Sinn und Zweck der lateinischen Sprache

Hallo, welchen handfesten Sinn und Zweck hat eigentlich das Erlenen dr alten Sprachen Latein und Altgriechisch ?

Das Argument, man würde damit leichter andre romanische Sprachen lernen zieht nicht, denn das kann man mindestens genauso gut wenn man gleich mit einer lebenden romanischen Sprache anfängt. Ich tat mir so beim Lernen von Italienisch deutlich leichter, da ich ganz gute Französischkenntnisse hatte. Leider hatte ich eben auch Latein und das hat mir da rein gar nix gebracht.

Wie gesagt, mich interessieren die klaren fakten, nicht komplizierte und ideologische Aussagen a la Grundlage unsere Kultur usw.

Vielen Dank für Eure Antworten.

Winfried

Vielleicht hilft das hier ein wenig weiter:
http://www.graecum.org/ein-plaedoyer/

Dann kann ich aus Erfahrung sagen, dass Latein das Erlernen anderer Sprachen wirklich vereinfacht, besser als moderne Sprachen.
Und für das Sprachgefühl ist es nochmals um Längen besser.
Das dürfte auch mit der Lernmethode zusammenhängen. Man achtet einfach viel mehr auf die Grammatik und die Logik in der Sprache anstatt Alltagsphrasen auswendig zu lernen.
Außerdem hilft es bei Fremdwörtern. Man erkennt, woher das Wort kommt und kann die Bedeutung erschließen oder sie sich einfacher merken.
Und bei der Rechtschreibung hilft es auch.
Beispielsweise würde ich niemals mehr auf die Idee kommen, Rhetorik o.ä. ohne das h zu schreiben. Das liegt daran, dass das ρ (Rho, „deren r“) im Altgriechischen am Wortanfang immer „aspiriert“ wird (-> ῥ), d.h. es wird ein h eingefügt.

mfg,
Ché Netzer

Hallo Winny63

Mir ging es in meiner Jugend genauso wie Dir heute.

Mich hat das große Lat®inum ein Schuljahr gekostet.
Mit Französisch und Russisch musste ich wegen wegen Latein per Konferenzbeschluss aufhören.

In Köln gab es 1960 ein einziges „neusprachliches Gymnasium“(Schiller), das mit Englisch anfing, als 2. Fremdsprache aber mit Latein weitermachte. In der Untertertia kam dan Französisch dazu (7 Wochenstunden).
Nach meinem Rückzug von Köln nach Darmstadt musste ich dann bei 2 ganz miesen Paukern Latein weiterlernen. Mit Franz und Russisch -auf freiwilliger Basis mit tollen Noten- war dann Schluss.

Latein haben weder ich noch der Großteil meiner Klassenkameraden je- niemals wieder gebraucht, weder im Studium noch sonstwo.
Ein Mediziner braucht das Latinum -kann man im Kurzkurs während des Studiums nachholen- und ein Lehramtskandidat für den Religionsunterricht braucht es auch, aber das könnten überflüssige Zöpfe sein, wenn in der Schule ein 1-jähriger Kurs über griechisch- lateinische Wortstämme angeboten würde.
Je ca.1000 Stämme aus beiden Sprachen hätten mir beim Studium der Geologie in Paläontologie mächtig weitergeholfen, denn die Tiernamen sind herrlich beschreibend „Kallipyge“= die mit dem schönen Arsch, „Tragus crassicaudatus“= der Fettschwanzhammel, „Hippocastanum“= Rosskastanie und der Beispiele unzählige mehr.

Mit der Erklärung „Logisches Denken“ hat Latein so viel zu tun wie der T(h)unfisch mit dem Silberfisch.

