Sohn hat Abitur und jetzt passiert nichts mehr

Hallo, ich hoffe, ich bin in der richtigen Rubrik.

Es geht um den Sohn 22. Vor drei Jahren ist er durch das Abi gefallen. Nach langen Überlegungen wurde beschlossen es zu wiederholen. Mit Ach und Krach sowie einer zusätzlichen Nachprüfung hat es unser Sohn vor zwei Jahren nun doch endlich geschafft das Abi zu bestehen mit einem Schnitt von 3,4. Sein Wunsch war es zu studieren was hier in der Hauptstadt mit diesem Notendurchschnitt nicht mehr möglich ist. Wir haben ihn immer und immer wieder bereits vor dem Abitur dazu animiert sich zu überlegen welchen Weg er im Anschluß anstreben möchte. Anfangs gab es schon einige Vorstellung unseres Sohnes, die er aber aufgrund der Noten nicht verwirklichen kann. Ein Studium geht nicht, eine Ausbildung will er aber auch nicht, da er der Meinung ist, man würde dort nichts verdienen und er sich nicht auf die gleiche Stufe stellen möchte wie seine Kollegen mit geringeren Schulabschlüssen.

Inzwischen nach zwei Jahren ist es immer noch so, dass er nicht weiß was er tun soll. Er ist absolut faul geworden und es passiert rein gar nichts mehr. Er wohnt noch bei mir zu Hause und lebte umsonst hier ohne etwas dazu tun zu müssen. Ich selber habe auch nur sehr wenig Geld zur Verfügung und muß nun auch noch den Jungen mitdurchschleusen. Familienmitglieder sagten mir, ich solle ihn rauswerfen. Wir haben immer und immer wieder gepredigt und geredet etwas zu unternehmen ohne Erfolg.

Er macht rein gar nichts mehr. Den ganzen Tag verbringt er mit schlafen. Wenn er wach ist sitzt er die ganze Nacht nur vor dem PC und spielt, hat keine Interessen, keine Hobbys keine Freunde. Geht so gut wie gar nicht mehr raus.

Inzwischen ist es so, das ich div. Sachen komplett gekürzt habe. Seine Kleidung muß er selber bügeln und waschen, hat er extra Auslagen muß er diese selber bezahlen, Essen gibt es auch nicht mehr vorserviert und bei Aufräumarbeiten, Einkaufen etc. muß er auch mal ran. Endergebnis ist, ich habe einen kleinen absolut ungepflegten Mitbewohner der nicht mehr in die Pedalen kommt. Ihn stört das alles nicht. Ich habe ihn gefragt wie lange das noch so gehen soll und wie er sich sein Leben vorstellt. Ich erhielt keine Antwort.

Im letzten und auch in diesem Jahr hat er sich wenigstens um ca. 10 Aushilfsstellen, d.h. um einen 400,- € Job beworben in Supermärkten, Callcentern und anderen Einrichtungen, leider auch ohne Erfolg. Man sagte ihm jedesmal er hätte eine zu lange Auszeit genossen, was er während dieser Zeit gemacht hätte und ohne Ausbildung gibt es nicht mal einen Nebenjob. Ich habe jegliche Geduld verloren und habe mit ihm Anfang des Jahres einen Termin beim Arbeitsamt gemacht, wo wir mehrfach gemeinsam erschienen sind. Dort gab man sich auch redliche Mühe. Seit einiger Zeit erhalte ich auch wieder Kindergeld. Man sagte ihm ab August kann er sich Hartz IV melden aber auch das stört ihn nicht. Das Kindergeld behalte ich komplett ein. Zusätzlich habe ich ein Wohn-Essensgeld von ihm verlangt von 150,- € monatlich. Das Geld bezahlt er mir von seinen Ersparnissen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. All das stört ihn auch nicht.

Auf dem AA habe ich vorgetragen, das ich selbst nicht weiter komme. Er mußte zu einigen Terminen erscheinen und ging dort auch hin. Darunter ein pchychologischer Eignungstest. Der Test fiel sehr positiv aus und lag weit über dem Durchschnitt von anderen. Nun passiert im Augenblick wieder nichts. Ich komme einfach nicht mehr weiter und weiß mir keinen Rat mehr.

Vielleicht kann mir jemand einen Tipp geben wie ich mich verhalten soll und wie es weitergehen soll.

Hallo,

mir fallen beim Lesen spontan zwei Dinge ein: Faulheit und Depression. Unterscheiden könnte ich die beiden von meiner Position außerhalb nicht.

Ich habe mich vordergründig bei der Versuchung ertappt, den Knaben einfach vor die Tür zu setzen. Ankündigen, dass er bis zum (irgendwann in 3 Monaten) eine Bleibe und einen Job gefunden haben muss, weil zu diesem Zeitpunkt das Hotel Mama schließt. Möglicherweise ist es auch das, was er tatsächlich braucht.

