Singen mit jugendlichen 'Männern'

Hallo,

in unseren Schulchören sind in der Unterstufe relativ viele Jungen aktiv, aber ab der 7. Klasse hören sie mit dem Singen auf und können nicht mehr für den Chor gewonnen werden.
Vor Weihnachten habe ich mich mit ein paar Schülern unterhalten, die durchblicken ließen, dass ihnen das Singen peinlich sei. Also bin ich auf die Idee gekommen, wir gründen einen Männerchor: Jungs ab 15 Jahren unter sich, da gibts keinen Grund, dass es einem peinlich ist.

Etwas überrascht war ich, dass die Reaktionen zunächst recht positiv waren. Ich denke also, dass nach den Ferien durchaus einige zu einer ersten Probe kommen werden.
Hier geht allerdings mein Problem los: Wie halte ich die Jungs bei der Stange, was kann ich mit ihnen singen?
Bei Mädchen ist das leichter, weil sie sich gerne mit manchem Popsong zufriedenstellen lassen und eher bereit sind, diszipliniert zu arbeiten. Aber bei Jungs? Heavy-Metal grölen? 45 Minuten Gaudi?

Deswegen wollte ich mal nachfragen, ob jemand Erfahrung damit hat, mit jugendlichen „Männern“ zu singen, die kaum oder keine musikalischen Vorerfahrungen haben und zunächst mal wegen der zu erwartenden Gaudi (und einem eventuellen positiven Einfluss auf die Musiknote) kommen.

Vielen Dank für Ideen und Anregungen!

Gruß,
Booze

Hallo Booze,

super Projekt, was du da leierst!

Gibt viele schöne Sachen für tiefe Sachen - leicht und schwere …

Mit „Wer hat dich du grüner Wald“ oder „Ännchen von Tharau“ wird man da vllt. nicht landen bei den Jungs, aber es gibt auch viele Reisser für junges Publikum:

  • Prinzen
  • Comedian Harmonists (Mein kleiner grüner Kaktus)

Schau mal in youtube zur Inspiration (Suche Männerchor)

Viel Erfolg dabei - oldy!

ich habe im moment ein ähnliches projekt laufen, einen männerchor an einer oberstufenschule, wobei ich die männer habe, die für den großen gemischten chor nicht gut und/oder motiviert genug sind, und das ganze ist auch noch verpflichtend. also so ähnlich wie du, nur verschärft :wink:

ich bin musikalisch recht flexibel und arrangiere/komponiere auch gern, damit kann ich leicht dinge adaptieren. begonnen haben wir mit dem intro von „two and a half men“ und „fortune plango vulnera“ aus den carmina burana. zu weihnachten haben wir den adventchoral „veni redemptor gentium“ vermischt mit einem zweistimmigen satz von „rudolph the red-nosed reindeer“ gesungen.

der choral ist einstimmig, ebenfalls teile von „fortune plango“, der rest ist zweistimmig und nicht wahnsinnig schwer. bei „two and a half men“ gibt es eine oberstimme für knabensopran/falsett, die habe ich selbst gesungen.

du siehst, ich lege das repertoire von anfang an sehr breit an, für männer eignen sich natürlich gregorianische choräle, aber die muß man sehr gut verkaufen, in unserem fall war es für die adventfeier und wir sind mit kutten und kerzen aufgetreten. für die zukunft plane ich pop/rocksongs, es muß halt auch immer ein gewisser spaßfaktor dabei sein, also werden wir uns vielleicht an lady gaga wagen.

der spaß sollte auf jeden fall im vordergrund stehen. gerade bei der altersgruppe sind viele noch nicht mit dem stimmbruch fertig oder sehr unsicher mit ihrer stimme. mehr als zwei stimmen werden wohl illusorisch sein, allein schon deswegen, weil (ungeübte) männerstimmen nicht so klar und sauber klingen wie frauenstimmen, und ein enger satz deutlich weniger transparent klingt.

beatboxen und/oder basslinien singen lassen ist bei popsongs immer gut und kommt auch ganz gut an. ich fürchte nur, da mußt du selbst ran, weil du keine fertigen, für deine bedürfnisse perfekt geeigneten noten finden wirst.

Hallo Gyuri,

erst mal vielen Dank für deine Infos. Ich dachte mir doch, dass ich nicht der einzige sein kann, der mit diesem/gegen dieses Problem kämpft.
Stücke zu arrangieren und herauszuhören ist kein Problem für mich, das muss ich auch für meine Bigband machen, die gar nicht so der traditionellen Besetzung entsprechen will, weil man eben mit den Instrumenten arbeiten muss, die zur Verfügung sind, bzw. die Schwierigkeitsstufe nicht passt.

Ich habe mir auch schon überlegt, nicht nur vokal zu arbeiten, sondern zur Begleitung Arrangements zu den Liedern zu erstellen, die die Schüler dann selbst spielen können, dann macht es wahrscheinlich mehr Spaß, als wenn ich alles am Klavier begleite.

Gruß,
Booze

kann aber auch leicht in chaos ausarten. singen ist viel unmittelbarer als instrumentalbegleitung, und sei es nur mit boomwhackers. aber probiers!

