So wahr

Hallo,
auf Arte kam gerade ein Beitrag, bei dem gezeigt wurde, dass alle derzeitigen Bundesminister bis auf Zypries, bei der Vereidigung einen religiösen Bezug gewählt haben. (Der Kommentar dazu war, dass das in Frankreich unmöglich wäre, da man Staat und Religion trennt).

Nun meine Frage zur Eidesformel: „Ich schwöre es“ klingt für mich verbindlich. Der Zusatz, „so wahr mir Gott helfe“, klingt für mich einschränkend.
Ich hätte auch im Deutschbrett fragen können. Mir geht es um das Verständnis von „so wahr“. So wie es bei mir ankommt, ist das sicher nicht gemeint. Kann das jemand aufklären?
Grüße
Ulf

Gerhard Schröder hat damals bei seiner Vereidigung als Kanzler auch auf das „so wahr mir Gott helfe“ verzichtet.

Ein gläubiger Mensch geht davon aus, dass ihm Gott in jedem Fall hilft. Also ist es wahr dass er ihm hilf, und „so wahr wie ihm Gott hilf“ schwört er.

Hallo, Ulf,
eigentlich wirklich eher was fürs Deutschbrett.

Die Formel „so wahr mir Gott helfe“ halte ich für eine Verkürzung der Aussage:
„Dies (was ich gerade geschworen habe) ist wahr. Gott helfe mir, es einzuhalten.“

Beiseite:Nicht bei allen, die so geschworen haben, scheint jedoch Gottes Beistand wirklich genützt zu haben.

Gruß
Eckard

Hallo,

Beiseite:Nicht bei allen, die so geschworen
haben, scheint jedoch Gottes Beistand wirklich genützt zu
haben.

genau das hat Ulf ja gemeint, denke ich. Wenn jemand was anderes tut, als das was er geschworen hat, hat Gott ihm eben nicht geholfen, also liegt die Schuld bei ebendiesem, nicht beim Schwörenden.
(Wäre vielleicht auch was fürs Rechtsbrett :wink: )

Gruß
Torsten

Könnte aber auch bedeuten:
So wahr (als) mir Gott helfe
mit dem Sinn
Mein Eid ist (eben-)so wahr wie mir Gott helfen wird/ soll

Damit wird m. M. n. das Ritual eines archaischen, von Gott eingesetzten Herrscheramtes (Kaiser von Gottes Gnaden/ Gottesgnadentum) schwach wiedergespiegelt.
Was von Gott (gewollt) ist, wird Gott auch unterstützen!

[…]

Hallo,

ich würde das jetzt gar nicht mal unter dem Aspekt der deutschen Sprache sehen. Es liegt ja eigentlich in der Natur des Eides, „auf etwas zu schwören“. Per se ist ein Eid ja ein Versprechen, dass abgegeben wird und das zusätzlich durch den Bezug auf etwas anderes, von dem man annehmen kann dass es dem Eidgebenden wichtig ist, abgesichert werden soll. Das ist auch der eigentliche Hintergrund des „sowahr mir Gott helfe“. Das Problem ist eher, dass die Leute sich trotzdem nicht mehr an ihren Eid halten.

Gruß
Peter B.

MOD: Vollzitat gelöscht

Hallo, Ulf,

Nun meine Frage zur Eidesformel: „Ich schwöre es“ klingt für
mich verbindlich. Der Zusatz, „so wahr mir Gott helfe“, klingt
für mich einschränkend.

so sieht das auch der Verfasser einer Habilitationsschrift über „Die Funktionen der Gebrauchstextsorten“:

http://books.google.de/books?id=6kAvDNTV5zQC&pg=PA16…

Gruß
Kreszenz

Hallo Ulf,
m. E. ist dieser Zusatz völlig unscharf. Es wird nur ein allgemeiner Gottesbezug des eigenen Handeln und die Erwartung göttlicher Unterstützung ausgesagt.
Dabei bleibt sogar unklar, ob die göttliche Hilfe sich auf die Erfüllung des Eides bezieht (die Pflichterfüllung also religiösen Wert erhält) oder diese begrenzt. Man könnte es ja auch so auffassen, dass dort, wo ich die Unterstützung Gottes nicht mehr erhalte - etwa weil die auferlegte Dienstpflicht göttlichen Geboten widerspricht - ich auch den Eid nicht mehr erfüllen muss.