Möglicherweise. Vielleicht ist aber etwas ganz anderes von Nöten: Eine Therapie nämlich, weil ich auf den zweiten Blick durchaus nicht für ausgeschlossen halte, dass dein Sohn auf Grund seiner Misserfolge in eine Depression gerutscht ist. Wenn Lebensträume zerplatzen, kann das auch einem jungen Menschen nachhaltig zusetzen. Erwartungsdruck von eurer Seite, Angst vor weiterem/ erneutem Versagen und sicher noch weitere Faktoren mehr können dazu führen, dass sich eine Art Lähmung einstellt, die aus eigener Kraft nicht mehr zu bewältigen ist.

Aber wie gesagt: Von außen zu beurteilen, ob die nach außen getragene Haltung deines Sohnes die eines übersorgten Faulpelzes ist, dem tatsächlich der berühmte Tritt in den Hintern fehlt oder ob eine tiefe Verzweiflung hinter all dem steckt, halte ich schlicht für unmöglich.

In jedem Fall braucht dein Sohn aber ein Stück weit deine Hilfe, um sich aus dieser Situation zu befreien. Meine Idee wäre, ihn vor die Alternative zu stellen, einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu machen oder auszuziehen und sich auf eigene Füße zu stellen. Dadurch, ihn weiter zu behüten, wirst du ihm allerdings in keinem Fall helfen. Du kannst ihm die Richtung zeigen, aber gehen muss er allein.

Von selbst wird sich das Problem nach meiner Einschätzung aber nicht lösen. Er braucht einen Handlungszwang. Und ich denke auch, dass er dringend eine Ablösung von dir/ euch braucht. Ihr habt - wenn auch in bester Absicht - genug geschoben und gezogen. Vielleicht soviel, dass er nun unbewusst demonstrieren muss, dass er sich nicht mehr schieben lässt. Aus diesem Grund halte ich es auch für eine gute Idee, dass ihr als Eltern euch ebenfalls ein wenig professionelle Hilfestellung gönnt, um diesen Loslösungsprozess zu bewältigen.

Sicher ist, dass Konstellationen, wie du sie beschreibst, immer eine Sache des Systems sind und niemals nur ein einzelner „falsch“ funktioniert.

Schöne Grüße
Jule

Ich schließe mich Jules Einschätzung an und würde als Motivationsschub ergänzen: Mit einem Schnitt von 3,4 ist der Zug Studium NICHT abgefahren. Selbst in Berlin nicht, wo es ausreichend Fächer gibt ohne NC. Abgesehen davon, dass auch andere Städte in Frage kommen oder Fernstudium - wobei letzteres echte Motivation erfordert, was daher für deinen Sohn eher suboptimal wäre.

Vielleicht kann das ja einen zusätzlichen Impuls geben. Wobei ich Vorstellung beim Fachmann auch dringend anraten würde.

MIt 3,4 und 4 Semestern WArtezeit wird man in Brandenburg/Berlin schon einiges studieren können. Und wenn nicht soll er woanders hin ziehen. Sachsen, Sachese-Anhalt etc., da findet er auch mit dem Schnitt eine Menge Fächer ohne oder mit ganz hohem (3,X) NC

LG

Max

Hallo,

der Herr ist sich zu fein um eine Ausbildung zu machen. Na prima.
Dem würde ich was husten.
Ein Abitur ist ein Abitur, ein Stück Papier, das mit dem Notendurchschnitt nicht so viel taugt - wie ihr schon bemerkt habt, taugt es nicht um zu studieren und die Ausbildungsbetriebe nehmen lieber einen hochmotiverten Bewerber mit einem soliden 1-2er Realschulabschluß als einen unmotivierten und womöglich sogar hochnäsigen Abiturienten mit einem ausreichenden Notendurchschnitt.

Ihr steckt in den Dilemma ihn einerseits die Zukunft nicht verbauen zu wollen und andererseit ihm das Leben als Taugenichts nicht allzu schön zu machen, stimmt’s? Es ist alles möglich und vertreten - ihr seid mit dem Problem nicht allein auf der Welt: die einen Eltern schubsen den Nachwuchs einfach aus dem Nest und dann wird er schon spuren und andere wiederum fangen an systematisch bei potenziellen Arbeitgebern, Schulen oder Unis anzurufen und sogar Bewerbungen werden von den Eltern geschrieben. Ich denke weder das eine noch das andere ist der optimale Weg.

