www.koelnklavier.de/quellen/koch/sforzando.html

Oh, danke schön, das sind ja mal tolle Links!

Liebe Grüße
Immo

Entscheidend ist, daß man die Sprache der Musik versteht, dabei ist es natürlich hilfreich, wenn man etwas über den zeitlichen Kontext einer Musik weiß. Dann steht alles in der Musik selber - lauter, leiser, Akzente, Klangfarben, schneller, langsamer usw.
Wenn Du einen Absatz eines Romans oder eines Märchens vorlesen mußt, hast Du im Text auch keine Hinweise über lauter, leiser, Akzente, Klangfarben, schneller, langsamer usw. Es ergibt sich aus dem Inhalt des Vorgelesenen. Nichts anderes ist das Vortragen von Musik.

Nach dieser Logik stellt sich aber die Frage, warum es überhaupt Akzentbezeichnungen gibt, und dann auch noch so viele verschiedene. Natürlich ergibt sich viel, aber lang nicht alles, v.a. wenn Komponisten Akzente eben gerade entgegengesetzt der übliche Interpretation verwendet haben.
Außerdem geht es dem UP nicht um das Interpretieren von schon geschriebener Musik, sondern darum, was er in seine eigene Musik reinschreiben soll.

Gruß