Sind die noch ganz dicht?

»Wir vernichten uns selbst«

»In Israel zeichnet sich ein fluchbeladenes Szenario ab.

Gespräch mit dem geschmähten israelisch-niederländischen
Militärhistoriker Martin van Creveld.

Professor Martin van Creveld, international bekannter und umstrittener
Professor der Militärgeschichte an der hebräischen Universität in
Jerusalem, sieht für die weitere Zukunft nur extreme Entwicklungen
voraus. Die Art und Weise, wie Israel momentan gegen die Intifada
kämpft, sei zum Scheitern verurteilt. Die Möglichkeiten eines
Friedensprozesses und der Gründung eines palästinensischen Staates
nehmen zusehends ab.

Ein Gespräch mit einem Pessimisten, der, wie er sagt, im eigenen Land
geschmäht wird:

Ihre Spezialität ist Krieg. Ist hier überhaupt von Krieg die Rede?

Ja doch, obwohl es bei den Palästinensern keine Regierung, keine Armee
und kein Volk gibt. Es geht alles durcheinander. Deshalb auch werden wir
den Krieg nicht gewinnen. Wenn wir jeden Terroristen identifizieren und
eliminieren könnten, würden wir diesen Konflikt innerhalb von 48 Stunden
gewinnen. Die palästinensische Verwaltung hat dieselben Schwierigkeiten.
Selbst wenn Arafat sich in Anbetracht unserer Bedingungen morgen
entschließen würde zu kapitulieren, würde nahezu sicher die Intifada
weitergehen.

Gibt es auf der israelischen Seite auch etwas Ähnliches?

Wenn die Auseinandersetzung sehr lange dauert, wird die israelische
Regierung die Kontrolle über das Volk verlieren. Denn die Leute werden
dann sagen: „Diese Regierung kann uns nicht schützen, was kann sie dann
überhaupt noch für uns tun? Wenn die Regierung nicht gewährleisten kann,
daß wir morgen noch leben, was bringt uns das noch? Wir werden uns
selbst verteidigen.“

Also Israel hat im voraus schon verloren?

Ich will dazu Kissinger zitieren: »In Feldzügen wie diesen verlieren die
Antiterror-Brigaden, weil sie nicht gewinnen, und die Rebellen gewinnen
dadurch, daß sie nicht verlieren.«

Das trifft hier sicher zu. Ich betrachte eine totale israelische
Niederlage als unabwendbar. Das bedeutet den Zerfall der israelischen
Gesellschaft und des Staates. Wir werden uns selbst vernichten.

Hat die neuerliche israelische Militäroffensive überhaupt noch einen
Sinn?

Die Militäroffensive ist total nutzlos, die Palästinenser werden dadurch
nur noch zorniger werden. Möglicherweise kehrt für eine kurze Zeit Ruhe
ein, aber letzten Endes wird es doch noch mehr Selbstmordanschläge
geben.

Ist da noch Hoffnung?

Wenn ich Arafat wäre, würde ich auch nicht damit aufhören. Ich würde nur
aufhören im Tausch für ein sehr weitreichendes politisches Abkommen. Und
es sieht so aus, daß wir eine Art Regierung haben, die Arafat ein
solches nicht anbieten wird. Wenn es heute Wahlen gäbe, würden die
Linken völlig weggewischt werden.

Manche behaupten, daß der Feind von auswärts Israel gerade zusammenhält.

Das ist richtig. Ich wünschte mir, daß es auswärtige Feinde wären, aber
das ist nicht der Fall. Wir haben so viele Jahre gegen unsere äußeren
Feinde gekämpft. Jedes Mal, wenn es Krieg gab, haben wir einen ganz
großen Hammer genommen, um unsere Feinde damit zu treffen, und nachdem
sie einige Male eine Niederlage erlitten haben, ließen sie uns in Ruhe.

Das Problem mit dem palästinensischen Aufstand ist, daß er nicht von
außen kommt, sondern von innen. Deswegen können wir den Hammer nicht
benutzen.

Also ist die Lösung, die Palästinenser außerhalb der Grenze zu halten?

Genau, und darüber gibt es momentan eine fast hundertprozentige
Übereinstimmung. Wir müßten eine Mauer bauen, die „so hoch ist, daß kein
Vogel darüber hinweg fliegen kann“.

Das einzige Problem ist, wo wird die Grenze gezogen? Weil wir uns nicht
entscheiden können, ob die in 1967 eroberten Gebiete dazugehören oder
nicht, improvisieren wir vorläufig nur ein bißchen. Wir bauen eine Serie
von kleinen Mauern, die viel schwieriger zu schützen sind. Das ist aus
militärischer Sicht sehr dumm. Jeder Supermarkt hat allmählich seine
eigene lebende Mauer von Wachmannschaften. Die eine Hälfte der
israelischen Bevölkerung schützt die andere Hälfte, unglaublich. Das
bedeutet eine entsetzliche Verschwendung und ist fast vollkommen
nutzlos.

