Sieger aus dem 1. Weltkrieg für den 2. Weltkrieg

Hi,

könnte mir jemand erklären,warum Siegermächte aus dem 1. Weltkrieg eher passiv waren, die offensichtlich unfähig waren, sich auf die neue Katastrophe vorzubereiten?

hi

könnte mir jemand erklären,warum Siegermächte aus dem 1.
Weltkrieg eher passiv waren, die offensichtlich unfähig waren,
sich auf die neue Katastrophe vorzubereiten?

Was hast Du weit bist Du denn schon gekommen?
Wäre ja doof, wenn Du nur Sachen hörst, die Du schon weißt.

Gruß
Edith

Hallo Marned

könnte mir jemand erklären,warum Siegermächte aus dem 1. Weltkrieg eher passiv waren, die offensichtlich unfähig waren, sich auf die neue Katastrophe vorzubereiten?

die Antwort ist eigentlich relativ einfach: Die Alliierten waren schlicht kriegsmüde. Aufgrund der noch sehr gut in Erinnerung gebliebenden Erfahrungen des WWI konnte man der Öffentlichkeit keine groß angelegte Aufrüstung ohne konkrete Bedrohung von außen verkaufen.

Hinzu kommt, auf französischer Seite, dass die führenden Militärs glaubten, dass ein neuer Krieg mit Deutschland ähnlich verlaufen würde wie der letzte, also ein reiner Stellungskrieg werden würde. Deshalb glaubten sie mit der Einrichtung der Maginotlinie gut vorgesogrt zu haben. Allerdings hatte diese Festungsanlage zwei Schönheitsfehler:

  • das Festungswerk „fraß“ einen Großteil des französischen Militäretats. D.H. es stand kein Geld für Innovationen in anderen Bereichen des Militärs zur Verfügung

  • es schützte nur die deutsch-französische Grenze, sodass dann 1940 die deutschen Truppen durch die Niederlande und Belgien durch marschiert sind und die Festungswerke einfach nördlich umgangen haben

Als die französischen Militärs erkannten und akzeptierten, dass sich zwischen 1918 und 1940 die Taktik der deutschen weiter entwickelt hat (Stichwort: Blitzkrieg), standen die duetschen Panzer bereits vor Paris.

Bzgl. Endgland und der USA lässt sich sagen, dass sie glaubten durch ihre geostrategische Lage keine starke Armee zu benötigen. Sie verließen sich da eher auf die Luftwaffe und die Marine und im Fall der USA, glaubte man noch durch entsprechendes diplomatisches Handeln (Was gehen mich die Streitigkeiten der Europäer an?) sich raus halten zu können.

So, das jetzt mal so auf die schnelle.

Charlie80

Hinzu kommt, auf französischer Seite, dass die führenden
Militärs glaubten, dass ein neuer Krieg mit Deutschland
ähnlich verlaufen würde wie der letzte, also ein reiner
Stellungskrieg werden würde.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass de Gaule sagte, eine moderne Armee muss beweglich sein, d.h. die neue Panzerwaffe entsprechend einsetzen. Das franz. Militär hat nicht drauf gehört, die Deutschen haben es dann umgesetzt. Gehört vor einiger Zeit im Fernsehen.

Gruss
Laika

Hallo laika,

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass de Gaule sagte,
eine moderne Armee muss beweglich sein, d.h. die neue
Panzerwaffe entsprechend einsetzen. Das franz. Militär hat
nicht drauf gehört, die Deutschen haben es dann umgesetzt.
Gehört vor einiger Zeit im Fernsehen.

Richtig. Der gute Charles war ein recht fleissiger Autor und hat vor dem WWII mehrere Bücher geschrieben in denen er seine Erfahrungen aus dem WWI verarbeitet und seine Thesen entwickelt hat.

Aber wie das halt so ist: Der Prophet gilt nichts im eigenem Lande…

In diesem Zusammenhang habe ich mal den Spruch gehört, dass sich jede Armee auf den letzten Krieg vorbereitet. Die französische Armee nach dem WWI ist dafür das beste Beispiel.

Gute Nacht!

