scheinheilig
Sowas dürfte überhaupt nicht gehen. Das ist doch einem
gehirnamputierten klar, dass das ein grober Fehler war.
Hier sollte sich keiner bereichern dürfen.
Eine Ungerechtigkeit, zweifelsohne. Denn demjenigen, der durch harte Arbeit seine Brötchen verdienen muss, läßt sich kaum plausibel machen, weshalb ein anderer für eine minimale, in der Sache womöglich noch nicht einmal besonders anspruchsvolle Leistung ein Honorar erhalten soll, dass offensichtlich in keinem vernünftigen Verhältnis zu der erbrachten Leistung steht. Dass es trotzdem so ist, liegt daran, dass der Gesetzgeber bestimmt hat, dass das Honorar des Anwalts nicht von seinem tatsächlichen Arbeitsaufwand, sondern allein vom „Wert der Sache“ abhängig sein soll.
Auch eine Folge dieses Vergütungssystems ist, dass das Anwaltshonorar unter Umständen noch nicht einmal die Kosten deckt, wenn der Wert der Sache in der Größenordnung eines Paars Schuhe liegt, der Fall aber - sei es, weil er rechtlich anspruchsvoll ist, oder weil der Mandant dies so will - viel Arbeit verursacht. Und Fälle dieser Art sind durchaus an der Tagesordnung. Man denke etwa an den Ebay-Käufer, der mit seinem 30-Euro-Top-Digitalkamera-Schnäppchen unzufrieden ist, und den „betrügerischen“ Verkäufer deshalb durch alle zivil- und strafrechtlichen Instanzen prügeln will - einschließlich des europäischen Gerichtshofes, weil er sich „ein wenig kundig gemacht“ hat und dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das deutsche Verbraucherschutzrecht zu seinem Nachteil gegen die EG-Richtlinie 9999 von 1979 verstößt. Als Folge dessen werden über Wochen und Monate Stapel von Schriftsätzen gewechselt, denn der Verkäufer wähnt sich seinerseit im Recht und weicht keinen Zentimeter von seiner Position zurück. Unter solchen Umständen kann der Anwalt sogar durch Putzen-gehen schneller und einfacher Geld verdienen. Auch das ist eine Ungerechtigkeit des Systems.
Die Tatsache, dass zwar die erste (außergewöhnliche und seltene), nicht aber auch die zweite (alltägliche) Ungerechtigtkeit die Gemüter erregt, enthüllt, dass nicht ein gesundes Gerechtigkeitsempfinden, sondern Mißgunst die treibende Kraft dieser Erregung ist.
Aber unter diesem Gesichtspunkt kann sich dieser Fall tatsächlich nur in Deutschland zutragen. Denn an kaum einem anderen Ort scheinen mir Sozialneid und das Fehlen der Fähigkeit oder der Bereitschaft, andere als die eigenen Interessen überhaupt wahrzunehmen, derart ausgeprägt zu sein.
Da sieht man mal wieder die Mentalität eines
Rechtsverdrehers…
Seien wir doch mal ehrlich: Jeder von uns hier im Forum würde ein Honorar von 2 Millionen annehmen, ohne mit der Wimper zu zucken, wenn - wie in diesem Fall - feststeht, dass ihm dieses Honorar von Rechts wegen tatsächlich zusteht. Die Tatsache, dass wir alle hier dies dennoch nicht tun, liegt nicht daran, dass wir moralisch stabiler gebaut wären, sondern schlicht an der fehlenden Gelegenheit. Sich auf Grund des Mangels an Gelegenheit in einer moralisch überlegenen Position gegenüber demjenigen zu wähnen, der die Gelegenheit hat und nutzt, ist allerdings mehr als scheinheilig.
und die Unfähigkeit unseres Gesetzgebers.
Der Gesetzgeber hat sich unter einer Vielzahl von Möglichkeiten, die Vergütung von Anwälten zu regeln, für eine entschieden, die im Prinzip durchaus vernünftig ist, weil sie
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sicherstellt, dass der Bürger auch für wirtschaftlich unbedeutende Angelegenheiten anwaltlichen Rat suchen kann und die Durchsetzung des Rechts in solchen Angelegenheiten nicht daran scheitert, dass die Kosten des Rechtsbeistandes in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zur Bedeutung der Sache für den Bürger stehen, und
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dem Anwalt im Regelfall ein vernünftiges Auskommen ermöglicht, weil Sachen, bei denen das Honorar den Arbeitsaufwand nicht deckt, und solche, die netten Gewinn abwerfen, im Normalfall in einem einigermaßen vernünftigen Verhältnis zueinander anfallen. (So gesehen wird durch diejenigen Sachen, an denen der Anwalt gut verdient, die „Rechtsberatung für’s gemeine Volk“ in Angelegenheiten, die wirtschaftlich uninteressant sind, zum Wohl eben des gemeinen Volks subventioniert).
Allerdings bringt es die Natur einer gesetzlichen Regelung - die darin besteht, eine unendliche, kaum vorhersehbare Vielzahl möglicher Lebenssachverhalte abschließend regeln zu müssen - mit sich, dass Fälle auftreten können, die so außergewöhnlich sind, dass sie die Zielsetzungen der gesetzlichen Regelung faktisch ad absurdum führen. Solange es bei Einzelfällen bleibt, macht dies die gesetzliche Regelung aber noch nicht zu einer schlechten.
Von Unfähigkeit des Gesetzgebers jedenfalls kann keine Rede sein.