Das Altgriechische hat meinem Arbeitskollegen bei seiner Doktorarbeit auf Kreta bei der Verständigung auf der Insel mit der Bevölkerung überhaupt nicht geholfen (ausser Alphabet - aber das beherrscht man sehr schnell).
Nur einmal in Sambia habe ich mir ausgemalt, mit dem jesuitischen Nachtpriester auf Latein zu reden, um ihm meine Situation zu schildern, ohne dass der korrupte indische Arzt unsere Rede verstanden hätte.
Kirchen(Küchen)latein hat mit klassischem Latein in der Grammatik so viel zu tun wie „Türkdeutsch“ mit „Hochdeutsch“

Deine -in der Frage implizierte- Meinung kann ich mit 62 Jahren nur zu gut verstehen.

Gruß Olschi

Hi

Latein „soll“ das logische Denken schulen, eben auf einer anderen Ebene als Mathematik. Bei den einen funktioniert es, bei den anderen nicht.

Latein/Griechisch hilft auf jeden Fall weiter, wenn du später in einem Fach arbeitest, das viele Fremdwörter benutzt und enge Definitionen hat. Ich muss meinen Tutanden z.B. ständig erklären warum Animismus Animismus heißt, weil sie nicht wissen, was anima/animus sind. Oder woher Hermeneutik kommt. Und noch so einiges andere.

Latein ist bei den meisten sprachwissenschaftlichen Fächern, historischen Fächern angebracht und bei Bio vielleicht schonmal nützlich.

Als Ingenieur oder Katastrophenmanager brauchst du es jetzt eher weniger.

lg
Kate

Hallo Ché,

Vielleicht hilft das hier ein wenig weiter:
http://www.graecum.org/ein-plaedoyer/

nimm es mir nicht übel: Aber da es dem UP ja um objektive Kriterien ging, ist dieses Plädoyer vollkommen nutzlos. Die dort erwähnten Argumente basieren alle nur auf der, zurückhaltend ausgedrückt, sehr vergeistigten bis verträumten Wunschvorstellung, alle Menschen sollten Altgriechisch lernen, weil es einfach sooo schön sei und kein Mensch ohne diese Sprache leben könnte. Mit der Realität des Sprachenlernens, geschweige denn mit der Alltagsnützlichkeit jenseits des Klassenzimmers hat dieser Text so absolut gar nichts gemein.

Dann kann ich aus Erfahrung sagen, dass Latein das Erlernen
anderer Sprachen wirklich vereinfacht, besser als moderne
Sprachen.

Auch dieses „Argument“ ist bestenfalls ein subjektives. Ich bestreite keinesfalls, dass Du persönlich beim Fremdsprachenlernen vom Latein mehr profitiert hast als von modernen Fremdsprachen. Umgekehrt kenne ich jedoch zig Fälle, in denen moderne Fremdsprachen eine deutlich bessere Basis waren bzw., wie bei mir, man auch ohne Latein problemlos verschiedenste Sprachen sehr gut lernen und ein zielsicheres Sprachgefühl entwickeln kann.

Ganz objektiv klären wird man diese Frage nie, da einfach zu viele individuelle Faktoren das Sprachenlernen bestimmen, als dass man z.B. in einer wissenschaftlichen Studie ergründen könnten, inwieweit Probanten mit Lateinkenntnissen anders/besser/schlechter eine andere Sprache erlernen können als Probanten ohne diese Kenntnisse.
Letzten Endes sollte man sich aber folgenden Sachverhalt vor Augen halten: Deutschland ist das einzige europäische Land, in dem Latein nach wie vor eine Pflicht- (zum Teil sogar Erst-)fremdsprache in vielen Gymnasien ist. Dennoch schneiden viele andere Länder deutlich besser im Fremdsprachenlernen ab. Wenn Latein also einen derart positiven Einfluss aufs Sprachenlernen hätte, warum sollten all die anderen europäischen Länder diesen ignorieren (und dennoch besser abschneiden)?

Und für das Sprachgefühl ist es nochmals um Längen besser.

Halte ich insofern für ein eher fadenscheiniges Argument, als dass man sich ein tatsächliches Sprachgefühl eigentlich nur aneignet, indem man sie im Alltag aktiv benutzt.

Das dürfte auch mit der Lernmethode zusammenhängen. Man achtet
einfach viel mehr auf die Grammatik und die Logik in der
Sprache anstatt Alltagsphrasen auswendig zu lernen.

