Söhne des Lichts Qumran

Hallo!
In einem englischen Roman ist davon die Rede, dass Belial „eine Tochter“ - nicht wörtlich zu nehmen, denke ich - gegen die Söhne des Lichts in Qumran gesandt hat. „Um sie zu verderben“, vermute ich. Wird in den diesbezüglichen Schriften oder in Schriften über diesbezügliche Schriften *g*, im Rahmen des Kriegs der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis eine Frau erwähnt, eine weibliche Dämonin, Versucherin? Ich möchte nicht, dass mir in der Übersetzung eine irreführende Formulierung unterläuft.

Und hat die Formulierung „… daughter … who shall veil herself in the squares of the cities“ eine spezielle Bedeutung? Für mich ist es wichtig zu wissen, ob der Autor das nur schreibt, weil’s gut klingt oder ob das mehr oder weniger ein Zitat aus irgendwelchen mystischen Schriften ist. Danach richtet sich in der Übersetzung meine eigene Wortwahl.

Gruß,
Eva

keine Dämonin Belials
Hi Eva,

Wird in den diesbezüglichen Schriften oder in Schriften über diesbezügliche Schriften *g*, im Rahmen des Kriegs der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis eine Frau erwähnt, eine weibliche Dämonin, Versucherin?

der Kampf der Söhne des Lichts gegen die Söhne der Finsternis (bzw. zwischen Michael und Belial) wird in der Qumran-Rolle I QM dargestellt. Dort ist eine Tochter Belials oder eine Dämonin nicht erwähnt, geschweige denn überhaupt eine Frau. In dem Kampf stehen dem Michael eine Heerschar von Engeln und dem Belial eine Heerschar von Dämonen zur Verfügung, aber das sind gerade die „Söhne“.

Ich kenne auch keinen antiken Mythos aus den Zeitspannen, in denen Belial mit Satan identifziert ist (also später als die Texte „Daniel“ und der äthiopische „Henoch“), in dem überhaupt von einer Tochter Belials die Rede ist. Auch nicht von einer speziell von Belial abgesandten Dämonin.

Der Ausdruck „Tochter des Belial“ kommt allerdings im AT vor: Z.B.
1 Samuel 1.16 „Betrachte deine Magd nicht als Tochter Belials (bat belia’al)“. Aber in dieser Epoche hat „belial“ noch die ursprüngliche bzw wörtliche Bedeutung von „Nichts“ und „Nichtsnutzigkeit“, ist also noch nicht personifiziert.

Und hat die Formulierung „… daughter … who shall veil herself in the squares of the cities“ eine spezielle Bedeutung? Für mich ist es wichtig zu wissen, ob der Autor das nur schreibt, weil’s gut klingt oder ob das mehr oder weniger ein Zitat aus irgendwelchen mystischen Schriften ist.

Aus mystischen Texten sowieso nicht. Aber auch in mythischen Texten nicht (siehe oben). Es dürfte alles ein Phantasieprodukt aus der Gegenwart sein.

Gruß
Metapher

Hallo!
Ich sage herzlichen Dank für diese sehr kundige und informative Antwort!

Gruß,
Eva

weiß vielleicht auch jemand noch …
… was es mit dieser „Verhüllung auf den Plätzen der Städte“ auf sich hat?

@ Metapher: „Mystisch“ hatte ich geschrieben, weil der Autor im Nachwort anmerkt, er habe Elemente aus der Kabbala in seinem Roman verarbeitet. Leider bin ich darin kein Experte (und nicht nur darin
:wink:und kann oft nicht erkennen, wo ich mich eng am Text halten muss, weil es um Dinge geht, bei denen der Autor sich an Kabbala oder Dante anlehnt, und wo ich in der Formulierung freier sein kann, weil auch der Autor da seiner Fantasie freien Lauf gelassen hat. Zum Beispiel habe ich erst gegen Mitte des Romans gemerkt, dass die Kapitelüberschriften, die mir sehr merkwürdig vorkamen, aus einem Gedicht von William Butler Yeats stammen:
http://www.potw.org/archive/potw351.html

Gruß,
Eva

Kabbala: Belial im Zohar
Hi Eva,

danke fürs Feedback :smile:

… was es mit dieser „Verhüllung auf den Plätzen der Städte“ auf sich hat?