Das bedeutet, daß die Palästinenser also innerhalb der Grenzen bleiben?

Nein, das bedeutet, daß sie alle deportiert werden. Die Leute, die dies
anstreben, warten nur auf den richtigen Führer und die geeignete Stunde.
Vor zwei Jahren waren nur 7 oder 8 Prozent der israelischen Bevölkerung
der Meinung, daß dies die beste Lösung wäre, vor zwei Monaten waren es
schon 33 Prozent und jetzt sind es nach einer Gallup-Umfrage 44 Prozent.

Wird das denn jemals stattfinden können?

Sicher, denn verzweifelte Zeiten haben verzweifelte Maßnahmen zur Folge.
Momentan steht es 50:50, wo die Grenze gezogen wird. Vor zwei Jahren
wollten 90 Prozent die Mauer entlang der alten Grenze bauen. Das hat
sich jetzt völlig geändert, und wenn es so weiter geht, wenn der Terror
nicht aufhört, wollen in zwei Jahren vielleicht 90 Prozent die Mauer
entlang des Jordan bauen.

Die Palästinenser sprechen von „Summutt“, das bedeutet durchhalten und
sich an Grund und Boden festklammern. Ich habe enorme Achtung vor den
Palästinensern, sie kämpfen heldenmütig. Aber wenn wir tatsächlich über
den Jordan stoßen wollen, würden wir dazu nur einige Brigaden benötigen.
Wenn die Syrier oder Ägypter das zu verhindern versuchen würden, würden
wir sie ausradieren. Der Führer ist Ariel Sharon. Er hat immer einen
Plan, er improvisiert nicht.

Den Plan, die Palästinenser zu deportieren?

Ich denke, daß es sehr gut möglich ist, daß er das anstrebt. Er will den
Konflikt eskalieren lassen. Er weiß, daß alles, was wir sonst machen,
keinen Erfolg haben wird.

Denken Sie, daß die Welt eine derartige ethnische Säuberung zulassen
wird?

Das liegt daran, wer es macht und wie schnell es geht. Wir haben einige
Hundert von Atomsprengkörpern und Raketen und können sie auf Ziele
überall werfen, vielleicht selbst auf Rom. Mit Flugzeugen sind die
meisten europäischen Hauptstädte ein Ziel.

Dann wird Israel ein Schurkenstaat sein?

Ich will dazu General Moshe Dayan zitieren: „Israel muß wie ein toller
Hund sein, zu gefährlich, um ihn zu berühren“.

Ich halte alles dies jetzt für eine hoffnungslose Situation. Wir werden
versuchen müssen zu vermeiden, daß es so weit kommt, wenn nur irgendwie
möglich.

Aber unsere Armee ist von der Stärke her nicht die Nummer 30 in der
Welt, sondern die Nummer 2 oder 3. Wir haben die Möglichkeit, die Welt
mit uns zusammen untergehen zu lassen. Und ich kann Ihnen versprechen,
daß dies auch geschieht, bevor Israel untergeht.

Dies ist aber nicht Ihre eigene Vorstellung?

Natürlich nicht. Sie fragten mich, was geschehen könnte und ich habe das
beschrieben. Es ist nur die Frage, ob es nicht schon zu spät ist für die
andere Lösung, die ich befürworte, und ob die israelische öffentliche
Meinung davon noch überzeugt werden kann. Ich denke, daß es zu spät ist.
Mit jedem Tag, der vorübergeht, wird die Vertreibung der Palästinenser
wahrscheinlicher. Die Alternative wäre die totale Vernichtung und
Desintegration Israels. Was also erwarten Sie von uns?

Das Gespräch führte Ferry Biedermann in Jerusalem«

Quelle: UN
Erschienen ist das Gespräch im holländischem Magazin ELSEVIER

Grüße
Raimund

»Wir vernichten uns selbst«

»In Israel zeichnet sich ein fluchbeladenes Szenario ab.

Gespräch mit dem geschmähten israelisch-niederländischen
Militärhistoriker Martin van Creveld.

Professor Martin van Creveld, international bekannter und
umstrittener

na also, er ist geschmäht und umstritten und jetzt wissen wir auch wieso.

damit ist doch eigentlihc alles klar, oder?

gruss

damit ist doch eigentlihc alles klar, oder?

Ja, wenn ich dieser Artikel auf einmal überall im Netz auftauchen würde, ganz so als hätte ein bedeutenden Wissenschaftler DIE Entdeckung gemacht… naja, für manche ist es wohl bedeutend, weil es ein Jude war :wink:

Schalom,
Eli

Martin van Creveld
Moin Eli,

du kennst Martin van Creveld nicht ?

van Creveld lehrt nicht nur Geschichte an der Hebrew Universität in Jerusalem sondern gilt auch als einer der führenden Wissenschaftler weltweit zur Kriegstheorie.

