Socionics

Hallo zusammen,

ich bin vor Kurzem über die Socionics / MBTI Geschichte gestolpert und wollte mal fragen inwieweit diese Anwendung in Deutschland finden.

Der MBTI (Myers Briggs Type Indicator) liefert wie Socionics ein Typensystem, nach dem sich Persönlichkeiten in 16 Grundmuster einordnen lassen. Die Systeme unterscheiden dabei 4 Funktionen in Kombination, wovon sich 2 mit der Wahrnehmung der Umwelt und 2 mit der rationalen Entscheidungsfindung eines Menschen beschäftigen.

Ich habe so weit in Erfahrung bringen können, dass die Psychologie diese Interpretationen ignoriert, da sie auf empirisch gefundenen Beobachtungen genereller Verhaltensmuster beruhen, die mehr oder weniger einem Idealmodell entsprechen, welches in der Praxis nicht existiert. Desweiteren beschäftigen sie sich auch nicht mit der Symptomatik von psychologischen Krankheiten und wie diese in den Gesamt-Type mit einspielen.

Hier einmal der Link für Interessierte: http://www.wikisocion.org/en/index.php?title=Wikisoc…

Kurzzusammenfassung:

Die angesprochenen 4 Funktionen sind einmal Sensorische und Intuitive Wahrnehmung und Logische und Ethische Entscheidungsfindung. Verstanden kann die Unterscheidung zunächst in dem Konzept von Sensoren (der Wahrnehmung der Welt eines Menschen) und Aktoren (seiner Art und Weise mit Informationen umzugehen).

Sensorisch bedeutet dabei die konkrete Wahrnehmung auf einer Objektebene. Das bedeutet die Wahrnehmung der Welt durch seine 6 Sinne. Eine starke Position dieser Funktion würde eine Persönlichkeit beschreiben, die sich ihrer Umwelt streng bewußt ist.

Intuitiv bedeutet die Wahrnehmung der Beziehungen zwischen Objekten. Das beinhaltet eine ausgeprägte Fantasie oder Analyseerkenntnis, die dem Anwender die Möglichkeit verleihen würde, in einer Welt aus Relationen zu existieren. Hier positionieren sich generell Menschen mit ausgefallenen Ideen oder therapeuthischen Fähigkeiten.

Rationales Denken als Entscheidungsfunktion bedeutet linear eine Entscheidung zu treffen. Das folgt dem Grundprinzip der Computerlogik, wonach Schalter A gesetzt sein muss, um Schalter B zu aktivieren. Rationales Denken kann in dieser Beziehung oft aus dem menschlichen Kontext fallen, weil es dazu neigt Fragestellungen zu segmentieren und isoliert zu betrachten.

Rationale Ethik als Entscheidungsfunktion bedeutet Informationen ganzheitlich zu verarbeiten. Hier liegt eine Kernschwachstelle der Typology, denn oft werden die 4 Funktionen einzeln verstanden. Sie bilden aber erst in der Relation eine Bedeutung aus. Rationale Ethik tendiert dazu segmentierte Betrachtungsweisen zu verpöhnen und ist mehr damit beschäftigt Einzelentscheidungen auf ein Gesamtsystem zu beziehen. So entsteht eine gewisse Neigung zu einem Harmoniebewußtsein, welches durch kleine Fehler im System bereits gestört werden könnte.

Desweiteren ordnet der Test den einzelnen Funktionen einen introvertierten oder extrovertierten Charakter zu. Dieser ist folgendermaßen zu verstehen:

Extrovertiertes rationales Denken zum Beispiel würde sich mit der Planung, Delegation und Führung von Aufgaben beschäftigen. Es wäre also mehr oder weniger im Sinne des Wortes nach Außen gerichtet und würde sich an den Anforderungen, die die Umgebung an sein Denkvermögen setzt, richten.

Introvertiertes Denken auf der anderen Seite ist gekennzeichnet durch eine hohe Analysefertigkeit und Strategiefähigkeit. Nach einem russischen Buchautor beruht die komplette Informatik auf introvertiertem Denken und somit haben es Menschen, die hier stark sind, einfacher mit Computer umzugehen.


Abschließend will ich noch kurz den Typencode erklären. Der amerikanische MBTI unterscheidet bei der Typen wahl zwischen primär-rationalen Persönlichkeiten und zwischen primär-wahrnehmenden Menschen. Den Rationalen wird dabei das J für Judgment zu gesprochen und den Wahrnehmenden das P für Perceiving. Diese Betrachtungsweise ist umstritten, wird aber auch im Socionics Test indirekt durch die Beschreibungen der Typen impliziert.