Charlie80

Hallo

könnte mir jemand erklären,warum Siegermächte aus dem 1.
Weltkrieg eher passiv waren, die offensichtlich unfähig waren,
sich auf die neue Katastrophe vorzubereiten?

Die waren keineswegs passiv. Sowohl England als auch Frankreich hatten schon 1939 und abermals 1940 ihre Rüstungsausgaben in einem Maße gesteigert, das Deutschland weit abhängte. Die Franzosen besaßen im Mai 1940 ebenso wie die Briten (Belgier und Niederländer gar nicht berücksichtigt) mehr neue Flugzeuge, mehr und zudem stärker gepanzerte und bewaffnete Panzer, mehr ausgebildete Soldaten und Offiziere unter Waffen, mehr Geschütze (noch dazu verbunkert in der Maginotlinie) als Deutschland. Von der Marine ganz zu schweigen.

Ebenso wie ein Jahr später im Fall der Sowjetunion sprang der Schwächere den Stärkeren an.

Was Frankreich und England 1940 im Gegensatz zur Wehrmacht und später zur Sowjetunion nicht hatten, waren erstens der Siegeswille, zweitens eine zeitgemäße operative Gliederung, drittens die Gefechtstaktik der verbundenen Waffen, viertens die Auftragstaktik, fünftens die Hutiertaktik.

Gruß
smalbop

De Gaulle hatte allerdings in seinen Schriften völlig die Bedeutung der taktischen Luftunterstützung verkannt.

smalbop

Ergänzung

könnte mir jemand erklären,warum Siegermächte aus dem 1.
Weltkrieg eher passiv waren, die offensichtlich unfähig waren,
sich auf die neue Katastrophe vorzubereiten?

Nachtrag betreffend die Passivität - zu meinem Beitrag von gestern, der sich nur mit der (falschen) Annahme auseinandersetzte, die Westmächte hätten sich nicht auf einen Krieg vorbereitet:

Engländer und Franzosen hatten es keineswegs nötig, selbst gegen Deutschland am Boden übereilt eine blutige Offensive zu eröffnen. Deutschland war, wie schon im 1. Weltkrieg, von wesentlichen Rohstoffeinfuhren abgeschnitten, während die Westmächte erneut das Potential fast des ganzen Erdballs zur Verfügung hatten. Über kurz oder lang musste dieser geostrategische Nachteil Deutschland abermals wehrwirtschaftlich erdrosseln. Außerdem baute vor allem England schon seit Jahren an einer stategischen Bomberflotte, denn es war ohnehin entschlossen, den nächsten Krieg von ihrer Insel aus durch Massenbombardements feindlicher Städte zu gewinnen. Dass 1940 schon jeder siebte Franzose, aber nach wie vor nur jeder 48. Brite unter Waffen stand, spricht Bände.

Hinzu kam aus deutscher Sicht, dass, ebenfalls wie im 1. Weltkrieg, Russland eine beständige Bedrohung im Rücken Deutschlands darstellte, so dass an eine volle Entfaltung der deutschen Wehrmacht im Westen gar nicht zu denken war. (Wobei die militärische Schlagkraft der Sowjetunion von London und Paris noch gnadenloser unterschätzt wurde als die der Wehrmacht.) Das deutsch-russische Rohstoff-Lieferabkommen war hilfreich, seine Zukunft aber ungewiss, um so mehr, als sich Deutschland auf Dauer außerstande sah (bzw. Hitler nicht gewillt war), seinen Teil der Verpflichtungen zu erfüllen.

Womit beide Westmächte nicht rechneten, war, dass die Wehrmacht, nachdem sie von der Politik in eine stategisch aussichtslose Lage manövriert worden war, in einem operativen Verzweiflungsakt alles auf eine Karte setzen musste , um überhaupt eine von Null verschiedene Siegchance zu erzwingen: Völlige Entblößung des Ostens von Truppen und Flugzeugen, Schwerpunktbildung im Westen an der topografisch ungünstigsten Stelle mit absehbar chaotischen Verkehrsverhältnissen, nach erfolgreichem Durchbruch Panzervorstoß ohne Flankensicherung. Dies führte, weil es völlig gegen alle Regeln der herkömmlichen Kriegskunst geschah, innerhalb einer Woche zum psychologischen und dann auch operativen Zusammenbruch der Westmächte. Die Generale Georges und Billotte mussten das am 14. Mai eingestehen, Daladier am 15., Churchill am 16. und General Ironside am 17.