Betrachte es als zweite Pubertät. 12 Jahr lang hat die Schule vorgeschrieben wo es lang geht und jetzt steht man plötzlich da und weiss nicht wohin und wenn man weiss wohin, dann weiss man nicht wie. Das ist, finde ich völlig nachvollziehbar.

Du schreibst, dass er „hoch hinaus“ will und immerhin hat er das Abitur durchgezogen.
Der Notendurchschnitt lässt wahrscheinlich keinen direkten Weg auf das Ziel zu, aber die Türen sind alle offen, wenn er jetzt nicht noch mehr Zeit verplempert.

Folgende Wege fallen mir spontan ein:

Er möchte studieren und sein Notendurchschnitt lässt das Wunschfach nicht zu (leider schreibst Du nicht welches es ist).
Es gibt dennoch mehrere Wege, die zum Ziel führen: an der Fernuni Hagen kann man einige Fächer ohne den harten NC der FU oder TU studieren. Da ist allerdings ziemlich viel Selbstdisziplin gefragt - noch mehr als bei der Präsenzuni.
Er kann auch über Wartesemester an sein Studienplatz kommen und diese Wartezeit lässt sich sehr effektiv nutzen.
Beispiele: Medizin, eine Ausbildung zum Krankenpfleger
Jura, eine Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellter
oder BWL, eine kaufmännische Ausbildung

Vielleicht wird die Ausbildung für ihn attraktiver, wenn er im Hinterkopf hat, dass es nicht „dabei bleibt“, sondern dass er sich zum Ziel gesetzt hat danach das entsprechende Studium zu machen. Dieser Weg hat aber noch viele andere gute Gründe: er hat Zeit zu reifen und er lernt sein Wunschumfeld schon mal in der Praxis kennen, sozusagen das Handwerk und die Disziplin, die eine tägliche Arbeit erfordert. Damit ist er dann so einigen Studenten voraus, die als Greenhorn einsteigen und hinterher immer noch keine Berufspraxis haben.

Andere Möglichkeiten sind nach der Ausbildung ein Europäisches Jahr zu machen (im erlernten Ausbildungsberuf für ein Jahr ins Ausland zu gehen und Berufserfahrung zu sammeln, wird von der EU gefördert) oder ein freiwillige soziales Jahr (auch gut, wenn er in den Sozialen Bereich gehen möchste).

Viele Grüße

Moin!

Wenn er wirklich studieren will, kann er das auch tun.
Vielleicht nicht Medizin in Berlin, aber das muss ja auch nicht sein.

Möglicherweise ist er depressiv und benötigt Hilfe. Allerdings ist er mit 22 alt genug, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Sucht doch mal gemeinsam nach einem Studiengang, der zu den Ergebnissen des Arbeitsamt-Tests passt. Wenn die Veranstaltung dann in einer anderen Stadt passiert, umso besser für alle Beteiligten.

Gruß,
M.

Möglicherweise ist er depressiv und benötigt Hilfe. Allerdings
ist er mit 22 alt genug, sein Leben selbst in die Hand zu
nehmen.

Wenn er wirklich depressiv ist, dann kann er gerade eben im Augenblick sein Leben NICHT selbst in die Hand nehmen! Genau das ist das immer noch weit verbreitete falsche Verständnis von Depression: Reiss dich doch mal zusammen, dann funktioniert das auch.

Das ist nicht nur eine völlige Fehleinschätzung dessen, was Depression ist und bedeutet, sondern eine Haltung und Äußerungen in dieser Art schaden sogar.

Gleiches gilt, wenn man die Haltung einnähme: Was will der (verwöhnte) Bengel nur. Nur weil ihm ein illusorischer Traum geplatzt ist, ist das kein Grund, depressiv zu werden.

Wenn er depressiv ist, dann kann er das nicht alleine, dann braucht er Hilfe! Und es ist dann alles schädlich, was ihn in eigenen Schuldvorwürfen und Versagen bestärkt!

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Schick ihn zur Bundeswehr
Guten Morgen Hermelin,

ich bin beileibe kein Freund/Befürworter von Armee, Drill, Auslandseinsätzen etc. und will hier auch keine Werbung machen, aber die Bundeswehr kann häufig auch für „so einen Fall“ viele Möglichkeiten bieten.

http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/04_S…

Es geht ja um den ersten Schritt - den ersten Einstieg ins Berufs-/Ausbildungsleben.

Und mal davon ab: Ich hätte im Rückblick nach meinem Abi auch lieber erst einmal eine Ausbildung gemacht. Meine Nichte (ein 1,5-Kandidat) hat sich meine Argumente angehört und wird nach ihrem Abi im nächsten Jahr zuerst eine Ausbildung anfangen und dann (eventuell) noch ein Studium aufnehmen.