Dass das mit der Lernmethode zusammenhängt, bestreite ich nicht. Aber diese Methode benutzt man ja schließlich nicht nur beim Lateinlernen. Wenn ich da an die ganzen Kasusendungen im Polnischen oder die Vokalfolge im Hebräischen und Arabischen denke, die ja auch alle einem mal mehr, mal weniger komplexen System folgen. Da hilft oft auch kein Phrasenauswendiglernen, sondern nur systematisches Lernen.

Außerdem hilft es bei Fremdwörtern. Man erkennt, woher das
Wort kommt und kann die Bedeutung erschließen oder sie sich
einfacher merken.
Und bei der Rechtschreibung hilft es auch.
Beispielsweise würde ich niemals mehr auf die Idee kommen,
Rhetorik o.ä. ohne das h zu schreiben. Das liegt daran, dass
das ρ (Rho, „deren r“) im Altgriechischen am Wortanfang immer
„aspiriert“ wird (-> ῥ), d.h. es wird ein h eingefügt.

Diese Argumente sind natürlich nicht per se von der Hand zu weisen. Aber letztlich sind es auch nur Teilargumente. Denn Latinismen und Gräcismen sind schließlich nicht die einzigen Fremdwörter, mit denen man zu tun hat bzw. die einem Probleme bei der Rechtschreibung bereiten. Im heutigen Sprachalltag hat man es ja auch mit jeder Menge Anglizismen sowie Entlehnungen aus allen möglichen und unmöglichen anderen Sprachen zu tun. Wäre es dann – überspitzt ausgedrückt – ein Argument, um „Business consultant“ richtig schreiben und verstehen zu können, Englisch zu lernen? Französisch für „Abonnement“, Italienisch für „Gnocchi al forno“ und so weiter?

Ergo: In einigen Lebenslagen mögen einem Latein und Altgriechisch weiterhelfen. Aber objektiv betrachtet reichen diese nicht aus, um beispielsweise zu begründen, warum ein Schüler heutzutage lieber diese Sprachen anstelle moderner Fremdsprachen lernen sollte (so nun eben nicht unumstößlich feststeht, dass er später (Alt-)Philologie, Theologie oder Geschichte studieren wird).

Gruß,
Stefan

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nimm es mir nicht übel: Aber da es dem UP ja um objektive
Kriterien ging, ist dieses Plädoyer vollkommen nutzlos. Die
dort erwähnten Argumente basieren alle nur auf der,
zurückhaltend ausgedrückt, sehr vergeistigten bis verträumten
Wunschvorstellung, alle Menschen sollten Altgriechisch lernen,
weil es einfach sooo schön sei und kein Mensch ohne diese
Sprache leben könnte. Mit der Realität des Sprachenlernens,
geschweige denn mit der Alltagsnützlichkeit jenseits des
Klassenzimmers hat dieser Text so absolut gar nichts gemein.

Von mir aus… Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich mir den Text selbst nicht vollständig durchgelesen :smile:

Letzten Endes sollte man sich aber folgenden Sachverhalt vor
Augen halten: Deutschland ist das einzige europäische Land, in
dem Latein nach wie vor eine Pflicht- (zum Teil sogar
Erst-)fremdsprache in vielen Gymnasien ist. Dennoch schneiden
viele andere Länder deutlich besser im Fremdsprachenlernen ab.
Wenn Latein also einen derart positiven Einfluss aufs
Sprachenlernen hätte, warum sollten all die anderen
europäischen Länder diesen ignorieren (und dennoch besser
abschneiden)?

Den Pflichtunterricht sollte man nicht betrachten oder vergleichen. Eher die Anzahl der Schüler, die sich freiwillig mit Latein beschäftigen. (Und die ist natürlich auch nicht entscheidend)

Und für das Sprachgefühl ist es nochmals um Längen besser.

Halte ich insofern für ein eher fadenscheiniges Argument, als
dass man sich ein tatsächliches Sprachgefühl eigentlich nur
aneignet, indem man sie im Alltag aktiv benutzt.