Er gehört zu einem der Wissenschaftler, die man interviewt und „hört“, wenn es um seriöse Stellungnahmen zu Kriegskonflikten auf der ganzen Welt geht, in der Vergangenheit waren das z.B. der Tschetschenienkrieg oder der Anschlag auf das WTC.

Bekannt geworden ist er einer breiteren Öffentlichkeit 1998 mit dem Buch „Die Zukunft des Krieges“, ISBN 3932425049 Buch anschauen , das für ziemliches Aufsehen sorgte.

Sein Werk „Aufstieg und Untergang des Staates“ ISBN 3932425138 Buch anschauen
gilt bereits jetzt als Standardwerk.

Zudem sind weitere Bücher von ihm auch auf deutsch erschienen.

Oder anders gesagt: Wer sich für Moderne Geschichte, Konflikte und Kriege etc. in einem seriösen politikwissenschaftlichen oder historischen Rahmen interessiert, wird früher oder später auf den Namen Martin van Creveld stoßen. Das sein Stellungnahmen weltweit auf Interesse stoßen ist daher für mich nicht so überraschend.

Ach ja, Jude ist er wohl auch, ist das ein Problem für dich ?

Im übrigen halt ich ihn für einen ziemlichen Chauvi :smile:
Gruss
Marion

Raimund, vielen Dank für diesen Artikel.

Ich habe alle Achtung vor van Creveld, aber ich kann mir doch nicht vorstellen (oder will ich es nur nicht?), dass hinter dem Handeln von Sharon ein Masterplan in seinem Sinne steckt. Auch wenn sich die Sache von der militärischen Logik her so darstellen mag; der politische Wille zur Verständigung bringt manchmal, auch ohne dass es jemand angstrebt hätte, unverhersehbare Entwicklungen hervor - so wie 1989 …

Täubchen

Der rote Faden
Hallo Täubchen

Ich habe alle Achtung vor van Creveld, aber ich kann mir doch
nicht vorstellen (oder will ich es nur nicht?), dass hinter
dem Handeln von Sharon ein Masterplan in seinem Sinne steckt.

Ein Blick auf die Biographie Sharons dürfte diese Vermutung eher unterstützen: http://www.n-tv.de/2898905.html. Werf mal insbesondere auch einen Blich auf das Jahr 1973.

Ansonsten denke ich auch, dass van Creveld teilweise irrt, aber an anderer Stelle.

Gruss
Marion

Ein Blick auf die Biographie Sharons dürfte diese Vermutung
eher unterstützen: http://www.n-tv.de/2898905.html. Werf mal
insbesondere auch einen Blich auf das Jahr 1973.

das schon, aber in 30 Jahren ändert sich doch so einiges … auch der Likud hat in den 90er Jahren andere, politische Lösungen favorisiert. Alles nur Spiegelfechterei?

Ansonsten denke ich auch, dass van Creveld teilweise irrt,
aber an anderer Stelle.

Wo denn? sag doch mal …

Gruss
Täubchen

hallo Täubchen,
ich hoffe, er täuscht sich auf der ganzen Linie.
Es wäre der Untergang der Menschheit.
Kein Atomstaat würde ruhig bleiben, wenn er mit Atombomben beharkt wird. Er greift an! Und wieder zurück und wieder… Am Schluss des Konfliktes (der maximal 2 Tage dauert) ist die Hälfte der Erde eine radioaktive Wüste und Leben in der heutigen Form nicht mehr möglich.
Und gewisse Leute in der dunklen Vergangenheit hätten nachträglich Recht behalten.
Ich hoffe nicht.
Grüße
Raimund

Hallo Marion,

Ein Blick auf die Biographie Sharons dürfte diese Vermutung
eher unterstützen: http://www.n-tv.de/2898905.html. Werf mal
insbesondere auch einen Blich auf das Jahr 1973.

Dass ein Volk solche Leute in der Regierung duldet…?

da ist ja „Saddam“ echt ein zamer Kater.

Gibt es keine Messeinheiten um „Bösewichte“ zu vergleichen ?
oder darf man das aus ethischen Gründen besser nicht tun.

Gruss
Fritz
a.d.Uw.

hallo Täubchen,

rehi

Und gewisse Leute in der dunklen Vergangenheit hätten
nachträglich Recht behalten.

Hättest Du die Güte das zu erläutern?

T.