Hallo Booze,
hast du mal an szenischen Chorgesang (Stichwort „Ganzheitlichkeit“) gedacht? Ich habe ganz gute Erfahrungen mit Musicals gemacht, die ich meinen Chorgruppen entsprechend vom einstimmigen Gesang bis hin zum SATB-Satz arrangiert habe, oft im Mix von Solo und Tutti. Der Vorteil bei Musicals ist, dass sie recht flexibel zu arrangieren sind, thematisch häufig die Lebenswelt der Schüler ansprechen und sich ausgezeichnet für eine szenische Interpretation eignen. Denn meine Erfahrung ist, dass sich Jungens in dem „Problemalter“ zwar mit dem Singen schwer tun, sich aber durchaus gerne mit dem ganzen Körper schauspielerisch auf einer Bühne produzieren wollen. Das kann man dann per Arrangement geschickt verbinden. Als Profi wird dir die sog. Szenische Interpretation von Wolfgang Martin Stroh u.a. bekannt sein. Da gibt es haufenweise gute Anregungen.
Übrigens meine Erfahrung: Lieber Stücke nehmen, die die Jugendlichen musikalisch tendenziell überfordern, als solche, die pädagogisch gut gemeint, aber inhaltlich nicht in die Lebenswelt der Schüler passen, also lieber die „West Side Story“ als eine Kretzschmar-Kantate, lieber einen schwierigen Queen-Satz, als die Prinzen. Gut gehen auch die Wise-Guys-Arrangements. Und die „Klassik“ (Sätze aus der „Schöpfung“ usw.) kam bei den Jungs oft besser an, als irgendwelche nett gemeinten Weihnachtslieder-Arrangements.
Und dann noch einen weiteren Tipp: Bei „Chor“-Musicals gibt es immer genug „Ausweich“-Jobs für die Jungen, etwa Bühnentechnik bauen, Ordnerdienste, PR-Arbeit, Requisite, Licht und Ton usw. Und schließlich können Jungs gut in der Begleitband eingesetzt werden.
Und ganz wichtig war bei mir die Wahl eines Chorsprechers und einer Chororganisation, die ausschließlich in den Händen der Jugendlichen lag (Mädels und Knaben).
Natürlich hängt das alles von den konkreten Bedingungen vor Ort ab: Schultyp, soziale Hintergründe, Stadt-Land, Unterstützung seitens des Schulleiters (sprich AG-Stunden), der Kollegen (Deutschlehrer als Regisseur, Sportlehrer für die Tänze?) und der Eltern (Sekt und Saft in der Pause, Spenden usw.).
Und dann die Tradition der Chorarbeit. Ich hatte es irgendwann recht leicht, weil sich bald alles aufeinander aufbaute: Unterstufen-, Mittelstufen-, Oberstufenchor plus Kammerchor. So wurden die Jungens dann immer irgendwie weitergereicht, und die Chor-Musicals bekamen an der Schule insgesamt einen hohen Stellenwert, so dass es für viele „Männer“ eine „Ehre“ war, dabei zu sein.
Wenn du Interesse hast, kann ich dir gerne Erfahrungsberichte und Arrangements zumailen.
Gruß,
lynndinn
PS: Mit deiner Einstellung, die Chorteilnahme würde sich positiv auf die Note im Musikunterricht niederschlagen, bin ich überhaupt nicht einverstanden. Das finde ich nicht nur pädagogisch (besonders für den „normalen“ Unterricht) sehr bedenklich (es sei denn, die dort gewonnenen Fähigkeiten werden im Rahmen des Unterrichtsstoffs eingebunden), es widerspricht auch klar den Bestimmungen des LP (jedenfalls in meinem Bundesland).

Hallo Lyndinn,

deine Idee mit dem Musical wäre dann mein nächster Schritt. Momentan ist es eben so, dass ich ein Musical nur mit Frauenstimmen machen könnte, weil es keine Jungen gibt, die sich auf die Bühne stellen und singen würden (ich habs schon probiert).

Wenn du Interesse hast, kann ich dir gerne Erfahrungsberichte
und Arrangements zumailen.

Daran habe ich auf jeden Fall Interesse, dafür wäre ich dir sehr dankbar!

PS: Mit deiner Einstellung, die Chorteilnahme würde sich
positiv auf die Note im Musikunterricht niederschlagen, bin
ich überhaupt nicht einverstanden. Das finde ich nicht nur
pädagogisch (besonders für den „normalen“ Unterricht) sehr
bedenklich (es sei denn, die dort gewonnenen Fähigkeiten
werden im Rahmen des Unterrichtsstoffs eingebunden), es
widerspricht auch klar den Bestimmungen des LP (jedenfalls in
meinem Bundesland).

Bei uns ist es so dass, ich positive Leistungen im Wahlunterricht im Verhältnis 1:5 in die Musiknote einfließen lassen kann. Daran halte ich mich, allerdings müssen die Schüler dann auch wirklich Leistung erbringen, für die bloße Anwesenheit jede Woche gebe ich keine Note!
Ich finde dies durchaus sinnvoll (die Schüler meiner Band müssen 5-6 Auftritte im Schuljahr nicht nur in der Schule absolvieren, immer mit Sonderproben am Nachmittag verbunden), wobei die meisten Schüler diesen Bonus nicht nötig haben.
Leider handhaben viele Musiklehrer das sehr großzügig und tragen jedem Schüler, der mal bei einem Konzert im Chor mitsingt, eine mündliche 1 ein, und locken so die Massen an, damit der Schulleiter zufrieden ist. Das halte ich für unsinnig und auch nicht förderlich. Aber natürlich wird sich keiner über eine 1 beschweren.

Vielen Dank und Gruß,
Booze