Wenn man im Alltag vollkommen fehlerbefallene Sprache benutzt, dürfte sich kein sonderlich gutes Sprachgefühl entwickeln.
Je mehr man also darauf achtet, was man sagt, desto besser kann man sich das Sprachgefühl aneignen.
Und um wirklich darauf achten zu können, ist die Theorie erforderlich. (Wobei ich das „aktive aneignen“ eher als „festigen“ sehe)
Diese Theorie wird in Latein vermutlich am besten vermittelt, da die Grammatik auführlich behandelt wird und man die (einige) Wurzeln und Ursprünge der Sprache versteht. Andere, moderne Sprachen haben zwar auch Einflüsse auf das Deutsche, aber die sind bei weitem nicht so groß wie die lateinischen.

Das dürfte auch mit der Lernmethode zusammenhängen. Man achtet
einfach viel mehr auf die Grammatik und die Logik in der
Sprache anstatt Alltagsphrasen auswendig zu lernen.

Dass das mit der Lernmethode zusammenhängt, bestreite ich
nicht. Aber diese Methode benutzt man ja schließlich nicht nur
beim Lateinlernen. Wenn ich da an die ganzen Kasusendungen im
Polnischen oder die Vokalfolge im Hebräischen und Arabischen
denke, die ja auch alle einem mal mehr, mal weniger komplexen
System folgen. Da hilft oft auch kein Phrasenauswendiglernen,
sondern nur systematisches Lernen.

Im Lateinischen tritt das aber (vermutlich…) sehr viel häufiger auf und ist auch - wie bei den meisten alten Sprachen - das zentrale Thema.

Diese Argumente sind natürlich nicht per se von der Hand zu
weisen. Aber letztlich sind es auch nur Teilargumente. Denn
Latinismen und Gräcismen sind schließlich nicht die einzigen
Fremdwörter, mit denen man zu tun hat bzw. die einem Probleme
bei der Rechtschreibung bereiten. Im heutigen Sprachalltag hat
man es ja auch mit jeder Menge Anglizismen sowie Entlehnungen
aus allen möglichen und unmöglichen anderen Sprachen zu tun.

Englisch sollte man wohl sowieso früher oder später lernen.
Aber Latein und Altgriechisch dürften immer noch den Rekord an Fremdwörtern halten.

mfg,
Ché Netzer

Latein „soll“ das logische Denken schulen, eben auf einer
anderen Ebene als Mathematik. Bei den einen funktioniert es,
bei den anderen nicht.

Allzu schwerwiegend ist das aber auch nicht. Ich würde eher sagen, dass man mit Logischem Denken keine Schwierigkeiten mit Latein haben sollte.

Latein/Griechisch hilft auf jeden Fall weiter, wenn du später
in einem Fach arbeitest, das viele Fremdwörter benutzt und
enge Definitionen hat. Ich muss meinen Tutanden z.B. ständig
erklären warum Animismus Animismus heißt, weil sie nicht
wissen, was anima/animus sind. Oder woher Hermeneutik kommt.
Und noch so einiges andere.

Und bei den Formen. Beispielsweise die Matrix in der Mathematik, bei der es im Plural plötzlich Matrizen mit z sind.
Übrigens war „Tutanden“ auch ein gutes Beispiel für etwas, das man mit Latein sicher schon beim ersten Hören/Lesen versteht :wink:

mfg,
Ché Netzer

Hallo!

inwieweit Probanten mit Lateinkenntnissen
anders/besser/schlechter eine andere Sprache erlernen können
als Probanten ohne diese Kenntnisse.

Probanden, bitte! Es kommt vom lateinischen probandus, nicht von probans,ntis.

Wäre es dann – überspitzt ausgedrückt – ein Argument, um
„Business consultant“ richtig schreiben und verstehen zu
können, Englisch zu lernen? Französisch für „Abonnement“,
Italienisch für „Gnocchi al forno“ und so weiter?

Es ist zweifellos AUCH dafür von Nutzen.
Gruß!
H.