Ein Blick auf die Biographie Sharons dürfte diese Vermutung
eher unterstützen: http://www.n-tv.de/2898905.html. Werf mal
insbesondere auch einen Blich auf das Jahr 1973.

das schon, aber in 30 Jahren ändert sich doch so einiges …

Sharons Einstellung offensichtlich nicht.

auch der Likud hat in den 90er Jahren andere, politische
Lösungen favorisiert. Alles nur Spiegelfechterei?

„Der Likud“ besteht wie jede andere Patei auch aus einem gewissen Spektrum, oder anders gesagt: Sharon ist nicht automatisch gleich Likud. In den 90er Jahren haben sich die Isrealis zum bislang ersten und einzigen Mal mit Rabin eine echt Chance auf Frieden geschaffen. Die Zeit damals war sicher von großen Hoffnungen auf allen Seiten geprägt (bis auf die Nationalisten vom Schlage Sharons, denen das gar nicht gefiel). Das war nicht unbedingt das „richtige“ politische Klima für Kriegsfalken. Mit der Ermordung Rabins hatte sich diese Chance allerdings schnell erledigt und Sharon wieder nach oben gespült.

Ansonsten denke ich auch, dass van Creveld teilweise irrt,
aber an anderer Stelle.

Wo denn? sag doch mal …

Es geht um die Frage der Reaktion der Weltöffentlichkeit wenn Israel die Palästinenser vertreibt und ethnische Säuberungen durchführt. Zum einen denke ich, dass Creveld die militärische Stärke Israels in diesem Fall völlig überbewertet (was ihm als Militärhistoriker und „Patriot“ jedoch gegönnt sei :smile:). Sollte man in so einem Fall in der zivilisierten Welt ernsthaft über Sanktionen gegenüber Israel nachdenken wird das kaum auf militärischem Gebiet passieren. Man wird Israel schlicht und ergreifend den Geldhahn zudrehen und es wirtschaftlich isolieren. Spätestens nach 4 Wochen gehen dem IDF dann die Ersatzteile aus.

ABER: Und ich denke, hier irrt Creveld wiederum: Vermutlich wird es den Rest der Welt gar nicht so groß interessieren. Die UNO wird ein paar Resolutionen verabschieden (die Israel mal wieder nicht befolgt), Der Weltsicherheitsrat wird Krisensitzungen abhalten und alle werden ganz schrecklich erschüttert sein, über das Schicksal der Palästinenser. Mehr nicht. Alles wie gehabt.

Es könnte allerdings sein, dass Israel mit einer Vertreibung der Palästinenser (wohin eigentlich ?) die Nerven der arabischen Welt dann doch mal etwas überstrapaziert. Insofern hat Creveld wiederum recht, ein Irakkrieg mit den US-Streitkräften vor Ort wäre sicher ein günstiger Zeitpunkt für Israel, zu handeln. Zwar würde das alles den Nahen Osten kurzfristig destabilisieren, aber Israel hätte gute Chancen, die Krise mal wieder für Landgewinne zu nutzen und relativ unbeschadet aus dem Konflikt hervorgehen.

Tja, schaun wir mal. Nach den Isrealischen Wahlen wird es wohl losgehen (oder auch nicht) und dann sind wir schlauer. Vielleicht kommt ja auch alles noch ganz anders :smile:

Gruss
Marion

hallo Marion,

In den 90er Jahren haben sich die
Isrealis zum bislang ersten und einzigen Mal mit Rabin eine
echt Chance auf Frieden geschaffen. Die Zeit damals war sicher
von großen Hoffnungen auf allen Seiten geprägt (bis auf die
Nationalisten vom Schlage Sharons, denen das gar nicht
gefiel). Das war nicht unbedingt das „richtige“ politische
Klima für Kriegsfalken. Mit der Ermordung Rabins hatte sich
diese Chance allerdings schnell erledigt und Sharon wieder
nach oben gespült.

So wie Du das schreibst, könnte man auf den Gedanken kommen, dass Sharon und Helfsershelfer dahinter standen, es geplant haben.
Aber das würde Sharon wohl nieeee tun, oder?
Grüße
Raimund

Moin Raimund

So wie Du das schreibst, könnte man auf den Gedanken kommen,
dass Sharon und Helfsershelfer dahinter standen, es geplant
haben.

Ich wüsste nicht wieso, es sei denn, du verdächtigst pauschal jeden, der mehr oder weniger von Rabins Tod profitiert hat, einschließlich ein paar radikaler Palästinensergruppen.

Falls dich die Hintergründe aber ernsthaft interessieren empfehle ich dir das Buch „Rabin - ein politischer Mord. Nationalismus und rechte Gewalt in Israel“ von Amnon Kapeliuk ISBN: 3426774178 Buch anschauen

Aber das würde Sharon wohl nieeee tun, oder?

Ich finde die Frage, was einer wohl nicht tun würde relativ müßig :smile:

Gruss
Marion