Gruß
smalbop

Dass 1940 schon jeder siebte Franzose, aber nach wie
vor nur jeder 48. Brite unter Waffen stand, spricht Bände.

Die meisten Franzosen waren Kollaborateure. Heute sagt das natürlich niemand.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kollaboration#Frankreich

Hinzu kam aus deutscher Sicht, dass, ebenfalls wie im 1.
Weltkrieg, Russland eine beständige Bedrohung im Rücken
Deutschlands darstellte,

Bedrohung nicht. Der Sozialismus konnte sich nicht so verbreiten, wie es Lenin oder Trotzki wollte. Im Buch „Mein Kampf“ stand schon lange vor Machtergreifung von Raum im Osten und anderen Eroberungskriegen was drin.

Wobei die militärische Schlagkraft der Sowjetunion von London und
Paris noch gnadenloser unterschätzt wurde als die der
Wehrmacht

Die Rote Armee war schwächer als angenommen. Durch die ständigen tötungen durch den NKWD, wurden viele wichtige Armeeangehörige umgebracht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Stalinsche_S%C3%A4uberu…

Das deutsch-russische Rohstoff-Lieferabkommen war

hilfreich, seine Zukunft aber ungewiss, um so mehr, als sich
Deutschland auf Dauer außerstande sah (bzw. Hitler nicht
gewillt war), seinen Teil der Verpflichtungen zu erfüllen.

Einige Rohstoffe wie Erdöl kamen aus befreundeten Ländern z.b. Rumänien. Durch den fortschreitenden Krieg mit Gebietsverlusten wurde es schwieriger für die Wehrmacht.

Hallo

Dass 1940 schon jeder siebte Franzose, aber nach wie
vor nur jeder 48. Brite unter Waffen stand, spricht Bände.

Die meisten Franzosen waren Kollaborateure. Heute sagt das
natürlich niemand.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kollaboration#Frankreich

Die meisten Deutschen nach 1945 auch.
Ich glaube aber nicht, dass die Frage die nach dem Verhalten der Franzosen nach der Niederlage 1940 ist.

Hinzu kam aus deutscher Sicht, dass, ebenfalls wie im 1.
Weltkrieg, Russland eine beständige Bedrohung im Rücken
Deutschlands darstellte,

Bedrohung nicht. Der Sozialismus konnte sich nicht so
verbreiten, wie es Lenin oder Trotzki wollte. Im Buch „Mein
Kampf“ stand schon lange vor Machtergreifung von Raum im Osten
und anderen Eroberungskriegen was drin.

Wenn es nach Stalin gegangen wäre, hätte man gewartet, bis sich die „bourgeoisen Staaten“ gegenseitig müde gekämpft hätten, um dann die Rote Armee die Ernte einfahren zu lassen. In den Schriften der kommunistischen Führer konnte man schon lange vor „Mein kampf“ lesen, was zu tun war. Und die SU hatte seit 1935 ein gegen Deutschland gerichtetes Bündnis mit Frankreich und der CSR.

Wobei die militärische Schlagkraft der Sowjetunion von London und
Paris noch gnadenloser unterschätzt wurde als die der
Wehrmacht

Die Rote Armee war schwächer als angenommen. Durch die
ständigen tötungen durch den NKWD, wurden viele wichtige
Armeeangehörige umgebracht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Stalinsche_S%C3%A4uberu…

Die Rote Armee bot den Engländern und Franzosen 1939 allein für eine Intervention in Polen eine Beteiligung mit 120 Divisionen, 10.000 Panzern und 5.000 Flugzeugen an.
Mit dem Zugriff auf die rumänische Bukowina verletzte Stalin zudem die vereinbarte deutsch-russische Demarkationslinie und bedrohte das „deutsche“ Erdöl. Stalin war eine reale Bedrohung für Hitler - vor dem Mai 1940 wie danach.