Leider kann ich dazu nichts finden. Aber wäre „verschleierte sich …“ nicht näherliegend? Aber das wird wohl der Kontext ergeben.

„Mystisch“ hatte ich geschrieben, weil der Autor im Nachwortanmerkt, er habe Elemente aus der Kabbala in seinem Roman verarbeitet.

Ah, ok. In der Kabbala, genauer gesagt im → Zohar
http://de.wikipedia.org/wiki/Zohar
wo jüdische Mythen früherer Jahrhunderte teilweise eine Neuauflage (um Umdeutung) erfahren haben, ist allerlei über Sammael (=Satan=Belial) und seine Sex-Affäre mit → Lilith geschrieben. Die ist hier eine Dämonin (was sie ursprünglich sowieso war) und es könnte sein, daß sich dein Autor daraus einiges zusammengebastelt hat.

Genauer kann ich dem jetzt nicht nachgehen. Eine unerschöpfliche Quelle für solche Fragen ist

Patai/Ranke-Graves: Hebräische Mythologie
ISBN 978-3498057084 Buch anschauen

und das noch unerschöpflichere Werk von
Raphel Patai: The Jewish Alchemists: A History and Source Book
ISBN-13: 978-0691006420 Buch anschauen

… bei denen der Autor sich an Kabbala oder Dante anlehnt

Ist es noch derselbe wie bei unserer Dante-Diskussion im Literaturbrett?

Gruß und viel Spaß bei der Arbeit :wink:
Metapher

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Hi du…

vielleicht noch einige Randnotizen zu Belial, falls es Dir hilft.
Der Name Belial kommt aus dem hebräischen und bedeutet soviel wie Bosheit/ Nichtigkeit. Er ist die personifizierung der gottwidrigen Macht und wird nach dem jüngsten Gericht über die Menschen herrschen, die in die Hölle fahren. (Also wahrscheinlich auch über mich :wink:)
Im Neuen Testament und in den Qumrantexten wird er Gott gegenüber gestellt und tritt als Ankläger gegen Jesu vor Gott auf indem er Jesus bezichtigt sich in Dinge einzumischen die ihn nichts angehen. Allerdings hat er den Prozess verloren…
Als vergleich zu Belial wird oftmals Samael ihm Gleichgesetzt, der mit seiner Partnerin Lilith als Haupt aller Dämonen über das Reich des Bösen und der Unreinheit regiert.
Lilith gilt als die erste Frau im Paradies, noch vor Eva, doch da sie dem Mann gleichgestellt war und sich weigerte, beim Sex unten zu liegen ist sie verbannt und dämonisiert worden und Gott schuf Eva… (Interessanter Verbannungsgrund… ) Im Thalmud ist Lilith eine der vier bösen, dämonengebärenden Frauen, Lilith und Samael haben allerdings keine gemeinsame Tochter, jedenfalls ist nirgendwo in alten Schriften etwas von Ihr zu finden.
Ich könnte mir jedoch vorstellen, daß der Autor im Rahmen der künstlerischen Freiheit Lilith als „Tochter“ des Belial darstellt, immerhin ist ihr Name aus dem hebräischen und bedeutet „die Nächtliche“, und ihr Beiname ist „Die Lichträuberin“, was das mit dem Verhüllen auf/von Plätzen erklären könnte…

Ich hoffe ich konnte etwas hilfreich sein…

Mit dämonischen Grüßen
Lord Cambridge

Hallo!
Ja, ist noch derselbe Autor :smile:

Wunderbar die Buchtipps, besonders Ranke-Graves, dessen Buch „The White Goddess“ ich mit großem Gewinn gelesen habe.