Ob man mit dem Gottesbezug dem Eid ein zusätzliches heiliges Gewicht zumisst - also praktisch Gott zum Co-Dienstherren macht -, oder aber Gott hier als Vorbehalt der Dienstverpflichtung einzieht - also zur Kontrollinstanz des Dienstherrn, liegt wohl in der jeweils individuellen Interpretation des Schwörenden. Außerdem kann es natürlich noch sein, dass dies einen rein sozialen Zweck hat (sich als fromm darzustellen).

Gruß
Werner

Hallo Ulf,
nur so als Anregung, wie wäre es wenn die Textpassage lauten würde:

sowahr ich Gott helfe

Grüsse

‚Konjunktion sowahr + Konjunktiv 1‘ ist Nonsens

Hallo Ulf,
nur so als Anregung, wie wäre es wenn die Textpassage lauten
würde:

sowahr ich Gott helfe

Der Indikativ der ersten Person Singular Präsens „(ich) helfe” wäre sprachlich gesehen jedenfalls viel logischer, weil die Konjunktion „sowahr” ja Realität ausdrückt, während der Konjunktiv 1 der dritten Person Singular „(er/sie/es) helfe (mir)” ja nur eine Distanzierung von der Aussage Dritter in der indirekten Rede bzw. Potentialität oder gar Irrealität ausdrückt.

Da ich mich bei der Eidesformel wohl kaum von meiner eigenen Aussage distanzieren möchte und etwas anderes als Realität auch nicht mit einer Konkunktion zusammenpasst, die das Wörtchen „wahr” enthält, ist „sowahr mir Gott helfe” also schon rein sprachlich betrachtet reiner Nonsens und dies umso mehr, wenn man die Gottheit, auf die man sich dabei berufen möchte, selbst für real hält.

Aber ich wiederhole mich: /t/imperativ-oder-konjunktiv/4646431/3

Der einen Wunsch ausdrückende englische Konjunktiv in „so help me God” ist da weit weniger absurd.

Gruß Gernot

Hallo,

Ulf!
Nun meine Frage zur Eidesformel: „Ich schwöre es“ klingt für
mich verbindlich. Der Zusatz, „so wahr mir Gott helfe“, klingt
für mich einschränkend.
Ich hätte auch im Deutschbrett fragen können.

Dort würde auch meine Amntwort passen.

das Verständnis von „so wahr“. So wie es bei mir ankommt, ist
das sicher nicht gemeint.

Wenn man die Geduld hat und sich im GRIMM bis zu 33. Spalte von SO hindurchliest, dann findet man: [ich ersetze Hervorhebungen des Originals durch ‚…‘]
„[…] noch freier gestaltet sich die anwendung eines conjunctionalen ‚so‘ mit adv. in der betheuerungsformel ‚so wahr‘. zu grunde liegen formeln wie: ‚so wahr als gott lebt!‘ […] ‚so wahr ich leb‘“ mit Belegen wie „'so wahr mir Gott helff! […]; so wahr mir Gott helfe! […] so wahr mir Diana gnädig sey;[…]“.
Die Beispiele zeigen, dass es sich um die Anrufung des Eidzeugen handelt, der über die Einhaltung des Schwurs wachen soll und dessen Strafe man in der Eidesformel für den Fall eines Meineids (wenn der Eid also nicht „wahr“ ist) auf sich herabruft; dann soll Gottes Hilfe (und damit Segen: Gelingen, Gesundheit, Glück,Seelenheil …) ausbleiben.
Gruß!
Hannes