Das deutsch-russische Rohstoff-Lieferabkommen war

hilfreich, seine Zukunft aber ungewiss, um so mehr, als sich
Deutschland auf Dauer außerstande sah (bzw. Hitler nicht
gewillt war), seinen Teil der Verpflichtungen zu erfüllen.

Einige Rohstoffe wie Erdöl kamen aus befreundeten Ländern z.b.
Rumänien. Durch den fortschreitenden Krieg mit
Gebietsverlusten wurde es schwieriger für die Wehrmacht.

Wir reden abermals von der Zeit 1939/40.

smalbop

Die meisten Franzosen waren Kollaborateure. Heute sagt das
natürlich niemand.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kollaboration#Frankreich

Die meisten Deutschen nach 1945 auch.

Hallo,
kannst du den letzten Satz einmal erklären? Rückkehr zu einer Demokratie als Kollaboration darzustellen ist klârungsbedurftig.
Gruss
Rainer

Guten Abend, Rainer!

Rückkehr zu einer Demokratie als Kollaboration darzustellen ist
klârungsbedurftig.

Ich kann nur aus meiner persönlichen Wahrnehmung und Erinnerung berichten. Meine Erinnerungen aus Kindheit und Jugend beschränken sich auf einen geographisch begrenzen Bereich, auf eine Kleinstadt in Schleswig-Holstein. Zudem konnte ich manche Erlebnisse erst deutlich später einordnen. Entsprechend vorsichtig betrachte ich im Nachhinein meine eigenen Erinnerungen. Aber dennoch bleiben genügend belastbare Kenntnisse, um festzustellen, dass es eine Rückkehr zur Demokratie in den 50er Jahren bis mindestens Mitte der 60er Jahre im Bewußtsein der gewöhnlichen Bürger nicht gab. Woher auch? In Deutschland existierte abgesehen von der kurzen chaotischen Zeit der Weimarer Republik keine demokratische Tradition, zu der man hätte zurückkehren können.

Erst mit dem Ausscheiden der teils gestörten, teils verstörten, in großen Teilen jedenfalls verkorksten Kriegsgeneration aus dem öffentlichen Leben bildete sich mit dem Generationenwechsel langsam so etwas wie eine aufgeklärte Gesellschaft mit demokratischem Bewußtsein.

Gruß
Wolfgang

Die meisten Franzosen waren Kollaborateure. Heute sagt das
natürlich niemand.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kollaboration#Frankreich

Die meisten Deutschen nach 1945 auch.
kannst du den letzten Satz einmal erklären? Rückkehr zu einer

Demokratie als Kollaboration darzustellen ist klârungsbedurftig.

Auf meinen Hinweis, die Franzosen seien 1940 achtfach stärker mobilisiert gewesen als die Briten, hat Scotty - relativ unmotiviert, da am Thema 1940 vorbei - eingeworfen, dass nach 1940 die meisten Frazosen kollaboriert hätten, das heißt, aus der Einsicht, dass weiterer Widerstand zwecklos ist, guten Willens gewesen seien, sich mit der Besatzungsmacht zu arrangieren, um weiterhin ein einigermaßen erträgliches und geregeltes Leben führen zu können.

Und ich habe, um den darin wohl steckenden Vorwurf (warum sonst der Hinweis auf die spätere Kollaboration?), die meisten Franzosen hätten heimlich schon vor der Niederlage mit dem Feind sympathisiert, zu entkräften, darauf hingewiesen, dass die Deutschen auch kollaboriert hätten nach 1945, denn sie haben sich gegenüber den Westmächten so verhalten wie zuvor die Franzosen gegenüber der Wehrmacht. Denn wenn die Deutschen 1945 eins mehrheitlich nicht gemacht hatten, dann zur Demokratie „zurückzukehren“ - eine ebenfalls klärungsbedürftige Aussage. Sie wurden vielmehr, jedenfalls im Westen, gegen ihren Willen zur Demokratie zurückgeprügelt und ihre Truppen haben bis Mai 1945 der Besetzung Widerstand geleistet, wo immer die taktische Lage einigermaßen erträglich war.

smalbop