Ja, verschleiert wäre tatsächlich naheliegend - mal sehen, wie das in die Passage passt.

Danke Dir & Gruß,
Eva

Ich könnte mir jedoch vorstellen, daß der Autor im Rahmen der
künstlerischen Freiheit Lilith als „Tochter“ des Belial
darstellt, immerhin ist ihr Name aus dem hebräischen und
bedeutet „die Nächtliche“, und ihr Beiname ist „Die
Lichträuberin“, was das mit dem Verhüllen auf/von Plätzen
erklären könnte…

Hallo!
Das war durchaus hilfreich, weil es mir einen neuen Blickwinkel aufzeigt. „Tochter“ des Belial ist hier eine Sukkuba, welche allerdings in einer Passage Lilith als ihre „Mutter“ bezeichnet.

Das Schwierige an solchen Romanen, in denen der Autor sich aus „realen“ Mythen und Mystiken bedient, ist, dass das arme Übersetzerlein, dass sich eben noch in Stadtpläne Kairos vergraben musste und die korrekte Transkription arabischer Vokabeln und als näxtes sich mit der Mongolei zur Zeit Sven Hedins befassen muss, manchmal nicht weiß, wo die Fantasie des Autors aufhört und die Zitate anfangen. Da kann man sich ganz prima blamieren …

Danke Dir und Gruß,
Eva

Hi!

Da hört sich für mich was sinnig an… Sukkuba? Sukkubus (altd. Schreibweise für Succubus).

Lilith gilt in der mittelalterlichen Mythologie als Gebärerin von Succubi und Incubi (daraus wurde dann in der Literatur des 20. Jh. aus irgendeinem Grund Vampire…), in wieweit es da einen Hintergrund in der jüdischen Mythologie gibt weiß ich nicht, da hat sich im Mittelalter unter den Christen einiges verselbstständigt.

Wenn sich der Autor dann gefragt hat, von wem die gezeugt wurden, kann man auf sowas kommt. Ist eben künstlerische Freiheit.

lg
Kate

Hey Kate…
da kann ich vielleicht nochmal weiterhelfen wie aus Sukkubi (weiblicher Dämon) und Inkubi (männlicher Dämon) Vampire wurden…
Dazu muß ich allerdings ein wenig ausholen…
Also :
Der Legende und dem Volksglauben nach sind Vampire Widergänger, die sich über das Blut von Lebenden deren Lebensenergie einverleiben, soweit weiß das jeder, denke ich.
Ganz ähnliches machen nun die Sukkubi und Inkubu, nur daß sie die Lebensenergie Ihres Opfers während des Geschlechtsaktes absorbieren und damit töten. Dieser Glaube wurde von der katholischen Kirche gefördert, da Sex ausserhalb der Ehe ja als Sünde gilt. Nach dem Sex fühlt man sich in der Regel ausgelaugt und erschöpft, und dieses eigentlich recht schöne Gefühl führte zu dem Glauben, daß während des Aktes Lebensenergie fließt, und was lag da für die Kirche näher, als Dämonen zu erschaffen die auf diese Art töten und die Furcht davor zu schüren. Sukkubi und Inkubi werden immer als wunderschöne Frauen und Männer beschrieben, die jedes Ihrer Opfer um den Finger wickel können.