Die Vorteile:
1.) Nach dem Studium wird Berufserfahrung erwartet, die man damit vorweisen kann.
2.) Man kann in den Semesterferien/neben dem Studium höher bezahlte Jobs annehmen.
3.) Man kann seine (in Deinem Fall) Wartesemester sinnvoll nutzen.
4.) Man erhält Praxiserfahrung, die einem „Sicherheit“ verleiht.

Das setzt natürlich voraus, Deinen Sohn aus der Lethargie zu holen (und die wirklichen Ursachen zu ergründen).

Für ihn es jetzt wohl zuallererst wichtig, endlich mal ein kleines Erfolgserlebnis zu haben.

Gibt es nicht einen älteren Nachbarn, dem er mal zur Hand gehen kann?

Viele Grüße und viel Glück

Kathleen

Und mal davon ab: Ich hätte im Rückblick nach meinem Abi auch
lieber erst einmal eine Ausbildung gemacht. Meine Nichte (ein
1,5-Kandidat) hat sich meine Argumente angehört und wird nach
ihrem Abi im nächsten Jahr zuerst eine Ausbildung anfangen und
dann (eventuell) noch ein Studium aufnehmen.

Die Vorteile:
1.) Nach dem Studium wird Berufserfahrung erwartet, die man
damit vorweisen kann.
2.) Man kann in den Semesterferien/neben dem Studium höher
bezahlte Jobs annehmen.
3.) Man kann seine (in Deinem Fall) Wartesemester sinnvoll
nutzen.
4.) Man erhält Praxiserfahrung, die einem „Sicherheit“
verleiht.

Moin :smile:

Mal zu dem was du schreibst, das kann man aber allgemein auf keinen Fall so sagen. V.a. bei einem 1,5 Schnitt.

1.) Berufserfahrung erwartet? Also, wie soll ich denn, wenn ich z.B. Jura fertiig studiert habe, von vornherein Berufserfahrung vorweisen? Die wenigsten haben da 3 Jahre verschenkt um Rechtsanwaltsfachangestellte/r zu werden. (Und das ist ohnehin nicht erforderlich bei vielen Berufsfeldern)

2.) Von welchen Fächern sprechen wir bitte? Oder welchen AUsbildungsberufen? Das mus ja fast etwas sein, bzw. ein Berufsfeld sein, wo man üblicherweise Anstellungen auf 3 Monate befristet bekommt

3.) Bei 1,5 wohl nicht notwendig. (Es sei denn es soll Psychologie etc. sein) Aber im o.g. Fall hatte ich das mit den Wartesemestern auch schon angeführt :smile:

4.) Auch nur begrenzt gültig, bei vielen Studiengängen muss man sowieso Referendariate und Praktika wahrnehmen.

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Tach!

Möglicherweise ist er depressiv und benötigt Hilfe. Allerdings
ist er mit 22 alt genug, sein Leben selbst in die Hand zu
nehmen.

Wenn er wirklich depressiv ist, dann kann er gerade eben im
Augenblick sein Leben NICHT selbst in die Hand nehmen! Genau
das ist das immer noch weit verbreitete falsche Verständnis
von Depression: Reiss dich doch mal zusammen, dann
funktioniert das auch.

Das meinte ich nicht.
Vielmehr geht es mir darum, dass er sich selbst Hilfe suchen können sollte.
Er muss das ohnehin selbst wollen.

Gruß,
M.

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hallo Hermelin,
genau das gleiche mache ich auch mit,zur Zeit.Ich hab meine Tochter jetzt rausgeschmissen,das ist der richtige Weg denke ich mal,weil sie für sich selbst die Verantwortung übernehmen muss.Die räumliche Trennung ist dringend erforderlich würde ich sagen,auch wenns schwerfällt loszulassen.Ich weiss welch schwere Last diese Situation ist und wünsche dir ,dass du den richtigen Weg auch für euch findest!
LG

hallo Hermelin,
ich hab noch was vergessen,sicherlich wird er alles daran setzen nichts an seiner Situation zu ändern,besser kann es einem nicht gehen,man kann spielen,schlafen, essen,man ist versorgt,bis auf das kleine bischen gemecker der Eltern,warum solte man da was ändern wollen???
ist doch recht bequem.
Hilfe braucht er sicherlich dringend,aber er wird sich Hilfe holen,wenn er begreift,dass er für sein eigenes Leben selbst zuständig ist und nicht Holel Mama oder Papa.
Gegen Depressionen kann man viel tun,aber ich glaub das ist resignieren dagegen,dass sich etwas ändern soll,er ist ja nicht gewohnt auf sich selbst gestellt zu sein,das macht Angst.
Ich wünsche dir „viel kraft“
das wird noch ein hartes Stück „Arbeit“
GLG