Desweiteren spricht der MBTI einem Menschen nur 4, der Funktionen zu, welche in Kombination mit dem introvertierten oder extrovertierten Charakter aber 8 wären. Socionics spricht den Persönlichkeiten alle 8 erweiterten Funktionen zu und betrachtet aus meiner Sicht das System ganzheitlicher.

Ein Beispiel für Socionics einmal an meinem Typ:

Ego Block:

  1. Extrovertierte Intuition (Leading Function)
  2. Introverted Logic (Creative Function)

Super-Ego Block:

  1. Extroverted Sensing (Role Function)
  2. Introverted Ethics (Vulnerable Function)

Super-Id Block:

  1. Introverted Sensing (Suggestive Function)
  2. Extroverted Ethics (Mobilizing Function)

Id

  1. Introverted Intuition (Ignoring Function)
  2. Extroverted Logic (Demoralizing Function)

Ich bedanke mich schonmal im Vorraus für euer Interesse und eure Gedanken zum Test. Bei Rückfragen und Intresse stehe ich gerne Rede und Antwort. Allerdings muss man schon etwas Zeit investieren, um das Modell vollends zu verstehen.

Desweiteren verstehe ich es nicht als Werkzeug der Psychologie. Und ich finde dass es auch nicht zu viel an Popularität gewinnen sollte, da Menschen oftmals falsch damit umgehen und fremde Erklärungen für eigene Handlungsweisen suchen, die ihnen im Endeffekt nicht helfen ihre Probleme zu lösen.

Mich persönlich interessiert der Test, weil ich ein Mensch bin der sehr viel Subtilitäten in die Welt hinein interpretiert und auch ein ausgeprägtes Interesse besitzt zu verstehen, wie Dinge funktionieren. Der Test selbst hat mir in dieser Hinsicht die Idee einer Richtung vorgegeben und eine Methode geliefert Dinge in Worte fassen zu können. Allerdings richte ich nicht all meinen Fokus darauf, ich betrachte ihn mehr als Meilenstein auf dem Weg das große Rätseln der Menschlichkeit besser zu verstehen, um im Umgang mit Menschen mehr Verstädnis zu zeigen und tiefere Einsicht zu bekommen, warum jemand handelt, wie er es augenscheinlich tut.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit :smile:

mfg Olli

Moin
Schon immer hat es die Leut’ gereizt, die Menschen in Typen einzuteilen. Ob Kretschmer, Freud, Jung - hundertprozentig passt es nie.
Eine weitere Aufsplitterung der Jungschen Typen in die von dir vorgestellten halte ich persönlich für wenig sinnvoll. Schon die Jungsche Typologie halte ich für wenig zielführend.
Gruß,
Branden

Hallo Branden,

ich habe gerade ein Auslandssemester in Amerika hinter mir und dort bin ich auf die Typologie aufmerksam geworden. Die Amerikaner haben schon ganze Lerngruppen eingerichtet, um Menschen die Idee näher zu bringen und ich bin auf seltene Begeisterung der Theorie gestoßen.

Ich selbst habe auch eher die Ansicht, dass die individuelle Perspektive eines Menschen grundsätzlich bei jedem Versuch einer Analyse neu erfasst werden müsste, das soll heissen dass jeder Mensch die Welt anders sieht. Für mich ist das ebenfalls eine natürlich zu akzeptierende Tatsache.

Dennoch konnte ich mich nicht der Logik entsagen, die die Typologie impliziert, nämlich das jede einzigartige Perspektive einer generellen Idee oder einem generellen Leitfaden folgen kann.

Ich bin notgedrungen jetzt im letzten halben Jahr mit dem Test bombadiert worden :smile: aber ich musste auch viele Schattenseiten kennen lernen. Obwohl die Amerikaner so stolz auf ihre Idee waren, gab es auch viele Menschen die sich nicht in die Typologie einordnen ließen oder die sich von ihr so maßgeblich haben beeinflussen lassen, dass sie nach einem fremden Ideal anfingen zu leben.

In diesem Hintergrund war es mal interessant für mich zu wissen, inwieweit der MBTI oder Socionics schon in Deutschland Verbreitung gefunden haben. So ganz koscher ist er mir nämlich auch nicht :smile:

Gruß Olli