Der Glaube an Vampire ist etwas anders entstanden, dazu muß man wissen, was im Körper nach dem Tod passiert…
Alles aufzuzählen würde hier zu lange dauern, da gibt es einen schönen Artikel im Archiv des Biologie-Bretts zu, aber in kürze kann man sagen, daß durch den Flüssigkeitsverlust im frühen Stadium der Verwesung sich die Haut verdünnt und zurückzieht, quasi Pergamentartig und durchscheinend wird.
Dies betrifft natürlich auch die Nagelbetten, das Zahnfleisch und die Kopfhaut, was bei einer späteren Öffnung des Sarges so ausgesehen hat, als wären der Leiche Haare, Fingernägel und Zähne „gewachsen“. Ferner waren die weissen Leichenhemden beschmutzt und die Leichen lagen nicht mehr so in den Särgen wie sie vorher eingebettet worden waren, das erklärt sich durch Fäulnisgase, die eine Leiche sich bewegen lassen oder über die Speiseröhre flüssigkeiten nach oben transportieren wo sie aus dem Mund laufen Mit ein wenig Aberglaube, den gerade die Menschen im Mittelalter in äusserst ausgeprägter Form hatten, wird daraus ein Vampyr.

Das Bild des Vampiers das wir heute haben resultiert aus dem Roman „Dracula“, in dem Bram Stoker mehrere Legenden miteinander verknüpfte (Sukkubus/Inkubus, den Bezug zu Vlad Dracul Tepes als Hintergrundstory und Namensgeber und den Volkglauben an Widergänger) und dem Vampier die sexuelle Komponente des unwiderstehlichen Womanizers gab, wenn man das so nennen will. Bevor Stoker seinen „Dracula“ veröffentlichte war das Bild des Vampires ein völlig anderes, als Vergleich hierzu muß man nur an „Nosferatu“ denken, dem die sexuelle Komponente fast völlig fehlt und der dem Bild des Mittelalterlichen Vampirs deutlich näher kommt.

Den Rest erledigte Hollywood mit diverstesten mehr oder weniger guten Vampierstreifen, und schon ist das Bild in den Köpfen fertig.

Vielleicht war das ja ein wenig informativ für Dich…

Lieben Gruß
Lord Cambridge

Aloha…

Wenn der Sukkubus Lilith tatsächlich als Ihre Mutter bezeichnet ist sie einer der Dämonen, die durch Lilith in die Welt geboren wurde um Ihre Heerscharen zu verstärken, damit quasi Unteroffizier in den Legionen des Bösen ist.
Die Männer die Lilith sich als „Samenspender“ nimmt werden nach einmaligen Gebrauch entsorgt, weil sie den Akt der Zeugung nicht überleben und nur dem einen Zweck dienen, ähnlich wie bei einigen Spinnenarten. (Gut daß das bei Menschen nicht so ist :wink:)

Lilith erscheint auch in einigen Naturreligionen als Gottheit, bei den Hexen als oberste Göttin und wird Stellenweise als erste Prostituierte bezeichnet und „des Teufels Buhle“ genannt. Angelehnt hieran ist auch die Rolle der „Buhlschaft“ im Jedermann…

Falls Du noch Fragen zu Dämonen oder Unterwelt hast kannste mich gerne Anschreiben, das Thema is ein Steckenpferd von mir :wink:

lieben Gruß
Lord Cambridge

Hi!

Eine schöne Zusammenfassung :smile: Mit dem Vampirmythos beschäftige ich mich auch. Die waren auch nicht völlig sex-aspektfrei, wenn keinesfalls so erotisch wie in der modernen Literatur.
Es gab schon Legenden, nach denen Vampyre ihre Frauen heimsuchten und noch Kinder zeugten (warum diese Art Legende entstanden ist, kann man sich ja denken).

Es gibt Ähnlichkeiten, das ist klar. Ich finde nur diese Einknüpfungen an biblische Geschichten seltsam. Vampirähnliche Gestalten gibt es fast überall, durchgesetzt haben sich in der westlichen Welt hauptsächlich die osteuropäischen Versionen. Aber in der modernen Literatur sind sie plötzlich Kinder Liliths oder Kains oder sogar beiden (was dann wirklich schräg wird). Wahrscheinlich einfach um einen Bibelbezug zu haben. ich versteh das nicht, das begrenzt das mögliche Alter von Vampiren doch sehr und grade in diesen Stories werden auch Lamien u.ä. erwähnt, die doch viel älter sind, als biblische Gestalten…

lg
Kate